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Linksradikale Gruppe K.O.M.I.T.E.E.Einmal Terrorist, immer Terrorist?

Ein Abschiebeknast war 1995 Anschlagsziel Linskradikaler. Die Verdächtigen tauchten in Venezuela ab. Ein Besuch.

Die Fahnungsfotos von Bernhard Heidbreder, Thomas Walter, Peter Kraut Foto: BKA

MÉRIDA/SINZHEIM/DANNENBERG/BERLIN taz | Der Mann, der seit mehr als zwei Jahrzehnten vor der deutschen Polizei flieht, steht in Venezuela auf einer Weide und hat gerade eine Kuh gemolken. In der Ferne ragen die Anden in den Himmel, manche Berge sind grün, manche ziemlich karg. 57 Jahre alt ist Peter Krauth, ein Mann mit schütteren grauen Haar und Schnauzer, so wie ihn hier viele tragen. Vor ihm weiden die Tiere, Peter Krauth ist heute Bauer.

In einem anderen, früheren Leben arbeitete er als Tischler. Ende der 70er zog er aus der badischen Provinz nach Berlin, dort betrieb er mit seinen Freunden eine Holzwerkstatt, ging auf Antifa-Demos.

Krauth sagt, er würde gerne die Sache zu Ende bringen, juristisch reinen Tisch machen. Die „Sache“, wie er es nennt, hat ihn nach Venezuela gebracht. Sie hat dafür gesorgt, dass er in Deutschland bis heute zur Fahndung ausgeschrieben ist. Auf der BKA-Webseite steht, Krauth spreche Italienisch, Französisch und Holländisch. Dass er inzwischen Spanisch am besten beherrscht, steht nicht in dem Fahndungsaufruf. Während hier in den Bergen Venezuelas sein Leben weiterging, ist es in Deutschland in den 90er Jahren stehen geblieben. Für die deutschen Behörden ist er immer noch ein Terrorist.

Vor 22 Jahren, das jedenfalls werfen ihnen die Strafverfolger vor, sollen Peter Krauth und seine beiden Freunde Bernhard Heidbreder und Thomas Walter einen Anschlag auf ein Abschiebegefängnis in Berlin-Grünau vorbereitet haben. Ein halbes Jahr zuvor sollen sie einen Brandanschlag auf das Kreiswehrersatzamt in Bad Freienwalde verübt haben. Am Tatort wurde ein Schreiben gefunden: „Deutschland ist Kriegspartei im Völkermord in Kurdistan“, stand darin, in Großbuchstaben. Unterzeichnet: „DAS K.O.M.I.T.E.E.“. Es entstand ein Sachschaden von 200.000 D-Mark.

Die Geschichte der drei Männer, die inzwischen Falten bekommen haben und graue Haare, klingt wie ein Relikt aus den 70ern, wie aus einem längst geschlossenem Kapitel aus dem Geschichtsbuch der alten Bundesrepublik. Eigentlich sollte der Staat im Jahr 2017 andere Feinde haben als drei übrig gebliebene Linksradikale.

Lebte zunächst unter falschem Namen in Venezuela: Bernhard Heidbreder Foto: Wolf-Dieter Vogel

Doch die Geschichte von Peter Krauth und seinen Freunden, die auch nach Venezuela geflohen sind, ist noch nicht vorbei. Bis heute hält der deutsche Staat an ihrer Verfolgung fest. Dabei waren die Anschläge des „K.O.M.I.T.E.E.“ nicht gegen Menschen gerichtet, nie kam jemand zu Schaden. Krauth und seine Freunde waren nicht die RAF. Und eigentlich sollten ihre Taten auch längst verjährt sein. Krauth fühlt sich zu Unrecht verfolgt.

Mehr als 13 Flugstunden von Venezuela entfernt spaziert Birgit Roth um einen See. Ihr Name wurde in diesem Text geändert, um ihre Privatsphäre zu schützen. Ihren Bruder Peter hat sie vor über zwei Jahrzehnten das letzte Mal gesehen. Der Weg ist matschig, sie zieht die Kapuze ihrer Regenjacke über ihre kurzen Haare. Birgit Roth ist 60 Jahre alt und wohnt in einem 120-Einwohner-Dorf im Wendland. Sie arbeitet in einem Beratungszentrum, hat eine Ausbildung zur Traumatherapeutin gemacht.

Ob sie ein Foto ihres Bruders anschauen wolle? Birgit Roth beugt sich in ihrem Büro über den Laptop. Seit 22 Jahren hat sie ihn nur auf Phantombildern und verwackelten Fahndungsfotos gesehen. Sie erschrickt. Die Jahre im Exil haben ihren Bruder gezeichnet, er ist alt geworden.

Auch Birgit Roths Leben wurde damals auf den Kopf gestellt. Dank ihres Bruders saß sie wochenlang in Untersuchungshaft. Zwei Jahrzehnte lang galt sie als Terrorverdächtige, ihr Telefon wurde abgehört. „Das hing all die Jahre wie ein Damoklesschwert über mir“, sagt sie. Dass sie von ihrem Bruder enttäuscht ist, versteckt sie nicht. Und trotzdem versteht sie nicht, warum immer noch nach ihm gefahndet wird.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz.am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und rund um die Uhr bei Facebook und Twitter.

Der Tag, der die beiden Geschwister und zwei weitere Familien auseinanderreißt, ist der 11. April 1995. Was damals passiert, ist in den Akten der Ermittlungsbehörden detailliert festgehalten: In der Nacht entdecken Streifenpolizisten auf dem abgelegenen Waldparkplatz „Hanff’s Ruh“ außerhalb des Berliner Stadtteils Köpenick zwei Autos. Beide Fahrzeuge sind gerade verlassen worden, die Tür des roten Ford Transit steht offen, die Motorblöcke sind noch warm.

In dem Kleintransporter finden die Beamten vier Propangasflaschen, die mit rund 120 Kilogramm eines explosiven Gemischs gefüllt sind. Je zwei Flaschen sind mit Drähten und einer Zeitschaltuhr verbunden. Auf dem Beifahrersitz liegen zwei mit Benzin gefüllte Flaschen und neun Flugblätter, auf denen geschrieben steht: „Achtung Lebensgefahr, Sprengung des Knastgebäudes, Das K.O.M.I.T.E.E.“ Dreieinhalb Kilometer entfernt liegt die Haftanstalt Grünau, die gerade zu einem Abschiebegefängnis mit 400 Plätzen umgebaut wird.

Auch in dem blauen VW Passat, der neben dem Kastenwagen geparkt ist, werden die Beamten fündig. Im Handschuhfach liegen Personalausweise, Führerscheine und andere Dokumente, die auf vier Personen verweisen: Thomas Walter, Bernhard Heidbreder, Peter Krauth sowie dessen Schwester, die Halterin des Wagens. Der Bundesgerichtshof erlässt Haftbefehl gegen die vier.

Das K.O.M.I.T.E.E.

Die Taten: Im Oktober 1994 wurde ein Brandanschlag auf das Kreiswehrersatzamt in Bad Freienwalde verübt, im April 1995 scheiterte ein Sprengstoffanschlag auf das geplante Abschiebegefängnis in Berlin-Grünau. Zu den Taten bekannte sich „Das K.O.M.I.T.E.E.“.

Die Verdächtigen: Trotz Fahndung war über den Verbleib der mutmaßlichen Täter lange nichts bekannt. Bis Bernhard Heidbreder 2014 in Venezuela verhaftet wurde. Jetzt haben alle drei beantragt, dort als Flüchtlinge anerkannt zu werden. Sie werden noch immer per Haftbefehl gesucht. Als erstes Medium traf die taz sie in ihrem selbstgewählten Exil.

Der Vorwurf: Als terroristische Vereinigung sollen sie geplant haben, das unbelegte Gefängnis in die Luft zu sprengen. Sie hätten das Ziel verfolgt, die gesellschaftlichen Verhältnisse umzuwälzen, schrei­ben die Strafverfolger später. Die Gruppe wollte gewaltsam verhindern, dass aus der Haftanstalt Flüchtlinge abgeschoben werden, unter anderem in die Türkei.

Am Tag nach dem gescheiterten Anschlag sieht Birgit Roth ihr Foto in der Berliner Morgenpost. Auch 22 Jahre später wühlt es sie auf, wenn sie sich daran erinnert. „Bomben-Birgit“ nennt sie ein anderes Blatt. Sie geht zur Polizei und sagt aus, dass sie mit dem Anschlag nichts zu tun habe. Ein paar Tage später wird sie in Untersuchungshaft genommen. Sie ist schwanger, ihre Haftbedingungen sind hart: 24 Stunden Einschluss und Einzelhofgang. Bei der Polizei hatte sie noch von ihrem Recht Gebrauch gemacht, Angehörige und sich selber nicht belasten zu müssen.

