piwik no script img

Manspreading in Bus und BahnKnie an Knie kuscheln

Nun ist es noch enger in Zügen, und vor allem cis Männer machen sich ja gerne mal breit. Ein kleiner Überblick, bei welchen Typen das schon okay ist.

Manspreading geht nur unter bestimmten Bedingungen, findet unser Autor Foto: plainpicture

N un retten wir also Bahnfahrt für Bahnfahrt das Klima. Das heißt auch, dass wir alle enger zusammenrücken im Nah- und Fernverkehr. Das wäre eine Gelegenheit, eine feministische Debatte wiederzubeleben, die vor ein paar Jahren mal ganz kurz die Gemüter erhitzt und sich dann wieder in den Bereich des Augenrollens verabschiedet hat: Manspreading. Sprich: das raumgreifende Auseinanderkippen der Oberschenkel vor allem bei cis Männern. Davon geht die Welt nicht unter, und doch kann die so zur Schau gestellte maskuline Anspruchshaltung eine schon mal die Wände hochtreiben – sofern man die auf der Flucht vor einem herumpurzelnden Cargo­short-Bein nicht ohnehin schon erklommen hat.

Manche finden solche symbolischen Debatten unproduktiv. Und wir haben ja nun wirklich schlimmere Probleme, höre ich Sie rufen. Stimmt. Wobei andererseits der mangelnde Komfort in Bussen und Bahnen seit Monaten so ausschweifend besprochen wird, dass es scheint, als hätten wir die eben nicht. Vorschlag zur Güte: Ich liste auf, wer neben mir jederzeit spreaden darf. Und der Rest verzichtet freundlicherweise. Okay? Cool.

Hi! Unter folgenden Bedingungen darfst du gerne dein Knie an meines kuscheln:

– Es geht nicht anders, weil deine Beine länger sind als der Abstand zum Sitz vor uns oder weil du etwas zwischen den Beinen trans­portierst, das dir am Herzen liegt. (Einen Teddy von früher? Erzähl mir davon! Das wäre niedlich.)

– Du kommst gerade von der Ärztin, und deinem Musculus gracilis an der Oberschen­kel­innenseite wurde Schonung verordnet. (Weniger niedlich, na ja, wir werden nicht jünger. Ich müsste aber die Bescheinigung sehen, bitte.)

– Du warst im Gym und hast den Leg-Day nicht geskippt, du sexy Athlet!

– Du bist eingedieselt mit dem neuesten Duft von Valentino. Eigentlich kein guter Grund, aber ich werde da schwach und kann mich nicht mehr beklagen. Darf ich an deiner Schulter schnuppern?

– Du hast nett Hallo gesagt und eine aufmerksame Bemerkung gemacht, um das Eis zu brechen. Vielleicht fragst du, was ich lese? Wir plaudern kurz, es ist ganz mühelos mir dir. Wir lächeln uns über unsere Masken mit den Augen an und … ach so,

– du trägst Maske.

– Jedenfalls, zurück zu unserem besonderen Moment: Vielleicht leihe ich dir mein Buch und schreibe meine Nummer rein? Unsere Knie berühren sich. Du sagst: „Oh, entschuldige“, und ich sage: „Gar nicht schlimm.“

Ähm, wo war ich? Ach so! Also in conclusio: Könnten alle, die sich nicht angesprochen fühlen, bitte einfach die Spannbreite ihrer Knie mit der Breite ihres Stuhls abgleichen? Oder, besser noch, stehen? Dann ist neben mir nämlich Platz für gut riechende Athleten mit Teddy im Gepäck. Fürs Klima!

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Peter Weissenburger
Autor
Schreibt über Kultur, Gesellschaft, Medien.
Mehr zum Thema

32 Kommentare

 / 
  • Ich weiss grad um ehrlich zu sein net, wie ich den Artikel einordnen soll, möchte aber einen Satz aufgreifen und meinen Senf dazu geben:



    "Davon geht die Welt nicht unter, und doch kann die so zur Schau gestellte maskuline Anspruchshaltung eine schon mal die Wände hochtreiben" - nun ist es nun mal so, dass Männer ja nicht aus Spaß oder um mit dem Ding zwischen den Beinen anzugeben breiter sitzen, sondern eben weil es da etwas zwischen den Beinen gibt, etwas das seinen eigenen Platz braucht. Ich meine ich beschwere mich ja auch net über Übergewichtige die bissl mehr Platz beanspruchen

  • Nach meiner Erfahrung machen sowohl die Männer, die breitbeinig da sitzen, wie auch die Frauen, die ihre Taschen auf dem Nebensitz platzieren, anstandslos Platz, wenn sie merken, dass man sich daneben setzen will.

