Mehr Erneuerbare und mehr Emissionen: Wettlauf zur Klimaneutralität
Noch immer wird zu viel fossile Energie genutzt. Der Ausbau Erneuerbarer muss dem wachsenden Strombedarf entsprechend schneller vorangehen.
D as Zeitalter der Erderhitzung steckt voller widersprüchlicher Rekorde. Ausgerechnet an dem Morgen, an dem der EU-Klimadienst einen erneuten Monat über 1,5 Grad verkündet, erscheint auch die Statistik, dass im Jahr 2024 mehr erneuerbarer Strom denn je produziert wurde. Und dass dabei immer noch so viel CO₂ emittiert wurde wie noch nie zuvor. Wir müssen uns also auf weitere März-Monate mit Rekordtemperaturen gefasst machen.
Die Erklärung für den scheinbaren Widerspruch ist einfach: Im vergangenen Jahr ist erneut mehr Strom verbraucht worden. Davon wurde zwar ein Großteil von neuen Solar- und Windkraftanlagen gedeckt, aber eben zum Teil auch von fossilen Kraftwerken. Mehr fossiler Strom bedeutet auch mehr Emissionen. Zwar wird der globale Ausbau erneuerbarer Energie schneller, die Emissionen sinken trotzdem nicht.
Dass mehr Strom verbraucht wird, ist nicht unbedingt schlecht, denn es bedeutet auch, dass weniger Menschen in Energiearmut leben und etwa bei 40 Grad eine Klimaanlage betreiben können. Nicht der Verbrauch, sondern die Angebotsseite ist das Problem mit zu wenigen Solaranlagen und mit einer politischen Lethargie. Die Zeit aber wird knapp, um überhaupt noch das 1,5-Grad-Ziel im Pariser Abkommen einzuhalten.
Dass selbst in der Stromproduktion die Klimaneutralität nicht gelingt, ist besonders alarmierend, denn dieser Sektor wäre am einfachsten zu dekarbonisieren. Doch für die aktuell in wichtige Ämter neu vordringenden Politiker, wie US-Präsident Donald Trump und der Bundeskanzler in spe Friedrich Merz, spielt Klimaschutz eine eher untergeordnete Rolle.
2023 führte Dürre zu einem Einbruch bei der Wasserkraft und die Hitzewellen im vergangenen Jahr ließen den Strombedarf für Kühlung ansteigen. Der Klimawandel macht den Klimaschutz unberechenbarer. Im kommenden Jahr könnte ein anderer Faktor für steigende Emissionen beim Stromverbrauch sorgen: eine miserable Klimapolitik.
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