Parteivorsitz der SPD: Schwan und Stegner bewerben sich
Bei der SPD kommt Bewegung in die Suche nach der künftigen Spitze: Gesine Schwan und Ralf Stegner kandidieren. Weitere Bewerbungen werden erwartet.
Zuerst hatte Spiegel Online darüber berichtet. Nach Spiegel-Informationen haben Stegner und Schwan ihre Kandidatur gegenüber den drei kommissarischen Vorsitzenden Malu Dreyer, Manuela Schwesig und Thorsten Schäfer-Gümbel angekündigt. Stegner wollte sich am Mittwoch auf Anfrage nicht dazu äußern. Schwan hatte sich schon vor Wochen bereit erklärt, ihren Hut in den Ring zu werfen.
Um die Nachfolge der zurückgetretenen Parteichefin Andrea Nahles haben sich bisher Europa-Staatsminister Michael Roth und die nordrhein-westfälischen Landtagsabgeordnete Christina Kampmann beworben. Diese beiden erfüllen als Einzige bisher die geforderte Mindestunterstützung von Parteigliederungen.
Neben diesem Duo wollen die Bundestagsabgeordneten Karl Lauterbach und Nina Scheer antreten, ebenso wie die Oberbürgermeister von Flensburg und Bautzen, Simone Lange und Alexander Ahrens. Den Zweier-Teams gemeinsam ist, dass sie mehr oder weniger schnell aus der Großen Koalition austreten wollen oder ihr zumindest kritisch gegenüberstehen.
Viele wollen den Vorsitz nicht
Zudem kündigte der Vizepräsident des SPD-Wirtschaftsforums, Robert Maier, seine Kandidatur an. Auch der frühere Bundestagsabgeordnete Hans Wallow hatte mitgeteilt, dass er sich bewerben wolle.
Die SPD ist in einer tiefen Krise und erreicht in Umfragen derzeit nur 12 bis 14,5 Prozent. Seit Tagen wird gerätselt, ob sich noch SPD-Schwergewichte aus den Reihen der Minister oder Ministerpräsidenten um den Vorsitz bewerben. Unter der Hand hatte es aus diesen Kreisen geheißen, so ein Schritt werde erwartet.
Mehrere Spitzenpolitiker wie Finanzminister Olaf Scholz, die drei kommissarischen Vorsitzenden oder Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hatten deutlich gemacht, dass sie den Vorsitz nicht anstreben.
Weil hatte dies zuletzt mit den Worten bekräftigt: „Das steht nicht an, ich erwarte das nicht. Ich gehe davon aus, dass ich nicht kandidieren werde.“ Als Anwärterin wird etwa Familienministerin Franziska Giffey gehandelt, deren Dissertation derzeit aber überprüft wird und die somit um ihren Doktortitel bangen muss.
Bewerbungsfrist läuft noch
Die ehemalige Präsidentschaftskandidatin Gesine Schwan (76) hatte bereits vor Wochen ihre Bereitschaft zu einer Kandidatur erklärt – und diese dann auch erneuert. „Allen, die mir vorwerfen, ich sei naiv, sage ich: Und wie weit habt ihr es gebracht mit eurer vermeintlichen Professionalität?“, sagte sie Anfang August dem Spiegel.
Von Oktober 1999 bis September 2008 war Schwan Präsidentin der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). „Man sieht nicht mehr, wofür die SPD brennt“, sagte Schwan zur Motivation ihrer Kandidatur. Nötig sei jemand, der Politik handfest etwa in Berlin-Wedding verkaufen könne.
Der Parteilinke Stegner (59) ist für seine pointierten, polarisierenden Äußerungen in der Öffentlichkeit bekannt. Im Juni war Stegner als SPD-Fraktionschef im Landtag von Schleswig-Holstein bestätigt worden. Ende März hatte er nach zwölf Jahren den SPD-Landesvorsitz aufgegeben. Seit 2003 steht der Harvard-Absolvent in der ersten Reihe der Landespolitik – auch als Finanz- und Innenminister.
Die Bewerbungsfrist bei der SPD läuft noch bis 1. September. An diesem Tag muss die SPD zugleich herbe Verluste bei den Wahlen in Brandenburg und Sachsen fürchten. Die neue SPD-Spitze soll dann in einer Mitgliederbefragung faktisch bestimmt und auf einem Parteitag Anfang Dezember gewählt werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen