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Luisa Neubauer über Europawahl„Viele kleine Hebel bewirken große Dinge“

Die Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer ist enttäuscht von den Europawahl-Ergebnissen. Dennoch ist sie überzeugt: Die Menschen haben nach wie vor Interesse an Klimaschutz.

„Klimaschutz ist Menschenrecht, den müsste es auch dann geben, wenn niemand ihn einfordert“, sagt Luisa Neubauer Foto: Lisi Niesner/reuters
Interview von Joscha Frahm

taz: Hallo Luisa Neubauer, die Europawahl kann als klare Absage der Wähle­r:in­nen an mehr Klimaschutz verstanden werden. Die Grünen sind gerade bei jungen Wähle­r:in­nen abgestürzt, rechte Parteien haben deutlich hinzugewonnen. Was bedeuten die Wahlergebnisse für die Klimabewegung?

Luisa Neubauer: Das ist jetzt erst mal ein Hot Take. Woher kommt diese Interpretation? Seit vier Jahren erklärt man nun, dass das Klima nicht mehr Thema ist. Gleichzeitig sehen wir, dass eine große Mehrheit der Bevölkerung Klimaschutz umsetzen will und sich Sorgen über die Folgen der Klimakrise macht. Was sich verändert, ist, dass viele neue Krisen dazugekommen sind, die die Menschen auch besorgen. Jetzt gibt es ein Problem: Wenn man sich zwar massivst um die Folgen der Klimakrise sorgt, aber das Gefühl hat, dass keine große Partei dieser Sorge gerecht wird, kommen die Wäh­le­r:in­nen in ein demokratisches Dilemma. Im Zweifel orientiert man sich in seiner Wahlentscheidungen dann an anderen Themen.

In vielen Medien wird pauschal erklärt, die Menschen hätten kein Interesse mehr an Klimaschutz. Dabei wäre es doch der Job der medialen Besprechung, die Widersprüche einer solchen Wahl zu besprechen und anzuerkennen, dass Menschen mehrere Krisen gleichzeitig wichtig finden können. Ich finde die Wahlergebnisse besorgend, wir müssen aber vor allem einen besseren Umgang mit ihnen finden und auch medienethische Debatten dazu führen. Übrigens: Klimaschutz ist Menschenrecht, den müsste es auch dann geben, wenn niemand ihn einfordert.

Richtig, viele Menschen fühlen sich in ihrer Sorge um die Klimakrise nicht ausreichend parlamentarisch repräsentiert. Kann eine Parteigründung, wie etwa die der Letzten Generation, helfen, das zu ändern?

Bild: Markus C. Hurek
Im Interview: Luisa Neu­bauer

geboren 1996, ist Klimaschutzaktivistin bei Fridays for Future.

Die Letzte Generation ist ja nicht mit einem seriösen Parteigründungsgedanken in die Wahl gegangen, sondern eher aus einem aktivistischen Motiv. Das ist zwar völlig legitim. Was für eine absurde Idee aber, die Verantwortung für Klimaschutz auf eine einzige Partei zu reduzieren. Die Klimakrise ist die existenziellste Krise unserer Zeit. Zu meinen, wir könnten die komplexeste und gefährlichste aller Krisen mit den Ideen einer einzigen Partei lösen, ist doch naiv. Wir brauchen dafür alle Vorschläge und Ideen aus dem vollständigen demokratischen Spektrum. Was ganz offensichtlich nicht funktioniert: Die eine Partei soll das Klima retten, und alle anderen machen es weiterhin kaputt.

Vor der Europawahl 2019 konnte Fridays for Future sehr viele Menschen mobilisieren, Millionen Menschen gingen auf die Straße, um für mehr Klimaschutz zu demonstrieren. Mittlerweile sind die Proteste abgeebbt, deutlich weniger Menschen demonstrieren für das Klima. Kann man den Erfolg der Klimabewegung anhand der Zahl Demonstrierender messen?

Erst einmal ist uns ja auch in diesem Jahr gelungen, sehr viele Menschen zu mobilisieren. Fridays for Future hat die Demokratieproteste Anfang des Jahres mit geprägt und mit vielen anderen Millionen von Menschen auf die Straßen gebracht. Gleichzeitig erleben wir sich überschneidende Krisen, die an Kräften von allen zerren. Es ist aufwendiger als noch 2019, Menschen zu motivieren, für Klimaschutz auf die Straße zu gehen, gerade weil die Lage so aussichtslos wirkt.

