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Nach dem Massaker in Las VegasNormaler Typ, normaler Wahnsinn

Stephen Paddock erschießt in Las Vegas 59 Menschen und verletzt über 500. Debattiert wird danach über die Legalisierung von Schalldämpfern.

Der Las-Vegas-Strip in der Nacht zum Montag: Eine Überlebende des Massakers sitzt auf dem Bordstein Foto: ap

New York taz | Das Knattern begann, als Jason Aldean seinen Song „When she says Baby“ anstimmte. 22.000 Fans drängten sich auf dem Las Vegas Boulevard, dem „Strip“. Das Knattern hielten sie für den Beginn des Abschlussfeuerwerks. Doch plötzlich rannte der Musiker mit dem Cowboyhut und der Gitarre mitten in seinem Song hinter die Bühne. Das Flutlicht ging aus. Durchsagen kamen: „Geht in Deckung!“

Statt Country-Music waren nur noch die Schreie von Verletzten und das Knattern von Maschinengewehren zu hören, von denen niemand wusste, wo sie positioniert waren. Überlebende, die in der Dunkelheit nach einem Entkommen suchten, beschrieben es später als „plopp, plopp, plopp“. Die Menschen rannten und krochen in alle Richtungen. Sie suchten Schutz hinter Bierständen und Kühlmaschinen, unter Jeeps und in Ladeneingängen. Manchmal setzte das Knattern für lange Momente aus. Dann kam es wieder. 59 Menschen starben in dem Kugelhagel. 527 wurden verletzt.

Stephen Paddock benutzte ein Zimmer im 32. Stock des Mandalay Bay Hotel. Der 64-Jährige zerbrach zwei Fenster in dem Raum, den er am vergangenen Donnerstag bezogen hatte, und stellte Maschinengewehre auf Stativen auf. Gegen 22 Uhr am Sonntagabend eröffnete er das Feuer. Kurz vor Mitternacht, als die Polizei endlich den Weg zu seinem Zimmer gefunden hatte und die Tür durchbrach, war der tödlichste Schützen der US-Moderne selbst tot. „Er nahm sich vor unserer Ankunft das Leben“, sagte Sheriff Lombardo später. Derselbe Sheriff wollte zu dem Zeitpunkt auch bereits wissen, dass Paddock ein „lone wolfe“ – ein einsamer Wolf – gewesen sei. Sowie ein „heimischer Täter“, was so viel bedeutet wie: kein Muslim, kein Immigrant und kein – ausländischer – Terrorist.

In seinem Hotelzimmer hinterließ Paddock 23 Schusswaffen, darunter halbautomatische Gewehre, die zu vollautomatischen frisiert worden waren. In seinem Wagen fand die Polizei Material zur Herstellung von Bomben. Und in seinem Wohnhaus in der Rentnersiedlung Sun City in Mesquite, 130 Kilometer nördlich von Las Vegas, lagen 19 weitere Schusswaffen. „Ein sehr ordentliches und sauberes Haus“, bemerkte ein Ermittler im Anschluss an die Durchsuchung.

Weder wütend noch gewalttätig

Über die Motive von Paddock tappten die Ermittler auch 36 Stunden nach seinem Tod noch im Dunkeln. Eine Verbindung zu der islamistischen Terrororganisation IS, die von einer Erklärung aus IS-Kreisen verstärkt wurde, schloss das FBI aus. Paddock war ein Rentner, der den Behörden nie in seinem Leben aufgefallen war. Der Waffenhändler in Mesquite, der Paddock in den letzten Monaten drei Waffen verkauft hatte, berichtet von einem völlig normalen Käufer. „Wenn ein Kunde uns seltsam vorkommt, benutzen wir einen internen Code“, sagte der Waffenhändler, „bei Paddock war das nicht der Fall.“ Auch der jüngere Bruder, Eric Paddock, beschreibt den Massenmörder als einen „normalen Typ, der sich amüsiert und ins Kasino geht“. Er sei weder wütend noch gewalttätig gewesen. Auch mit politischen oder religiösen Meinungen sei er nie aufgefallen.

