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Politische KommunikationMehr Emotionen für die Demokratie

Gegen Rechts helfen keine Predigten. Trotzdem braucht es wieder Anstand, Zusammenhalt und Mitgefühl in politischen Reden.

Olaf Scholz bei der Vorstellung der neuen Koalition am 24. November 2021 Foto: Stefan Boness

D as Verhältnis von materiellem Wohlstand zu demokratischem Wohlsein ist vielschichtig. Der Augenschein bestätigte zuletzt allerdings die eher triste These, wonach Ungleichheit den demokratischen Verfall ziemlich sicher begünstigt, dies umgekehrt jedoch nicht funktioniert: Versuche, mehr Gleichheit herzustellen, werden nicht unbedingt durch mehr demokratische Zustimmung belohnt.

Die SPD weiß darüber gut Bescheid. Der historische Sprung auf 12 Euro Mindestlohn zum Beispiel hat ihr in besonders Mindestlohn-betroffenen Bundesländern ganz genauso wenig gebracht wie in Bundesländern, wo die Höhe des Mindestlohns nur wenige beschäftigt. Die Freude an der Demokratie insgesamt ist ausweislich der AfD-Werte eigentlich auch nirgends gewachsen.

Damit ist die deutsche Sozialdemokratie nicht allein. Joe Biden gewinnt mit der Schaffung von Millionen anständig bezahlter Industriearbeitsplätze in den USA derzeit auch keinen Blumentopf. Es lohnt sich also, über die nicht-materiellen Methoden zur Bekämpfung der Demokratie- und Rechtsstaatsverachtung nachzudenken.

Das drängt mit Blick auf den Wahlkalender dieses Jahres wirklich – Europa wählt im Juni, im September sind Thüringen, Sachsen und Brandenburg dran. Der Zeit-Leitartikler hatte Anfang des Monats schon einen Punkt, als er schrieb, der „liberale Teil der Gesellschaft“ (er rechnete hier von Linkspartei bis Merz) sei zur Selbstkritik aufgerufen: Die „vernünftigen Kräfte“ hätten den Zugang zu den Gefühlen der Menschen verloren, sie sprächen zu technokratisch.

wochentaz

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Krisenzeiten erfordern Anstand und Mitgefühl

Was nun, könnte man meinen, vor allem am Wesen der Vernunft liegt. Während das Ressentiment ungeniert herumpöbelt und Angstmache sowieso immer funktioniert, ist die Vernunft halt meistens trocken und kennt nur komplexe Lösungen für komplexe Probleme.

So wäre jedenfalls eine typische Antwort eines typischen Sachpolitikers, etwa von den Grünen, und oft ist das auch genau die Tour, mit der dieser ein kleines Bündnis mit der Presse eingehen möchte: Wir zwei beide habens ja verstanden, wie schwierig alles ist! Aber was tun wir bloß mit all den Leuten, die sich nicht hauptberuflich mit den Übergangsvorschriften zum Heizungsgesetz beschäftigen?

In Deutschland, hieß es ja immer, könnten PolitikerInnen gar nicht langweilig genug sein, und die Wahl Olaf Scholz’ als Merkels Bruder-in-Sprödigkeit schien das nur zu belegen. Inzwischen denke ich, das stimmte nur so lange, wie die Wirtschaft halt brummte, von Krieg niemand sprach und Klimaschutz als Kür galt. In dem Augenblick, da es ernsthafte Herausforderungen gibt, beziehungsweise ernsthafte Herausforderungen als solche auch gesehen werden, erfordert die Ansprache womöglich doch mehr Mühe.

Gegen Demokratiefeinde hilft dabei kaum der Appell an gemeinsame Leistungsfähigkeit, wie er in Obamas „Yes, we can“ oder in Merkels „Wir schaffen das“ steckte. Ich fürchte fast, für wirksame emotionale Kommunikation braucht es dazu noch etwas Moralisches von der Sorte Anstand, Zusammenhalt und Mitgefühl – womit ich natürlich sofort zu hadern beginne, denn man landet dann sofort im Intonationsfeld von evangelischen PfarrerInnen (bitte um Entschuldigung bei den durchweg reizenden PfarrerInnen, die ich kenne).