Die allermeisten Kinder haben große Sorgen hinsichtlich der Klimakrise, aber immer weniger Hoffnung. Das ist nicht einfach ein Privatproblem unserer Bewegung. Dass solche politische Hoffnungslosigkeit an der ökologischen Front herrscht, ist ein demokratischer Missstand und sollte allen Parteien zu denken geben. Daraus rührt ja auch ein massiver Vertrauensverlust in die Klimakompetenzen der Politik. Wenn sich da nichts ändert, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich Menschen resigniert von Klimaschutzfragen abwenden.

Was war 2019 denn anders?

Man muss sich bewusst machen, dass wir 2019 in einer ganz anderen Welt gelebt haben. Die damalige Wahl mit der jetzigen gleichzusetzen, macht genauso wenig Sinn wie bei der diesjährigen Fußball-EM ein identisches 2006-Sommermärchen zu erwarten.

2019 gab es noch nicht diese Form des antiökologischen Populismus, der jetzt von weiten Teilen der Opposition, aber auch Teilen der FDP betrieben wird. Und zu viele Medien machen mit, indem sie evidenzlose, ausgedachte Thesen zur Klimakrise weiterverbreiten.

Vor fünf Jahren konnten wir als Klimabewegung rechtspopulistische Kräfte mit Massenprotesten überrumpeln. Das ist jetzt nicht mehr der Fall. Diese rechten Akteure mobilisieren nun neue Gelder und Kräfte. Auch, weil sie erkannt haben, wie viel wir als Klimabewegung schon erreicht haben. Das macht es definitiv schwerer zu gewinnen. Gleichzeitig haben wir aber auch deutlich mehr Möglichkeiten der Beteiligung. 2019 war der Straßenprotest für viele Menschen der einzige Weg, sich für Klimagerechtigkeit einzubringen. Mittlerweile haben sich die strukturellen Möglichkeiten deutlich erweitert: Es gibt mehr nachhaltige Studiengänge, Unternehmen und Möglichkeiten, sich im Stadtteil zu engagieren.

Im Wahlkampf warben die großen Parteien hauptsächlich mit Frieden und Demokratie, dagegen spielte Klimaschutz kaum eine Rolle. Müssen Klimaschutz und Demokratieschutz nicht stärker zusammen gedacht werden, jetzt, wo rechte Akteure verstärkt in Antiklimaschutz-Kampagnen investieren?

Ich glaube, es wird unterschätzt, wie sehr Rechtspopulisten von der Klimakrise profitieren. In jeder Krise kapitalisieren diese Akteure die Sorgen und Ängste der Menschen brachial. Sie machen Stimmung gegen „die da oben“, gegen „die anderen“ oder eben auch gegen die Klimafraktion. Im Moment können wir beobachten, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung, gerade durch diese Instrumentalisierung von Krisen durch Rechtspopulisten, sinkt. So sinkt dann natürlich auch die Möglichkeit demokratischer Regierungen, Klimaschutz umzusetzen. Das heißt, die Qualität demokratischer Prozesse bestimmt ganz massiv, wie erfolgreich wir in Sachen Klimaschutz sein werden. Klimaschutz und Demokratieschutz überhaupt auseinander zu denken, ist ein großer Fehler.

Nach den Wahlen wird viel über die Auswirkung sozialer Medien auf die Wahlergebnisse gesprochen. Vor allem rechte Akteure sind auf Tiktok und Co erfolgreich. Was tut die Klima­bewegung, um da mithalten zu können?

Wichtig ist präzise zu benennen, worüber wir da eigentlich sprechen. Hinter vielen rechtsradikalen Influencern auf Tiktok stehen hoch finanzierte Maschinerien. Das sind keine Aktivist:innen, die in ihrer Freizeit ein bisschen rechte Propaganda machen. Das heißt, man kann das gar nicht auf dieselbe Stufe stellen und sagen, linke Ak­ti­vis­t:in­nen sollten mal ein bisschen mehr auf Tiktok machen. Das sind Erwartungen, die dem Kräfteverhältnis in keinster Weise gerecht werden.

Fridays for Future hat vor ungefähr vier Monaten eine große Kampagne auf Tiktok gestartet, die unerwartet erfolgreich war. Wir haben Menschen ermutigt, sich für demokratische Inhalte in den sozialen Medien einzusetzen und gezeigt, wie man online solidarisch und wehrhaft sein kann. Wir haben damit teilweise über 100 Millionen Views generiert, an vielen Tagen wurden wir auf Tiktok mehr geklickt als die AfD. Das alleine ist aber nur Symptombekämpfung von rechtem Populismus. Dahinter stellt sich ja eine riesengroße demokratische Grundfrage: Wie kann verhindert werden, dass Plattformen massenweise für rechtspopulistische und faschistische Inhalte und Klimaleugnung missbraucht werden?

