Netanjahus frecher Umgang mit Biden: Nicht ohne die USA
Die Beziehungen zwischen Jerusalem und Washington sind aktuell auf einem gefährlichen Tiefpunkt. Israels Regierungschef macht, was er will.
A usgerechnet in so riskanten Zeiten wie diesen geht Regierungschef Benjamin Netanjahu offen auf Konfrontation mit Israels weltweit wichtigstem strategischem Partner. Ohne die USA, wenn es sein muss, will er den Krieg im Gazastreifen gewinnen und offenbar nicht nur dort.
Wieder und wieder lässt Netanjahu den noch mächtigen großen Bruder jenseits des Ozeans ins Leere laufen: bei der Forderung von US-Präsident Joe Biden nach einem sofortigen Waffenstillstand, bei der Frage nach Schutz für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen und mehr humanitärer Hilfe für das Kriegsgebiet und bei Nachkriegsszenarien und dem Umgang mit der Palästinensischen Autonomiebehörde.
In Israels Sicherheitsapparat kann man über die Arroganz des Regierungschefs vermutlich nur mit dem Kopf schütteln. Schließlich geht es nicht nur um den Umfang der Militärhilfe in Milliardenhöhe und die Zusammenarbeit der Nachrichtendienste. Israels Armee ist zwar im Bereich von Cyber, Drohnen, Raketenabwehrsystemen und Panzern schon weit vorn. Anders sieht es hingegen bei der Luftwaffe aus, wenn es um Kampfflugzeuge und Hubschrauber geht. Die sind allesamt „made in USA“.
Ersatzteile müssen aus Übersee geliefert werden. Washington verfügt durchaus über überzeugende Mittel. Dass man im Weißen Haus konkrete Maßnahmen scheut, erklärt sich aus der Tatsache, dass auch umgekehrt Israel als einzige Demokratie im Nahen Osten für die USA ein wichtiger Partner ist. Darf sich der israelische Regierungschef deshalb alles erlauben?
Der Vorstoß der USA, mit einer Resolution im UN-Sicherheitsrat einen sofortigen Waffenstillstand voranzutreiben, signalisiert recht deutlich, welchen Unmut Netanjahu im Weißen Haus provoziert. Und doch bleibt Biden bei seinen Mahnungen und lässt selbst Nahrungsmittel aus der Luft oder auf dem Seeweg in den Gazastreifen liefern – ein Tropfen auf den heißen Stein. Hunderte Lastwagen brauchte es täglich, um dem Hunger dort zu begegnen.
Netanjahu macht, was er will, und hofft derweil auf die Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus. Die Uhr tickt – für Biden und den Nahen Osten.
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