Landwirte blockieren Straßen: Proteste gegen „Bauernbashing“

Bundesweit protestierten mehrere Tausend Landwirt*innen gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung. Auch in Frankreich begehren Bauern auf.

Mehrere Trecker, einer zeigt eine Galten-Puppe

Bauernproteste in Münster: Die Landwirte sehen sich bedroht Foto: dpa

BERLIN/BONN taz | Laut hupend tuckerten am Dienstagvormittag etwa hundert Landwirt:innen auf ihren Traktoren zur Berliner Siegessäule. Sie gehörten zu mehreren Tausend Bäuerinnen und Bauern, die sich auf den Weg in die deutschen Großstädte gemacht hatten, um damit gegen das Agrarpaket der Bundesregierung zu protestieren. Organisiert hat den Protest die unabhängige Gruppe „Land schafft Verbindung“ vor allem mittels Facebook- und WhatsApp-Gruppen.

Zu der zentralen Demo auf dem Bonner Münsterplatz kamen laut Aussagen der Polizei etwa 6.000 Teilnehmer*innen, die Veranstalter hatten mit bis zu 10.000 Demonstranten gerechnet. Insgesamt waren in mindestens 17 deutschen Städten Proteste angekündigt worden, vor allem durch NRW rollten zahlreiche, teils kilometerlange Trecker-Konvois.

Auf den Kundgebungen forderten die Landwirte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) dazu auf, mit ihnen über aktuelle Agrar- und Klimapläne zu diskutieren. Die aktuelle Politik gefährde Familienbetriebe, warnten die Bauern. Außerdem führe „Bauernbashing“, also etwa herablassende Äußerungen über Landwirte, zu Ärger in der Berufsgruppe. Auch das geplante Freihandelsabkommen der EU mit den Mercosur-Staaten in Latein- und Südamerika bedrohe die Bauern.

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) sagte, es sei eine Spaltung zwischen Landwirtschaft und Teilen der Gesellschaft zu beobachten. „Wir wollen nicht, dass Landwirte für alles haftbar gemacht werden“, so Klöckner. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) hingegen mahnte am Dienstag einmal mehr einen stärkeren Schutz für Insekten in der Landwirtschaft an. Zur Begründung wies sie auf den zahlenmäßigen Rückgang bei Feldvögeln hin: „Leider konnte der dramatische Abwärtstrend bei den Feldvögeln bislang nicht gestoppt werden.“

Auch in Frankreich demonstrierten Landwirte

Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) forderte auf der Kundgebung in Hannover Bundeskanzlerin Angela Merkel dazu auf, den Konflikt um die Agrarpolitik zur Chefsache zu machen. Klöckner und Schulze seien mit der Bewältigung der Problematik überfordert, sagte Otte-Kinast vor rund 2000 Landwirten, „die beiden Ministerinnen kriegen das nicht hin mit den Zielkonflikten“.

Zumindest ideell unterstützt wurden die Proteste vom Deutschen Bauernverband. Udo Hemmerling, stellvertretender Generalsekretär, beobachtete den Protest in Berlin vom Rande aus. „Das Agrarpaket der Bundesregierung ist eine Überregulierung zu viel“, sagte er, vor allem das Insektenschutzprogramm sei problematisch.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter bezeichnete die Bauernproteste als Ergebnis einer „jahrzehntelang verfehlten Agrarpolitik“. Viele Bäuerinnen und Bauern stünden mit dem Rücken zur Wand, weil sie nicht mehr von dem leben können, was sie produzierten.

Auch in Frankreich demonstrierten am Dienstag Landwirte mit Straßenblockaden und Protesten vor den Präfekturen gegen ihrer Ansicht nach zu strenge Auflagen sowie gegen die empfundene Missachtung des Berufsstands. Sie forderten von Präsident Emmanuel Ma­cron mehr Anstrengungen, damit ihr Beruf überlebt. Es war der zweite große Protest französischer Landwirte in diesem Monat.

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