Wie können junge Menschen, die ihre Hoffnung auf mehr Klimaschutz verloren haben, neue Motivation finden, politisch aktiv zu bleiben?

Die Frage ist schon Teil der Antwort: Solange ich Hoffnung suche, habe ich offensichtlich noch nicht aufgegeben, bin noch nicht resigniert oder zynisch und das ist schon mal viel wert. Diese Frage zu stellen ist also schon der erste Schritt. Und meiner Erfahrung nach kommt Hoffnung vor allem dann, wenn ich losgehe und aktiv werde, statt auf der Couch zu sitzen und zu warten, dass die Hoffnung mir in den Schoß fällt. Hoffnung hat man nicht einfach, Hoffnung macht man. Aktiv werden kann man in Sachen Klimaschutz mittlerweile überall: in der Schule, der Uni, in Vereinen und Initiativen. Überall da erlebt man, dass radikale Zuversicht da ist.

In der Klimakrise gibt es ein gewisses Dilemma der Maßstäbe: Man denkt schnell, die Klimakrise ist so groß und wir sind so klein. Da entsteht das Missverständnis, dass es den einen Hebel gibt, der so groß ist wie die Klimakrise, der umgestellt werden muss. Den Hebel gibt es aber nicht. Stattdessen aber ganz, ganz viele kleine Hebel, die zusammengenommen große Dinge bewirken. Wir sind jetzt also sehr gut beraten, die vielen, vielen kleinen Hebel in Gang zu bringen.

Wie kann diese Hoffnung auch medial präsenter werden?

Ehrlich gesagt war ich selten so frustriert über die öffentliche Besprechung der Klima­krise, wie ich das jetzt gerade bin. Man muss zwar auch anerkennen, dass es inzwischen mehr Medienkompetenz gibt, was die Klimaberichterstattung betrifft. In vielen Redaktionen sehe ich fantastische Leute, die sich hoch informiert einsetzen wollen, damit besser über die Klima­krise berichtet wird. Aber die Gesamtdynamik medialer Berichterstattung über die Klimakrise ist unerträglich. Dahinter steht die aus meiner Sicht ungeklärte Frage, welche ethische Verantwortung Medien eigentlich in der Klimakrise tragen.

Was würdest Du Dir also vom Journalismus wünschen?

Wenn der Journalismus sich als vierte Gewalt versteht, die die Demokratie verteidigt, würde ich anmerken, dass die Demokratie nicht nachhaltig verteidigt werden kann, solange der Planet abbrennt. Es wäre in meinen Augen eine medienethische Verpflichtung, die Klimarealität mit ins Zentrum des eigenen Schaffens zu stellen. Aus eigener Überzeugung, völlig unabhängig von Politik und Aktivismus.

Das wäre in keiner Weise eine unkritische Herangehensweise an Klimaschutz. Aber man würde sich ehrlich machen und anerkennen, dass die größte aller Zumutungen für die Menschen und die größte aller Belastungen für eine Demokratie der Klimaschutz ist, der nicht kommt. Man würde anfangen, konsequent zu intervenieren, wenn die Politik Klimaleugnung oder -verdrängung verbreitet. Man würde aufhören, eine Realität zu simulieren, in der das Klima auf uns wartet, wenn wir gerade keine Zeit haben.

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37 Kommentare

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  • Moderation , Moderator

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  • Die Wahlen sind psychologisch zu interpretieren, weil sie so irrational sind.



    Die Strategie der Rechtspopulisten aller Varianten ist es, off topic ihre Fantasiepaniken zu erzeugen.

    Alle Ressourcen müssen allen zugänglich gemacht werden, aber rationiert, dass nicht eine Minigruppe der Welt alles verschwendet. Daraus folgt:



    => ökosozialistische Koordination.



    -Keinen Flugzeugtourismus,



    -Stromverbrauch budgetieren,



    -Sammeltaxis statt Pkws,



    -Internationale Produktionsabkommen statt Standortkonkurrenz,



    Maßnahmen, die die Angst nehmen, jemand käme zu kurz.



    Vor allem aber muss die Verseuchung des Nigerdeltas beendet werden.



    Leider sind nicht alle Einwohner der Welt ökosozialistisch.

  • Und gewisse Teile der Klimabewegung und der Linken sollten nicht immer so viel Zeit darauf verwenden, ständig nur gegen die Grünen zu schießen.



    500.000 Grünen-Wähler sind zu Nichtwählern geworden. Hilft das jetzt dem Klimaschutz? Nein, nur der AfD und CDU.



    Dass die Grünen zu wenig durchsetzen konnten, lag sicher nicht an "zu viel Grün" im Parlament, sondern an zu wenig. Wenn man nur Juniorpartner unter Kanzler Scholz ist und dazu die Bremser der FDP einbeziehen muss, ist radikale Klimapolitik schwer möglich! Die 0,3% für die Letzte Generation zeigen auch, dass Klimapolitik nur mit den Grünen halbwegs realistisch ist und alle anderen Parteien noch schlechtere Klimapolitik machen würden (ja, noch viel schlechter).



    Überlasst also das Niedermachen der Grünen den Rechten und den konservativen Medien, die machen das sowieso täglich und brauchen keine Unterstützung von Links.

  • In der Tat, die Klimapolitik in diesem Land befindet sich derzeit in einem absolut katastrophalen Zustand. Aktivisten werden diffamiert oder weg gesperrt. Desinformation wird verbreitet und die Mehrheit leugnet oder verdrängt was sich nicht verdrängen lässt ("Change will come..whether you Mike it or not" - Greta Thunberg).

    D-Land steht derzeit EU-weit auch nur auf einem der hinteren Plätze bei seinen Klimaschutzbemühungen.

    Sprich, es gibt auch positive Beispiele, wie z.B. Dänemark oder Norwegen. Diese Länder machen uns vor was bereits heute und ohne große gesellschaftliche Zerwürfnisse möglich ist. Beispielsweise ist uns Dänemark beim Ausbau der Erneuerbaren weit voraus und hat im Gebäudebereich einen Anteil von ca. 60% Wärmepumpen.

    Wenn wir hierzulande also einfach zu doof oder zuverwirrt sind, dann brauchen wir Hilfe..und es kann niemals schaden aus positiven Beispielen zu lernen..

    Das sollte eigentlich Anlass für jede*n gute*n Journalist*in sein darüber mehr zu berichten und auch mal im Detail zu vergleichen was dort besser läuft und was bzw. warum hier nicht...

  • Die Medien versagen auch dabei, den Leuten klarzumachen, dass der Klimawandel die Hauptursache für Migration, Flüchtlinge und Konflikte sein wird!

    Wenn Leute in Umfragen zur EU-Wahl behaupten, dass Migration angeblich das wichtigste Thema bei der Wahl war, haben sie nicht mal den Zusammenhang kapiert.

    Wer gegen Migration ist, müsste sich also erst recht für mehr Klimaschutz einsetzten!!

    Jedes Zehntel Grad mehr verursacht schlimmere Stürme, Hochwasser und höhere Meeresspiegel. Und was sollen Menschen wohl machen, wenn ihre Besitze im Meer versinken und ganze Landstriche unbewohnbar werden?? Sie werden zu Klimaflüchtlingen.

    • @tazzy:

      Sicher?

      Nicht der Krieg in der Ukraine, Syrien oder in Afghanistan?

  • "Woher kommt diese Interpretation? "

    Die letzte Generation hat mit gerade mal 0,3% bei der Europawahl abgeschnitten. Das ist ein Ergebnis, dass so klein ist, dass alle Alarmglocken laut aufheulen müssen.

    Die Klimabewegung, der Klimaschutz wurde massiv "abgewählt"

    Nicht nur die Grünen müssen sich fragen, was sie falsch gemacht haben. Gerade auch die Klimabewegung kann nicht weiter die Augen davor verschließen, dass in den letzten Jahren massive Fehler in punkto Außenwahrnehmung bei den Aktionen gemacht wurden, die letzten Endes auch dem Klima schaden

    • @Rudolf Fissner:

      Die Ikone "Greta Thunberg" ist ein gutes Beispiel für diese Außenwahrnehmung:



      Man könnte meinen, dass der Gaza-Konflikt und die Solidarität mit Palästina einen unfassbar großen Einfluss auf den globalen Klimaschutz hat. Bei der ganzen Energie, welche FFF für diese Thema aufbringt.

  • Ich bewundere Luisa dafür, dass sie noch in der Lage ist (verhalten) optimistisch zu sein. Wenn mensch sich mit den Daten und Fakten zu den Themen Klimakatastrophe und Artensterben beschäftigt, stellt mensch fest, dass es so gut wie zu spät ist. Viele, sehr viele Menschen werden daran bzw. an den Folgen elendig verrecken, wenn nicht sofort drastisch gegengesteuert wird. Da helfen dann weder Wirtschaftswachstum noch niedrige Arbeitslosenzahlen. Wird Zeit, dass die Politik, und die Regierenden endlich ehrlich aussprechen, wie schlimm es steht und dass gehandelt werden muss um die Totalkatastrophe noch irgendwie zu verhindern.

