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Offener Brief an Israel und Ägypten„Gewähren Sie uns Zugang zu Gaza“

Deutsche Medien, darunter die taz, fordern von Benjamin Netanjahu und Abd al-Fattah as-Sisi, Jour­na­lis­t:in­nen ungehinderten Zugang zum Gazastreifen zu gewähren.

Grenze zu Ägypten im Gazastreifen. Das Foto wurde unter IDF-Aufsicht aufgenommen und wurde vom israelischen Militär freigegeben Foto: Leo Correa/AP/dpa

In einem Offenen Brief haben überregionale deutsche Medien die Regierungen von Israel und Ägypten dazu aufgefordert, Journalistinnen und Journalisten ungehinderten Zugang zum Gazastreifen zu gewähren. „Der fast absolute Ausschluss internationaler Medien bei einer Krise dieser enormen weltweiten Tragweite ist in der jüngeren Geschichte beispiellos“, heißt es in dem Appell von Chefredakteur:innen, In­ten­dan­t:in­nen und dem ARD-Vorsitzenden.

„Wer unabhängige Berichterstattung über diesen Krieg unmöglich macht, beschädigt die eigene Glaubwürdigkeit. Wer uns verbietet, im Gazastreifen zu arbeiten, schafft die Voraussetzungen, dass Menschenrechte verletzt werden.“ Die Medien hätten „in der Bewertung und Analyse unterschiedlicher internationaler Krisen jahrzehntelange Erfahrungen“ und seien keine Konfliktpartei. Die Redaktionen wüssten um das Risiko einer Berichterstattung vor Ort, seien aber bereit, es zu tragen.

Der Appell richtet sich an den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und den ägyptischen Präsidenten Abd al-Fattah as-Sisi. Zu den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern zählen unter anderem die Chefredaktionen von Die Zeit, Spiegel, Süddeutscher Zeitung, taz, Bild, dpa sowie die Spitzen der Fernsehanstalten ARD, ZDF, RTL, NTV, Arte und der Deutschen Welle. Hinzu kommen berufsständische Organisationen wie Reporter ohne Grenzen und der Deutsche Journalistenverband. Der Brief wurde den Regierungen am gestrigen Montag, dem 16. September zugestellt.

Den vollen Wortlaut des Appells sowie die Liste der unterzeichnenden Medien finden Sie hier:

OFFENER BRIEF

An den Ministerpräsidenten des Staates Israel, Benjamin Netanjahu,an den Präsidenten der Arabischen Republik Ägypten,Abd al-Fattah as-Sisi,

fast ein Jahr Krieg – und noch immer verhindern die Regierungen Israels und Ägyptens, dass internationale Reporter und Reporterinnen in den Gazastreifen reisen, um darüber zu berichten. Fast ein Jahr Krieg, und noch immer verhindern Ihre Regierungen, dass wir uns unbegleitet und unabhängig ein Bild über die Situation in Gaza machen können. Der fast absolute Ausschluss internationaler Medien bei einer Krise dieser enormen weltweiten Tragweite ist in der jüngeren Geschichte beispiellos.

Nach fast einem Jahr Krieg fordern wir die israelische Regierung auf: Gewähren Sie uns Zutritt zum Gazastreifen!

Nach fast einem Jahr Krieg fordern wir die ägyptische Regierung auf: Lassen Sie uns über den Grenzübergang Rafah in den Gazastreifen einreisen!

Nie ist die Anwesenheit von unabhängigen Reportern und Reporterinnen so wichtig wie in Kriegen und bewaffneten Auseinandersetzungen. Wir sind keine Konfliktpartei. Wir, die Chefredakteurinnen, Chefredakteure und Intendanten, die Reporterinnen und Reporter und unsere Organisationen, die Verlage und Fernsehstationen, haben in der Bewertung und Analyse unterschiedlicher internationaler Krisen jahrzehntelange Erfahrungen.

Wer unabhängige Berichterstattung über diesen Krieg unmöglich macht, beschädigt die eigene Glaubwürdigkeit. Wer uns verbietet, im Gazastreifen zu arbeiten, schafft die Voraussetzungen, dass Menschenrechte verletzt werden.

Wir wissen um unser Risiko. Wir sind bereit, es zu tragen.

Gewähren Sie uns Zugang zum Gazastreifen. Lassen Sie uns arbeiten – im Interesse aller!