Aber irgendwo müssen sie herkommen, die emotionalen Botschaften von oder vielmehr für liberale DemokratInnen, die der organisierten Menschenfeindlichkeit etwas entgegensetzen. Ich traue es einem Gutteil der demokratischen PolitikerInnen zu, sie auch glaubwürdig vorzutragen. Sie haben es nur verlernt, es schien ja auch lange Zeit nicht nötig zu sein. Und wir haben verlernt, es ernstzunehmen.

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Ulrike Winkelmann
Chefredakteurin
Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.
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17 Kommentare

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  • Also eine endgültige Amerikanisierung der politischen Kommunikation?

    Nein Danke. Ich weiß dass es Menschen gibt, die genau sowas gutfinden aber ich empfinde so etwas als manipulativ und bevormundend. Ich möchte gerne selber entscheiden (oder es meinem Unterbewusstsein überlassen), wie ich auf eine Nachricht reagiere und mir nicht die vorbildliche Emotion gleich mitliefern lassen.

  • 6G
    692662 (Profil gelöscht)

    Bei der Bundestagswahl 2021 waren die meisten Wähler für eine große Koalition unter Führung der SPD. Die SPD Führung wollte das nicht. Für die Ampelkoalition waren nur etwa 27% der Wähler und sogar nur 40% der Wähler der Ampelparteien.



    Knapp die Hälfte der Wähler der Ampelparteien von 2021 würden deshalb heute andere Parteien wählen. Das, was die Ampelparteien seither verloren, hat an Zuwachs überwiegend die AfD bekommen.



    Die letzte Wahl mit einem ähnlichen Phänomen war die BTW 2005, als die SPD ihren Hauptgegner Union zur Kanzlerschaft verhalf, obwohl es eine rotrotgrüne Mehrheit gab. Folge war ein Einbruch der SPD bei der BTW 2009. Demokratie bedeutet nicht, dass der Wähler alle 4 Jahre sein Kreuzchen bei einer Partei macht und diese Partei anschließend machen kann, was sie will und gegen den eigentlichen Willen ihrer Wähler verstößt. Demokratie ist ein schwieriges Geschäft.

  • "Joe Biden gewinnt mit der Schaffung von Millionen anständig bezahlter Industriearbeitsplätze in den USA derzeit auch keinen Blumentopf."

    Wie auch? Die neuen Arbeitsplätze hat er ja schließlich nicht selbst geschaffen. Und wo steht im Artikel, dass es "anständig bezahlte Industriearbeitsplätze" sind?

    Das ist nicht der Fall:

    "Im Dezember wurden im Verarbeitenden Gewerbe ... nur 6.000 Stellen gegenüber dem Vormonat geschaffen. (...)

    So konzentrierten sich die Einstellungszahlen in den letzten Monaten auf das private Gesundheits- und Sozialwesen, die Gastronomie und den öffentlichen Dienst."

    dzresearchblog.dzb...in-wenigen-se.html

    Und dort werden manchmal nur Mindestlöhne gezahlt.

    Was den deutschen Mindestlohn betrifft, so schreibt die Autorin von einem "historischen Sprung auf 12 Euro Mindestlohn".

    Und in der nächsten Szene spricht SPD-Minister Heil von 2-monatigen Totalsanktionen.

    Das ergibt für die SPD nun wirklich kein soziales Gesamtbild.

    Im übrigen verweise ich auf den aktuellen OXFAM-Bericht, der in Sachen soziale Ungleichheit Klartext spricht:

    www.oxfam.de/ueber...-ungleichheit-2024

    Die Behauptung, dass auch bei einer wirklich sozialen Politik immer mehr Nazis gewählt werden, harrt somit des empirischen Beweises.

    Aber Demokratie ist ja noch viel mehr als nur soziale Politik. Es meint soziale Lebens- und Arbeitsverhältnisse, Mitbestimmung und auch internationale Gerechtigkeit.

    Das erleben die Menschen nur unzureichend und viele werden politisch dystopisch oder zynisch und wenden sich nach rechts.

    • @Uns Uwe:

      "So konzentrierten sich die Einstellungszahlen in den letzten Monaten auf das private Gesundheits- und Sozialwesen, die Gastronomie und den öffentlichen Dienst."