  • Wieso gibt es eigentlich keine Arbeitsgruppe menschengemachte Klimaerwärmung im Bundestag, die fraktionsübergreifend konstruktiv Maßnahmen erarbeitet, die dann im Bundestag diskutiert werden ?



    Ich finde, Luisa Neubauer sollte die Parteien etwas konfrontativer angehen, die vielen kleinen Hebel sind zu langsam.

  • *Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer: Die Menschen haben nach wie vor Interesse an Klimaschutz.*

    'Interesse' an Klimaschutz hört sich schon einmal merkwürdig an. So als ob man bei einer 'interessanten Sache' dabei sein oder es auch lassen kann. Und genauso verhält es sich ja, denn 'Interesse' an Klimaschutz haben die Menschen ja nur, solange es nicht ihre Bequemlichkeit einschränkt und ihr Leben so weitergeht wie sie es gewöhnt sind. So wird es aber nicht funktionieren mit dem Klimaschutz. Mal davon abgesehen, rast der Zug ja immer noch mit Höchstgeschwindigkeit auf den Abgrund zu, denn unsere sogenannten Volksvertreter vertreten ja lieber weiterhin das klimaschädliche Wirtschaftswachstum, anstatt mal die Notbremse zu ziehen. Wir können eigentlich nur noch hoffen, dass es nicht so heftig kommt, wie die Klimawissenschaftler es voraussagen; aber ändern wird sich in den nächsten Jahren sehr viel auf diesem Planeten. Und dann hat das Wort Inter-esse (lat. für "dazwischen sein") auch endlich seine Berechtigung, denn 'dazwischen sein' werden alle Menschen (egal ob nun reich oder arm). Nur ist das dann keine 'interessante Sache' mehr, bei der man 'dabei sein' oder 'es auch lassen' kann.

    • @Ricky-13:

      Dazwischen sein? Nein, komplett dabei sein, werden wir. So wie wir jetzt schon und schon immer komplett dabei sind.



      Das ist vermutlich der Betrachtungsfehler der meisten der Beteiligten und politisch Verantwortlichen seit 1970. Und machen Sie sich und uns nichts vor. der Kippunkt ist längst überschritten, um die 1,5° zu halten.



      Es geht allenfalls noch darum die gesetzten Ziele in einem annäherndem Zeitraum wie gesetzt zu erreichen und zu hoffen, dass die katastrophalen Konsequenzen aus dem bisherigen Nichthandeln so gering wie möglich ausfallen werden. Das ist die einzige Hoffnung die wir noch haben. Und dennoch lohnt es sich noch heute ein Balkonkraftwerk zu kaufen und in Betrieb zu setzen, und auch die vielen vielen anderen Dinge zu tun die hier immer wieder angemahnt werden. Denn geredet wurde schon viel zu lange. Taten statt Warten!

      • @Sonnenhaus:

        'Dazwischen sein' bedeutet ja, 'komplett dabei sein'. Ansonsten gebe ich Ihnen natürlich recht, denn da das Klima ein dynamisches System ist, ist der Kipppunkt bereits überschritten - der erste Dominostein wackelt schon heftig und wird dann alle folgenden Dominosteine auch kippen lassen. Ob "Taten statt Warten!" tatsächlich noch etwas bringt, das weiß ich nicht, aber wenigstens könnte man es ja mal versuchen. Aber mit den Politikern (weltweit) die fest im Griff der Wirtschaftsbosse sind, wird sich wohl nichts ändern. Statt sich endlich einmal mit den berechtigten Sorgen der Klimaschützer auseinanderzusetzen, reden unsere "Volksvertreter" nämlich lieber mit der Autoindustrie oder mit Kohlekonzerne die Wälder abholzen und Dörfer platt machen lassen, damit man die darunterliegende klimaschädliche Kohle aus der Karbonzeit für das Wirtschaftswachstum auch noch verfeuern kann. Die Menschheit hat sich weltweit vom klimaschädlichen Wirtschaftswachstum total abhängig gemacht und der Verstand der Menschen hat darunter wohl schon sehr gelitten. Das Kapital hat nur noch das Sagen und nicht mehr der Verstand, deshalb wird es höchstwahrscheinlich auch keine Zukunft für die Menschheit mehr geben.

        • @Ricky-13:

          Ich kann Ihre Frustration gut verstehen, aber mir tun die Politiker:innen auch ein wenig leid.

          Wir haben nunmal weltweit ein kapitalisitisches Wirtschaftssysthem mit festen Spielregeln.

          Die Handlungsspielraeume sind da schon sehr klein.

