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Nachwuchs für die BundeswehrHögl für Rückkehr der Musterung

Die Wehrbeauftragte will mehr Nachwuchs für die Bundeswehr gewinnen. Sie regt an, alle jungen Menschen auf ihre Wehrdienstfähigkeit zu untersuchen.

Infostand der Bundeswehr auf der Gamescom 2022 in Köln Foto: Imago

Berlin dpa | Mit Blick auf die Nachwuchsgewinnung der Bundeswehr hat die Wehrbeauftragte Eva Högl vorgeschlagen, künftig alle jungen Menschen eines Jahrgangs zur Musterung einzuladen. Die SPD-Politikerin sprach sich in einem Interview des Nachrichtenportals t-online gegen eine Rückkehr zur Wehrpflicht aus. Aber die Idee eines verpflichtenden „Dienstjahres für Deutschland“, das im zivilen oder militärischen Bereich abgeleistet werden könne, finde sie „diskussionswürdig“.

„Man könnte wie in Schweden einen gesamten Jahrgang junger Leute für die Bundeswehr zur Musterung einladen. Und sie dann, sofern sie wehrfähig sind, selbst entscheiden lassen, ob sie sich engagieren wollen oder nicht.“ Diese Musterung sollte sich dann an alle Geschlechter richten, forderte Högl. „Die Aussetzung der Wehrpflicht in Deutschland wieder rückgängig zu machen, hilft überhaupt nicht“, betonte die Wehrbeauftragte des Bundestags. „Wir haben nicht genügend Ausbilder und nicht genügend Infrastruktur dafür.“

Die Wehrpflicht war 2011 nach 55 Jahren unter dem damaligen CSU-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ausgesetzt worden, was in der Praxis einer Abschaffung von Wehr- und Zivildienst gleichkam. Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine ist das Thema neu in den Blickpunkt gerückt. Högl forderte etwa Anfang des Jahres, jetzt eine Debatte zu beginnen – „auch über die Frage, wie viel Zwang, wie viel Freiwilligkeit nötig ist“. „Wir brauchen auf jeden Fall mehr Personal bei der Bundeswehr“, sagte sie damals der Augsburger Allgemeinen.

Scholz und Pistorius gegen Wehrpflicht

Kanzler Olaf Scholz und Verteidigungsminister Boris Pistorius (beide SPD) sprachen sich klar gegen eine Rückkehr zur Wehrpflicht aus. Pistorius machte aber im Februar deutlich, dass er gute Argumente für eine allgemeine Dienstpflicht zur Stärkung von Katastrophenschutz, Bundeswehr und Rettungsdiensten sieht. Die jungen Menschen müssten in der Frage gehört werden, sagte er. Die FDP meldete rechtliche und politische Bedenken gegen eine solche Dienstpflicht an.

Die CDU hatte sich im September auf einem Parteitag für die bundesweite Einführung eines verpflichtenden Gesellschaftsjahrs ausgesprochen. Wo die jungen Menschen den Dienst absolvieren können, solle möglichst flexibel ausgelegt werden, „sei es bei sozialen Einrichtungen, in Krankenhäusern, bei der Bundeswehr, im Zivilschutz beim THW oder bei der Feuerwehr, über anerkannte Hilfsorganisationen im Ausland oder im Sport und in der Kultur oder bei Natur- und Umweltschutzverbänden“. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte bereits vor rund einem Jahr eine Debatte über die Einführung einer sozialen Pflichtzeit angestoßen.

Pistorius stellte jüngst infrage, ob das Ziel der Aufstockung der Bundeswehr auf 203.000 Soldatinnen und Soldaten bis 2031 eingehalten werden kann. „Ich wage keine Prognose, ob wir die Zahl erreichen können“, sagte er bei einem Besuch im Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr in Köln. Seit der Corona-Pandemie gebe es einen Einbruch bei den Bewerberzahlen. Man arbeite daran, dieses Tal zu verlassen.

Als Gründe nannte er etwa den Fachkräftemangel und den demografischen Wandel. Bei der Bundeswehr gibt es aktuell rund 183.000 Soldatinnen und Soldaten.