In der Haft sagt sie aus, dass sie das Auto ihrem Bruder geliehen hat. „Wenn ich gewusst hätte, wofür er es tatsächlich benutzen wollte, hätte ich es ihm nie zur Verfügung gestellt“, sagte sie laut Vernehmungsprotokoll.

Nach drei Wochen darf Birgit Roth nach Hause, ihr kann keine Beteiligung an der Tat nachgewiesen werden. Ihr Sohn kommt viel zu früh auf die Welt, nach 26 Wochen, monatelang liegt er im Krankenhaus. Auch dort wird sie observiert, so steht es in den Akten. Sie wird noch fast zwei Jahrzehnte als Beschuldigte geführt werden, erst Ende 2012 wird das Verfahren gegen sie eingestellt. Wie sie reagieren würde, wenn sich ihr Bruder plötzlich bei ihr meldet? „Das weiß ich nicht.“

Das hing wie ein Damoklesschwert über mir

Die Schwester von Peter Krauth

Nach dem gescheiterten Anschlag 1995 sind Peter Krauth und die anderen beiden Männer abgetaucht. Ihr Leben gleicht plötzlich dem aus einem Krimi mit einer Verfolgungsjagd weit über die Grenzen Deutschlands hinaus. Die Sonderkommission „Osterei“ fahndet nach ihnen, überwacht ihren Freundeskreis, lässt die Eltern observieren und immer wieder Wohnungen durchsuchen. Vergeblich. Bis Zielfahnder des Bundeskriminalamtes 2014 einen der drei, Bernhard Heidbreder, in der Stadt Mérida im Südosten Venezuelas aufspüren.

Weil er per internationalem Haftbefehl gesucht wird, nehmen venezolanische Polizisten den damals 53-Jährigen in dem Hotel fest, in dem er arbeitet. 19 Jahre nach seinem Untertauchen. Er war unter dem Namen John Jairo Londoño Smith nach Venezuela eingewandert, von Kolumbien aus. Dort, in Medellín, hat er das Drucken gelernt, das Abitur gemacht und Kafkas „Prozess“ ins Spanische übersetzt.

Thomas Walter steht in seinem Garten in Venezuela Foto: Wolf-Dieter Vogel

Die nächsten zwei Jahre verbringt Bernhard Heidbreder insgesamt im Gefängnis. Zunächst sitzt er in Mérida in Polizeigewahrsam. Zwei Quadratmeter pro Gefangenem, keine Fenster, kein Hofgang, Pinkeln in die Flasche, so erzählt er es rückblickend. Es folgen Wochen des Wartens, angekettet im Flur einer Polizeistation in Caracas. Später landet er in „Helicoide“, dem berüchtigten Gefängnis des Geheimdienstes, das sich wie ein unförmiges Gewinde auf einem Hügel der Hauptstadt erhebt.

Er sieht selten das Tageslicht. 16 Monate nach seiner Verhaftung lehnt das Oberste Gericht ab, ihn nach Deutschland auszuliefern, weil die Vorwürfe nach venezolanischem Recht verjährt sind. Dennoch sitzt er weitere acht Monate hinter Gittern, verfangen in den Wirren der Bürokratie. Als er freikommt, beantragt er, als Flüchtling anerkannt zu werden.

Im Frühjahr 2017 beantragen auch die anderen beiden Männer in Venezuela den Flüchtlingsstatus, nach einem halben Leben mit falschen Pässen und erfundenen Biografien. Die drei haben das erste Mal seit langer Zeit einen legalen Status als Flüchtling. Sie leben nicht in ihrer alten Heimat, aber sie können ihren echten Namen benutzen, mit Freunden telefonieren, Besuch bekommen. Zum ersten Mal haben sie nun einen Journalisten empfangen, einen Reporter der taz. Sie erhoffen sich Aufmerksamkeit für ihren Fall. Sie sehen sich als Opfer, als Verfolgte einer hysterischen deutschen Justiz. Und: Sie möchten endlich nach Hause kommen können. Aber in Deutschland droht ihnen bis heute Gefängnis.

Venezuela wurde seine Heimat

In Deutschland könnte Thomas Walter dann nicht nur seine Mutter wiedersehen, sondern auch seinen schwerkranken Vater, der 85 Jahre alt ist und nicht mehr reisen kann. Bernhard Heidbreder könnte seine Mutter und Peter Krauth seine Schwester treffen. „Das mit Birgit ist etwas, was nie verschwindet“, sagt er. Ihn beschäftigt, dass sie unschuldig wochenlang im Gefängnis gesessen hat.

Wer Peter Krauth in Venezuela besucht, merkt schnell, dass es ihm auch schwerfallen würde, seinen Hof in der Nähe von Mérida zu verlassen. Auch Venezuela ist seine Heimat geworden. Das Gewächshaus, der Gemüsegarten, die Werkstatt, die Kuh, die Schafe und die beiden Hunde.

Heute bekommt er Besuch, seine beiden Weggefährten haben sich angekündigt. Die Sonne verschwindet gerade hinter den Bergen. Zusammen stapfen Thomas Walter und Bernhard Heidbreder den Waldweg hinauf zum Hof, wo ihr alter Freund sie schon am Tor erwartet. Sie umarmen sich. Obwohl alle drei nicht weit voneinander entfernt leben, treffen sie sich nicht so häufig. Sie sind nicht mehr die engsten Freunde, aber ihre gemeinsame Geschichte hält sie zusammen – vielleicht für den Rest ihres Lebens.

Es gibt Abendessen, Rühreier mit Speck und Salat, selbst angebaut. Am Tisch erinnern an die alte Heimat nur die T-Shirts, die ihnen eine Freundin aus Berlin mitgebracht hat. „Allez“ ist darauf in roten Buchstaben auf schwarzem Grund zu lesen, Merchandise der deutsch-französischen Band Irie Révoltés. Auch das T-Shirt, das Bernhard Heidbreder trägt, erinnert an Deutschland. „Refugees welcome“ steht drauf. Es erinnert auch daran, dass sie seit dem versuchten Anschlag auf das Abschiebegefängnis selbst auf der Flucht sind.

Mit Angst ist es wie mit Einsamkeit, man gewöhnt sich dran

Thomas Walter

Was würde passieren, wenn sich die drei Männer den Behörden stellen? Zweimal haben ihre Anwältinnen und Anwälte darüber ernsthaft mit der Bundesanwaltschaft verhandelt, 2001 und 2010. In ähnlichen Fällen hatte das bereits geklappt. Der Deal: Gegen ein Geständnis vor Gericht gibt es eine milde Strafe. Ein Mitglied einer anderen linken Gruppe, der „Roten Zora“, erhielt für zwei gescheiterte Anschläge eine Bewährungsstrafe, nach 19 Jahren im Untergrund.

Das Angebot an das K.O.M.I.T.E.E. war nicht ganz so großzügig: Im Raum standen zunächst Haftstrafen von viereinhalb bis sechs Jahren möglichst im offenen Vollzug. „Viel zu viel, da hätte schon etwas mehr kommen müssen“, sagt Thomas Walter heute. Zudem hatten sie lange geglaubt, dass die ihnen vorgeworfenen Straftaten nach 20 Jahren verjähren. 2015 also.

Doch die Bundesanwaltschaft zerstört diese Hoffnung. Im Jahr 2010 wird Volker Homann, der Bundesanwalt, der den Fall betreut, pensioniert. Seitdem hat die Bundesanwaltschaft kein Interesse mehr an Verhandlungen und hält an den Ermittlungen fest.

„Allez“ auf dem Shirt: Peter Krauth heute Foto: Wolf-Dieter Vogel

Dafür benutzt sie eine Besonderheit des Strafrechts. Sie wirft den Männern nicht mehr die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung oder den geplanten Anschlag in Grünau vor, sondern allein die Verabredung zur Tat nach Paragraf 30 StGB. Diese verjährt im Extremfall nicht nach 20, sondern nach Interpretation der Bundesanwaltschaft erst nach 40 Jahren. Fragen der taz zu dem Fall will die Behörde nicht beantworten.

„Es kann nicht sein, dass die Verabredung zu einer Straftat länger verfolgt wird als die zeitlich spätere Vorbereitung der Tat“, kritisiert Peter Krauths Verteidigerin Undine Weyers. Das sei unverhältnismäßig. Deshalb haben die Anwälte der drei zunächst beim Bundesgerichtshof Beschwerde eingelegt – erfolglos – und sind dann vor das Bundesverfassungsgericht gezogen, das die Verfassungsbeschwerde nicht annahm.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg erklärte eine Beschwerde von Thomas Walter gegen diese Entscheidung für unzulässig: Er sei nicht von einer Auslieferung nach Deutschland bedroht, also seien seine Rechte nicht verletzt. Die drei könnten sich also nur beschweren, wenn konkret die Gefahr bestünde, dass sie in Deutschland ins Gefängnis kommen.

Wie weit die Ermittlungsbehörden bei der Fahndung auch in der Vergangenheit gingen, zeigt auch das Vor­gehen gegen die taz. Einige Monate nach dem Untertauchen der drei Männer 1995 wird im Berlin-Teil der Zeitung in Auszügen ein Bekennerschreiben abgedruckt. Überschrieben ist es mit „Knapp daneben ist auch vorbei“. Darin äußern sich die Verfasser für militante Linke ungewohnt selbstkritisch über ihren missglückten Anschlag. Sie sezieren die eigenen Fehler und bedauern, „relativ kopflos“ Unbeteiligte hineingezogen zu haben. Das K.O.M.I.T.E.E. löst sich mit dem Schreiben auf.

Auch die taz im Visier

Am Tag nach der Veröffentlichung gibt es in der Redaktion der Zeitung eine Hausdurchsuchung, laut Ermittlungsakten ringen ein Polizist und der taz-Geschäftsführer Karl-Heinz Ruch um eine Kamera, mit der Letzterer die Durchsuchung dokumentieren will. Auch die taz-Redakteurin Barbara Bollwahn, die über den Fall berichtet hatte, wurde noch Jahre später von der Polizei überwacht und vor der taz bei einem Treffen mit einem Kollegen fotografiert.

Die Polizei versuchte in diesen Jahren einiges, um den Dreien auf die Spur zu kommen: 2005 überwachte das Bundeskriminalamt eine Reise von Berliner Linksradikalen nach Kolumbien und schickte zwei BKA-Beamte nach Ägypten, um einen äußerst vagen Hinweis zu verfolgen. 2006 observierten die Ermittler einen Computer in einem Berliner Museum per Videokamera, weil von dort aus auffallend häufig die Seite der Öffentlichkeitsfahndung nach den dreien abgerufen wurde. Auch wurden rechtswidrig Telefongespräche mit Anwälten aufgezeichnet. Alles vergebens. Wie die Ermittler am Ende Bernhard Heidbreder fanden, ist unklar.

Wo sie sich in all den Jahren aufgehalten haben, wollen die drei nicht verraten, um ihre Helfer nicht zu gefährden. Die Fahnder vermuteten sie zwischenzeitlich in Frankreich, Argentinien oder Uruguay. Beim Abendessen erzählen sie von den Jahren auf der Flucht.

Immer wieder treffen sie sich, manchmal verbringen sie lange Zeit zusammen, dann trennen sich die Wege wieder. Sei es wegen der Freundin oder weil das illegale Leben sie dazu zwingt. Einmal geraten Thomas Walter und Peter Krauth in eine Polizeikontrolle. Von einem Moment auf den anderen scheint alles aus zu sein. Die Beamten stehen mit vorgehaltener Maschinenpistole vor ihnen, durchsuchen sie nach Waffen, wollen die Papiere sehen.

Nun haben sie uns, denken die beiden. Erst mit der Zeit wird ihnen klar, dass die Polizisten einen anderen Europäer suchen, der sich ebenfalls in dem Land aufhalten soll. Die Furcht, doch noch von den Fahndern aufgegriffen zu werden, ist mit den Jahren immer mehr in den Hintergrund getreten. „Mit der Angst ist es wie mit der Einsamkeit, man gewöhnt sich daran“, sagt Thomas Walter. Irgendwann ist das Leben als Untergetauchter Normalität, Alltag. „Wir lebten oft nicht anders, als wenn wir eine legale Identität gehabt hätten.“

Wenig geblieben vom sozialistischen Traum

Und trotzdem: „Natürlich waren da diese furchtbar einsamen Abende, etwa an Weihnachten oder Neujahr, an denen man alleine in einer Wohnung saß, während andere feiern.“ Doch es gibt immer Menschen, bei denen sie vorübergehend wohnen können, die ihnen Arbeit verschaffen, mit Geld aushelfen oder ein Bankkonto für sie eröffnen.

Die Zeiten, in denen sie von einem Land zum nächsten zogen, sind heute vorbei. Hugo Chávez und die Hoffnung auf einen Sozialismus des 21. Jahrhunderts haben alle drei vor rund zehn Jahren nach Venezuela gelockt. Bis vor Kurzem arbeitete Bernhard Heidbreder hier in einer Druckerei und Thomas Walter in einem Kollektiv, das ein Internetcafé betreibt.

Doch vom sozialistischen Traum ist wenig geblieben. Mehr als 130 Menschen sind bei Protesten gegen die Regierung allein in diesem Jahr gestorben. Thomas Walter erzählt, wie er vor ein paar Tagen in einem Reisebus überfallen wurde. Ihm und den anderen Fahrgästen blieb nichts als ihre Kleidung und ein paar Bolívares, das Geld, das nichts mehr wert ist. All das ist längst Alltag in Venezuela, einem Staat, der mehr und mehr zerfällt, in dem nicht mehr sehr viel sicher ist.

Genauso Alltag wie der Mangel an Reis, Bohnen, Zucker und vielen anderen Grundnahrungsmitteln. Und das, was es gibt, wird immer teurer. Thomas Walter nimmt sich noch ein Bier. Für den Preis einer Flasche bekam man vor einem Jahr noch drei. Aber damit müssen sie leben. Es ist die Ironie ihrer Geschichte, dass sie sich dem deutschen Staat nicht stellen wollen, aber jetzt von einem anderen Staat abhängig sind. Einem Staat, der jederzeit zusammenbrechen kann.

Doch mit der Legalität gewannen sie auch eine neue Freiheit. Sie dürfen endlich Besuch von ihren Familien bekommen. Während Peter Krauth noch damit ringt, wie er sich zu seiner Schwester verhalten soll, bekommt Thomas Walter Besuch von seiner Mutter. Er sieht sie zum ersten Mal seit 22 Jahren wieder.

Seine Verbindung zur Heimat war bei Thomas Walter immer sehr stark. In seiner Küche hängt neben dem Fenster ein Foto der Yburg, die vor 800 Jahren Teil eines Verteidigungssystems der Markgrafschaft Baden war und heute von Weinbergen umringt ist. Es ist das Panorama, das er als Jugendlicher sah, wenn er zu Hause in Sinzheim durchs Fenster blickte. Die Hoffnung, dahin zurückkehren zu können, hat er mit seinen 55 Jahren nicht aufgegeben.

„Hey, ich bin wieder da“

Vor ein paar Monaten hat Thomas Walters Mutter einen Anruf per Skype bekommen, völlig unerwartet. „Hey, ich bin wieder da“, sagt er. Vorher war sein Grundsatz: Keine Kommunikation, viel zu gefährlich.

Es war vor allem die Sehnsucht nach seiner Mutter, dem Vater und den Geschwistern, die ihn bewogen haben, in Venezuela den Flüchtlingsstatus zu beantragen. „Ich wusste ja, dass die Eltern darunter leiden, wenn ein Kind plötzlich einfach weg ist.“ Er hatte ein schlechtes Gewissen, immer.

Als sie sich dann treffen, auf dem Flughafen von Caracas, im Wartebereich des internationalen Terminals, fließen keine Tränen. Vor lauter Freude muss Jacqueline Walter einfach nur lachen.

Sie erkennen sich sofort. Einen Moment lang bleiben beide stehen und schauen sich aus der Distanz an. Sie in blauer Bluse, blauem Schal und roter Handtasche. 84 Jahre ist sie alt und noch ziemlich agil. Er locker und einfach gekleidet. Wie früher. Dann geht sie, gestützt auf ihren Stock, langsam auf ihn zu. Sie fallen sich in die Arme. An diesem Abend reicht es gerade noch für die Fahrt ins nahe gelegene Hotel, eine Paella und eine Flasche Wein. Dann fällt sie ins Bett und schläft sofort ein. So beschreiben beide das Treffen im Nachhinein.