          Jedes grosse Unternehmen hat Anteilseignerinnen, die Gewinne erwarten.

          In der Menschheitsgeschichte war es fast immer so das Geld und Einfluss korrelierten.

          Wenn reiche Menschen nicht ausreichend poltischen Einfluss hatten, hat es geknallt.

          Franzoesische Revolution und Unabhaengigkeitskrieg der USA sind 2 Beispiele.

          In einer Welt in der multinationale Konzerne dominieren spiegelt sich der wirtschaftliche Einfluss ganz natuerlich auch in der Politik.

          Das diese Konzerne den Staaten Steuern in Billionen Hoehe (kein Scherz) vorenthalten und damit den finanziellen Spielraum verkleinern, macht das ganze umso perfider.

          Ev. gibt es da bald eine Loesung.

          Aber ich finde man kann den Politikern nicht vorwerfen, dass wir in einem globalen Sys. leben, welches notwendige Veraenderungen gar nicht zur Disposition hat.

          Aber das nicht einmal das innerhalb des Sys. moegliche umgesetzt wird... das ist einfach nur BITTER!

  • Luisa Neugebauer beobachtet einen "massiver Vertrauensverlust in die Klimakompetenzen der Politik." Das ist meiner Einschätzung nach genau der Punkt. Die Wähler glauben nicht mehr dass man in Europa massiv Ressourcen einsetzt für Klimaschutz und dadurch tatsächlich weltweit der CO2 Ausstoß gesenkt wird. Beispielsweise kann ein irrer Aufwand im Bereich der Privatgebäude betrieben werden der viele Leute richtig viel Geld kostet. Aber machen uns in Deutschland die anderen Länder dieses positive Beispiel nach? Eher nicht, leider.

    • @Marmot:

      Ist es denn so, dass Deutschland Vorbild ist oder es nicht selbst hinterherhängt? Nicht bezweifeln würde ich hingegen den Drang nach der Selbstdarstellung, dass Deutschland ökologisch führend wäre.



      Rückblickend ist offenbar was Dämm/Baustandards, Förderung angeht und bei der Umsetzung offenbar zu wenig gemacht worden. Selbst in der Energiekrise sind offenbar einige Menschen so irre gewesen und ließen noch Gasheizungen einbauen uns haben offenbar in der Vergangenheit zu wenig Vorarbeit für eine Heiz/Dämmwende geleistet. Bei einigen herrscht offenbar trotz Klimakrise die Denke vor, dass mensch einfach weiter fossile Energieträger verbrennen könne und dennoch die Haltung haben könne, für Klimaschutz zu sein und eine bessere Zukunft für Kinder/Enkelkinder/Nichten ... zu wollen. Da passt einiges nicht zusammen.

  • Ich kann Luisa nur zustimmen: Parteien, die aus Ratlosigkeit, wie mit der Klimakatastrophe umzugehen sei (?) , lieber gegen Flüchtlingsprobleme hetzen, um Themen zu setzen, schaden der Demokratie und beweisen, dass ihre Vertreter eigentlich dabei gegen die Verfassung verstossen, in der es heißt, sie sollen Schaden vom Volk abwehren. Auch die 'grünen' Spitzen kennen da keine Prioritäten, wenn sie eben nicht die Verursacher der Klimakatastrophe, globale Profitjäger, die keine Rücksicht auf Umwelt und Klima nehmen, an die Kandarre nehmen wollen (aus Angst vor dem Einfluß auf Arbeitsplätze -?- und damit Wohlstand -?-) und dabei ausblenden, dass es genau die von Geschäftemachern beherrschten (und von der 'Politik' geförderten) 'freien' (für Lindners Freunde) Gesellschaften sind, die die Lebensbedingungen auf dem Planeten zerstören und auch Flüchtlingswellen auslösen. Bei diesem Angebot, bei dem selbsternannte -mindestens überforderte- 'Grüne' im gleichen Boot mit den mitschuldigen Altparteien sitzen, gibt es für junge, unbefangene Wähler keine echte Wahl mehr. Wir sollten die protzigen, aus Steuermitteln finanzierten Parteizentralen von SPD und CDU ihren Besetzern aus den Händen reißen.

  • In einem Interview mit Neubauer, in dem man die Dame auch zu ihren politischen Standpunkten befraegt, nicht einmal zu erwaehnen, dass dass Neubauer Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen und Grüner Jugend ist, ist ein schwerer journalistischer Patzer: hier wird ein Eindruck einer gewissen Überparteilichkeit erweckt, der NICHT vorhanden ist.