Das ganz normale Leben von Paddock spielte sich an zahlreichen Wohnorten quer durch die USA ab. Der Bürokaufmann ließ sich zweimal scheiden und arbeitete vor 30 Jahren zum letzten Mal in einem regulären Job. Seither handelte er mit Immobilien – womit er nach Angaben seines Bruders mehrere Millionen Dollar verdiente – und spielte. Beim Computerpokern im Kasino von Mesquite gewann er kürzlich den Jackpot von 10.000 Dollar. Er besaß zwei einmotorige Flugzeuge und hatte einen Jagdschein in Alaska.

Massenschießereien mit vier und mehr Toten gibt es fast täglich in den USA, im letzten Jahr waren es genau 335. Das registrieren die Medien allenfalls als Meldung. 33.000 Menschen kommen jährlich durch Schusswaffengewalt ums Leben, Selbstmörder inklusive. Sie tauchen meist, wenn überhaupt, als Randnotizen auf. Doch wenn eine Schießerei so groß wird wie in der Highschool in Columbine mit 13 Toten, in dem Kino in Aurora mit 12 Toten, in der Grundschule von Newtown mit 27 Toten, in der Militärbasis Navy Yard mit 12 Toten oder in dem Nachtclub Pulse in Orlando mit 49 Toten, dann unterbrechen die Sender ihr normales Programm.

Wie kann man Massaker verhindern?

Nach Las Vegas rücken die Medien zwei Themen in den Vordergrund: das stinknormale Leben des Täters. Und die Frage, wie man solche Massaker vermeiden kann. Zu Letzterem äußern sich am Montag Dutzende von Experten in den Fernsehkanälen. Sie erwägen Sicherheitskontrollen an Hoteleingängen, Drohnen über Freiluftkonzerten und erhöhte Wachsamkeit jedes einzelnen Bürgers. Auf Fox erklärt ein Moderator Ereignisse wie das von Las Vegas zu einem Betriebsunfall, der letztlich nicht vermeidbar sei.

Die Frage, wozu ein Zivilist in den USA Kriegswaffen benötigt, taucht dort nicht auf. Die Fernsehsender erörtern auch nicht, wieso Nevada, der Bundesstaat, in dem Las Vegas liegt, ein Gesetz braucht, das es jedem erlaubt, mit halbautomatischen Waffen durch die Straßen zu laufen. Sie klammern Fragen nach schärferen Käuferkontrollen sowie kleineren Waffenmagazinen aus.

Die Lobbyorganisation NRA hat es geschafft, das „Recht“ auf sämtliche Schusswaffen tief in den Köpfen der meisten Amerikaner zu verankern. Wann immer am Tag nach dem Massaker von Las Vegas jemand die Notwendigkeit von halbautomatischen Schusswaffen hinterfragt, findet sich ein Gegenredner, der den Kritiker entweder wegen mangelnder Sachkenntnis heruntermacht oder angibt, dass das eine „emotionale“ Reaktion auf ein bedauerliches Ereignis sei, aber nicht wert, die eigene „Freiheit“ aufzugeben.

Die NRA, deren Zentralorgan noch wenige Stunden vor der Schießerei in Las Vegas ein neues halbautomatisches Gewehr anpreist, geht anschließend auf Tauchstation. So hält sie es nach jedem Massaker – bloß um wenige Tage später mit neuen Werbeargumenten an die Öffentlichkeit zu gehen. Nach dem Schulmassaker in Newtown warf sie den Lehrern vor, dass sie keine Waffe getragen hätten. Nach dem Kirchenmassaker von Charleston beschrieb sie den Täter als instabil. In jedem Fall ermuntert sie US-Amerikaner zu neuen Schusswaffenkäufen. Denn: „Das beste Mittel gegen einen bösen Kerl mit einem Gewehr ist ein guter Kerl mit einem Gewehr.“

Waffenkauf soll boomen

Im Fall von Las Vegas schnellen die Aktienkurse der Schusswaffenhersteller schon in die Höhe, bevor die NRA wiederauftaucht. Am Montag verzeichnet Smith & Wesson einen Anstieg von mehr als 3 Prozent. Noch bevor die Toten von Las Vegas beerdigt sind, stellen sich die Schusswaffenhersteller auf einen neuen Boom ein.