Mehr als eine Woche Besuch ist nicht drin. Vater Heribert ist dement und pflegebedürftig, Jacqueline Walter kann ihn nicht lange allein lassen. „Viel zu kurz“, meint der Sohn. „Aber genug Zeit“, widerspricht seine Mutter, „um über grundsätzliche Dinge zu reden, über die man sonst nie spricht: über das Leben, den Tod und schiefe Gedanken.“

Ein paar Wochen nach der Reise sitzt Jacqueline Walter in ihrem Wohnzimmer in Sinzheim bei Baden-Baden. Sie erzählt davon, wie sie und ihre Familie unter den Fahndungsmaßnahmen gelitten haben. Gleich nach dem misslungenen Anschlag stellt die Polizei das Haus auf den Kopf. „Wir wussten erst gar nicht, warum“, erinnert sich Jacqueline Walter. „Erst am Abend hat Heriberts Bruder angerufen, er hatte im Fernsehen von der Sache erfahren.“

Über acht Jahre hinweg wird das Telefon immer wieder überwacht, auch E-Mails lesen die Ermittler mit, so steht es in den Akten. „Wenn wir über das Thema geredet haben, sind wir in den Garten oder zu den Schafen gegangen“, sagt sie. Aus Angst vor Abhörwanzen.

Keiner gibt die Taten zu

Zu den Vorwürfen gegen ihren Sohn hat Jacqueline Walter eine eindeutige Meinung. „Die Mittel können wir nicht befürworten.“ Dann aber verweist sie auf die Abschiebungen – ein Thema, das heute wieder aktuell sei. „Es ist normal, dass man dagegen etwas unternimmt.“ Und schließlich habe der Europäische Menschenrechtsgerichtshof inzwischen geurteilt, dass das Einsperren von Asylsuchenden in Gefängnissen illegal sei.

Das sehen die drei Männer selbst ähnlich. Zwar gibt bis heute keiner von ihnen die Taten zu, die ihnen vorgeworfen werden. Sie lassen aber keinen Zweifel daran, dass sie den vereitelten Anschlag auch mehr als 22 Jahre später gutheißen. Damals seien in Deutschland militante Aktionen eben notwendig gewesen.

„Man könnte mit Blick auf die Flüchtlinge von einer Notwehrsituation sprechen“, sagt Thomas Walter. Ihm will auch heute kein Grund einfallen, was schlecht gewesen sein sollte an dem Versuch, das Abschiebegefängnis in die Luft zu sprengen.

Aber ob es die richtige Entscheidung gewesen sei, damals das Weite zu suchen? Eine schwierige Frage, findet Peter Krauth. „Wer weiß schon, was sonst in diesen 22 Jahren passiert wäre.“ Sein Leben sei spannend verlaufen, reich an Erfahrungen. Nicht nur von Angst dominiert. „Man bleibt nicht so lange weg, wenn es einem dabei schlecht geht.“

Wer weiß schon, was sonst in den 22 Jahren passiert wäre

Peter Krauth

Mit der Festnahme Heidbreders und ihrem Antrag auf den Flüchtlingsstatus hat sich einiges geändert. „Plötzlich mussten wir uns wieder die gleichen Fragen stellen wie damals: Wieder abtauchen, wieder flüchten, wieder bei null anfangen?“, sagt Thomas Walter. Sind sie nun, mit Mitte, Anfang 50, nicht zu alt dafür? Und wäre es nicht an der Zeit, die Sache zu Ende zu bringen?

Selbst wenn sie nun mit der Bundesanwaltschaft einen Deal aushandeln sollten, bleibt ein Problem. Bernhard Heidbreder hat keinen gültigen Pass, mit dem er reisen kann, er hat nicht einmal mehr eine Staatsbürgerschaft. Venezuela entzog ihm die venezolanische, weil er sie sich mit falscher Identität erschlichen habe. Die Bundesrepublik sagt, er sei kein Deutscher mehr, weil er die Staatsbürgerschaft bei Annahme der venezolanischen freiwillig abgegeben habe. Und die drei sind sich einig: Wenn sie sich stellen, dann gemeinsam.

Im Jahr 2035 tritt für Peter Krauth und Thomas Walter die absolute Verjährung ein, für Bernhard Heidbreder sogar erst 2036. Sie könnten dann nach Deutschland fliegen, ohne ins Gefängnis zu müssen. Sie wären dann alle über 70.

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65 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Interessant finde ich, wieviele Ressourcen und Personal der Staat jahrzehnte lang bereit ist, gegen Linksradikale aufzuwenden, die Schäden an leerstehende Gebäuden verursacht haben/wollten, ein Vorgehen den rechten Terror der NSU jedoch verschleppt, sabotiert ...

  • Hey, Jungs, ich wünsch euch viel Glück beim Wiederherstellen eurer Bewegungsfreiheit! Toi toi toi!

  • Der oder die zuständigen Minister sollten diesen Quatsch schnellstens stoppen. Die deutschen Sicherheitsbehörden haben genug zu tun um sich jahrzehntelange Rachefeldzüge leisten zu können. Es gibt einfach auch kein öffentliches Interesse mehr an einer Strafverfolgung. Weiter auf eine solche zu pochen ist vor allem ein Zeichen von Faulheit.

    • @Benedikt Bräutigam:

      Zuständig wäre bei der Bundesanwaltschaft afaik der Bundesjustizminister.

       

      Ob der sowas aber einfach anordnen darf, weiß ich nicht.

  • Deutsche Extremisten sind schon immer gerne nach Südamerika geflüchtet.

    • @Kapiert:

      Zwar leidlich kreativ, aber letztlich doch wieder nur die langweilige olle Gleichsetzung von Nazis und Linken. Gähn.

      • @Earendil:

        Gleichsetzen will ich nichts, aber die zahlreichen Paralellen wird nur ein Blinder nicht sehen (wollen).

  • Das ist juristisch nicht klar.

     

    Drei separate Straftatbestände mit unterschiedlichen Höchststrafen:

     

    -Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung

    -geplanten Anschlag ,

    -die Verabredung zur Tat nach Paragraf 30 StGB.

     

    Jede Tat hat einen eigenen Strafrahmen. Der Strafrahmen bei §30 ist am höchsten - warum auch immer der Gesetzgeber das so entschieden hat.

     

    §30 verweist auf den Strafrahmen des Verbrechens zu dem verabredet worden sein soll. Da höherer Strafrahmen ist das wohl etwas anderes als der "geplante Anschlag"?

     

    Wenn Verbrechen mit höherem Strafrahmen, sind die 2x20Jahre wohl korrekt.

     

    Etwas anderes ist es, dass dies wohl ein Fall ist, bei dem man über eine Gnadenentscheidung nachdenken sollte. Dafür gibt es aber einen eigenen Quasi-Rechtsweg.

    • @A. Müllermilch:

      nicht ganz einfach:

       

      -Vorbereitung Sprengstoffanschlag: §310 StGB, Höchststrafe 10 Jahre

       

      -Herbeiführen Sprengstoffanschlag: §308 StGB, Höchststrafe 15 Jahre

       

      -Verabredung Sprengstoffanschlag: §§ 30,308 StGB, Höchststrafe 15 Jahre

       

      Problematisch ist hier das Verhältnis §30 zu §310StGB. Laut Kommentar unterschiedlicher Unrechtsgehalt, deswegen Tateinheit (=>Bestrafung nach beiden Vorschriften, Pech für die Betroffenen)

    • @A. Müllermilch:

      " Der Strafrahmen bei §30 ist am höchsten - warum auch immer der Gesetzgeber das so entschieden hat."

       

      Wiki erklärt das so:

      "Die Entstehungsgeschichte des § 30 StGB geht auf den sog. Duchesne-Paragraf zurück: Ende 1874 unternahm der belgische Kesselschmied Duchesne den dann erfolglosen Versuch, den Erzbischof von Paris Joseph Hippolyte Guibert dazu anzustiften, für die geplante Ermordung des deutschen Reichskanzlers Bismarck die Zahlung einer Belohnung zu veranlassen. Nachdem der Versuch öffentlich geworden war, drängte die deutsche Reichsregierung einerseits die belgische Führung darauf, das Sichbereiterklären des Duchesne wie auch seine versuchte Anstiftung unter Strafe zu stellen, und betrieb andererseits die Schaffung eines neuen § 49a RStGB mit ebendiesem Inhalt. § 49a RStGB von 1876 wurde bei der Umstellung des Allgemeinen Teils des StGBs durch die große Strafrechtsreform zu § 30 StGB."