    • @Werner2:

      Sie ist das Sprachrohr von FFF einer Klimabewegung, dass sie Mitglied der Grünen ist ist allgemein bekannt.



      Sie darf in dieser Postiton wohl ihre Meinung äussern um so besser wenn es überparteilich daher kommt.

      • @Opossum:

        Natürlich darf sie in dieser Position Ihre Meinung äußern.

        Wenn sie sich aber hier auch zu den Gruenen äußert, gehört es einfach in gute Berichterstattung hinein, daß sie da auch Mitglied ist - ungeachtet nun Ihrer unbewiesenen Behauptungen, daß sei nun allen bekannt

      • @Opossum:

        Wenn die Mitgliedschaft allgemein bekannt ist, dann hätte man sich auch das sparen können.

        "geboren 1996, ist Klimaschutzaktivistin bei Fridays for Future."

        Und natürlich darf sie ihre Position sagen, aber im Zuge der Transparenz wäre das wohl angebracht gewesen.

        Bei anderen Politikern würde ich mir übrigens auch wünschen das Aufsichtsratposten oder ähnliches erwähnt werden, wenn ein Zusammenhang besteht zur Thematik.

        Was allgemein bekannt ist, ist auch so eine Frage ich bezweifle das die Mehrheit der Deutschen weiß, dass Frau Neubauer bei den Grünen ist. Schon alleine deshalb, weil weniger als die Hälfte interessiert bzw. Sehr interessiert ist an Politik.

  • Luisa Neubauer ist ein großer Gewinn für unsere Gesellschaft. Danke für die Klarheit der Aussagen. Zwischen den Zeilen schwingt Hoffnung mit.

  • Wie immer kein Wort über Kriege und Militarisierung, erhöhter Waffenproduktion und Sozialabbau, vermehrter Kinder- und Altersarmut usw. usw. Als ob diese Probleme nebensächlich wären und nicht auch die Klimafrage tangieren würden.

  • Es kommt mir vor, als lebe Frau Neubauer in einer relativ abgeschlossenen Blase.



    Meine Erfahrung mit den Mitmenschen aller Altersstufen ist nicht, dass eine Mehrheit für echten Umwelt-und Klimaschutz ist. Es werden zwar häufig Lippenbekenntnise abgegeben, sobald es aber darum geht, dass es auch zwangsläufig um Verzicht gehen muss, dann ist es schon zu viel, den eigenen Abfall unterwegs mitzunehmen - vom Verzicht auf den Wochenendflug nach Prag oder konsequent zu Fuß einkaufen zu gehen ganz zu schweigen.



    Leider erlebe ich immer wieder nur Hedonismus und wenig echtes Umdenken und geänderte Verhaltensweisen.

    • @Heideblüte:

      Naja, ich denke, sie nimmt an, dass es, wenn es neue Regelungen für Alle gäbe, die auch unterstützt würden, wenn auch klar ist, wofür mensch das täte. Und für einige Maßnahmen gibt es ja Zustimmung - wie bspw. Tempolimit. Aber ja, das quasi praktische Weiter-so vieler ist schon deprimierend.

    • @Heideblüte:

      Ja, dem kann ich nur zustimmen. Geht mir persönlich auch so. Ich habe bei der letzten Bundestagswahl zum ersten Mal Grüne gewählt, weil ich das Gefühl hatte, dass nun ein echter Aufbruch in Sachen Klimaschutz kommt. Nach 2 1/2 Jahren bin ich aber völlig desillusioniert. Es scheint, dass nichts wirklich vorangeht und die Ampel im Gegenteil sogar das Klimaschutzgesetz abschwächt. Gleichzeitig kann ich mir nicht mehr vorstellen, dass die Menschheit überhaupt das Thema ernsthaft angehen möchte. Ich habe daher zur Europawahl wieder CDU gewählt. Das ist für mich dann ehrlicher und letztes Jahr so viele Flugreisen unternommen, dass mein CO2-Budget für die nächsten Jahrzehnte aufgebraucht sein dürfte. Nicht falsch verstehen, es ist nicht so, dass ich die Brisanz unseres Nichthandelns verkennen würde. Aber die Sache scheint so vollkommen aussichtslos, dass wenn schon in den Untergang, dann mit wehenden Fahnen. Ich sehe schlicht keinen Sinn mehr, mich einzuschränken.

      • @MeinePensionIstSicher:

        Warum einschränken? Gerade in den ersten drei Monaten dieses Jahres haben wir in unserem Land eine Stromkapazität eines Kernkraftwerkes durch PV-Anlagen errichtet. Wofür die Kraftwerksindustrie mindestens 10 Jahre und länger benötigt.



