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Migrationspolitik von Schwarz-RotErneut Abschiebungen nach Afghanistan

Bis zu 50 Afghanen sitzen in Abschiebehaft. Die Bundesregierung bereitet offenbar einen Abschiebeflug vor – womöglich schon für die kommende Woche.

Vielleicht schon nächste Woche werden Menschen wie hier auf Abschiebeflüge zurück nach Afghanistan geschickt Foto: Boris Roessler/dpa

Berlin taz | Dutzende Afghanen befinden sich in mehreren Bundesländern in Abschiebehaft, zum Teil seit über einem halben Jahr. Offenbar halten die Behörden sie für einen Abschiebeflug vor, den die Bundesregierung seit Monaten fieberhaft plant. Der Sächsische Flüchtlingsrat ging am Donnerstag mit der Befürchtung an die Öffentlichkeit, der Flug könnte noch in der nächsten Woche stattfinden. Dann läuft in dem Bundesland die Abschiebehaft für drei dort inhaftierte Afghanen aus.

Mitte Juni hätten bundesweit noch 40 bis 50 straffällig gewordene afghanische Geflüchtete eingesessen, berichteten die Diakonie Rheinland-Pfalz, der dortige Flüchtlingsrat sowie der Initiativausschuss für Migrationspolitik kürzlich in einem gemeinsamen Statement. Neben Rheinland-Pfalz seien weitere Fälle aus Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen bekannt. Die taz fragte bei den zuständigen Ministerien in den fünf Bundesländern nach.

Im Freistaat Bayern sitzen dem Innenministerium zufolge derzeit fünf afghanische Staatsangehörige in Abschiebehaft. Auch in Nordrhein-Westfalen gilt dies für fünf Personen, wie eine Sprecherin des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration mitteilte. In Rheinland-Pfalz sei laut des zuständigen Familienministeriums auf Antrag von Kommunen „für eine mittlere einstellige Anzahl von Personen“ Abschiebungshaft durch das jeweils zuständige Amtsgericht angeordnet worden. Sachsens Innenministerium verweigerte eine Antwort und erklärte lediglich, „abschieberelevante Aspekte“ seien „nicht Gegenstand öffentlicher Auskunft.“

Baden-Württemberg gab an, dass sich neun Untergebrachte mit afghanischer Staatsangehörigkeit in der Abschiebungshafteinrichtung Pforzheim befänden, 2025 seien fünf afghanische Staatsangehörige wegen gerichtlicher Entscheidungen aus der Abschiebungshaft entlassen worden. Dazu, ob konkrete Abschiebungen nach Afghanistan aktuell in Vorbereitung seien, wollte sich das Ministerium in Baden-Wüttemberg nicht äußern, dies falle in die Zuständigkeit des Bundesinnenministeriums.

Laut Sächsischem Flüchtlingsrat säßen Afghanen unter anderem in der Abschiebehaftanstalt Dresden und in Abschiebeeinrichtungen in Pforzheim (Ba-Wü), Büren (NRW) und Ingelheim (RLP). Einige, etwa in Sachsen, gehörten zur diskriminierten Minderheit der Hasara und fürchteten „Verfolgung als Oppositionelle, ‚verwestlichte‘ Rückkehrer oder Taliban-Kritiker“. Einige hätten keine Familie mehr in Afghanistan, und damit auch kein soziales Auffangnetz. Auch das schließt eigentlich eine Abschiebung aus.

Abschiebehaft kann bis zu sechs Monate dauern

Abschiebehaft kann angeordnet werden, wenn ein ausländischer Staatsbürger unmittelbar ausreisepflichtig ist und Deutschland nicht freiwillig verlässt. Ein Gericht dürfe das in der Regel aber nur dann, „wenn es keine andere Möglichkeit sieht, die Ausreise durchzusetzen beziehungsweise eine 'erhebliche Fluchtgefahr’ besteht“, schreibt der Mediendienst Integration.

In Abschiebehaft genommen werden können demzufolge auch Ausreisepflichtige, von denen eine „Gefahr für Leib und Leben Dritter“ ausgehe. Sie könne bis zu sechs Monaten und „in Ausnahmefällen“ bis zu 18 Monaten dauern. Nach der EU-Rückführungsrichtlinie müssen Abzuschiebende in gesonderten Hafteinrichtungen untergebracht werden, getrennt von Straftätern.

Die Initiativen aus Rheinland-Pfalz kritisiert, Abschiebehaft „ohne konkrete Aussicht“ auf eine Abschiebung sei unzulässig. Dass diese besteht, sieht eine zunehmende Zahl von Gerichten offensichtlich als nicht mehr gegeben an. In mehreren Fällen verlängerten sie die Haft nicht mehr. Einige Inhaftierte mussten inzwischen freigelassen werden. Andere Gerichte verlängerten jedoch die Abschiebehaft, in mindestens einem Fall sogar bis September.

Wie viele Afghanen wurden 2025 aus Abschiebehaft entlassen – und warum? Auf taz-Nachfrage antwortet Bayerns Innenministerium, dass eine Person aufgrund einer „Stornierung der Flugverbindung“ entlassen wurde, während 19 Personen im Rahmen des Dublin-Verfahrens in andere EU-Mitgliedsstaaten überstellt worden seien. 31 Personen wurden demnach abgeschoben, eine Person sei freiwillig ausgereist, bei einer weiteren war der Antrag auf Haftverlängerung abgelehnt worden. Bei drei weiteren Entlassungen aus der Abschiebehaft lagen andere Gründe vor.

In NRW wurden dem Ministerium zufolge 46 Afghanen aus der „Unterbringungseinrichtung für Ausreisepflichtige“ in Büren entlassen. In 45 Fällen erfolgte die Überstellung an einen anderen EU-Mitgliedsstaat, in einem Fall sei eine richterliche Anordnung der Grund gewesen. In Rheinland-Pfalz liegt laut Ministerium für die Zahl der in diesem Jahr aus Abschiebehaft entlassenen afghanischen Staatsbürger „keine statistische Erfassung“ vor.

Rückführungen dank „Schlüsselpartner“ Katar?

Es könnte also sein, dass die Bundesregierung jetzt noch schnell die Verbleibenden ausfliegen möchte, weil ansonsten die Prozedur erneuter Inhaftierungen und Flugtauglichkeitsuntersuchungen von vorn beginnen müsste. Zudem würde sie sich der Kritik in den eigenen Reihen sowie von weiter rechts aussetzen, dass sie ihre im Koalitionsvertrag versprochenen Afghanistan-Abschiebungen nicht umsetze.

Noch Mitte Juni hatte ein Landesinnenministerium einem Gericht mitgeteilt, der „regionale Schlüsselpartner“ habe die Bundesregierung informiert, er könne „Rückführungsmaßnahmen“ „sehr zeitnah“ ermöglichen.

Es wäre die zweite solche Sammelabschiebung aus Deutschland seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 und die erste unter der schwarz-roten Koalition. Im August 2024 waren 28 Afghanen mit einem vom Golfstaat Katar gestellten Flugzeug vom Flughafen Leipzig/Halle in Sachsen nach Kabul verbracht worden. Frauen und Familien werden – jedenfalls bisher – nicht abgeschoben. Frauen genießen nach einem Spruch des Europäischen Gerichtshofs im Oktober 2024 generell europaweit Schutz.

Katar sei wohl jener „regionale Schlüsselpartner“, der offenbar auch den neuen Abschiebeflug gegenüber den Taliban vermitteln soll, vermutet der Sächsische Flüchtlingsrat. Dieser Begriff taucht auch in mehreren Gerichtsentscheiden auf, die der taz vorliegen, sowie in der Bundespressekonferenz vom vergangenen Freitag, als Jour­na­lis­t*in­nen nach den Abschiebungen fragten. Die Taliban würde die Bundesregierung kaum so nennen.

Deutschland erkennt deren Regime nicht an, hat aber „technische Kontakte“ dorthin zugegeben. Auf die Frage, ob es auch Direktgespräche mit Taliban-Vertretern über Abschiebepläne gäbe, antwortete das Auswärtige Amt am Sonntag, es würden bisher keine Gespräche mit dem Flüchtlingsministerium der de-facto Regierung geführt. Ein Welt-Reporter berichtete jedoch nach einem kürzlichen Kabul-Besuch, der Sprecher des dortigen Flüchtlingsministeriums habe „Vertreter der Bundesregierung“ schon in seinem Büro gesprochen.