Unterzeichnet von

DIE ZEIT, ZEIT ONLINE (Giovanni di Lorenzo, Jochen Wegner)

taz, die tageszeitung (Barbara Junge, Ulrike Winkelmann)

Stern (Gregor Peter Schmitz)

DER SPIEGEL (Dirk Kurbjuweit)

dpa (Sven Gösmann)

Reporter Ohne Grenzen (Anja Osterhaus)

Arte (Carolin Ollivier)

Redaktionsnetzwerk Deutschland (Eva Quadbeck, Sven Oliver Clausen)

Deutscher Journalistenverband (Mika Beuster)

Süddeutsche Zeitung (Judith Wittwer, Wolfgang Krach)

BILD (Marion Horn)

DIE WELT (Ulf Poschardt)

ZDF (Bettina Schausten)

Handelsblatt (Sebastian Matthes)

RTL/NTV (Gerhard Kohlenbach)

Deutsche Welle (Peter Limbourg)

ARD (Kai Gniffke)

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31 Kommentare

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  • Die Liste ist beeindruckend, es sind irgendwie fast alle da.

  • Selbstredend wissen die deutschen Medien, was im Sinne aller ist.

    Das Gewissen der vierten Gewalt in full effect.

    Es ist nur eine Frage von Stunden, bis Netanjahu einknicken wird.

    Und: Hat man der Hamas auch irgendetwas zu sagen?

    • @Jim Hawkins:

      Nein, da man die Hamas nicht als Regierung, sondern als Terrororganisation bezeichnet, wären Abmachungen mit denen sogar kontraproduktiv.

    • @Jim Hawkins:

      Die Hamas bestimmt nicht über den Zugang zum Gazastreifen, das tun Ägypten und Israel. Insofern ist Ihre Frage ein reines Ablenkungsmanöver

      • @Klabauta:

        Das ist absoluter Unsinn! Ohne Genehmigung der Hamas läuft in Gaza GAR NICHTS!

        • @Henriette Bimmelbahn:

          Genau, die haben die israelische Regierung in der Hand und können bestimmen wen Israel rein läßt nach Gaza!

      • @Klabauta:

        Selbstverständlich bestimmt die Hamas über alles, was in Gaza passiert. Sobald der nette ägyptische oder israelische Grenzer den Zugang erlaubt hat, ist man auf das Wohlwollen der Hamas angewiesen und muss nach deren Regeln handeln. Ob das nun eine Ortskraft ist oder ein westlicher Journalist, ist egal - Regime wie die Hamas sind nicht sehr zaghaft im Umgang mit Kritik.

        • @Heike 1975:

          "Selbstverständlich bestimmt die Hamas über alles, was in Gaza passiert."

          Außer dort, wo die israelische Armee ist. Und um überhaupt in den Gaza Streifen zu kommen braucht man erst mal die Erlaubnis Israels und/oder Ägyptens.

          In so fern muss man sich erst mal an diese Beiden wenden.

    • @Jim Hawkins:

      Dem letzten Satz schließe ich mich unbedingt an. Allerdings wäre ein Zugang für unabhängige (einigermaßen!) Journalisten doch nicht nur geboten, sondern sinnvoll - aktuell wird durch sämtliche Medien einschließlich der ÖR permanent ungeprüfte Behauptung mit kleinstem Alibi-Disclaimer vorab aus Gaza verbreitet. Dass insbesondere die local journalists gar keine internationale Berichterstattung wünschen ("Trust us!"), sollte Bände sprechen.

      • @Jewels&Iron:

        Da muss ich mal dumm fragen, wäre das den nicht zu gefährlich für die Journalisten?

        Oder muss sich das Ganze dann als irgendwie embedded vorstellen?

        • @Jim Hawkins:

          Embedded kann man mit der israelischen Armee bereits nach Gaza. Das ist kein unabhängiger Journalismus. Und es dürfte nicht gefährlicher sein für internationale Journalisten, als für die palestinensischen Journalisten oder die Mitarbeiter internationaler Hilfsorganisationen und Ärzteteams. Es gibt auch während ich hier schreibe hunderte von Journalisten, die an anderen Kriegsschauplätzen sind und die wissen wie gefährlich es ist. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, dass seit Kriegsbeginn ein internationaler also ausländischer Mitarbeiter, sei es ein Mediziner, von der UN oder einer der Hilfsorganisation von Hamas entführt oder getötet wurde. Mir fallen bisher nur ausländischen Mitarbeiter ein, die durch israelische Bomben getötet wurden.