Donald Trump hat im Wahlkampf viel Unterstützung von der NRA bekommen und ihr umgekehrt seine Loyalität versichert. Am Tag nach dem Massaker zeigt der Präsident, was er meint. Er bietet Bibelzitate und Gebete, die an fundamental-christliche Gemeinden erinnern, die jede Verbesserung auf den Tag der Wiederkehr des ­Heilands verschieben. Und er lässt erklären, dass eine Debatte über Waffenkontrolle „verfrüht“ sei.

Damit können die Gesetzgeber das bereits fertig im Kongress liegende Gesetz über die Legalisierung von Schalldämpfern annehmen. Wäre es schon am Sonntag in Kraft gewesen, wäre das „Plopp, Plopp, Plopp“ noch leiser gewesen. Und Paddock hätte noch länger töten können.

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30 Kommentare

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  • In einem Land, indem Gewalt zur Bekämpfung von Gewalt schon vom Staat als erstes Wahl angepriesen und angewendet wird, ist diese auch vom Bürger gern genommen. In einem Land, indem die Todesstrafe teilweise noch legales und legitimes Mittel zur Bekämpfung von Mord angesehen wird, wird Mord legitim.

    In einem Land, wo der Bürger als Bedrohung staatlicher Ordnung angesehen wird, wird die Angst auf beiden Seiten zu dem führen, was in den USA stattfindet. Dieses Land ist voller Angst. Im urchristlichen Sinne: Angst sät der Teufel und die Liebe ist Gott.

  • Die USA sind verloren. Bald haben die den wilden Westen wieder, wo jeder jeden umbringen kann und - wird!

    • @joaquim:

      Nach den Erfahrungen der letzten 20 Jahre...

  • Ich hatte neulich mit einem amerikanischem Doktoranden eine längere Diskussion über die Amerikaner und ihren Waffenfestischismus. Irgendwann, als er sich in die Enge getrieben fühlte, kam er mit dem Gegenargument: '...und was ist bei Euch auf den Autobahnen los? Hemmungslose Raserei, und ihr verteidigt dieses Recht, wie wir unseren Waffenbesitz. So what?' Tja, da musste ich auch schlucken...

    • @dodolino:

      Der Vergleich hinkt nur leider, insofern gut 45 % der Autobahnen geschwindigkeitsbegrenzt sind. Analog könnte man sagen, ein Kompromiss in den USA wäre das Verbot oder die strikte Kontrolle von "assualt weapons," voll- und halbautomatischen Waffen. Im "Wilden Westen" waren Waffen übrigens deutlich rigoroser reguliert, die libertäre Interpetation des 2. Verfassungszusatzes ist ein Produkt des 20. Jahrhunderts und der von Republikanern gewöhnlich propagierte "original intent" der Verfassung war in diesem Fall eine kommunale Miliz, nicht individualistischer Waffenbesitz.

    • @dodolino:

      Recht hat er aber auch nicht ganz. Das Gewaltpotential aus einer ungehemmten Waffenfreigabe ist wesentlich höher, wenn gesellschaftliche Spannungen zunehmen. Aber stimmt schon: An die eigene Nase fassen!

  • Die Spannenden Fragen sind fast immer die, die niemand stellt.

     

    Ich fürchte fast, dieser Fox-Moderator hat nicht so ganz unrecht. Las Vegas war eine Art „Betriebsunfall“. Einer, der „letztlich nicht vermeidbar“ ist - wenn sich nicht Grundlegendes ändert.