       

      Könnte man natürlich nach fast 150 Jahren auch mal drüber nachdenken, ob das Strafmaß noch zeitgemäß ist.

  • Über das Thema Gewalt als Mittel des politischen Kampfs gibt es ne Menge zu sagen.

    Während ich die RAF, die RZ und andere zeitgenössische Teilnehmer der 67-87 Aktionen eindeutig als Terrorismus verurteile und ablehne, weil sie Flugzeuge entführten, mit dem syrischen Luftwaffengeheimdienst kooperierten, der ab 2011 das Land Syrien bombardierte, und sich in Schießereien verwickelten, in Paris/ Orly oder Auftragsmorde verübten wie Ilich Ramirez Sánchez und das alles bis heute weitgehend unbekannt als linke Revolutionäre Taten durchgeht - ein Alter schweizer Nazi Francois Genoud war auch mit von der Partie -

    sage ich hier:

    Solidarität mit dem K.O.M.I.T.E.E.

    das heißt: Amnestie, Verfahrenseinstellung, Rückkehr ohne Repression.

    Ja das ist Teil des politischen Kampfs und Repression ist nicht einfach nur "Justiz", sondern ebenfalls politisch.

  • Ich wünsche mir ein Land, in dem Abschiebeknäste als politisch motivierte Gewalt erkannt werden und nicht erst Anschläge gegen jene.

     

    (Kommt, es geht auf Weihnachten zu. Da kann man sich auch mal was Unrealistisches wünschen.)

  • Das Ganze stellt wieder die Frage nach dem Sinn der Strafe in der deutschen Justiz.

     

    Eine Verurteilung jetzt zu einer Freiheitsstrafe wird wohl niemanden abschrecken. Ich selber finde es viel abschreckender, die Gefahr einzugehen, eine lange Zeit in einem kolumbianischen Knast zu sitzen wie als alter Mann in einem deutschen.

    Sicherung der anderen vor diesen Menschen kann wohl auch kaum noch als relevant gelten.

    Bleibt die Vergeltung und der Rehabilitationszweck einer Strafe, die hier noch eine Rolle spielen könnten.#

     

    Und da bedaure ich es als Pädagoge, dass Strafe hier nicht per Richterspruch durchgeführt werden kann wie in anderen Rechtssystemen. Pädagogisch wäre es sinnvoll, die drei dazu "zu verknacken", sich zukünftig eben um die Menschen zu kümmern, die in Abschiebehaft sitzen. Ich kenne auch Fälle, bei denen äußerst unangenehme Straftäter dort landen. Sich um diese Menschen zu kümmern, kann auch ganz schön hart sein und hätte eben auch einen pädagogischen Ansatz und etwas mit der Tat zu tun.

    Leider sieht unser Rechtssystem so etwas nicht vor afaik.

     

    Ich persönlich hatte vor 22 Jahren zu viel mit Arbeit zu tun als dass ich auf die Idee damals gekommen wäre, solche Aktionen durchzuführen, kann mich aber auch an meine Jugend einige Jahre früher erinnern, als ich durchaus bereit war, auch gewalttätige wahrscheinlich unsinnige Zeichen zu setzen. Letztlich bin ich auch froh, dass mir das zu sinnlos erschien, damit das System real zu bekämpfen und bin ganz glücklich geworden stattdessen lieber Menschen direkt in sozialen Bereichen helfen zu können, auch wenn einem klar ist, dass man nur den Reparaturbetrieb für den Kapitalismus macht.

    • @Age Krüger:

      Mit Gewinn und Zustimmung gelesen.

  • Ich dachte, es geht um die Verjährung einer Straftat, die ganz offensichtlich so verübt wurde, dass keine Menschen dabei zu Schaden kamen. Und darum, dass mit juristischen Tricks die Verjährungszeit verdoppelt wurde.

     

    Oder geht es hier um die Abrechnung rechtspopulistisch denkender Menschen mit (ehemaligen) Linken?

    • @Rolf B.:

      Die GBA hat in der NSU-Affäre mit zehn Toten fleißig Akten vernichtet und gemauert ohne Ende, hier möchte sie vierzig Jahre lang Leute wegen eines Sachschadens von 200k DM vernichten. Also ich denke die Frage nach der politischen Motivation der GBA erübrigt sich.

  • Die Darstellung könnte auch tendenziös verstanden werden. Lag es in der Hand des Trios, dass niemand zu Schaden kam - und muss nur aufgrund des glücklichen Umstandes, keine Opfer beklagen zu brauchen, Milde walten? Wird diese Milde mit dem Zweck der Aktion gerechtfertigt? Wenn unsere Strafgesetze von Moral und Meinung bestimmt würden, hätten wir deutlichere Probleme in diesem Land. Die bereits erwähnten Anschläge auf (im Bau befindliche) Asylbewerberheime taugen auch aus meiner Sicht als Vergleich. Wie würde in der taz hierzu berichtet? Es darf nicht mit zweierlei Maß gemessen werden. Denn genau das wäre Gedankenstrafrecht und führte zu einer weiteren Polarisierung und Radikalisierung der Bevölkerung.

    • @Leser P:

      Es geht um Verjährung einer Tat die sie nicht ausgeführt haben. Insofern ist eine Frage nach potentiellen Opfern eine rein virtuelle Frage, denn es gab ja wie gesagt keine Tat.

      • @Struppi:

        In der Tat. Es geht um die Verjährung einer Straftat, deren Hintergrund und Zweck mit entschuldigenden Tendenzen dargestellt werden. Unabhängig vom Zweck der Tat sollte hierbei der Sinn von Verjährung bzw. Bestrafung hinterfragt werden.

        Selbst wenn sich wie im beschriebenen Fall herausstellte, dass eine spezialpräventive Wirkung aufgrund der mutmaßlichen Resozialisierungstendenzen nicht mehr notwendig sei - und auch eine Vergeltung als Schadensausgleich nur noch eine untergeordnete Rolle spielte - so könnte vor dem Hintergrund eines generalpräventiven Gedankens hierbei nach wie vor eine Bestrafung notwendig erscheinen. Gerade in Zeiten der Polarisierung und Radikalisierung sich entgegenstehender Lager der Gesellschaft mag eine ausbleibende strafrechtliche Würdigung bzw. Verfolgung insbesondere einer solchen Tat geeignet sein, das Vertrauen der Bevölkerung in seine Rechtsordnung nicht unerheblich zu beeinträchtigen. Was, konsequent zu Ende gedacht, ob der vermeintlichen Unfähigkeit des Staates zur Bewahrung der Rechtsordnung, eine weitere Radikalisierung - in anderen Teilen der Gesellschaft - nach sich ziehen könnte. Eine Spirale würde hierdurch in Gang gehalten.

  • Ist wirklich eine harte Strafe, wenn man als deutscher Linker mal in einem richtigen sozialistischen Land leben darf oder muss...

    • @ackatonne:

      Ja das muss man heute wohl im Machtbereich der NATO schreiben.

       

      Auch dass von den 130 Toten bei den Protesten viele Anhänger der jetzigen Regierung und Polzisten waren, wird natürlich nicht erwähnt.

       

      Ebenso, wird nicht gesagt wer den Überfall ausgeführt hat. Kann natürlich auch aus den gewaltätigen Oppositionsgruppen geschehen sein.

       

      Aber als Strafe scheinen sie es nicht anzusehen, die TAZ fragt ja auch nach und bekommt als Antwort „Man bleibt nicht so lange weg, wenn es einem dabei schlecht geht.“

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    "Mir fällt keine sinnvolle Logik ein, nach der die Verabredung einer Straftat doppelt so lange strafbar sein soll, wie die eigentlichen Straftaten selbst."

     

    Genau das ist wohl die Lücke, über die sich die Strafverfolgungsbehörden so freuen.

     

    Wenn beim NSU so vorgegangen wird, als wäre Homer Simpson der Ermittler und es im Fall von Oury Jalloh ganz offensichtlich um kriminelle Handlungen der Polizei geht, die mit aller Macht verschleiert und verschwiegen werden sollen, haut man bei Linken ordentlich auf den Putz.

     

    Wenn ich in der Zeit etwas mutiger, etwas entschlossener gewesen wäre, säße ich jetzt womöglich im gleichen Schlamassel wie die Genossen.

