Lage vor dem Corona-Winter: Der Staat muss zahlen

Weitere Einschränkungen für Geimpfte? Nein. Auch die Freiheit, ungeimpft zu bleiben, muss bleiben. Der Staat muss jetzt in die Vorsorge investieren.

Ein Pfleger schiebt ein Krankenbett über einen Verbindungsgang an der Charitè

Die Charité in Berlin warnt vor einer erneuten Überlastung der Intensivstation Foto: Paul Zinken/dpa

Nach diesem Winter sind wir wohl durch mit der Coronapandemie. Darauf deutet nicht nur die Ansage der vermutlich neuen Regierung hin, im kommenden März alle Beschränkungen beenden zu wollen, sondern auch die Einschätzung von Mediziner:innen. Was aber passiert bis dahin: neue Beschränkungen wegen steigender Infektionszahlen, Lockdown für Ungeimpfte? Bitte nicht.

Um die 75 Prozent der Bürgerinnen und Bürger sind mittlerweile geimpft oder immunisiert, weil sie die Krankheit durchgemacht haben. Diesen kann und darf die Politik das normale Leben mit vollen Geschäften und Konzertbesuchen nicht mehr verwehren. Aber auch dem übrigen Viertel der Bevölkerung, von dem sich viele auf keinen Fall impfen lassen wollen, sollte man nicht noch mal monatelang die Bewegungsfreiheit vorenthalten.

Jede und jeder hat grundsätzlich und auch weiterhin das Recht und die Freiheit, sich nicht impfen zu lassen und krank zu werden. Dabei sollte es auch bleiben, ohne Impfpflicht. Alles andere ist schwierig für eine Demokratie, in deren Zentrum die Freiheit des Individuums steht.

Diese Haltung hat allerdings ihren Preis. Die Kosten trägt die Gesellschaft. Wahrscheinlich sterben wieder mehr Menschen an Corona – wegen der Impfungen aber vermutlich nicht mehr so viele wie im vergangenen Herbst und Winter. Mehr Patientinnen und Patienten müssen auf den Intensivstationen der Krankenhäuser versorgt werden, was zu Stress beim Pflegepersonal führt.

Wobei die Überlastung – bisher ein zentrales Argument für Einschränkungen – zum Teil auch selbstverschuldet ist. Ein reiches Land wie Deutschland muss und kann sich mehr als 20.000 Intensivbetten mit ausreichendem Personal leisten. Zur Vorsorge für künftige Gesundheitskrisen muss die neue Regierung hier umsteuern. Das wird zwar ein paar Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr kosten. Diese Ausgabe erscheint jedoch nötig, um bei der nächsten Pandemie gleichzeitig eine gute Krankenversorgung und weniger Freiheitseinschränkungen zu ermöglichen.

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Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.

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