     

    Wozu benötigt ein Zivilist in den USA Kriegswaffen? Und wieso braucht Nevada ein Gesetz, das es seinen Bürgern erlaubt, mit halbautomatischen Waffen durch die Straßen zu laufen? Ja, klar, zum Zwecke der Wirtschaftsförderung. Einerseits. Andererseits aber auch, um die gewohnten Machtverhältnisse zu stabilisieren. Wenn das Recht der US-Amerikaner auf Schusswaffen tief in ihren Köpfen verankert ist, dann nur deswegen, weil die Propaganda der NRA auf fruchtbaren Boden fällt.

     

    Es gibt ein Grundprinzip in der US-Gesellschaft. Dieses Grundprinzip lautet nicht einfach: Gut gegen böse, schwarz gegen weiß, wir gegen die. Es lautet: Ich gegen alle.

     

    Genau dieses alberne Grundprinzip ist es, auf dem überall in der Welt militante Führer ihre Macht gründen. Es sorgt dafür, dass die Leute permanent „unter Strom“ stehen. Sie wähnen sich in einem Krieg, der ihnen Angst macht. Angst voreinander, Angst um ihr Leben, Angst um das Leben ihrer Angehörigen, Angst, zu versagen, Angst, zu überleben.

     

    Diese Angst macht sie klein, schwach und dumm. Diese Angst erlaubt es anderen, sie zu beherrschen. Der NRA erlaubt sie, sich dumm und dämlich zu verdienen. Trump und Co. erlaubt sie, zu regieren. Uns Deutschen aber erlaubt sie, uns mit einem wohligen Grusel zurückzulehnen und uns NICHT zu fragen: Gibt es womöglich etwas hierzulande, was genau so schief läuft, wie in den USA?

     

    Unsere Waffengesetze mögen andere sein. Unsere Grundsätze allerdings sindviel zu ähnlich, als dass wir Grund hätten zur Überheblichkeit. Die AfD profitiert grade davon.

    • @mowgli:

      Auch in Deutschland können Zivilisten diese Kriegswaffen kaufen, aus dem gleichen Grund warum sie auch in den USA beliebt sind.

       

      Sie sind günstig, robust und sicher für den Schützen.

      Sie sind günstig weil ihre Entwicklung schon von Vater Staat bezahlt wurde, und sie mit den gleichen Werkzeugen produziert werden können mit denen auch die Militärwaffen hergestellt werden.

      Sie sind robust weil das Militär darauf wert legt.

      Und sie sind sicher für den Schützen weil eine Ladehemmung oder Frühzündung keine Verletzung des Schützen verursacht.

    • @mowgli:

      Danke für den Kommentar, spricht mir aus der Seele

  • Zitat: ´dass das eine emotionale Reaktion auf ein bedauerliches Ereignis sei, aber nicht wert, die eigene Freiheit aufzugeben.´

     

    Ein Demokrat weiß, dass die eigene Freiheit da endet wo sie die eigenen Mitmenschen in ihrer Freiheit einschränkt. Der Tot ist die ultimative Einschränkung der eigenen Freiheit, wenn man so will.

     

    Die Freiheit von der die NRA redet ist allenfalls die Freiheit seine Mitmenschen unkontrolliert über den Haufen zu ballern, aber ganz sicher nicht die Freiheit im Sinne von Entfaltung.

     

    Das die Verfasser der US-Verfassung mit dem Waffenrecht den Besitz von Kriegsgerät im Sinne hatte, kann niemand der noch bei Verstand ist ernsthaft glauben.

  • It's not a bug, it's a feature.

  • „Die Terreur ist nichts anderes als unmittelbare, strenge, unbeugsame Gerechtigkeit; sie ist also Ausfluss der Tugend; sie ist weniger ein besonderes Prinzip als die Konsequenz des allgemeinen Prinzips der Demokratie in seiner Anwendung auf die dringendsten Bedürfnisse des Vaterlandes.“

    Maximillian Robbespierre

     

    Im Ursprung (und auch bis heute weitestgehend) mehr oder weniger staatlich. Wenigstens der Wahn von staatsähnlicher Legitimation ist fester Bestandteil von Terror.