        • @Jim Hawkins:

          Gebe zu: ich habe von Kriegsberichterstattung wenig Ahnung. Auch nicht, was üblich in anderen Einsätzen ist.

    • @Jim Hawkins:

      Die Medien sprechen genau die an, die blockieren. Das ist zuallerst Israel bzw. die derzeitige, vorübergehende Regierung des Staates Israel und es it Ägypten. Es ist wohl davon auszugehen, dass derzeit kein Mitglied der Hamas an der Grenze des Gazastreifen steht.



      Ob Netanjahu einknicken wird oder nicht, ist erst einmal eine Frage, wie diese Person zur freien Presse und zur Meinungfreiheit steht. Tut er es nicht, ist das ein weiterer Beleg, dass er seine Probleme mit freien Meinungen hat. Und damit gesellt er sich zu Kreisen die wenig Sinn für demokratische Spielregeln haben.

  • Ich würde erwarten, dass die Bundesregierung den offenen Brief öffentlich unterstützt.

    • @vieldenker:

      Damit sie Millionen zahlen kann, wenn die Journalisten als Geiseln genommen werden?

      Damit die Angehörigen von getöteten Journalisten die Verantwortung auf die Bundesregierung schieben können?

      Ich erwarte, dass die Bundesregierung sich da raushält.

      • @rero:

        Sie verwechseln da was. Es geht um das Recht der Redaktionen zu berichten um ihrer Informationspflicht möglichst gut nachkommen zu können. Ob und wenn ja wie die Bundesregierung dann konkret helfen kann oder sollte, war weder Inhalt des Briefes, noch meines Kommentars.

    • @vieldenker:

      Ich erwarte, dass auch Herr Sinwar als oberster Militärführer der gegnerischen Kriegspartei angeschrieben und von ihm Sicherheitsgarantien für die Journalisten, ebenso wie Zugang zu Tunneln und Geiseln gefordert werden. Nur die Hälfte des Geschehens findet in Gaza an der Oberfläche statt, so dass Berichterstattung darüber immer nur bruchstückhaft, einseitig und unvollständig ist.

      • @*Sabine*:

        Sie betreiben reinen Whataboutism. Fällt mir nicht zum ersten Mal auf. Unter der von Ihnen genannten Prämisse werden deutsche Medien weiterhin auf die palästinensischen Journalisten angewiesen sein. Sehr praktisch. Dann kann man immer darauf hinweisen, dass die Berichte aus Gaza unglaubwürdig, weil einseitig sind.

  • Weil es hier in den Kommentaren wieder einmal behauptet wird: Nein, die NGOs sind kein Gradmesser für Objektivität. In Gaza kann man keinen Schritt machen, ohne die Erlaubnis der Hamas. Dementsprechend sind die Informationen aus diesen Quellen vollkommen biased.

    Ich bin häufig im Rahmen deutscher Projekte in der Region. Kein einziger meiner Kollegen arbeitet vor Ort in Gaza oder Libanon - die wohnen meist in Amman oder Jerusalem und machen Schreibtischarbeit. Man verlässt sich vollständig auf angeheuerte Ortskräfte und kann deren Background nicht sicherstellen. Auch ist es erstaunlich, wie die Mittelverwendungsnachweise sich unterscheiden: Ich habe ein Projekt in Israel gemacht und musste noch 24 Monate nach Abschluss die unterschiedlichsten Nachweise erbringen usw. Für ein Projekt in der Westbank reichte das verwackelte Handybild einer Ortskraft als Nachweis zur korrekten Mittelverwendung.

    Das weiß auch im AA jeder und der Frust im Verwaltungsmittelbau ist hoch. Geändert wird trotzdem nichts, da man niemanden verärgern möchte.



    Nächstes Korruptionsspielfeld wird Ägypten, wo sich die üblichen Familien schon als Generalunternehmer der westlichen Wiederaufbauhilfen positionieren.

    • @Heike 1975:

      Sie machen es sich aber sehr leicht hier. In der Westbank hört man Reporte die sich mit denen in Gaza abdecken und dort herrscht nicht Hamas.



      Genau so haben Ärzte ihre Berichte auch nie geändert nachdem sie aus Palestinia zurückgekehrt waren. Kein einziger.

      Deshalb denke ich dass man diesen NGOs und Helfern durchaus glauben kann.