    • @88181 (Profil gelöscht):

      Sucht man hier das eigene Recht im Unrecht anderer? Seien wir froh drum, dass dieser Grundsatz nicht gilt...

  • Ich werde nie verstehen, warum Gewalt ausgeübt wird zur Durchsetzung Linker Politik.

     

    Taten jenseits von zivilem Ungehorsam stehen in krassem Widerspruch zu allem, was eine soziale, gerechte, nachhaltige und friedliche Gesellschaft ausmacht. Die Anwendung von Mitteln, die nur den Zweck heiligen, zerstört den eigentlichen Strategieansatz Linker Politik: Sich aufrichtig auf einen Weg zu machen in dem Wissen, dass das ferne Ziel zu Lebzeiten unerreichbar bleibt.

    http://saveearthlovepeacefreedom.org/wordpress/?p=736

    • @JBS_6623:

      Dann sollten Sie sich mal mit linker Geschichte befassen.

      Natürlich ist Gewalt ein Problem durch den Charakter der Gewalt an sich, aber gibt es einen anderen Weg die Politik zu verändern?

      Bis auf Kosmetische Änderungen auf dem Weg in die Diktatur haben all die Proteste der BRD nichts erreichen können. Die Mächtigen werden ihre Macht nicht abgeben außer man zwingt sie dazu sollte friedlicher Protest jemals an die Stelle kommen das eine demokratische Ordnung droht wird eben in die Menge geschossen. Das ist bisher jedes mal passiert und wird auch wieder passieren, zumindest gibt es keinen Grund anzunehmen das dem nicht so sein sollte

      • @Oskar:

        "Die Mächtigen werden ihre Macht nicht abgeben außer man zwingt sie dazu"

         

        In diesem Satz liegt der Hund begraben, und zwar in dem Wörtchen "man": Wer versteckt sich hinter dem "man" und woher nimmt diese systemüberwindende Heilsbringertruppe ihre Legitimation zur Gewalttätigkeit??

         

        Einfach weil sie es besser weiß als all das menschliche Stimmvieh, das Wahl um Wahl den systemerhaltenden Parteien seine Stimme gibt - das also, mit anderen Worten, gar nicht wert ist, das man es abstimmen lässt und und nach den Ergebnissen handelt?

         

        Oder ist das nicht eigentlich Alles nur realisierbar, wenn "man" ein (auch zu einer ganz friedlichen Wahlmehrheit) ausreichend großer Teil des Volkes ist? Dann stellt sich natürlich die Frage: Wieso noch Gewalt ausüben?

         

        Das Volk hat nämlich durchaus die Macht, friedlich den "Mächtigen" die Tür zu weisen. Dass es diese Macht nicht nutzt, KANN man mit Manipulation erklären, aber das ist eher noch entmündigender als die Manipulation durch "die Mächtigen".

  • 9G
    95823 (Profil gelöscht)

    die 3 Männer haben einen Schaden von 200000 Mark angerichtet und werden jahrzehntelang verfolgt, es drohen ihnen mehrere Jahre Gefängnis.

    Beim Bau des BER wurden bis jetzt sechs MILLIARDEN Euro an Steuergeldern verballert, die Korruptions- und Vertuschungsfälle nehmen kein Ende, trotzdem gab es dafür bis jetzt nur Bewährungsstrafen.

    Sieht noch jemand den Widerspruch?

    • @95823 (Profil gelöscht):

      Nuja, Geld ist eben nicht Alles. Manchmal sind die abstrakte Gefährdung von Menschenleben durch terroristische Aktivitäten oder die Achtung des Rechtsstaates (weil er eben NICHT die die Strafverfolgung wegen ökonomischer Inopportunität einfach einstellt) wichtiger.

       

      Aber keine Sorge. Ab morgen geht's wieder nur noch um Knete... ;-)

  • Linker Terror - guter Terror ?

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Nikolai Nikitin:

      Verjährter Terror. Das ist das einzige moralische Urteil.

       

      Wo haben Sie da rausgelesen, dass die Tat von der Redaktion begrüßt wird? Es wird auch klar benannt, dass die Flüchtigen sich nicht völlig distanzieren von ihrer Vergangenheit, aber die Frage bleibt trotzdem, ob eine Demokratie derartig Vergeltung üben sollte oder nicht einfach Frieden schließen sollte mit alten Feinden, deren direkte Straftaten schon verjährt sind.

      • @85198 (Profil gelöscht):

        ... wenns sie sich nicht distanzieren, bereuen sie auch nicht. Was nicht bereut wird, kann auch nicht vergeben werden.

        • @Nikolai Nikitin:

          > Was nicht bereut wird, kann auch nicht vergeben werden.

           

          Doch. Selbstverständlich kann man auch ohne Reue vergeben. Andernfalls wäre man als Opfer dem Täter gegenüber ja unfrei und in dessen Tat gefangen. Nur ist Bedingungslosigkeit eben kein Automatismus. Der Eindruck ehrlich empfundener Reue dürfte für viele Menschen die Vergebung erleichtern oder erst ermöglichen. Und für andere ist Vergebung vielleicht niemals möglich, was man dann allerdings für diese Menschen mehr noch als für den Täter bedauern kann.

           

          Insgesamt allerdings ist Vergebung ein persönlicher Vorgang, der für staatliches Handeln irrelevant ist.

        • 8G
          85198 (Profil gelöscht)
          @Nikolai Nikitin:

          Vergebung ist bedingungslos.

          • @85198 (Profil gelöscht):

            > Vergebung ist bedingungslos.

             

            Das kann sie sein, muss es aber nicht.

             

            Sie ist jedenfalls keine Kategorie in der Beziehung Staat - Bürger (so wenig wie allerdings auch Rache).

             

            Das Äquivalent im Hinblick auf die Staat-Bürger-Beziehung dürfte die Gnade sein, wobei der Gnadenakt aber nur in Bezug auf rechtskräftig verhängte Strafen erfolgen kann.

          • @85198 (Profil gelöscht):

            Das sehen die meisten Menschen wohl anders.

      • @85198 (Profil gelöscht):

        „… , oder nicht einfach Frieden schließen sollte mit alten Feinden, deren direkte Straftaten schon verjährt sind“

         

        Willkommen im Club! – können daraufhin Ewig-Vorgestrige nur sagen. Denn vor allem aus ihren Kreisen kommt Kritik, wenn wieder mal ein KZ-Wachmann vor Gericht kommt, dessen Verbrechen über ein dreiviertel Jh. zurückliegen. Auch die Ewig-Gestrigen sind empört, wenn jemand die DDR als „verbrecherisches System“ bezeichnet, und fordern ein Ende der „Aufarbeiteritis“.

         

        Ich finde es gut, dass dem Vergessen entgegengewirkt wird. Denn potentielle Nachfolger sollen daran erinnert werden, dass auch sie noch nach Jahrzehnten zur Verantwortung gezogen werden können!

        • 8G
          85198 (Profil gelöscht)
          @Pfanni:

          Erstens werden SS-Täter der Beihilfe zum Mord angeklagt, i.d.R. sind es mehrer hundert Fälle von Beihilfe zum Mord.

          Mord, versuchter Mord oder Beihilfe zum Mord verjähren nicht. Also werfen Sie bitte nicht alles in einen Topf, dann verharmlosen Sie nämlich die Verbrechen der SS!

           

          Zweitens habe ich nirgends ein 'Ende einer historischen Aufarbeitung gefordert. Was unterstellen Sie mir da? Das ist nicht fair.

          Ich finde lediglich, es ist Gerächtigkeit und nicht Gerechtigkeit, wenn die Verabredung zu einer Straftat doppelt so lange strafbar ist, wie die eigentlichen Straftaten selbst.

          Aufarbeitung kann nicht immer über das Strafrecht geschehen. Solange die drei vom K.O.M.I.T.E.E. in Venezuela Kühe melken, wird jedenfalls so gut wie gar nichts aufgearbeitet.

          • @85198 (Profil gelöscht):

            Lasst Sie Kühe melken, wenn sie dies gut können.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Mir fällt keine sinnvolle Logik ein, nach der die Verabredung einer Straftat doppelt so lange strafbar sein soll, wie die eigentlichen Straftaten selbst.

    Es sollte doch eher anders herum sein, nach der christlichen Logik der Vergebung und dem Prinzip "Gnade vor Recht".

     

    Das würde ich im Übrigen auch bei Rechten sagen, wenn sie eine im Bau befindliche angezündet Flüchtlingsunterkunft angezündet haben.