  • Schön das auf Männer zu verallgemeinern, ohne jede Statistik. Bei wissenschaftlicher Betrachtung ergebe sich wahrscheinlich, dass die Forderung Rassistisch oder Klassistisch ist.



    Vor allem aber, könnten die Sitzplätze breiter gebaut werden, das Milieu, dass die Bahn benutzt hat aber nicht die Macht, das durchzusetzen. Es bleibt eine Klassenfrage.

    • 3G
      32051 (Profil gelöscht)
      @E Witzelian:

      Was ist denn Klassismus?

  • 3G
    32051 (Profil gelöscht)

    Manspreading, Mansplaining... Ich bin einfach immer wieder fasziniert,, für was manche Menschen sich Begriffe einfallen lassen. 😅

    Gibt's da auch was?

    Terating oder so? Term Creating?

  • 9G
    95309 (Profil gelöscht)

    Ich bin wirklich froh, daß das endlich mal thematisiert wurde.

  • Dieses machomäßige Beine breit war schon immer widerlich. Wenn möglich habe ich mich in weite Ferne solcher Leute gesetzt.

    Und heute? Seit Beginn des 9-Euro-Tickets hat sich - weitaus pünktlicher als die Bahn - das Corona-Virus fast verdreifacht. Das 9-Euro-Ticket ist ein Superspreader.

    Und grade diese MachoTypen sind liebendgern ohne Maske da.

    Nichts wie weg!

    Hoffentlich ist das 9-Euro-Ticket bald vorbei, die S-Bahnen weniger voll, so dass ich aus dem Auto wieder zurück in den ÖPNV umsteigen darf. Schließlich habe ich eine Jahreskarte.

  • So ganz nebenbei. Es gibt auch zu viele männliche Jogger auf kombinierten Fußgängerfahrradwegen, die in der Mitte joggen, so dass ich (Mann) nicht weiß, ob rechts oder links vorbeifahren. Mann als Randerscheinung: undenkbar.

    • @Sarg Kuss Möder:

      Das ist vor allem Unwissenheit.

      Klare Empfehlung des ADAC für Fußgänger und Jogger, wenn keine Extra-Spur ausgezeichnet ist, z. B. auf Waldforstwegen: Links gehen, gegen den Gegenverkehr, den man so am besten im Auge behält. Macht Sinn.

      • @shantivanille:

        Auf kombinierten Fuß/Radwegen bewegen sich alle auf der rechten Seite. Sagt die StVO und ist auch sinnvoll so. Welcher Fußgänger geht denn vom Weg runter, wenn ein Rad kommt. Gegen den Verkehr gilt nur bei nicht gleichberechtigten Wegen und dann muss der nicht berechtigte von der Fahrbahn.

  • Ich gehöre ja eher zu der Fraktion “Augenrollen”, und habe mich als ich auf den Artikel drauf geklickt habe wenn ich ehrlich bin auch schon darauf vorbereitet (ich weiß, dann einfach nicht lesen und so). Es hat sich dann aber als kurzer, herrlich leichter Artikel, der Gute Laune verbreitet heraus gestellt. Vielen Dank!

  • Also auf dem neuen Bild sieht der Herr Weissenburger aber älter aus.

    Nicht schlechter, nur älter.

    • @Jim Hawkins:

      Jedenfalls anders. Ich hab mich zuerst gefragt, wer das eigentlich ist. Meiner unzureichenden Gesichtserkennungshirnfunktion fehlen an dem neuen Bild wohl irgendwelche Merkmale von früher. Gut, dass der Name druntersteht, damit man weiß, dass sich das Lesen lohnt.

      • @Tetra Mint:

        Sieht ein bisschen aus wie Marius Müller-Westernhagen, oder?