Dobrindt: Kontakt über Dritte soll keine Dauerlösung sein

Die Bundesregierung möchte das für regelmäßige Abschiebungen sogar verstetigen. Der Weg über Katar ist ihr zu umständlich. Innenressortchef Alexander Dobrindt (CSU) sagte Anfang Juli in den Medien: „Nach wie vor braucht es Dritte, um Gespräche mit Afghanistan zu führen. Eine Dauerlösung darf das so nicht bleiben.“

Dabei möchte auch der frühere BND-Chef August Hanning helfen. Jetzt für seine eigene Beratungsfirma unterwegs, traf er vorige Woche in Berlin den früheren afghanischen Staatspräsidenten Hamed Karsai. Das wirbelte einigen Staub auf, auch, da Hanning hinterher behauptete, die Taliban hätten Karsai autorisiert, mit Deutschland über Abschiebungen zu sprechen.

Hamid Sidig, ehemaliger afghanischer Botschafter in Deutschland, der nach eigener Aussage bei dem Treffen dabei war, wies das gegenüber der taz „kategorisch“ zurück. Vorstellungen über die Rückkehr von Afghanen aus Deutschland hätten mit Karsai „nichts zu tun“, sondern entsprängen nur den „Ideen“ der Gesprächspartner. Hanning ließ später verlauten, dass er „nicht im Auftrag der Bundesregierung“ gehandelt habe. Ein Sprecher des Auswärtigen Amt antwortete auf taz-Anfrage lediglich, man habe „keine Erkenntnisse zu Gesprächen“. Ähnlich äußerte sich das Innenministerium.

Regierungssprecher Stefan Kornelius sagte, es gehe nicht um ein Abkommen mit den Taliban. Vorgängerbundesregierungen und die EU schlossen schon mit afghanischen Vorgängerregierungen nicht „Abkommen“, sondern einen „gemeinsamen Weg vorwärts“ zur Kooperation in Migrationsfragen – damals, um eine Mitsprache des Parlaments in Kabul zu umgehen.

Taliban will Direktgespräche mit Berlin

Die Taliban sind explizit bereit, auch eine größere Zahl afghanischer Landsleute aus Deutschland zurückzunehmen, sogar Kriminelle. Ihre Bedingung allerdings: Direktgespräche mit Berlin, nicht nur superdiskrete diplomatische Kontakte. Außerdem müsse Deutschland für die Integration in Afghanistan zahlen und die Rückkehr müsse freiwillig erfolgen. Dafür werden sich sicherlich nicht viele melden.

Dave Schmidtke vom Flüchtlingsrat in Sachsen kritisiert: „Wer mit den Taliban verhandelt, stärkt ein Regime, welches Frauen komplett ihre Rechte nimmt und neue Fluchtursachen schafft. Wir erinnern uns an die Abschiebungen nach Kabul vor einigen Jahren: Zuerst traf es nur Straftäter, doch am Ende mussten alle abgelehnten Af­gha­n*in­nen mit einer Abschiebung in den Krieg fürchten.“

Eine „missbräuchliche und ausgeweitete Anwendung“ des Instruments Abschiebungshaft führe im Endeffekt auch zu einer Wiedereinführung „einer Art Beugehaft“ in Deutschland, die rechtlich nicht zulässig sei, so ein*e Mitarbeitende der im Flüchtlingsbereich tätigen Initiativen zu taz. Vielleicht hoffen manche Behörden, Inhaftierte so zu freiwilliger Ausreise zu bewegen.

Nach den Haftbefehlen, die am Dienstag der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag gegen die zwei wichtigsten Taliban-Anführer wegen der von ihnen verantworteten systematischen Menschen- und darunter insbesondere Frauenrechtsverletzungen verhängte, dürfte es für die Bundesregierung noch schwieriger werden, Gespräche mit deren Regime gegenüber der Öffentlichkeit zu begründen.

Unterdessen eskalierte ein Streit der Bundesregierung mit Afghanistans Nachbarland Pakistan. Wie die Welt berichtet, habe Pakistan Razzien in Gästehäusern durchgeführt, in denen Deutschland Afghanen untergebracht hatte, deren Aufnahme die Bundesrepublik zugesagt aber noch nicht umgesetzt hatte.