  • Diese Zahnpaste kriegt man nicht zurück in die Tube. Man sollte den wünschenswerten Zustand einer Gemeinschaft ohne Waffen nicht mit dem nicht so wünschenswerten Versuch verwechseln, eine schwer bewaffnete Gesellschaft so zu entwaffnen, dass man die Vorteile einer Gesellschaft ohne Waffen hätte.

     

    Kurz: Dieser Zug ist abgefahren in den USA. Selbst wenn man versuchen würde, das einzuschränken, würde man die, die man als erste entwaffnen müsste, als letzte entwaffnen können. Das ist alles nur vielleicht verständliches, aber auf jeden Fall hilfloses Wunschdenken.

     

    Und das Freiheitsverständnis in den USA ist halt so sehr viel mehr "versuche doch mich zu hindern" als anderswo (also potentiell gewalttätig), dass dieses Land ohne Waffen in der Tat überhaupt nicht denkbar ist.

     

    Das sollte kein Vorbild sein (am billigsten lernt man ja bekanntlich aus den Fehlern anderer), aber das ist ein ganz eigenes Problem dort.

     

    Dass die NRA darin lebt wie eine fette Ratte im Kühlschrank, ist wahr. Dass eine wirkliche Gewaltherrschaft in den USA gegen den Willen der Bevölkerung militärisch schlicht nicht durchsetzbar wäre, ist aber auch wahr. Das ist nur eine sehr spezifische Art von Freiheit zu einem sehr hohen Preis, aber so ist das nunmal.

     

    Jede Diskussion über Waffengesetzgebung in den USA ist nur politisches Geplänkel und auf seine Weise auch nicht zielführender als Trumps Einreiseverbote.

    • @Mustardman:

      Alle derzeitigen kapitalistischen Regime fußen auf Gewaltherrschaft - für Amerika und Trump gilt das in besonderem Maße und zusätzlich tatsächlich gegen den Willen einer amerikanischen Mehrheit. Eine vermutlich nach Deiner Definition "wirkliche" Gewaltherrschaft wird nicht vom potentiell gewalttätigen Teil der Bevölkerung verhindert, sondern geschieht in seinem Interesse und wird von ihm legitimiert.

    • 6G
      60440 (Profil gelöscht)
      @Mustardman:

      Das ist zu einfach. In einem Land, in dem es mehr waffen als Einwohnert gibt und mittlerweile 70% der Bevölkerung strengere Waffengesetze befürworten (so der Deutschlandfunk) muss gehandelt werden.

      Für den Anfang könnten allerdings die schlimmsten Auswüchse behoben und wesentliche Verbesserungen eingeführt werden:

       

      Man müsste private Waffenmärkte verbieten, bei denen völlig unkontrolliert und ohne Auflagen gebrauchte und neue Waffen von nicht lizensierten Händlern an völlig Ubekannte veräußert werden.

       

      Man müsste halbautomatische Waffen, Sturmgewehre verbieten.

       

      Man müsste ein Führungszeugnis für Waffenkäufer einführen und diese obligatorisch vom FBI überprüfen lassen.

       

      Man müsste Waffenkriminalität wissenschaftlich aufarbeiten.

       

      All das würde die überwiegende Mehrheit der Amerikaner mittragen.

      Es braucht mutige Politiker, die das in Angriff nehmen.

      • @60440 (Profil gelöscht):

        Tolle Idee mit dem Verbieten von halbautomatischen Waffen und Sturmgewehren.

        Was ist der Unterschied zwischen Sturmgewehr und normalen Gewehr ?

         

        Und wer soll das Verbot aussprechen ? Der Bund (ist der überhaupt dafür zuständig ?)

        Die jeweiligen Staaten ?

        Die Landkreise und Gemeinden ?