      Und das ist vielleicht der wichtigste Punkt:

      Wären dieselbe Zahl neuer Jobs mit denselben Konditionen als monolithischer Block in der Landwirtschaft geschaffen worden - oder in der Autoindustrie, oder im Öl-und-Gas-Sektor, usw; also als klassisch lobbyistische Klientelpolitik - dann würde sich das in der allgemeinen Wahrnehmung ganz anders darstellen (und darstellen lassen).

      Dann hätte man Dutzende Millionen Menschen, die in ihrem Arbeits- und sozialen Umfeld den (subjektiven, verglichen mit dem stagnierenden Elend der Trump-Jahre) Boom schlechthin erleben würden.

      Da aber die neuen Jobs atomisiert sind, kann niemand, der von Bidens Politik persönlich profitiert hat, im privaten Umfeld sagen "Biden hat das Land vorangebracht" und wird dafür nur Kopfnicken ernten. Es wird immer Leute geben, für die es sich anders darstellt.

      Und bei der Ampel ist das ganz genauso. Für viele Menschen stellt ihre Politik eine deutliche Verbesserung dar. Aber es sind so gut wie immer isolierte Einzelpersonen, keine geschlossenen Gruppen mit randvoller Propagandakasse.

      Und so eine Politik wird zwangsläufig als wesentlich schlechter wahrgenommen, als sie *ist*.

      Das ist ein massives und folgenschweres Problem, denn "bürgernahe" Politik ist in der heutigen Aufmerksamkeitsökonomie ganz einfach UNVERKÄUFLICHE Politik!

      Merkel hat das verstanden, und daher gezielt lobbystarken Gruppen Zuwendungen gemacht, und konnte sich zurücklehnen in dem Wissen, dass diese Profiteure ihrer Umverteilung nach ganz weit oben - Wohnraumspekulanten und Emissionsbetrüger wären da besonders zu nennen - ihr die Propagandaarbeit abnehmen würden:

      "Ein friedliches Land, ein ruhiges Volk".



      Nein, das war *nicht* das Motto von Angela Merkel. Aber man könnte meinen, es wäre es.

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    "".wirksame emotionale Kommunikation braucht es dazu noch etwas Moralisches von der Sorte Anstand, Zusammenhalt und Mitgefühl – ""



    ===



    Wenn der Indikator für vorhandenes Mitgefühl in der Bevölkerung die Spendenbereitschaft ist hat sich wenig verändert. Die ist zwar zurück gegangen, war sehr hoch bei der Ahrtalkatastrophe & hat momentan den Stand von vor der Pandemie wieder erreicht. Das politische Paradoxon hinsichtlich ""Mitgefühl"" : Mit Einführung von Harz4 hat die SPD den Hauptanteil an Wählerstimmen verloren. Sichtbar ist aber nicht, das die SPD Wählerstimmen gewinnt durch Abschaffung von Harz4 und Umwandlung in Bürgergeld - inklusive Erhöhung.

    Das Problem mit einem Appell hinsichtlich Anstand/Zusammenhalt ist, das es nicht einfach ist in einer polarisierten Gesellschaft jemanden zu finden der genügend Autorität/Rückhalt in der Gesellschaft hätte. Bundespräsident & Ex- Präsident Gauck versuchen das - mit minimalem Erfolg.

    Hass sitzt tief in Teilen der Bevölkerung, Rationalität ist momentan nicht gefragt. Auf eine nicht ernsthaft formulierte Provokation an jemanden aus Thüringen: "Wann wird Thüringen im braunen Sumpf untergehen?" folgte die Antwort: "Stimmt nicht, Ampel ist grottenschlecht aber Thüringen hat ein Problem Fachkräfte zu finden.""

    Die schlechte Stimmung generiert sich aus



    1..Die Gewissheit das Politik auch darin besteht auf multiple Krisen zu reagieren und zu verändern ist unter Merkel abhanden gekommen.



    2..Zeitenwende/Auswirkungen wurde nicht überall verstanden.



    3.. Soziale Medien sind hauptsächlich daran beteiligt Stimmungen, Hass & Hetze zu verbreiten durch verdrehte Fakten die einer Prüfung nicht standhalten. Bsp: In 59 % aller Neubauten werden derzeit Wärmepumpen eingebaut. Warum weiß das niemand hinsichtlich der Effektivität ?



