Krieg in Nahost: Im luftleeren Raum
UNO-Generalsekretär António Guterres hat die Gräueltaten vom 7. Oktober relativiert. Schon oft hieß es bei Gewalt gegen Juden, dass sowas von sowas kommt.
D ie nunmehr Volljährige, die zu meiner Hausgemeinschaft gehört, hält mich für finanziell ungeschickt und im Grunde verarmt. Wie sonst wäre zu erklären, dass sie nicht längst einen eigenen E-Scooter hat und sich stattdessen nach wie vor schwitzend auf dem Fahrrad abstrampeln muss? Das versaut einem ästhetisch ambitonierten Teenager einfach das gesamte Erscheinungsbild.
Ich stelle hierzu fest: Der These der finanziellen Ungeschicklichkeit und damit der tendenziell leeren Haushaltskasse halte ich mit Freuden aufrecht. Begehrlichkeiten können somit durchaus effektiv in Schach gehalten werden. Ein neues Outfit für die kühlen Herbsttage? Sorry, aber ich bin finanziell ungeschickt.
Finanzminister Christian Lindner würde gerne ebenfalls nach der Mertins-Methode handeln. Über seine Steuermehreinnahmen von knapp zwei Milliarden Euro im Vergleich zu den Erwartungen im Frühjahr konnte er sich aber nicht still und fein am Ministerschreibtisch freuen. Nein, er war gezwungen, sie öffentlich zu präsentieren. Und zugleich alle Ideen, was man mit diesem schönen Geld alles machen könnte, im Keim zu ersticken. Er tat, was er konnte, ungefähr so wie ein knurrender Mops, der sich als Kampfhund ausgibt.
Eine Nachschulung im Fach Diplomatie könnte dem Herrn Lindner – und damit der gesamten Ampel – wohl zum Vorteil gereichen. Und warum nicht gleich auch António Guterres mitnehmen? Vielleicht ließe sich der luftleere Raum zwischen den Ohren des UNO-Generalsekretärs befüllen. Oder tun wir ihm Unrecht? Ist an seiner Aussage, dass die Gräueltaten vom 7. Oktober nicht im luftleeren Raum geschehen sind, vielleicht doch etwas dran?
Luft ist einfach überall
Zunächst einmal: Zwischen israelischem Staatsgebiet und dem Gazastreifen besteht tatsächlich kein Vakuum. Auch kein Puffer oder irgendeine andere Form von Schutz für die Zivilbevölkerung. Ein Punkt für Guterres. Auf der Erde findet sozusagen eigentlich nichts in einem luftleeren Raum statt. Die Luft ist einfach überall! Sehr gut, dass der UNO-Generalsekretär uns alle noch einmal daran erinnert hat. Man vergisst es ja so leicht.
Zweitens: Recht hat Guterres auch in dem Punkt, dass Gewalttaten nicht in einem Vakuum stattfinden. Wenn Kinder zum Beispiel geschlagen werden, dann haben sie ihren Eltern mit Sicherheit vorher Widerworte gegeben, etwas kaputt gemacht oder nachts wie verrückt geschrien. Auch Frauen werden nicht im luftleeren Raum vergewaltigt. Es kommt etwa oft vor, dass sie den betreffenden Männern vorher Sex verweigert, sie „Idioten“, „Schweine“ oder „Hurensöhne“ genannt haben. Man muss einfach den Kontext sehen.
Pogrome häufig an Ostern
Drittens: Gewalt spezifisch gegen Juden hat noch nie im luftleeren Raum stattgefunden. Die Pogrome in Osteuropa etwa fanden häufig an Ostern statt. Denn nur knapp zwei Jahrtausende vorher haben die Juden Jesus umgebracht (eigentlich die Römer, aber die Juden haben es nun mal nicht verhindert). Hätten sie das nicht gemacht und außerdem nicht immer die Brunnen der Christen vergiftet und christliche Kinder zum Frühstück verspeist, nunja, wer weiß, was dann gewesen wäre. Es ist jedenfalls falsch zu ignorieren, dass sowas von sowas kommt. Wer darauf besteht zu existieren, muss eben auch mit den Konsequenzen rechnen.
Apropos Konsequenzen: Die linke Biedermeier-Ikone Sahra Wagenknecht hat diese Woche nach monatelangen Geburtswehen endlich welche gezogen. Im zitronengelben Kostüm präsentierte sie den Verein, der nun ihre neue Partei gründen soll. Wer mehr Inhalte erfahren will, soll bitteschön ihre Bücher lesen, sagt sie, denn „Lesen bildet“. Warum hat sie das nicht schon früher gesagt? Das hätte wohl auch Generalsekretär Guterres sehr geholfen.
Derweil hat auch die nunmehr Volljährige viel im Netz gelesen, sich bei TikTok weitergebildet und sich völlig eigenständig einen E-Scooter bestellt, Mini-Nummernschildchen besorgt und eine Versicherung abgeschlossen. Wie erwachsen und tatkräftig. Ich hoffe, die Rechnungen landen nicht im luftleeren Raum.
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