         

        Und was passiert mit den Besitzer von Sturmgewehren und Halbautomatischen Waffen die nach dem Verbot ? Dürfen sie die behalten, oder werden sie eingezogen, können sie gegen den Entzug klagen, gibt es eine Entschädigung für die Enteignung... ?

         

        Ach ja, bislang gab es natürlich kein überprüfung von Waffenkäufern und keine wissenschaftliche Aufarbeitung... weil ähm ja, warum eigentlich ?

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Mustardman:

      Entwaffnen ist etwas anderes als die Zufuhr neuer Waffen und Munition langsam zu drosseln. Irgendwann wäre die Munition beim Rumballern aufgebraucht und die Knarren wären nur noch zum Anschauen gut.

       

      Beim spezifisch US-amerikanischen Nationalismus, dem so genannten Amerikanismus, sind Gewalt und Freiheit eng verflochten, zum Leidwesen weiter Teile des Globus.

       

      Ich sehe das vor allem als kulturelle Frage, wie lange es dauert, bis sich Menschen dort antiamerikanisch verhalten und nein sagen zum Fahnenappell und der Hymne.

       

      Das erinnert mich an meine Kindheit in der DDR, da mussten die Jungpioniere auch immer antreten zum Fahnenappell.

       

      In den USA gibt es schon einen Eklat, wenn sich ein paar Sportler nur hinknien. Was würde erst losgehen, wenn mal jemand komplett nein sagt dazu und nicht mit antritt.

       

      Nee, zum Profisportlersein gehört der Fahnenappell und der Schwur auf die Fahne dazu, alles andere wäre "unamerikanisch".

       

      Das sieht für mich ehrlich gesagt nach einer mehr oder weniger liberalen kapitalistischen DDR an, mit Kapitalismus als Staatsreligion, statt des Sozialismus.

       

      Wer das offen kritisiert, kann realistischerweise fast nirgendwo mehr irgendeine Karriere machen.

       

      Steven King hat diesen Amerikanismus in seinem Dystopismus gut dargestellt. Hinter der reinen Fassade lauert bei ihm beständig der Wahnsinn der exzessiven Gewalt.

      Romero hat das auch getroffen in seiner Version der Apokalypse, wo ganz ohne Jesus, die Toten auferstehen und sich an der bigotten Gesellschaft gütlich tun. Deren Gewehre nützen gegen die Toten nur wenig.

      https://apps.opendatacity.de/stasi-vs-nsa/

      • 8G
        85198 (Profil gelöscht)
        @85198 (Profil gelöscht):

        "Am Tag nach dem Massaker zeigt der Präsident, was er meint. Er bietet Bibelzitate und Gebete, die an fundamental-christliche Gemeinden erinnern, die jede Verbesserung auf den Tag der Wiederkehr des Heilands verschieben. Und er lässt erklären, dass eine Debatte über Waffenkontrolle „verfrüht“ sei."

         

        Das meine ich mit kapitalistischer Staatsreligion.

        Anders als in der DDR wird es in den USA bei all den Waffen wohl keine Möglichkiet einer friedlichen Revolution geben, ohne dass Rechte die niederschießen, wie die Briten es mit den Anhängern Ghandis getan haben.

        Was Mustardman daran positiv finden kann, ist mir wirklich fraglich.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Mustardman:

      Was ist das für eine Logik?

      Dann hätte Galileo auch das heliozentrische Weltbild nicht infrage stellen brauchen.

  • "Die Frage, wozu ein Zivilist in den USA Kriegswaffen benötigt, taucht dort nicht auf. Die Fernsehsender erörtern auch nicht, wieso Nevada, der Bundesstaat, in dem Las Vegas liegt, ein Gesetz braucht, das es jedem erlaubt, mit halbautomatischen Waffen durch die Straßen zu laufen. Sie klammern Fragen nach schärferen Käuferkontrollen sowie kleineren Waffenmagazinen aus."

     

    Und so lange das so ist, können wir uns den Rummel um solche Ereignisse sparen. Es sind eben "unvermeidliche Betriebsunfälle". Da brauchen wir auch kein Mitleid zu äußern.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      "kein Mitleid" -- Ironie oder Antiamerikanismus? Die Opfer sind ja nicht alle in der NRA.

