Oxfam-Bericht zu Coronafolgen: Reiche profitieren trotz Pandemie
Kurz vor dem Online-Wirtschaftsgipfel von Davos beklagt die Organisation Oxfam zunehmende Armut. Viele Reiche hätten ihre Verluste schon wettgemacht.
Beim Weltwirtschaftsforum von Davos trifft sich die globale Wirtschafts- und Politikelite – dieses Jahr wegen Corona nur online. Kurz vorher kritisiert Oxfam traditionell die zunehmende soziale Spaltung. Der Organisation zufolge besaßen die tausend reichsten Milliardäre weltweit Anfang 2020, vor Corona, zusammen rund 9.000 Milliarden US-Dollar (rund 8.200 Milliarden Euro). Durch die Krise im vergangenen Frühjahr und Sommer nahm ihr Reichtum zunächst um etwa ein Drittel ab, hat bis Ende 2020 aber wieder die alte Höhe erreicht. Eine wesentliche Ursache liegt darin, dass die Aktienkurse an den Börsen kletterten.
Die Organisation stützt ihre Berechnungen auf Daten der schweizer Bank Credit Suisse und die Liste der Milliardäre des Magazins Forbes. Dieses geht davon aus, dass das Vermögen der Milliardäre im vergangenen Jahr sogar um 20 Prozent gewachsen ist.
Währenddessen stieg die globale Armut im Coronajahr an. Nach Oxfam-Berechnungen auf Basis von Weltbank-Daten sind 2020 wohl 100 bis 200 Millionen Menschen zusätzlich in tiefe Armut abgerutscht, müssen also mit weniger als 5,50 US-Dollar pro Tag auskommen. Hier liegt der Grund unter anderem darin, dass durch die Kontaktbeschränkungen in vielen Staaten Firmen in Schwierigkeiten gerieten und die Arbeitslosigkeit zunahm. Betroffen sind überdurchschnittlich Leute, die sowieso nur geringe Einkommen erwirtschaften.
Organisation für höhere Steuern
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, fordert Oxfam Gegenmaßnahmen, zum Beispiel höhere Steuern für global agierende Unternehmen und ihre Besitzer. „Die Steuergelder werden dringend benötigt, um insbesondere in Ländern des Globalen Südens Menschen in Armut zu unterstützen und öffentlich finanzierte Systeme für Bildung, Gesundheit und soziale Sicherung auszubauen“, erklärte Tobias Hauschild von Oxfam Deutschland.
Wolle man beispielsweise alle Menschen der Erde gegen Corona impfen, koste das etwa 140 Milliarden Dollar (ungefähr 130 Milliarden Euro) – eine geringe Summe im Vergleich zu den 9.000 Milliarden, die die Reichsten besitzen.
Auf die Frage, wie höhere Steuern weltweit durchsetzbar seien, geht die Organisation nicht ein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Fortschrittsinfluencer über Zuversicht
„Es setzt sich durch, wer die bessere Geschichte hat“