    4..Paywalls der Medien sind Gift für die Demokratie weil sie sich weigern die Grundversorgung mit Nachrichten sicher zu stellen. Ohne sachliche Infos für alle



    kann Demokratie nicht funktionieren.

  • Die taz vermeidet über die Emotion zu sprechen, die massive ökonomische Ungleicheit in vielen Bereichen der Gesellschaft auslöst: Wut!

    Zum Beispiel aufgrund der skandalös niedrigen durchschnittlichen Renten von Millionen Bürgern, oder das



    30 Prozent der Menschen in Ostdeutschland von prekären Niedriglohnjobs leben, aber keine Chance haben, dass sich das verbessert, denn Gewerkschaften, die das mit Tarifen verbessern könnten, gibt es in ihren Arbeitsbereichen nicht.



    Ihnen wird angesichts von Inflation, höheren Mieten, Energiepreiserhöhungen, teuren Nahrungsmitteln Angst und Bange.

    Sollen sie sich bei der SPD für die viel zu geringe Erhöhung des Niedriglohns bedanken, da es die SPD war, die den Niedriglohnsektor erst möglich machte und der solange ohne Protestwähler funktionierte, wie die Wirtschaft boomte, wuchs und dem Staat enorme Steuereinnahmen brachte, enormen Reichtum bei wenigen Prozent der Bevölkerung aufbaute, w#hrend die Infrastruktur von 40.000 Brücken, vielen Schulen verkam, die verlässliche Bahn ruiniert wurde, die propagierte Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Bahn nicht einmal im Ansatz zustande gebracht wurde, dafür aber massenhaft Sozialwohnungen verkauft wurden und zu wenig Neue gebaut wurden?

    Kurz: es geht nicht um das Designen von emotionalen Botschaften der Bundesregierung bei ihren politschen Maßnahmen, sondern um eine solide ökomische Bestandaufnahme der sozialen Ungleichheit in diesem Staat und die Frage, wie das zu ändern ist.

    Das Bennenen der ökonomischen Missstände, die fast ein Drittel der Bevlkerung betreffen, viele in Angst und Schrecken versetzt und von denen dann zu viele der AFD auf den Leim gehen.

    Zu den USA: die von der taz zitierte Statistik sagt nichts über die Zunahme von gut bezahlten Industriearbeiterjobs.



    Die werden aufgrund der Subventionen für die Industrie entstehen.



    Die US-Zentralbank muss den Job- Boom in den USA mit hohen Zinsen abkühlen, da Inflation droht. Wieviele Jobs davon sind prekär?

    • @Lindenberg:

      Richtig, aber:

      "Sollen sie sich bei der SPD für die viel zu geringe Erhöhung des Niedriglohns bedanken, da es die SPD war, die den Niedriglohnsektor erst möglich machte"

      Die CDU/CSU hatte 15 Jahre Zeit, das zu ändern.

      Sie haben es stattdessen schlimmer gemacht.

      Und sobald die SPD wieder konnte, hat sie versucht, es zu verbessern, und wenn Lindner und Kubicki nicht blockiert hätten, wäre das auch gelungen.

      Immerhin hat die Regierung eine Energiekrise abgewendet, ohne dass es zu massenhaftem Erfrieren oder auch nur zu massenhafter Verarmung kam. Das alleine ist schon mehr, als die Gesamtheit dessen, was CDU/CSU in allen Merkel-Jahren für die Armen getan hat!

      Dem Wahlverhalten nach zu urteilen, WOLLEN die Deutschen mehrheitlich eine Massenverelendung.

      Und das ist der Knackpunkt: wir haben freie Wahlen in Deutschland. Wir haben sogar so freie Wahlen, dass die Gesellschaft frei und ohne Zwang ihre eigene Zerrüttung wählen kann.

      Und das kann man nicht eben mal ändern. Bzw man könnte, aber die "Lösung" wäre schlimmer als das Problem.

      • @Ajuga:

        "Die CDU/CSU hatte 15 Jahre Zeit, das zu ändern."

        Das war wohl ein Scherz. Die CDU hat 12 von 16 Jahren in einer Koalition mit der SPD regiert. Insofern hatte die CDU nur 4 Jahre Zeit, oder die SPD 12. Suchen Sie es sich aus.

  • Mit Nüchternheit und sachlichen Argumenten gegen Propaganda und Hetze?

    Das funktioniert nicht, da bin ich der selben Meinung wie Frau Winkelmann.

    Beispiele dafür gibt es jede Menge.

    Welche Zeitung ist am erfolgreichsten in Deutschland? Welche Nachrichtensendung dominiert in den USA?

    Was in den Medien gilt, gilt auch in der Politik.

    Menschen lassen sich von Urinstinkten eher leiten, als von sachlichen Argumenten.

    Darum hilft es nichts wenn die CDSU oder auch die derzeitige Regierung die Wünsche der AFD in der Praxis umsetzen, nur nüchtern und ohne Emotionen. Da fehlt einfach die Hetze und der Hass.

    Darum wählen viele Trump, für seine Haltung zur Einwanderung, obwohl Biden keine faktisch keine andere Einwanderungspolitik macht.

    Die Zeit für Nüchternheit gab es nicht und wird es in absehbarer Zeit nicht geben. So ist der Mensch nun mal.

  • Noch mehr auf emotionaler Ebene agieren, als man es ohnehin jetzt schon tut ?

    Ich erwarte aus Berlin sachliche Politik, keine emotionalen Kurzschlüsse. Die hatten wir in den letzten Jahren mehr als genug und haben mehr geschadet als genützt.

  • Die gute gemeinte Migrationspolitik von Merkel und Links-Grün hat die AfD erst groß gemacht (und die Briten aus der EU vertrieben). Um das zu verstehen braucht man vor allem Verstand und Kontrolle über die eigenen Emotionen.

    • @Pi-circle:

      Aaah, ein π-Circle des kurzgeschlossenen Denkens :)

      Sooo wirkmächtig ist deutsche Politik dann doch nicht, dass sie für den Brexit herhalten muss und ganz allein für das Erstarken der AfD.

      Die rechten und rechtsextremen Parteien Europas (und der Welt), haben es geschafft, blanke Lüge, Menschenverachtung und Wortverdrehung zum Programm zu machen - ohne Skrupel und ohne einen Gedanken daran, _innerhalb_ eines demokratischen Rechtsstaats tragfähige Lösungen zu finden.



      Sie brüllen und hassen und befeuern die negative Mecker- und Motzemotion - da springt ein Teil der Bürgerinnen und Bürger gern auf und kann genauso weitermotzen wie immer.

      Das Problem ist doch viel eher, dass so viele Politiker:innen vor Wahlergebnisangst echte Probleme hinter dem Hass vermuten und die Lügen und Tricks der AfD ernst nehmen und nahmen anstatt sie von Beginn an als genau das zu benennen: Lüge, Tatsachen- und Wortverdrehung, Aufbauschen und gleichzeitige Negation tatsächlicher Probleme. Nein, da wird seit Jahren das Narrativ bedient, dass ja auch diese "offenen Grenzen" wirklich und wahrhaftig den sozialen und wirtschaftlichen Untergang Deutschands bedeuten, dass es ja auch nur zu verständlich sei, vor dem "Schwarzen Mann" Angst zu haben usw.



      Und keiner guckt auf die wahre Programmatik der Menschenverächter aus der AfD...

    • @Pi-circle:

      "Die gute gemeinte Migrationspolitik von Merkel und Links-Grün hat die AfD erst groß gemacht (und die Briten aus der EU vertrieben)."

      Können Sie das irgendwie belegen, mit wissenschaftlichen Studien oder so?

      Es ist nicht mein Fachgebiet, aber soweit ich über den Forschungsstand im Bilde bin, ist der Brexit eine Konsequenz einer gutfinanzierten und professionell organisierten Hetz- und Lügenkampagne nationalistischer Kräfte.

      How it started: www.thetimes.co.uk...%2C532&resize=1180

      How it ended: www.theguardian.co...age-nhs-doctors-eu

      Stecken hinter der NHS-Kampagne Ihrer Meinung auch "Merkel und Links-Grün"?

      Und wann haben "Links-Grün" regiert, so dass sie "gut gemeinte Migrationspolitik" machen konnten?

      Und ist es nicht so, dass sich die klammheimliche Befindlichkeit eines Menschen am ehesten daran bemessen lässt, wen er zuvorderst als seine Gegner herausstellt?