    • @Heike 1975:

      Danke für den Beitrag! Wird immer noch viel zu selten klargestellt. Auch, wenn entsprechendes Material von direkt vor Ort ungeprüft weiter verbreitet wird, was ja alle westlichen Medien betrifft. Frage': würde die Forderung diesen Umstand dann besser machen? Mehr Transparenz? Oder noch mehr Propaganda?

  • Es geht ja nicht nur um den freien Zugang von Journalist:innen zu Informationen, sondern auch um deren leibliches Wohlergehen:

    "Traurige Bilanz zum Weltpressetag: Mehr als 140 Journalisten in Gaza getötet"

    (vom 3. Mai 2024)

    Quelle: de.euronews.com/20...en-in-gaza-getotet

    Die Zählung der geöteten Journalist:innen begann mit dem Gaza Krieg. Aber schon zuvor gab es solche Fälle, z.B. den von Abu Akleh, nicht in Gaza, sondern im Westjordanland:

    www.spiegel.de/aus...-9954-7979e8055310

  • Ein richtiger und längst erwarteter Vorstoß!



    Die Erfahrung lehrt, dass es eine Antwort geben muss.



    Die Vergangenheit lehrt, dass die bisherigen Bemühungen um eine Objektivität in der Lagebeurteilung schon sehr viele Opfer unter den ProtagonistInnen verursachten.



    /



    Die vielen verfügbaren Berichte der NGOs sind ein Hilfs-Maßstab und ein Beispiel für ein unermüdliches, sehr mutiges Engagement❗



    /



    www.aerzteblatt.de...llstand-in-Gaza-an

  • Ich unterstütze das Anliegen auf jeden Fall. Mahne aber zur Vorsicht.

    Schon oft wurden gerade auch in westlichen Medien die Angaben der Hamas 1:1 übernommen.



    Auch glaube ich nicht, dass diese den Zugang zu ihren Terrortunneln präsentieren werden.

    Kurzum, die Sorge ist, dass es zu einer einseitigen propaganda Show für die Hamas wird.

    Gerade in linken Medien sind die Siedler und die israelische Regierung an allem Schuld (und ja, sie tragen eine Mitschuld). Die islamistische und damit queerfeindliche, patriarchale, Gefahr für alle Andersgläubigen, wird nur als Symptom dargestellt.

    Als wenn es diese nicht geben würde ohne die Israelis.

    Interessant daran, in Afghanistan, Iran usw gibt es keine Juden (mehr). Und diese Länder pflegen die gleichen Werte wie die Hamas.

    • @Pawelko:

      Ist die rechte Regierung in Israel etwa glaubwürdiger? Der traue ich genauso wenig wie der Hamas. Beide ziehen ihre Propagandashow ab. Konservative Medien übernehmen die Regierungsmeldungen, die sie genauso wenig überprüfen können. Alle Medien egal welche Haltung sie zu dem Konflikt haben laufen Gefahr auf Falschmeldungen /Propaganda herein zu fallen. Es kann aber nicht mehr so weiter gehen in Gaza.

      • @Andreas J:

        In Israel haben Sie aber eine funktionierende Zivilgesellschaft.

        Die israelische Presse misstraut Netanjahu.

        In Gaza traut sich niemand, der Hamas zu misstrauen.

        Das Hufeisen passt hier nicht.

        • @rero:

          Was hat das mit Hufeisen zu tun? In jedem Krieg gibt es Propaganda von allen Beteiligten. Ob man sie hinterfragen darf oder nicht ändert nichts daran. Auch Demokratien nutzen Propaganda und können lügen das sich die Balken biegen.

      • @Andreas J:

        Ja, ich vertraue den Meldungen der demokratisch gewählten Regierung, eines demokratischen Staates mehr, als denen einer faschistischen Terrorsekte. Auch wenn ich diese Regierung ablehne.

        Und ja, Sie haben recht. So kann es nicht weitergehen, in Gaza. Die Herrschaft der Hamas muss enden.

      • @Andreas J:

        Deshalb bin ich ja dafür, dass mehr Medien Zugang zu Gaza bekommen.

        Ich hoffe einfach nur, dass es nicht zu einer einseitigen Show verkommt.

        Und natürlich betreibt Israel ebenfalls Propaganda, aber im Gegensatz zu einer islamistischen Terrororganisation die ein weltweites Kalifat möchtet haben demokratische Strukturen in Israel die Chance auch kritisch über die eigene Regierung zu berichten (was sie auch tun)...wie es einem ergeht wenn man sich kritisch über die Hamas äußert können Sie den Sohn den Hamas Führers, Mosab Hassan Yousef, fragen.