Deutschland hatte nach der Machtübernahme der Taliban im Sommer 2021 Zehntausenden Afghanen Aufnahmezusagen erteilt, die Betroffenen aber nicht eingeflogen, sondern in Pakistan untergebracht. Ein Ultimatum Pakistans, etwa 2.500 dieser Personen auszufliegen, verstrich nach Verlängerung am 30. Juni, so die Welt, seit dem Ablauf dieser Frist ist es zu den Razzien gekommen.

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21 Kommentare

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  • Deutschland deine Missetaten.

  • Deutschland ist viel zu sehr auf nationale Lösungen fixiert. Was es braucht sind europäische Lösungen. Merz sollte da aktiver werden.

  • Wäre doch interessant zu erfahren, was diese Menschen verbrochen haben, denn die werden nicht wegen Diebstahl oder Schwarzfahren in Abschiebehaft sitzen

  • Wenn es sich um Menschen handelt, die hier schwer straffällig geworden sind, ist es für mich okay. Sie hätten dann ihre Chance auf Schutz gehabt.



    Wenn es sich um unbescholtene und integrationswillige Einwanderer handelt, ist es aus meiner Sicht dumm und falsch, sie nach Afghanistan zurückzuschicken.

    • @Carsten S.:

      Die Frage ist: Wo beginnt "schwer straffällig"?



      Man schafft sich eine zweiklassengesellschaft, wenn für Delikte wie Ladendiebstahl bei den einen ein "dudu", bei den anderen eine Abschiebung droht.



      Integration funktioniert nur, wenn die zu integrierenden hier auch Sicherheit finden. Nicht, wenn selbst kleinste Fehler zu schärfsten Konsequenzen führen.



      Selbst bei Gewaltdelikten wäre es dumm und falsch, hier je nach Aufenthaltsstatus mit unterschiedlichem Strafmaß zu messen. Zu einer Schlägerei gehören oft zwei, die mitmachen wollen.



      Wie verhindern Sie, dass rechte Schläger die Afghanen provozieren, in dem Wissen, dass eine Anzeige ihnen selbst weniger schaden würde als dem Provozierten? Wollen Sie, dass Integrationswillige lernen, sich wegzuducken, nach der linken auch die rechte und nochmal die linke Backe hinhalten müssen? Glauben Sie wirklich, dass so unbescholtene und ingetrationswillige Einwanderer sich hier wirklich integrieren, statt möglichst unter sich zu bleiben?



      Das Problem ist, dass die Regierung Zahlen fordert. Und diese Zahlen bekommt sie nicht mit wirklich fairem Augenmaß.

      • @Herma Huhn:

        Schwer straffällig ist es wenn man eine schwere Strafttat begangen hat. Das ist gesetzlich geregelt. Bei Straftaten die ab einem Jahr Gefängnis bestraft werden können ist das der Fall. ja, so einfach ist das. Schwere Körperverletzung Zb. zählt da nicht zu, da ist die Mindeststrafe 3 Monate. Und bisher wurde noch kein einziger Ausländer wegen Ladendiebstahl abgeschoben.

        www.bussgeldkatalog.de/straftat/



        Handelt es sich um eine schwere Straftat, wird oft auch der Begriff „Verbrechen“ genutzt. Dieser umfasst alle Straftatbestände, welche mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht sind.

        • @Martin Sauer:

          Dann reden wir über rund 600 Personen mit afghanischer Staatsangehörigkeit, bei denen nicht einmal aufgeschlüsselt ist, aus welchen Gründen sie sich in Deutschland aufgehalten haben oder aus welchem Grund sie einsitzen.



          So ein Gewese um so eine winzige Gruppe von Menschen soll all unsere Probleme mit Ausländern lösen können?



          Und in letzter Zeit wurden schon Menschen abgeschoben, weil sie pünktlich zu einem Termin beim Ausländeramt erschienen sind.



          Die ganze Diskussion geht so was von am Thema vorbei.



          Menschen, die Straftaten begehen gehören bestraft. Soweit sind wir und einig.



          Trotzdem würden manche Politkasper die Straftäter lieber mit einem Freiflug beschenken als sie ins Gefängnis zu stecken.



          Denn ein Verlust der Aufenthaltsgenehmigung nach Abschluss der Strafe ist in vielen Fällen heute schon vorgesehen.



          Hinzu kommen Zahlenforderungen, die mit den vorgeschobenen Gründen nicht zusammenpassen.