        Wenn das so weiter geht und sich die Ampel nicht weitere Bremsen einfallen lässt, sollte der nächste Schritt mit Kauf von dezentralen Batteriespeichern erfolgen, um die Dunkelflaute zu überwinden. Dann sinken auch die Mietnebenkosten auf fasst Null. Wer als Mieter von seinem Vermieter abgehlaten wird, soll es mal mit einer Beteiligung an einem Solar- oder Windpark, oder Quartierspeicher probieren, und seine Nebenkosten extern zurückholen. Viel Spass bei der Gestaltung der Zukunft trotz kommender Wetterkatastrophen.

  • Ich hatte nicht verstanden, warum bei der letzten Bundestagswahl, die Grünen ausdrücklich keine Empfehlung durch Fridays for Future erhalten hatten. Vielleicht hätte es dann die FDP nicht in der Bundesregierung gebraucht. Dann wäre auch der Vorgang mit dem Heizungsgesetz ganz anders verlaufen und es hätte weniger schmerzhafte Kompromisse z.B. Im Verkehrssektor geben müssen. Nun wird in Zukunft alles noch viel schwieriger werden, dass Momentum ist verpasst.

  • "die Europawahl kann als klare Absage der Wähle­r:in­nen an mehr Klimaschutz verstanden werden"

    Echt? So habe ich das gar nicht interpretiert. Ich denke, gerade weil z.B. die jungen ehemaligen GrünwählerInnen am Klimaschutz so interessiert sind, haben sie sich von den Grünen abgewendet.

    • @Jalella:

      Nein, darauf deutet nichts hin. Wäre dem so, hätten die Grün-Nichtwähler ja andere, dem Klimaschutz näher agierende Parteien gewählt. Das ist aber nicht passiert.

      Richtig ist vielmehr, das Klimaschutz vor 4 Jahren zwar allgemeine Zustimmung genoss, deren Umsetzung aber eher abstrakt war. Jetzt, nachdem klar wurde wohin der Hase laufen wird, wenden sich auch viele junge Wähler eher solchen Parteien zu, die sich um vermeintlich oder tatsächlich dringendere Probleme zu kümmern versprechen.

    • @Jalella:

      Sehe ich auch so. Die Grünen sind keine ernsthafte Umweltschutzpartei mehr.



      Für die junge Generation sind sie eine Opa-Partei, null jugendliches Charisma.

    • @Jalella:

      Stimmt und deshalb das Gegenteil mit CDU, AfD und BSW gewählt.



      Bitte ein bisschen mehr Realismus, sonst wird das nie was, wenn wir Tatsachen anfangen zu leugnen und gar umzudrehen.

  • 4G
    48798 (Profil gelöscht)

    „… die Europawahl kann als klare Absage der Wähle­r:in­nen an mehr Klimaschutz verstanden werden. Die Grünen sind gerade bei jungen Wähle­r:in­nen abgestürzt…“

    Wieso wird denn die Nichtwahl einer Partei, die ihre Versprechungen bzgl des Klimaschutzes verraten hat, als Absage am Interesse an Klimaschutz gedeutet?

    Der 6%ige Zuwachs bei Volt, ÖDP und anderen Kleinparteien könnte auch genau andersrum interpretiert werden.



    FFF hatte sich schon lange vor der Europawahl von den Grünen distanziert.



    Ähnlich wie fast alle Klimakaktivisten und Umweltverbände.

    • @48798 (Profil gelöscht):

      Wobei man ehrlicherweise sagen muss dass sich FFF auch massiv verändert hat. Überspitzt formuliert ging es in letzter Zeit um viele andere Themen wie Soziale Gerechtigkeit, Antifaschismus etc



      Der Markenkern des Klimaaktivismus ist sehr stark in den Hintergrund getreten und das hat viele Leute von den Demos vertrieben

      • @Opossum:

        Guter Klimaschutz geht nur mit sozialer Gerechtigkeit. Zumindest sehe ich das so.

        • @J. Straub:

          Das stimmt aber wenn es gar nicht mehr um Klimaschutz sondern nur noch um Antifaschista geht wirds für viele wie auch mich schwierig

    • @48798 (Profil gelöscht):

      Und wie lässt sich der Zuwachs bei den anderen in Richtung Klimaschutz interpretieren? Zb CDU, AFD, BSW etc?

      Ich glaube nicht das der Klimaschutz ein Treiber war, dass die sich von den Grünen abgewandt haben.

      Die Grünen haben 23% bei den jungen Wählern verloren, aber die "Öko" Kleinparteien nur 6% dazu gewonnen.



      Verratener Klimaschutz ist also nicht der Treiber...