Linkspartei-Thesen gegen offene Grenzen: „Kein Recht auf Arbeitsmigration“
Vertreter der Linkspartei sprechen sich gegen offene Grenzen, aber für Kontingentflüchtlinge aus. Das Papier soll Streit in der Partei entschärfen.
In der internen Debatte um Flucht und Migration in der Linkspartei haben sich mehrere prominente Vertreter mit einem „Thesenpapier zu einer human und sozial regulierenden linken Einwanderungspolitik“ zu Wort gemeldet. Es ist vielleicht das bisher detailreichste Papier, das eine Brücke zwischen den bisherigen Polarisierungen in der Partei zwischen der Parteispitze um Katja Kipping, die für offene Grenzen, und Fraktionschefin Sahra Wagenknecht, die für eine eher restriktive Einwanderungspolitik eintritt, schlagen könnte. Zu den Unterzeichnern gehören die Bundestagsabgeordneten Fabio De Masi, Jutta Krellmann, Michael Leutert und Sabine Zimmermann sowie das Bundesvorstandsmitglied Ralf Krämer.
Von offenen Grenzen distanzieren sich die Unterzeichner ausdrücklich. So heißt es: „Grenzkontrollverfahren sind nicht per se gewaltsam oder menschenfeindlich.“ Ohne Grenzmanagement stünden die Staaten „hilflos gegenüber der international organisierten Kriminalität und dem Terrorismus“ da.
Die Autoren plädieren dafür, Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik auseinanderzuhalten. „Unbegrenzte Schutzgewährung für Not ist etwas anderes als eine unbegrenzte Einwanderung, die auch all diejenigen einschließen würde, die lediglich ein höheres Einkommen erzielen oder einen besseren Lebensstandard genießen wollen.“ Bei Letzterem hätten „die Aufnahmeländer ein Recht zur Regulierung der Migration“. Schließlich sei auch in der UN-Menschenrechtscharta kein universales Einwanderungsrecht verankert. „Ein Recht auf globale Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit gibt es de facto nicht und wird es in absehbarer Zeit nicht geben.“
Das Leitbild der offenen Grenzen sei „eine Zukunftsvision“: „Gegenwärtig sind die Bedingungen dafür nicht gegeben. Wir brauchen realistische Zwischen- und Übergangslösungen, die uns diesem Ziel näherbringen.“ Diese müssten „den abhängig Beschäftigten und dem weniger privilegierten Teil der Gesellschaft vermittelbar sein“.
„Privilegierung kleiner mobiler Minderheiten“
Bemerkenswert ist insbesondere der sechste Punkt des Papiers, der mit „Linke Politik und internationale Solidarität“ überschrieben ist. Während die linke Debatte in Deutschland darum kreist, ob alle einreisen dürfen, die wollen, verweisen die Autoren auf die lateinamerikanische Linke, die das Recht diskutiere, nicht auswandern zu müssen. „Mit den gleichen finanziellen Aufwendungen kann in den Herkunftsländern oftmals ein Vielfaches dessen für die Verbesserung der Lebenssituation erreicht werden, was man hierzulande damit bewirken würde“, schreiben sie.
„Unregulierte Arbeitsmigration bietet keine Lösungsperspektive für das Elend der Welt, sondern läuft faktisch auf die Privilegierung kleiner mobiler Minderheiten hinaus.“ Arbeitsmigration müsse reguliert werden. Die Autoren erwähnen hier etwa Vorschläge wie Sonderabkommen mit Staaten außerhalb der EU zur Einreise von Geringqualifizierten, aber auch eine Negativliste für Berufe mit einem Überangebot an Arbeitskräften, sodass in diesen Fällen keine Einreise gewährt würde. „Migrationsprozesse sollen die größtmöglichen positiven und geringsten negativen Effekte für alle Beteiligten haben, das Wohl der Menschen in den Herkunftsstaaten, den Zielstaaten und der MigrantInnen ersichtlich befördern und nicht unterminieren.“
Aus dem Thesenpapier
In der Flüchtlingsfrage plädieren die Autoren „für eine Politik, die allen hilft“. Dazu gehöre auch, den Ländern außerhalb der EU, die Flüchtlinge aufnehmen, umfassend zu helfen – und zwar sowohl mit Geld als auch mit der „kontingentierten Aufnahme von Flüchtlingen“ aus diesen Staaten.
Einige innerparteilich umstrittene Fragen werden in dem Papier umgangen, etwa, in welchen Fällen Migranten abgeschoben werden dürfen. Das Papier soll der innerparteilichen Debatte dienen. Auf dem Leipziger Parteitag der Linken im Juni steht im Leitantrag des Parteivorstandes aber erst einmal wieder die Forderung nach „Offenen Grenzen“ zur Abstimmung.
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