    Das heißt aber nicht, dass ich die völlig unterschiedlichen Motive aus der Betrachtung ausschließen würde und nicht erwarten würde, dass sich dies auch im Strafrahmen niederschlägt.

    Denn das K.O.M.M.I.T.E.E. wollte, dass der Staat Angst bekommt, aber die Poster mit den Sprengwarnungen zeigen doch m.E. deutlich, dass sie zumindest nicht vorhatten, Unbeteiligte in den Konflikt hineinzuziehen und "dem Volk" Angst einzujagen, egal, ob das geklappt hat oder nicht. Bei rechten Brandstifter ist nicht allein der Staat gemeint mit seiner Aufnahmepolitik, sondern auch die Flüchtlinge und die migrantischen Teile des "Volkes". Deswegen ist hier das im engeren Sinne terroristische Ziel auch viel direkter ins Auge gefasst, als bei Brandstiftungen etwa gegen Fahrzeuge des BGS oder der Bundeswehr oder ein im Bau befindliches Abschiebegefängnis.

     

    Der Akt der Brandstiftung ist nicht ohnehin sehr hoch bestraft, denn ein Feuer kann leicht jemanden verletzen, sei es jemanden von der Feuerwehr, die das dann löschen muss.

    Wenn also diese Straftat und der Vorwurf die Bildung einer terroristischen Vereinigung verjährt sind, dann fällt mir wirklich keine Logik ein außer Rache, nach der die Verabredung der Straftaten noch länger strafbar sein soll.

    Es ist auch den Verfassern dieses Artikels sicher zuzutrauen, dass sie ihre Ansichten über das Strafgesetzbuch nicht plötzlich änderten, wenn die politische Lage der Straftaten eine andere wäre, so viel vertrauen habe ich doch.

    • @85198 (Profil gelöscht):

      Es ist ja schön, wenn auf für ihren Atheismus bekannte Seiten, plötzlich, wenn es passt, christliche Sachen verlangt werden.

      Flüchtlinge aufnehmen ist christliche Pflicht.

      Vergeben für Terroranschläge ist christliche Pflicht.

      Einfach wenn man immer einen Joker hat.

      • 8G
        85198 (Profil gelöscht)
        @Günter Witte:

        Seit meiner Geburt gab es nur 5 Jahre, in denen keine Christdemokraten in Bonn bzw Berlin an der Macht waren.

        Nach deren christlichen Logik der Vergebung sollte es tatsächlich anders sein.

        Ich habe mich wohl etwas unklar ausgedrückt. Das ''sollte'' war nicht normativ gemeint, sondern ich meinte einfach nur den Widerspruch zwischen Christdemokratie und Christentum. Nach den christentum-eigenen Werten sollte die Union andere Gesetze beschlossen haben, als sie es tatsächlich tat.

         

        Was ist daran falsch, von Christen zu fordern, sich auch wirklich christlich zu verhalten, wenn sie schon dieser Religion anhängen?

        Warum sind denn die ach so christlichen Parteien so rechts und fremdenfeindlich? Das liegt bestimmt nicht an atheistischen Linken.

         

        Und eine persönliche Bemerkung noch: Religion und Atheismus schließen sich ja auch nicht aus. Zen-Buddhismus z.B. ist auch ein Atheismus. Es kann also durchaus ein religiöser Atheist, wie ich auch einer bin, im interreligiösen Diskurs mit Christen diese auf ihre eigenen religiösen Kategorien hinweisen und sie fragen, warum sie die nicht einhalten.

         

        Was haben Sie für ein Problem mit Vergebung? Im Strafrecht heißt das Verjährung. Auch wenn jemand eine Strafe abgesessen hat, hat er*sie eine zweite Chance verdient. Beim Hoeneß hat das mit der Vergebung völlig problemlos geklappt, aber bei Drogendelikten etwa ist das was ganz anderes, da wird noch Jahrzehnte nachdem die Polizei einmal jemanden mit Drogen erwischt hat, dieser Mensch beim Autofahren bevorzugt von der Polizei kontrolliert.

        Beim Schäuble ging das mit der Vergebung sogar ganz ohne Strafverfahren, wer sagt also, es ginge nicht, wenn Christen vergeben wollen. Aber die Nächstenliebe hat halt so ihre Tücken. Jemand wird zum Nächsten, weil man ihn ohnehin mag und für die Fernsten bleibt dann kein Mitgefühl mehr übrig.

        • @85198 (Profil gelöscht):

          "Was ist daran falsch, von Christen zu fordern, sich auch wirklich christlich zu verhalten, wenn sie schon dieser Religion anhängen?"

           

          Da ist, allerdings je nach Sichtweise, eine ganze Menge falsch dran, Menschen aufzufordern auf Verhütungsmittel zu verzichten und die Weltbevölkerung bis zum Unerträglichen ansteigen zu lassen. Auch für diese Menschen selbst imo.

        • @85198 (Profil gelöscht):

          Was heißt Fremdenfeindlichkeit bei C-Parteien ? Ich glaube in Bayern ist die CSU an der Regierung, und dort ist ein Großteil der Flüchtlinge erstversorgt worden. Auch bei der weiteren Versorgung der Asylanten ist Bayern führend.

          Wenn Sie der Meinung sind, wir können allen helfen, dann halte ich die C-Parteien für realistischer. Es soll ja sogar bei den Linken Leute geben, die das auch so sehn.

          Zu diesem Thema : würden sie auch um Vergebung fragen bei rechten Straftaten?

      • @Günter Witte:

        Die Argumentation mit "christlich" ist tatsächlich blöde.

         

        Die Aufforderungen zur Vergebung gibt es in allen monotheistischen Religionen, ebenso die seine Gäste gut zu behandeln.

         

        Man kann da besser mit der Wesensart des Menschen argumentieren, dass er nunmal auch ein soziales Herdentier ist.

        Und gegenüber der Haltung zur Solidarität ist grundsätzlich keine weitere Argumentation notwendig als darauf hinzuweisen, dass der Mensch Verstand besitzt.

        • @Age Krüger:

          Die Argumentation einem Christen gegenüber sich "christlich" zu verhalten ist schon sinnvoll, genauso wie Linksparteilern gegenüber sich "solidarisch" zu verhalten. Oftmals wird das Wording einfach besser verstanden. Besser jedenfalls als "Wesensart des Menschen" ;-)

           

          Mit "Gott" hat die Verwendung ethische intendierter Begriffe imho auch nur peripher etwas zu tun.

           

          Das Problem sind aber weniger die allgemeinen Megaschubladen als vielmehr die konkreten Ansichten.

          Zwei Linke, jeweils ein Christ und ein Atheist, werden wesentlich besser auf einen Punkt kommen als ein Rechter und ein Linker.

          Auch können konkrete Umsetzungen wie bei der CSU in Bayern und Wagenknecht und Lafontaine bei der Linkspartei in Punkto Flüchtlinge durchaus auf ähnliche Maßnahmen hinauslaufen und christlich bzw. solidarisch nachvollziehbar begründet werden.

  • Wie wäre es mit der Verjährung 2015, wenn es rechte Kriminelle wären, die womöglich noch mithilfe von V-Leuten aus dem Dunstkreis des Verfassungsschutzes gehandelt hätten?

  • Es ist tatsächlich etwas sehr seltsam, dass die Verabredung zu einem Sprengstoffanschlag später verjähren soll als ein begangener Anschlag. Also die gleiche Verjährungszeit hat wie ein Mord.

     

    Allerdings wäre es am Gesetzgeber, dies zu ändern.

     

    Das Argument mit den "nur Sachen" überzeugt mich aber nicht. Es wurden wiederholt noch leere Flüchtlingsheime angezündet, also zur Verhinderung des Einzuges. Das geht schon über "Sachbeschädigung" hinaus.

  • 8G
    82741 (Profil gelöscht)

    Echt jetzt? Terror-Homestory? Kühemelken, graue Haare und Falten im Gesicht.

     

    "Eigentlich sollte der Staat im Jahr 2017 andere Feinde haben als drei übrig gebliebene Linksradikale." Genau, Schwamm drüber. "Muß ja auch mal gut sein." Ihr kennt diese braune Argumentation, oder?

    • @82741 (Profil gelöscht):

      Was soll das denn für "Terror" sein, ein leeres Gebäude anzuzünden? Den Schaden von 100 000€ haben die hartnäckigen Staatsverfolger nach 20 Jahren Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen inzwischen wohl verhundertfacht. Da blieb dann keine Zeit mehr, Nazis in Thüringen beim Morden zu hindern.