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20 Kommentare

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  • Wenn die Bundeswehr konventionelle Verteidigung leisten soll braucht sie mehr Soldaten im Ernstfall. Ein 1-Jähirger Wehrdienst würde da helfen, da er einen Pool an Reserve erzeugt.

    Dazu wäre noch ein effektives Reserve(unter)offiziersystem helfen. Wer sich als Reseveoffizier meldet kriegt ein Stipendium fürs Studium/Ausbildung für 3-4 Jahre und verpflichtet sich im Gegenzug für 20 Jahre. Weil Wehrpflichtige alleine bringen nichts wenn es keine Unteroffiziere und Offiziere gibt die diese Masse dann anführen können.



    Außerdem bräuchte man jeweils simplere und weniger Wartungsintensive Ausrüstung die eingelagert wird um jene Reserven dann auszurüsten im Ernstfall.

  • Der Krieg in der Ukraine hat eines deutlich gemacht: Jeder Krieg braucht Kanonenfutter. Es war nur eine Frage der Zeit, dass der erstarkte Militarismus in Deutschland zum Thema Musterung führte. Dann sind wir nicht mehr weit davon entfernt, die Wehrpflicht einzuführen.

  • Na ich weiß ja nicht. Für uns gabs in der zehnten Klasse eine Amtsärztliche Untersuchung. War glaube ich sogar dieselbe Ärztin wie bei meiner Musterung zwei Jahre drauf. Unterschied war, dass man die Unterhose anbehalten durfte und der Sehtest wegfiel. Mag aber wie alles Schulische ne Landesspezialität gewesen sein.

  • Bei der Musterung gleich einen Gentest machen. Wessen Gene sind besonders geeignet für Aggression gegen andere Menschen :-)

    • @Reinhard Muth:

      Viel zu aufwendig. Waffe in die Hand drücken und an die Front schicken. Den Rest besorgt der Überlebensinstinkt.

  • Na, wer sagst denn.



    Die (feindlichen) Systeme gleichen sich an.



    Nur nicht so, wie Einer sich das vorgestellt hat.



    Blockwartmentalität hier taz.de/Bundespoliz...n-Zuegen/!5938252/



    und Mobilmachung lt. Artikel.



    Ich glaube es war unsere Außenministerin, die nach 18 Monaten mehr oder weniger verbindlicher Statements mal eine klare Aussage zur Ukraine/Nato getroffen hat.



    Ich denke das passt, obwohl nicht Thema, ganz gut zusammen.

  • Hätte ich Frau Högl gar nicht zugetraut,sehr guter Vorschlag

    • @Syltfreund:

      Klar - gilt besonders auf Sylt -

      “Auf anderer Leutz Leder!



      Ist gut Riemen schneiden! Woll“



      Der gepfefferte Spruchbeutel



      Fritz Scheffel



      Eulenspiegel Verlag Berlin,

      • @Lowandorder:

        Besser finde ich: "Auf eines fremden Mannes Arsche läßt es sich vortrefflich durchs Feuer reiten."

        • @Wurstfinger Joe:

          Schöön. Da aber der Stein der Weisen noch nicht gefunden - variatio delectat.

    • @Syltfreund:

      Bundesweite Musterung ohne Wehrpflicht hört sich aber nach Schwachsinn an. Geld verbrennen.

  • Ja wie?



    “Nachwuchs für die Bundeswehr: Högl für Rückkehr der Musterung



    Die Wehrbeauftragte will mehr Nachwuchs für die Bundeswehr gewinnen. Sie regt an, alle jungen Menschen auf ihre Wehrdienstfähigkeit zu untersuchen.“

    kurz - Tja Frau Högel! Dann hustens mal schön! Wollnich.



    Y - Das Ende von GERMANY - 🪖 🪖🪖🪖🪖🪖



    “AAAACHTUNGGG - BRUUUSST RAAUUUSS!



    FIIINGEEERRR LAAANG UUUND EEEEHRGEIZ!



    EIN LIIIEED ZWOO DREIIII VIIIEERRR!“



    🎶 “SCHWARZBRAUN IST DIE HASELNUSS“ 🎶



    www.youtube.com/wa...FzZWxudXNzIGhlaW5v



    Otto - laß Heino gehn - 🙀🥳👹 -

    🪖🪖🪖 LIIIIEEEDD AAAAUUUSS 🪖🪖🪖 •

    • @Lowandorder:

      Da muss ich mit Grausen an meine eigene Musterung denken.

