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Krieg und RüstungKlingelnde Kassen

Die Ausgaben für Waffen steigen, bei Rüstungsunternehmen klingeln die Kassen. Wäre eine Übergewinnsteuer die Lösung?

Macht gute Geschäfte mit Waffen aller Art: der Rüstungskonzern Rheinmetall Foto: Fabian Bimmer/reuters

Berlin taz | Die militärische Unterstützung der Ukraine, neue Waffen für die Bundeswehr, höhere Rüstungsausgaben in der gesamten Nato – all das lässt bei Rüstungsunternehmen die Kassen klingeln.

So auch bei Deutschlands größtem Rüstungskonzern Rheinmetall: Das Unternehmen peilt aktuell an, seinen Umsatz bis 2027 zu verdoppeln. Das spiegelt sich auch im Aktienkurs wider, der von rund 87 Euro Anfang 2022, also vor dem russischen Überfall auf die Ukraine, auf zuletzt über 700 Euro gestiegen ist: Das entspricht einer Marktkapitalisierung von rund 30 Milliarden Euro, Rheinmetall steht damit auf Platz 16 der größten börsennotierten Rüstungsunternehmen der Welt.

Rosige Geschäftsaussichten also für das Unternehmen. Zumal eine Übergewinnsteuer nicht in Sicht ist, mit der der Staat die Gewinne abschöpfen könnte. Nur im Energiesektor gab es nach 2022 so eine Steuer, aber die ist schon wieder Geschichte. Für die FDP, die bis zum Bruch der Ampel das Finanzministerium innehatte, waren höhere Steuern ohnehin ein Graus. Und die Rüstungsindustrie hält dagegen und verweist darauf, dass es sich in ihrer Branche, anders als in der Energiewirtschaft ab 2022, nicht um „Zufallsgewinne“ handelt – sondern um beabsichtigte Bestellungen, Produktion und Lieferung.

Wer ist Krisengewinnler?

Aber auch Christoph Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit ist skeptisch. Er macht in Deutschland eher Mineralölkonzerne, Banken und Automobilindustrie als Krisengewinner aus, nicht die Rüstungsindustrie: „Da gibt es nicht viel zu besteuern, für die deutschen Rüstungskonzerne finden sich nicht mal Übergewinne, das lohnt sich finanziell nicht und ist zu kompliziert“, sagt er der taz.

Trautvetter plädiert stattdessen dafür, weltweit solche Unternehmen zu besteuern, deren Gewinne sich auf mehr als 10 Prozent des Umsatzes belaufen, und das über mehr als 3 Jahre hinweg. Denn das deute klar auf ein Monopol hin. Da wäre dann mit dem US-Hersteller Lockheed Martin auch ein Rüstungsunternehmen dabei.

Dabei gäbe es für eine Übergewinnsteuer auch für Rüstungsunternehmen durchaus historische Vorbilder. So hat der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags schon 2021 ausgelotet, welche Möglichkeiten es hier gibt. Im Ersten wie im Zweiten Weltkrieg hatten die USA eine Excess Profits Tax. Ebenso Großbritannien, wo die Steuer 1939 zunächst nur für Rüstungsunternehmen eingeführt wurde und erst später auf andere Branchen ausgedehnt wurde.

Frankreich ging auch so vor. Wer genau wie hoch besteuert wurde, war unterschiedlich. Teilweise seien die Steuern aber aus heutiger Sicht „ungewöhnlich hoch“ gewesen, so der Wissenschaftliche Dienst. Der Grund dafür: In den USA etwa sei es als ungerecht empfunden worden, „dass einige Bürger hohe Gewinne erzielen konnten, während andere auf den Schlachtfeldern für den Staat ihr Leben einsetzten“.

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7 Kommentare

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  • Kann sich vielleicht mal eine gesellschaftliche Linke mal auch auf wirtschaftliche Performance, statt auf Übergewinnsteuern, Vermögenssteuern, Nullwachstumsfantasien usw. zu konzentrieren?

    Ganz ehrlich: Immer nur Ausgaben- und Steuermeister zu sein, macht doch nicht Spaß?

  • Bedenkend dass wir leider in eine langfristige Aufrüstung steuern, dank des russischen Imperialismus, wäre es nicht verkehrt jetzt über eine gerechte Besteuerung der Rüstungsindustrie nachzudenken. Auch eine (teilweise) Verstaatlichung sollte zur Debatte stehen.

  • "Die Ausgaben für Waffen steigen, bei Rüstungsunternehmen klingeln die Kassen. Wäre eine Übergewinnsteuer die Lösung?"



    Möglich. Für welches Problem?

  • "Wäre eine Übergewinnsteuer die Lösung?" Für welches Problem? Es ist gut und richtig, dass mit der Produktion von Rüstungsgütern Geld zu verdienen ist. Denn wir brauchen sie dringend, zumal die US-Regierung dazu übergeht, Russland Erfolge bei seinen Aggressionen zu verschaffen und damit die Kriegsgefahr in Europa sich weiter erhöht, während Europa in punkto Verteidigung blank dasteht.

  • Mei, bei über 10 % müsste man die ganzen kleinen Betriebe bis 10 MA sofort der Übergewinnsteuer überführen...

    Und die Unternhemen mit mehr als 50 MA, die so zwischen 3,5 - 5% rumdümpeln, müsste man denen ggf. für die Transformation etwas zukommen lassen, damit sie nicht alles kredifinanzieren müssen?

    de.statista.com/st...schen-mittelstand/

  • Gegenfrage: wie kann es sein, dass etwas wie die Rüstungsindustrie nicht sowieso in Staatshand ist? Dann müsste man nicht über Übergewinnsteuer reden.



    Aber in der Logik und angesichts der Tatsache, dass Menschen sich fragen, wie man die Anforderungen des Staates bezahlen soll: natürlich!



    Ich würde sogar weitergehen: WAS genau zahlen wir eigentlich wenn wir Geld für Rüstung ausgebe? Die Waffen, oder mehr die Dividenden der Aktionäre der Rüstungskonzerne? Rheinmetall hat seit Anfang Februar 2022 600% an Aktienwert zugelegt. Erklärt das, von völliger Unfähigkeit und Filz der Beschaffungsbehörden mal abgesehen, vielleicht, warum uns das Militär so teuer kommt? Und wie kommt es, dass niemand darüber redet, WAS wir brauchen für die Bundeswehr, sondern nur, wie viel Geld man der Rüstungsindustrie direkt schenken will.



    Wenn ich von Frankfurt nach München fahren will, sage ich auch nicht "ich brauche 100.000€. Ich schaue, wie ich da am besten hinkommen und dann, was es kostet. Ich drücke keinem Chauffeur 100.000 in die Hand und sage "fahr los". Das ist es aber, was wir in Sachen Rüstung tun.



    Aber da rede ich ja sowieso immer gegen die Wand.

  • Rüstung ist im Mischbereich von Privat und Öffentlich, gut vernebelbar und mit Connections durchsetzt, wenig Wettbewerb.

    Vielleicht auch komplett verstaatlichen, damit das Geld zuhause bleibt?



    Die Fossilfirmen hingegen, die u.a. Putin und Bin Salman so schön stützen, dürfen gerne rasch quasi-obsolet gemacht werden - falls die kommende Regierung ein gutes Projekt sucht, das die Welt gleich an mehreren Stellen zu einer besseren machen könnte.