      • @Dorian Müller:

        Uh, das ist ganz dünnes Eis. Mit der selben Argumentation wären Brandanschläge auf leere Flüchtlingsunterkünfte ebenfalls kein „richtiger“ Terror, der scharf verfolgt werden muss. Wird die TAZ in zwanzig Jahren dann auch eine Begnadigung für rechtsextreme Brandstifter fordern? Eher nicht, würde ich sagen.

        • @hup:

          Say, which side are you on, which side are you on?

          • @Uranus:

            Ich für meinen Teil bin jedenfalls NICHT auf Seite derjenigen, denen eine verbrecherische Ideologie (egal, ob rechts- oder linksgestrickt) das Recht gibt, Verbrechen zu begehen! (Sorry, ich war zu faul, meine Anmerkung ins Englische zu übersetzen!)

            • @Pfanni:

              Und wie denken Sie über den Staat? Eine daran anschließende Frage wäre, wer definiert, was Verbrechen ist?

      • @Dorian Müller:

        Wissen Sie, dass regelmäßig leerstehende Gebäude, die als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden sollen, abgefackelt werden?

        Da dabei niemand verletzt wird, ist die Sache in Ordnung, oder?

        Und ermitteln sollte auch niemand, sonst vervielfachen sich die Kosten nur. Ermittlungen kosten ja

        überhaupt nur Geld, die sollten ganz abgeschafft werden

        • @Frank Martell:

          Also ein Gebäude anzuzünden in welchem schutzsuchende Menschen Zuflucht suchen ist das selbe wie ein Gebäude anzuzünden was den Zweck des einsperren und deportieren hat .... alles klar, dass nenne ich deutsches "rechtsverständniss"

          • 8G
            80576 (Profil gelöscht)
            @Anarchie-Jetzt:

            Ja. Beides Sachbeschädigung mit dem Ziel, unliebsame Vorgänge zu unterbinden oder zu erschweren.

          • @Anarchie-Jetzt:

            Ein Gebäude Anzünden ist dasselbe wie ein Gebäude Anzünden. Weiterer Qualifikationen bedarf es grundsätzlich mal nicht.

             

            Zumindest wenn es um den "löblichen" Zweck des Gebäudes geht, käme man nämlich deutlich zu schnell zum Gesinnungsstrafrecht, das wiederum Missbrauch Tür und Tor öffnet. Stellen Sie sich einfach vor, der Staatsanwalt oder Richter, der das zu entscheiden hat, wäre durch einen dummen Zufall so ein Staatsdiener Marke Björn ("Bernd") Höcke. Dann wäre möglicherweise auf einmal das Abschiebegefängnis das Gebäude mit dem löblichen Zweck und die Zündelei an der Baustelle eines Bewerberheims eine lässliche Sünde. Wollen Sie das?

            • @Normalo:

              Das ist jetzt doch auch der Fall

              2 vorbei geworfene Flaschen => 2 Jahre Haft

              Brandanschlag auf Flüchtlingsunterkunft =>Bewährungsstrafe

              Wir haben ein Gesinnungstrafrecht

               

              Und selbstverständlich ändert der Zweck einer Handlung seine Bewertung

              Was ist es für eine linke Haltung die den Erhalt von Unterdrückung über den Sinn einer Tat stellt?

              • @Oskar:

                "Unterdrückung" ist immer auch eine Frage der Perspektive. Recht - vor allem Strafrecht - versucht hingegen, möglichst objektiv zu funktionieren.

                 

                Wer kein solches Recht will, weil das seiner Ideologie im Weg stehen könnte, mag zwar durchaus links sein (mein Reden seit langem ;-)). Aber mit einem Rechtsstaat nach hierzulande gültigem Verständnis hätte das nicht so arg viel zu tun.

                 

                Und was Ihr Beispiel betrifft (das mir jetzt nicht persönlich geläufig ist): Da bedarf es wohl einer genaueren Betrachtung der betroffenen Rechtsgüter, um hier nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen. So wäre ein Brandanschlag auf ein gesichert unbewohntes Flüchtlingsheim (nur) gegen eine Sache gerichtet, der Flaschenwurf dagegen im Zweifel ein - potenziell sehr gefährlicher - Angriff auf einen Menschen. Das unterstelle ich zumindest, denn wirft jemand zwei (zu Abwechslung mal NICHT mit Brandmaterial gefüllte) Flaschen z. B. auf ein im Bau befindliches Abschiebungsgefängis, wird er mit ziemlicher Sicherheit genauso glimpflich davonkommen, wie ein politisch andersrum gepolter Täter, der den Rohbau eines Asylbewerberheims gleichermaßen "attackiert".

                 

                Davon abgesehen kann auch eine zweijährige Haftstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden. Wird sie das nicht, deutet das darauf hin, dass es für den Täter nicht das erste Mal war.

            • @Normalo:

              Der Zweck einer Straftat darf sehr wohl vor dem allgemeinen sittlichen Hintergrund differenziert werden (Raub aus Gier und Raub von Lebensmitteln zum Überleben bspw.). Und das anzünden von in Bau befindlichen Flüchtlingsunterkünften geschieht eben aus niederen Beweggründen, nicht aus (vielleicht) fehlgeleitetem Idealismus.

              • @My Sharona:

                Sie wollen also im Ernst, dass ein Richter einen Brandanschlag auf ein Gefängnis als ethisch und moralisch hochwertiger ansieht als auf ein Flüchtlingsheim? Mal davon abgesehen, dass das beides Gebäude sind, die von der öffentlichen Hand nach geltendem recht erbaut wurden würde das bedeuten, dass der Richter ein Gefängnis als moralisch verwerflich erachten müsste, so dass der Widerstand dagegen moralisch gerechtfertigt ist... also in letzter Konsequenz muss er sich damit selbst als potenziell legitimes Anschlagsziel freigeben, weil er (oder andere Richter) Leute in dieses Gefängnis schickt.

                Hab ich das richtig verstanden? Funktioniert ihr etwas verqueres Rechtsverständnis in etwa so?

                • @hup:

                  Es gibt einfach Leute, deren Vorstellungskraft mit dem Gedanken überfordert ist, dass es ein gültiges Wertesystem geben könnte, das von ihrem eigenen abweicht. Wenn so jemand Abschiebeknast unmenschlich findet, dann ist für ihn Jeder, der ihn verhindern will, prinzipiell gutartig - und jede seiner Handlungen ist unter diesem Aspekt zu werten.

                   

                  Die Demokratie lebt von subjektiven Sichtweisen. Man sollte Leute, die NUR diese subjektive Sichtweise akzeptieren, vielleicht besser nicht auf Richterstühle setzen. Aber dass es sie gibt, ist grundsätzlich unschädlich... ;-)

              • @My Sharona:

                Mit der (von vielen deshalb auch als systemwidrig empfundenen) Ausnahme des Mordes ist die Motivation und Einstellung des Täters zur Tat allenfalls(!) ein Kriterium für die Höhe der Strafe, nicht für die Strafbakeit an sich - und damit auch nicht für die Verjährung.

                 

                Den Grund für diesen geringen Einfluss liefern Sie auch gleich mit: "Fehlgeleiteter Idealismus" ist genau das, was ein nationalkonservativ eingestellter Zeitgenosse zu rechten Brandanschlägen sagen KÖNNTE, gerade in solchen Fällen, die sich nicht direkt gegen Personen richten. Wenn dieser Zeitgenosse nun Richter wäre und den Brandstifter daraufhin sogar freisprechen dürfte, wäre das aus meiner Sicht ein gewaltiges rechtsstaatliches Problem

                 

                Umgekehrt finde ich schon Ihre Einschränkung höchst bedenklich, dass ein Brandanschlag auf ein zukünftiges Abschiebegefängnis nur "vielleicht" fehlgeleitet sei: Ein Richter, der diese Einschränkung machte, wäre im Zweifel wegen Befangenheit abzulehenen und, wenn er sie auch noch in seine Urteilsfindung einfließen ließe, der Rechtsbeugung schuldig. Denn eine NICHT fehlgeleitete idealistische Motivation zu einem Brandanschlag gibt es nach dem deutschen Strafrecht nicht.

    • @82741 (Profil gelöscht):

      Sie vergleichen Äpfel mit Wassermelonen.

       

      Schämen Sie sich!

      • 8G
        82741 (Profil gelöscht)
        @Maike123:

        Och, kleine linke Bömbchen sind okay. Die wollen nur ein bißchen Bum und Rauch machen ...