          Wer tausende Afghanen abschieben will, meint nicht nur die schwer straffälligen, denn das sind nun mal deutlich weniger Personen.

        • @Martin Sauer:

          Schwere Körperverletzung wird nach § 226 StGB mit einer Mindestrafe von einem Jahr und einer Höchststrafe von zehn Jahren geahndet.

          In minder schweren Fällen kann die Mindeststrafe auf fünf Monate reduziert werden.

          Auch ihre Definition von schwere Straftaten bedarf einer Korrektur. Die Bestimmung einer schweren Straftat ist an der Schwere der Rechtsgutsverletzung festzumachen und nicht an der Höhe der Mindeststrafe. Auch schwerer Betrug kann mit einer mehrjährigen Haftstrafe geahndet werden, fällt aber nicht unter diese Kategorie.

      • @Herma Huhn:

        Zustimmung. Im Übrigen kann man auch Straftäter nicht nach Afghanistan abschieben, selbst wenn sie eindeutig schuldig sind. Nach Afghanistan darf niemand abgeschoben werden, erst wenn es dort eine staatliche Ordnung gibt, die einen Mindeststandard an Schutz bietet, auf den auch ein Straftäter Anspruch hat.



        Solange die Abschiebung nicht möglich ist, müssen diese Täter hier verurteilt und inhaftiert werden.

      • @Herma Huhn:

        Schwere Straftaten sind solche, bei denen Rechtsgüter Dritter gefährdet werden, also insbesondere Gesundheit, sexuelle Selbstbestimmung, aber auch schwere Eigentumsdelikte wie Einbruch (wo viele Mensche noch lange ein Gefühl der Unsicherheit als Folge erleben).

  • Wir hören also, dass der Internationale Strafgerichtshof Haftbefehle für Talibanführer ausstellt, aber 50 afghanische Staatsangehörige nach Afghanistan ausgeflogen werden sollen. Gleichzeitig zeichnet sich ab, dass die Bundesregierung diejenigen afghanischen Staatsangehörigen aufnehmen wird müssen, denen bereits entsprechende Zusagen erteilt wurden. Nun, dann könnten wir die auf dem Rückflug ja gleich mitfliegen lassen.



    So ein Rückführungsflug dürfte den deutschen Staat pro Kopf etwa 10.000€ kosten. Jetzt ist nur noch die Frage, wo uns der rechtsstaatliche Kompass über Bord gefallen ist.

    • @Aurego:

      "So ein Rückführungsflug dürfte den deutschen Staat pro Kopf etwa 10.000€ kosten." --> Wenn wir schon über volkswirtschaftliche Zahlen sprechen, sollten wir über den Vergleich der Kosten für einen Aufenthalt und einer Rückführung sprechen. Und dieser Vergleich spricht (auch bei Kosten von 10.000 Euro pro Person und Rückführung) klar für eine Abschiebung:

      Derzeit werden nur schwere Straftäter abgeschoben, also Personen die im Gefängnis sitzen. Jeder Häftling kostet pro Tag ca. 136 Euro (www.finanzen.net/n...tschland-10850473). Das macht ca. 50.000 Euro/Jahr pro Häftling (136 Euro x 365 Tage = 49.640 Euro/Jahr). Wenn also ein Straftäter abgeschoben wird, der noch mindestens 1 Jahr "sitzen" müsste, spart der Staat ca. 50.000 Euro. Hiervon ist natürlich abzuziehen die Kosten der Rückführung von (durch Sie veranschlagten) 10.000 Euro/Rückführung. Macht insgesamt eine volkswirtshaftliche Entlastung von 40.000 Euro. Bei 48 Straftätern sind das 1.920.000 Euro nur im ersten Jahr. Bei längeren Haftstrafen über einem Jahr, kommen die weiteren Jahre noch dazu.

    • @Aurego:

      Nicht so schlimm. Geht es so weiter, wird Rechtsstaat durch Rechter Staat ersetzt und der Rest ist Semantik.

      • @TV:

        Die Regierung Grüne/SPD/Union hat unter Aussenministerin Baerbock auch Straftäter nach Afghanistan abgeschoben. War das auch ein "rechter Staat".

        Und Österreich, Niederlande, Norwegen Schweden Finnland, usw. schieben Straftäter nach Afghanistan ab.