  • 4G
    47351 (Profil gelöscht)

    Ich bin vorhin mit dem Bus in mein Büro gefahren und werde mir erlauben, zur Feier des Tages frühzeitig ins Freibad zu gehen. Das konnte ich früher so bewältigen, heute empfiehlt es sich, schnell noch ein Blick in die Zeitung zu werfen, um den aktuellen Stand der gesellschaftlichen Problematik dieses Tuns abzufragen.

  • schön, mal was zum Lachen am morgen 😉

  • Es gibt eine anatomische Begründung für das Manspreading. Männer haben ein schmaleres Becken und müssen daher die Oberschenkel auseinanderspreitzen, um auf einer stabilen Dreipunktauflage zu sitzen. Das Becken bildet einen Punkt des Dreiecks und die Mittelpunkte der Oberschenkel je einen anderen. Bei der Frau ist wegen des breiteren Beckens das Dreieck um 180 Grad gedreht. Das Becken bildet hier zwei Punkte und die anliegenden Oberschenkel in Summe nur einen. 😉

    • @K2BBQ:

      Also, nach dieser "Begründung" müssten Frauen allesamt einen Hintern haben, der breiter ist als jede verfügbare Sitzgelegenheit.



      Wir sind zwar, Menschen jeden Geschlechts, gewissermaßen auf dem Weg dorthin (Stichwort Coronawampe), aber ganz so weit sind wir dann doch noch nicht.



      Also bitte, vernünftig hinsetzen sollte doch drin sein.

    • @K2BBQ:

      Formeln?

  • " Und wir haben ja nun wirklich schlimmere Probleme, höre ich Sie rufen. Stimmt. "



    Wenn schon Verhaltensweisen verboten werden sollen, dann jede Form des Anrempelns und jede Form der Anmache, damit einhergehend das Verbot von Gruppen mit mehr als 2 Männern, zwischen 12 und 50 Jahre. Und das Gebot der Reinigung, sowohl der Bahn als auch der Personen vor dem Betreten der Bahn.

  • Es gibt nicht nur wichtigere Probleme. Zusätzlich lenkt dieses Thema ab vom Hauptproblem des ÖPNV.

    Eine geringe Taktung im Verhältnis zum Fahrgastaufkommen im Verhältnis zum Fahrpreis( ist ja nicht immer 9 Euro Ticket und die Busse und Bahnen sind seit Jahren voll).



    Luxusproblem alleine deshalb, weil die wenigsten im Berufsverkehr den Luxus haben einen Sitzplatz zu ergattern. Morgens auf dem Weg zur Arbeit stehe ich mir mit tausend anderen die Beine in den Bauch.



    Wenn ich kann fahre ich Fahrrad. Ach....sitzen wäre herrlich...da wird ein politisches Problem von zu wenig Platz/zu geringer Taktung/ zu wenig Komfort im Preis-Leistungsverhältnis ins Private übertragen.

    Klar können wir symbolisch über breitbeinige Machos in der Bahn reden( fünf von hundert Männern) und dann noch das Handtaschenproblem auf dem Nebenplatz gegeneinander aufwiegen. Am Ende ist es eine neoliberale Nebelkerze die vom Hauptproblem ablenkt-Das der ÖPNV nämlich tendenziell nervt und die Politik hier versagt.

    Seit Corona sitzen sowieso alle mit Tasche neben sich auf einem Zweierplatz. Der Rest steht dumm rum und es ist tatsächlich dumm, denn im stehen werden nicht weniger Viren übertragen.

    Ja, das Thema nervt...nicht deshalb weil die Existenz von nervigen Machos nicht real wäre, sondern weil an der falschen Stelle ein Fass aufgemacht wird

    • 1G
      164 (Profil gelöscht)
      @Alfonso Albertus:

      Das Problem mit den Taschen auf dem 2er-Sitz ist mit einer einfachen Zauberformal schnell behoben: "Entschuldigung, darf ich?"

      • @164 (Profil gelöscht):

        Zu mir hat im Zug schon mal eiskalt einer nein Gesagt. Von Berlin bis Ingolstadt dürfte ich mir die Becken in die Schultern hinein stehen.....

        Insofern tut bitte nicht so, als ob jeder doch so freundlich wäre.

        Er hatte weder reserviert noch sonst irgendwas und trotzdem wollte er den Nebensitz nicht frei machen....

