Nach dem Rücktritt von Liz Truss: Comeback für Boris Johnson?
Schon nächste Woche wollen die britischen Konservativen über die Truss-Nachfolge entscheiden. Ex-Premier Johnson hat Chancen.
![Boris Johnson am Rednerpult vor Downing Street 10 Boris Johnson am Rednerpult vor Downing Street 10](https://taz.de/picture/5866292/14/Boris-Johsnon-1.jpeg)
In ersten Umfragen liegt Johnson vorne. 32 Prozent der konservativen Parteimitglieder wollen ihn zurück. Damit liegt Johnson elf Prozent vor seinem Ex-Finanzminister Rishi Sunak. Zwar fordern alle Oppositionsparteien Neuwahlen, aber die Torys müssen diesen Forderungen nicht nachkommen. 1940 löste Winston Churchill als dritter Parteiführer innerhalb einer Legislaturperiode Neville Chamberlain ab. Kein Wunder, dass Johnson, ein Bewunderer Churchills, glaubt, Chancen zu haben.
Bis Montag 14 Uhr britischer Zeit müssen Kandidat:innen mindestens 100 Unterhausabgeordnete hinter sich haben. Bei insgesamt 357 konservativen Abgeordneten können sich so bis zu drei Personen um die Parteiführung bewerben. Sollte es am Montag mehr als eine Person sein und keiner der anderen Kandidat:innen freiwillig vom Feld ziehen, werden Parteimitglieder ihre Stimme online abgeben. Das Ergebnis wird dann am kommenden Freitag erklärt – wer gewinnt, wird Tory-Chef und neuer Premier.
Drei mögliche Alternativen
Am Freitag sah es so aus, als kämen außer Johnson nur zwei andere in Frage, auch wenn bis Freitagnachmittag niemand offiziell eine Kandidatur anmeldete. Ex-Finanzminister Rishi Sunak, der im Wahlkampf um die Parteispitze im Sommer der Favorit der Fraktion war, ist einer der beiden möglichen Kandidaten. Sunak, der am Ende gegen Liz Truss knapp verlor, prognostizierte damals Truss' Programm richtig als riskante Fantasiewirtschaft.
Die Dritte im Rennen könnte Penny Mordaunt sein. Mordaunt hatte unter Truss den Posten der Parlamentsministerin und war vorher auch schon mal kurz Verteidigungsministerin. Im Wahlkampf im Sommer erreichte sie den dritten Platz. Nachdem Johnsonanhänger:innen Sunak als Verräter ansehen, weil er einer der ersten war, die im Juli aus Johnsons Kabinett austraten, und weil die Person Boris Johnson weiterhin umstritten ist – einige Abgeordnete kündigten sogar an, die Fraktion zu verlassen, sollte Johnson zurückkehren – gilt Mordaunt als neutrale Alternative.
Johnsons Kandidatur wäre auch deshalb nicht ohne Risiko, weil das Urteil einer parlamentarischen Untersuchung, die entscheiden muss, ob Johnson in der Partygate-Affäre im Parlament gelogen hat, noch aussteht. Johnson hatte im Januar angegeben, er würde als Premierminister zurücktreten, sollte die Untersuchung feststellen, dass er gelogen habe.
Vereinfacht stünde Boris Johnson für die weitere Einhaltung der Wahlversprechen von 2019, also den Aufbau der abgehängten Regionen des Landes, Rishi Sunak für wirtschaftlich verantwortliche Politik. Penny Mordaunt betonte bei ihrer Kandidatur im Sommer, es müsse weniger um Politiker und mehr um das Land gehen. Auf dem letzten Parteitag trat sie nationalistisch auf. Wer das Rennen macht, scheint offen.
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