        Österreich hat jetzt den ersten Straftäter nach Syrien abgeschoben. Weitere sollen folgen.

        In Ungarn ist das nicht nötig, da gab es letzte Jahr 29 Asylanträge. Die Jahre davor waren es ähnlich viele,

        • @Martin Sauer:

          Niederlande, Norwegen Schweden und Finnland haben schon seit längerem die Abschiebungen ausgesetzt aufgrund der Menschenrechtslage.

  • Wichtig und richtig, dass Personen wieder nach Afghanistan abgeschoben werden und ein entstehender Gesprächskanal mit den Taliban ebenso. Man muss miteinander reden, auch wenn es eben schwierig wird, aber Straftäter und Afghanen mit abgelaufenem Schutz müssen das Land eben verlassen, alleine mit der Asylsystem eben auch in Zukunft noch aufrechterhalten werden kann.

    • @Pete75_:

      So ist es.



      Das Asylsystem muss funktionieren. Dafür muss sichergestellt werden, dass es auch seinen Zweck erfüllt und nicht missbraucht wird. Ansonsten verliert es an Akzeptanz. Das mag dann vielleicht noch eine kurze Zeit so weitergehen, letztendlich wird es dann zu Zuständen führen, die eigentlich kaum jemand möchte.

      • @Katharina Reichenhall:

        Es kommt zu Zuständen, soso. Und dann weiß wieder niemand, wie es dazu gekommen ist.

      • @Katharina Reichenhall:

        Und wenn wir die Menschenrechte, deren Konventionen wir mal unterschrieben haben, peu à peu missachten, bei Straftätern angefangen, dann brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn wir sie über kurz oder lang selbst nicht mehr einklagen können. Taliban und deren Allies mag man abschieben, bei allen anderen ist stets zu prüfen, was ihnen blüht, mögen sie auch die größten A***cher sein.



        Das Asylverfahren für Afghanen hat inzwischen derart grundsätzlich ablehnende Züge, dass es hier nicht nur um ein paar Straftäter geht. Da wird die Abschiebung von vielen vorbereitet, die verfolgt und bedroht werden, bei denen dies aber schlicht negiert wird. Die angekündigte "Beweislastumkehr" für Asylverfahren auch im Klageverfahren wird das verschärfen.



        Ja, auch Männer leiden unter den Taliban und werden verfolgt, alle, die sich nicht fügen in das Regime, aber Deutschland will mit ihnen Geschäfte machen - nichts anderes ist das: Geld gegen Rücknahme. Zynisch, peinlich, ignorant ggü. den Opfern der Islamisten, aber hey, sind ja bloß Afghanen...

    • @Pete75_:

      Sie meinen, "Mann" muss miteinander reden, denn Frauen haben unter dem Regime der Taliban keine Rechte.

      Reden schafft Legitimation.



      Und wie Sie oben lesen, geht es nicht nur ums Reden, sondern um Geld gegen Aufnahme von Menschen. Und schwupps, hilft die Bundesrepublik das nächste Unrechtsregime zu stabilisieren und zu finanzieren.

  • "Ein Ultimatum Pakistans, etwa 2.500 dieser Personen auszufliegen, verstrich nach Verlängerung am 30. Juni, so die Welt, seit dem Ablauf dieser Frist ist es zu den Razzien gekommen." Wenn dem so ist, dann hat unsere Regierung inkl. Verwaltung mal wieder in voller Breitseite versagt und schutzbedürftige Menschen unnötiger Weise lebensbedrohlichem Stress ausgesetzt.



    Von den sommerlich warmen Amtsstuben ist eben nicht gerade einfach sich die Wirklichkeit in diesem Lande auch nur vorzustellen. Selbst bei jungen dessertierten oder geflohenen Russen fällt das der Verwaltung schon schwer. Wie wäre es zur Fortbildung mit einem Wochenpraktikum in der Russischen Armee, oder einer Bildungsreise zu den Taliban zur zukünftig verbesserten wirklichkeitsnahen Einschätzung der gesellschaftlichen Lage in diesen Ländern.



    Gleichzeitig werden für Verursacher und Unterstützer solcher Praktiken in mafioser Zusammenarbeit Aktenschwärzungen vorgenommen, medienwirksam Stimmungsmache vollzogen, in der Hoffnung ihr Regieren vor rechtlichen Konsequenzen zu schützen.