      • @Spin:

        Die Amerikaner nehmen den Einfluss der NRA fast widerstandslos hin. So lange nicht ein paar Millionen auf die Straße gehen, um den Einfluss dieser Organisation und ihrer Ideologie entgegen zu treten, gibt es von mir kein Mitleid mehr. Es ist einfach aufgebraucht.

         

        PS: Schlagwörter wie "Antiamerikanismus" sind nicht hilfreich.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Schlagworte wie "die Amerikaner" aber schon, oder? Und die Gleichsetzung von 60 (oder 600) opfern mit NRA-Sympatisanten offenbar auch. Denken_Sie_mal_drüber_nach_

          • @Spin:

            Sie müssen schon lesen, was ich geschrieben habe. Ich setzte durchaus nicht alle Amerikaner mit der NRA gleich. Aber auch die Waffengegner belassen es jedes mal bei kleinen lauwarmen Protesten. Auch sie bekommen den Hintern nicht hoch, gegen eine Organisation aufzustehen, die mit ihrer Ideologie ihr Leben bedroht.

             

            Und so lange das so ist, kann ich mit Fug und Recht sagen "die Amerikaner" haben kein Mitleid mehr verdient. Es ist aufgebraucht. Wer Verbrechern tatenlos zuschaut oder ihnen gar hilft, muss die Folgen der Verbrechen eben aushalten.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Nach ihrer Definition sind auch die Opfer von Terroranschlägen aus "religiösen Gründen" selber schuld.

           

          Auch für den amerikanischen Waffenfetisch gilt das selbe wie bei uns: Wer sowas macht ist Waffenbesitzer aber nicht alle Waffenbesitzer machen sowas.

          Sie sollten nicht jeden amerikanischen Waffenfan unter "Generalverdacht" stellen.

          • @Thomas_Ba_Wü:

            "Nach ihrer Definition sind auch die Opfer von Terroranschlägen aus "religiösen Gründen" selber schuld."

             

            Unfug. Gegen die NSA kann die Bevölkerung der USA protestieren. Sie kann einen Politikwechsel erzwingen, um den Einfluss der NSA zu eliminieren. Gegen die üblichen Terroristen kann die Bevölkerung wenig tun.

             

            Stimmt. Nicht jeder Waffenbesitzer läuft Amok. Aber darum geht es nicht. Es geht um Gesetze, die es jedem ermöglichen, Kriegswaffen und Ähnliches zu besitzen. Mit einer normalen Jagdflinte oder Sportwaffe, wäre so ein Anschlag nicht möglich.

             

            Oder können Sie mir erklären, wozu ein normaler Bürger (halb)automatische Waffen benötigt? Wozu braucht ein normaler Mensch einen Bump Stock? Oder e(vielleicht künftig) einen Schalldämpfer? Darum geht es. Dieser Irrsinn muss beendet werden.

            • @warum_denkt_keiner_nach?:

              Wofür benötigt normaler Bürger eine halbautomatische Waffe ?

               

              Z.b. zum Jagen oder zum Schießsport oder weil er als Reservist der Army oder Nationalgarde in Übung bleiben will.

              In allen Fällen ist es sinnvoll das er eine Waffe verwendet die er gewohnt ist - und das sind die halbautomatischen Versionen der Waffen die sonst vom US-Militär eingesetzt werden.

              Ist in Deutschland nicht anders, auch da gibt es für den Schießsport und Jagd zivile Varianten von G36 und G3.

               

              Schalldämpfer sind auch in Deutschland mit Genehmigung erlaubt, z.B. für Jäger. Die verhindern aber nur den Knall des Mündungsfeuers, nicht die Überschallknall der Kugel.

              • @Alreech:

                Ich schrieb "benötigt". Alles was Sie aufzählen, geht auch ohne Halbautomatik.