      PI-CIRCLE? Moar like PI-News amirite.

  • Sachlich lag Obama richtig: Yes we can! Und das Motto war keineswegs technokratisch unters Volk gebracht, sondern sehr emotional!!!

    Wir übrigens auch. Wir können.

    Nur gehört zu den Mühen der Politik eben, den Dreiklang zu vollenden:

    Yes we can. Yes we want. Yes we do.

    Erst wenn diese drei Schritte erledigt sind und wir es tun, können wir auch sagen "Wir schaffen das!". Merkel hatte Recht: Wir haben es geschafft! Aber ein zweites oder drittes Mal so hohe Flüchtlingszahlen bei gleichzeitig mangelndem Zusammenhalt der EU in Sachen Asylpolitik, so dass Deutschland meistens am meisten davon aufnehmen muss? Wir könnten diesbezüglich zumindest evtl. auch mal unpässlich sein. Aber sollten dann Lösungen finden, die nicht Ruanda heißen! Die Dublin-Regel durchsetzen zum Beispiel. Wiewohl das eine schwierige Lösung ist. Schaffen wir das? Geht das überhaupt? Wollen wir das? Werden wir es tun können?

    Das WIR zählt, so oder so ähnlich war auch schonmal Wahlkampfmotto der SPD.

    Jetzt hat die SPD-Basis es wenigstens kapiert: Bei einer Demo gestern gegen das, was wir nicht wollen, waren Parteifahnen zu sehen. Die der SPD, in Rot und in Bunt. Die Basis will NICHT, dass sie untergeht, die alte Tante. Und noch dazu mitsamt der Demokratie überrollt von den Rechten wie anno 33. "Nie wieder 1933" riefen am Ende der Demo die Demonstrierenden! Das ist ihr Herzenswunsch!

    Wie Recht sie haben: Das wollen wir nicht wieder haben.

    Da ist das Wir also endlich soweit, wenigstens das zu formulieren, was wir nicht wollen: Vertreibung.

    Und wir können sie verhindern. Was dazu getan werden muss ist, die antidemokratischen Kräfte hinter der Vertreibungs-Idee zu schwächen durch mehr Demokratie, die Leute mitgestalten und andere Leute wenigstens mitnimmt, Demokratie, die den BürgerInnen nicht durch ständig neue Leistungen blendet, sondern durch Aufklärung über Notwendigkeiten Zustimmung dafür erwirbt, das Mögliche für das Gemeinwohl zu erreichen. Mit einer positiven Emotion für das Miteinander!

  • Emotionen, Anstand, Mitgefühl und Moral werden doch vollkommen überbewertet.

    Wichtiger ist ein selbstsichere und charismatische Kommunikation und eine Hands on Mentalität. Jemand der die Dinge führt und im Griff hat und sich nicht ständig nur antreiben lässt. Agiereren statt nur reagieren.

    Die Politik von Herrn Scholz und Herrn Biden sind in vielen Dingen sehr ähnlich. Vor allen Dingen merkt man beiden an, dass sie ständig Angst haben irgendetwas falsch zu machen und daher stets eher zu spät kommen. Das ist keine gute Basis für eine als gut wahrgenommene Regierung.

  • Mit Emotionen und Moral werden Menschen schon ausreichend berieselt. Sei es durch dieverses Storytelling in Zeitungsartikeln oder das vielschichtige Angebot der medialen Kanäle.



    Gerade auch der rechte Rand bedient Emotionen. Vielleicht ist es tatsächlich Zeit für mehr Nüchternheit.

    • @Kirsten Tomsen:

      Ja, mehr Nüchternheit wäre eine prima Sache - doch es wird nicht ausreichen. Es ist etwas anderes, die Friseurzeitung zu lesen oder von dem Vorsitzenden einer großen christlichen (?) Partei kurz und knapp Schlagworte zu hören: Hauptgegner der CDSU sind die Grünen, Kleine Paschas, Asyltourismus, Bürgergeldempfänger sind Faulenzer. Die exPartei FDP liegt da sehr nahe dran und verspricht in einem fort, dass man alles rechnisch lösen könne. All' das sind Aussagen, die auf Emotionen zielen und - sie kommen an. Freilich erntet nur der größte Blender, die AfD....