      Gleich zu Beginn wurde man gefragt, ob man KDV wäre. Nachdem ich das bejaht hatte, gab es einen deutlich sichtbaren Vermerk auf dem Laufzettel, damit war dann die Tauglichkeit schon festgestellt.

      Der Griff an den Sack verbunden mit der Aufforderung zu husten wäre also gar nicht mehr nötig gewesen.

  • Aufgrund des Fachkräftemangels kann sich Deutschland so etwas nun wirklich nicht mehr leisten im internationalen Wettbewerb seine qualifizierten Kräfte in einem verpflichtenden Jahr noch weiter vom realen Arbeistmarkt fern zu halten. Studium und Ausbildung sind im internationalen Vergleich schon zu lang. Was soll der ökonomische Unsinn! Macht die Bundeswehr attraktiver für Bewerber. Andere westliche Staaten schaffen das auch!

    • @Hannah Remark:

      Das sehe ich anders.



      Die Zahl der Ausbildungs- und Studienabbrecher wächst.



      Mal ganz abgesehen von den Jugendlichen, die die Schulen ohne Abschluss verlassen.



      Das Überangebot an Möglichkeiten scheint junge Erwachsene eher zu verwirren, als ein klares Ziel fassen zu lassen.



      Als ehemaliger Zivi sehe ich den Sinn in erster Linie im sozialen Bereich.



      Hier herrscht, wie erwähnt, Fachkäftemangel und nicht wenige meiner früheren Kollegen blieben in dem Bereich und machten beispielsweise eine Ausbildung.



      Gleiches gilt natürlich für die Bundeswehr.



      Der ökologische Bereich wurde damals noch etwas stiefmütterlich behandelt, das wäre heute sicher anders.



      Ich habe den Zivildienst auch als Orientierungsphase betrachtet und merke bei Jugendlichen in meinem Umfeld, dass das kein Fehler wäre.



      Neben speziellen Fertigkeiten, die in einem solchen Jahr erlernt würden, wäre Teamfähigkeit eine Qualifikation.



      Leider fehlen bei " Praktikanten" oft schon Fähigkeiten, wie Pünktlichkeit, dass macht, egal in welchem Job, nicht den besten Eindruck.



      Es wäre denkbar, ähnlich der Berufsschule, in einem Jahr für die Gesellschaft, in der Schule Versäumtes (organisiert) nachzuholen und somit Unqualifizierte zu Qualifizieren.



      Meinen Zivildienst betrachte ich, auch rückblickend, nicht als vergeudete Zeit.



      Zeit für die Gesellschaft zu opfern, stärkt die Persönlichkeit und die Gesellschaft.



      Ich sehe hier weniger den "Zwang" als die Chance.



      Eine jugendliche Person ohne Schulabschluss, mit mangelnden Kenntnissen in Mathe und Deutsch, ist schwer vermittelbar. Es wäre auch eine Chance für die Gesellschaft, diesen Jugendlichen auf andere Art eine zweite Chance zu bieten.

      • @Philippo1000:

        Das widerspricht den neoliberalen Narrativen unserer Gesellschaft und denen der INSM. Daher kann sich dieser soziale Ansatz von Ihnen nicht durchsetzen. Schade!

    • @Hannah Remark:

      Nein, schaffen sie nicht.



      Auch die USA und UK haben Probleme, auf Sollstärke zu kommen.

      • @Octarine:

        Und führen die beiden Staaten die Wehrpflicht wieder ein?

  • Naja, im Rahmen der nun offenen Konflikte in der Ukraine und dem Fehlschlag von Wohlstandstransfer und Appeasement bleibt der NATO und Europa ja nichts anderes übrig, als ihr eigenes Militär auf den Prüfstand zu stellen und ggf. den Gegebenheiten anzupassen. Eine Musterung der Jahrgänge ohne weitere Verpflichtungen ist da schon mal ein guter Anfang. Denn wenn es wirklich mal zu einem offenen Konflikt kommen sollte wird sowieso jeder von 18-65 Jahren gemustert, ob die Person will oder nicht.

    • @SeppW:

      Ja, da stimme ich Ihnen zu.