                 

                "Zivile" Varianten von Kriegswaffen sollte es überhaupt nicht geben. Die Gewohnheit spielt dabei keine Rolle. Ein guter Schütze kommt auch mit einer anderen Waffe klar. Mir macht ein Waffenwechsel z.B. keine großen Probleme.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    https://www.youtube.com/watch?v=fkaYbUcqFU8

     

    ***Kapitalistenlied***

    von Georg Kreisler

     

    Ja, wer sagt denn, dass ich auch wirklich schießen muss,

    Weil ich heutzutag' einen Revolver trag,

    Ja, wo seht ihr denn da einen Zusammenhang,

    Weil ich "Hände hoch!" von euch verlang,

    Nein, ich liebe euch, und ich schieß nicht gleich,

    Warum habt denn ihr so schrecklich Angst vor mir?

    Ich bin Mensch und Christ und ein Revolver ist

    Kein Zeichen von Gewalt, wenn ich ihn halt.

     

    Ja, wer sagt denn, daß ich auch jemand töten muss

    Wenn ich überdies zufällig wirklich schieß,

    Sagt mir, wer von euch das für eine Drohung hält,

    Wenn die Kugel fliegt und jemand fällt.

    Nein, ich liebe euch, und ich töt' nicht gleich,

    Warum habt ihr denn so schrecklich Angst vor mir?

    Ich bin Mensch und Christ und ohne Zweifel ist

    Ein Mord für mich sehr mies, auch wenn ich schieß.

     

    Ja, wer sagt denn, daß ich nicht eure Freiheit will,

    Weil ich ohne Hass die Tür verrammeln lass,

    Wieso seht ihr das Haus als ein Gefängnis an,

    Weil nur ich nach draußen gehen kann.

    Das ist kein Arrest, ich halt niemand fest,

    Warum habt ihr denn so schrecklich Angst vor mir?

    Ist die Tür versperrt, bleibt ihr unversehrt,

    Ja, ihr alle seid in Sicherheit.

     

    Ja, wer sagt denn, dass ich nicht euer Bestes will

    Wenn ich Geld verprass und euch was lernen lass,

    Habt ihr einmal die Schule hinter euch gebracht,

    Könnt ihr sehn, wie fröhlich Arbeit macht.

    Nein, ich liebe euch, und ich mach euch reich,

    Nicht charakterlich und nicht so reich wie mich,

    Aber reich genug, seid nicht superklug

    Und begnügt euch gleich, dann seid ihr reich.

     

    So kommt Stein auf Stein, seht ihr endlich ein,

    Dass ich dazu auch einen Revolver brauch?

    Warum ich ohne Hass die Tür verrammeln lass,

    Und, wenn nötig, dann auch schießen kann.

    Und wenn ihr das erst einseht, seid ihr frei!

    Dann wählt ihr auch die richtige Partei!

    Dann lasst ihr meine Sache nicht im Stich!

    Und dann kriegt ihr Revolver, so wie ich!

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    NRA - die gefährlichste Terrororganisation der Welt.

    Oder ist das doch das US-Militär mit seinen Terrordronen und -kommandos?

    Der Staat macht's vor und bombardiert Moscheen während des Gottesdienstes, schickt Spezial-Terrorkräfte, um ganze Familienklans zu vernichten inklusive Frauen, Kindern, sogar Babys.

    Emran Feroz hat das in taz auch schon beschrieben.

    Alle Terroristen, nur nicht der Staat. Niemals der Staat.

    https://www.taz.de/Debatte-Opfer-des-Antiterrorkriegs/!5383259/ http://www.theonion.com/article/us-to-fight-terror-with-terror-1171 https://www.vox.com/2017/8/17/16163746/trump-pershing-tweet http://www.aljazeera.com/indepth/opinion/2013/12/fighting-terror-with-terror-201312141221325863.html

     

    Und noch was schönes, was für die USA sogar noch besser passt als für die BRD: https://www.youtube.com/watch?v=3T4t-A593hI