Linnemann wird CDU-Generalsekretär: Der Union Luft verschaffen
Der wirtschaftsliberale Flügel in der Union bekommt prominente Verstärkung. Linnemann wird die Partei auch öffnen – nach rechts.
E s sind folgenreiche Stunden für den Richtungsstreit innerhalb der Union, nun kann die Partei den von ihr angestrebten Rechtskurs aufnehmen: Sozialpolitiker Mario Czaja räumt seinen Posten als CDU-Generalsekretär, mit Carsten Linnemann folgt ihm ein Politiker, der die CDU in die Position einer schlagkräftigen Opposition befördern kann. Symbolischerweise bekam Linnemann seine größte Aufgabe am Dienstagmittag nur wenige Minuten vor der Bekanntgabe seines Wechsels serviert.
Rechtsaußen Hans-Georg Maaßen wird nach dem Urteil eines Parteigerichts vorerst nicht aus der CDU ausgeschlossen. Linnemann wird als Generalsekretär der geeignete Gradmesser in der Frage sein, wie rechts sich die CDU positioniert. Linnemann ist angriffslustig und kennt die Befindlichkeiten der Union gut, fast zwei Jahre lang leitete er die Arbeit an dem neuen Grundsatzprogramm der Partei.
Das Dilemma der Union ist, dass sie sich gerne weiter rechts positionieren würde, es aber nicht darf, weil im politischen Diskurs ständig von ihr verlangt wird, sich von der AfD abzugrenzen. Im Parteivorstand wird das längst als lästig empfunden, zuletzt hieß es dort, man müsse die Dinge doch ansprechen, auch wenn die AfD dies ebenfalls täte. Der politische Themen- und Spielraum der CDU ist wegen des immer breiter werdenden rechten Rands in Deutschland stark geschrumpft.
Linnemanns Aufgabe wird es sein, als Generalsekretär die Brust so weit aufzublähen, um der Union wieder Luft zu verschaffen. Dass ihm das gelingt, ist ihm durchaus zuzutrauen. Der promovierte Volkswirt verortet sich als ehemaliger Chef der Unions-Wirtschaftsvereinigung MIT als wirtschaftsliberal und gehört innenpolitisch zum Law-and-Order-Team der Partei. Bei Reden und im persönlichen Gespräch wirkt er munter bis überdreht, wenn er auf Gegenargumente stößt.
Innerhalb der Union dürfte seine Ernennung zum Generalsekretär deshalb für Aufatmen sorgen, er ist der förmliche Gegenentwurf zu Mario Czaja, der als blass, zu durchsetzungsschwach und technokratisch wahrgenommen wurde.
Zwei Niederlagen für Merz
Für einen Mann müssten die Entscheidungen von Dienstagnachmittag ein bitteres Eingeständnis sein, die entscheidende Frage ist nur, ob er sie als solche wahrnimmt: Friedrich Merz hatte den Sozialpolitiker Czaja auf den Posten des Generalsekretärs gehoben, weil er seine geplante Neuausrichtung der CDU nach den Jahren von Angela Merkel innerhalb der Partei breit verankern wollte.
Nun musste er eine Kehrtwende hinlegen und hat mit Linnemann einen politisch (wirtschaftsliberal, Law-and-Order, kritisch bei Migrationsfragen) und geografisch (Sauerland und Ostwestfalen) fast deckungsgleichen Kandidaten zum Generalsekretär ernannt. Die Entscheidung des Thüringer Kreisparteigerichts, Maaßen nicht aus der Partei auszuschließen, ist ebenfalls eine Schlappe für Merz.
Er hatte im Februar noch siegessicher angekündigt, die Entscheidung, den rechtsextremen ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten aus der Union auszuschließen, sei im Vorstand „einstimmig“ gefallen. Maaßen erklärte nun Merz’ Anspruch, eine „Brandmauer“ zu seiner rechten Werteunion zu bilden, als „gescheitert“. Nach der Thüringer Entscheidung zu seinem einstweiligen Verbleib in der Partei musste er nun auch noch die Fehlentscheidung Czaja einräumen.
In der CDU heißt es, diese Gleichzeitigkeit sei reiner Zufall. Daran dass Linnemann seine Aufgabe als Scharfmacher von der CDU erfüllen wird, darf jedoch kein Zweifel bestehen. Dass die Union damit auch im rechten Spektrum wieder Räume einnehmen wird, genauso wenig.
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