      • RS
        Ria Sauter
        @164 (Profil gelöscht):

        Das wird oft nicht verstanden.



        Dann hilft ein Wuchten des Gegenstandes auf den Schoss des Breitmachers sehr viel.



        Oft junge Männer mit Rucksack oft aber auch Frauen jeglichen Alters mit der Handtasche.

      • @164 (Profil gelöscht):

        Exactement, heute zweimal erfolgreich mit beidseitigem Lächeln praktiziert, ich (weißer cis-Mann) pflege seit Ewigkeiten den Versuch, allen Menschen mit dem gleichen Charme zu begegnen, aber als weißhaariger eher großer cis-Mann habe ich es da natürlich auch den man- (und hier im Münsterland sogar vorkommenden woman-)spreadern gegenüber deutlich leichter...

  • Ich sitze fast nie mit gespreizten Beinen, sondern fast immer mit übergeschlagenen Beinen. Nach einer chiropraktischen Behandlung wurde mir geraten, die Beine nicht mehr übereinanderzuschlagen. Das sei nicht gut für die Wirbelsäule und das Becken und beünstigt einseitige Belastungen.



    Wenn man das weiterdenkt muß das Sitzen mit gespreitzten Beinen, dann wohl die bessere und eigentlich normalere Sitzform sein und zwar geschlechtsunabhängig...



    Nur mal so in den Raum geworfen...

    • @nutzer:

      Aber nicht mindestens 80 cm.

    • @nutzer:

      Es geht um manspreading (extremes Beineauseinanderspreizen, was vermeintlich den Hoden mehr Platz verschaffen soll und dabei zum einen unangenehm für das Gegenüber und zum anderen aber vor allem für die daneben sitzende Person ist, die nicht mehr den ihr angedachten Sitzplatz/-raum zur Verfügung hat. Die Suchmaschine Ihrer Wahl hat auch nochmal anschauliche Bebilderung und detailliertere Definitionen parat.), nicht um einfaches Sitzen ohne die Beine übereinander zu schlagen. Zwischen beiden gibt es großen Spielraum, um gesundheitsfördernd zu sitzen.

    • @nutzer:

      Zwischen überschlagenen Beinen - definitiv schlecht für den Rücken, da reicht auch der Anpfiff einer normalen Orthopädin anstelle von Chiropraktik-Eso btw - und machomäßig gespreizten Beinen für die Lüftung des imaginiert stiermäßigen Gemächts gibt es ja durchaus noch sitznachbar*innenfreundliche, weitgehend gesunde Sitzformen wie den klassischen Parallelstand der Füße mit im nahezu rechten Winkel geknickten Knien, die in die gleiche Richtung zeigen, wenn du jetzt noch dein Becken leicht kippst (Cowboy-mäßig), entlastest du sogar die LWS!



      Nur mal so als kleiner Infoservice für dich, lieber Nutzer (Nutzer von was eigentlich, wenn ich fragen darf?)

      • @hierbamala:

        Sie hantieren hier aber mächtig mit Vorurteilen.... und argumentieren gegen Ihre eigenen Projektionen, die Sie in mich legen....

        Letztlich ist es ja egal von wem der Tipp kam, ob von ihrer Chiro-Eso-Tante oder der abfällig arroganten Orthopädin (ich beziehe mich jetzt mal auf meine konkreten persönl. Erfahrungen und nicht auf den Berufsstand an sich). Letztlich stimmt`s.



        Und das man , nicht einen 90 Grad Öffnungswinkel einnehmen muß, ist auch selbsterklärend... aus Beobachtung weiß ich aber, das auch schon kleinere Öffnungswinkel zu derartigen Vorwürfen führen können. (nicht bei mir, ich sitze ja mit überschlagenen Beinen :) )

        • @nutzer:

          Es kommt darauf an, ob Sie den für die andere Person vorgesehenen Raum mit Ihrem manspreading verkleinern bzw. ihr den wegnehmen. Als Betroffene nervt das nämlich gehörig.

          • @resto:

            ja genau, es geht um Rücksichtnahme. Um Auchtsamkeit anderen Menschen gegenüber. Ich kann mich an einige Situationen erinnern, in denen ich mächtig genervt war, von solchen Platzdrängeleien.