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Krieg im GazastreifenNetanjahu fordert Vertreibung der Palästinenser

Israels Premier macht die „Umsiedlung“ der Palästinenser zur Bedingung für ein Ende des Krieges. Mitglieder seiner Regierung fordern dies schon lange.

Bereits größtenteils zerstört: Netanjahu will die Palästinenser aus dem Gazastreifen vertreiben Foto: Tsafrir Abayovf/Anadolu/afp

Kairo taz | Es ist wohl keine Bedingung, die als ernsthafte Verhandlungsbasis mit der Hamas gedacht ist – für ein Ende des Krieges oder die Freilassung der israelischen Geiseln. Damit Israel den Krieg in Gaza beendet, forderte Benjamin Netanjahu am Mittwoch die Verwirklichung des „revolutionären“ Plans von US-Präsident Donald Trump, der vorsieht, die Palästinenser umzusiedeln. Trumps Plan habe das „Potenzial, das Gesicht des Nahen Ostens zu verändern“, sagte der israelische Premier auf einer Pressekonferenz.

Auch bekannt unter den Namen „Rivera des Nahen Ostens“, hatte Trump im Februar vom Wiederaufbau des Gaza­streifens ohne die Palästinenser gesprochen. Indem Netanjahu diesen Plan nun als Bedingung für ein Ende des Krieges formuliert, folgt er den Aussagen einiger seiner rechtsextremen Regierungsmitglieder, die schon lange offen die Vertreibung der Palästinenser propagieren.

So verkündet Finanzminister Bezalel Smotrich kürzlich, dass Israel „alles zerstören wird, was von Gaza übrig ist“. Er forderte, die Bevölkerung in einer kleinen „humanitären Zone“ im Süden zu konzentrieren. Ein Großteil der mehr als zwei Millionen Einwohner sollte dann zur Auswanderung in Drittländer bewegt werden.

In seiner neuesten Pressekonferenz stellte Netanjahu eine ganze Liste weiterer Forderungen. „Wir sind bereit, den Krieg zu beenden, aber nur unter Bedingungen, die die Sicherheit Israels gewährleisten“, erklärte er. Dazu zählte er die Freilassung der Geiseln, dass die Hamas ihre Macht im Gazastreifen aufgibt und sich entwaffnet.

Netanjahu verweigerte zweite Phase des Abkommens mit der Hamas

Eigentlich war bei einem Waffenstillstandsdeal im Januar zwischen Israel und der Hamas ausgemacht worden, dass die Geiseln in mehreren Phasen mit palästinensischen Gefangen ausgetauscht werden. In der zweiten Phase sollten die letzten Geiseln freigelassen werden, wenn sich Israel zu einem Rückzug und permanentem Waffenstillstand verpflichtet. Während beide Seiten die Bedingungen der ersten Phase erfüllten, weigerte sich Netanjahu, die zweite Phase zu beginnen.

Sie greifen uns mit Flip-Flops und Kalaschnikows an und mit schrottigen Pick-up-Trucks

Benjamin Netanjahu

Der Krieg werde nicht beendet, bis die Hamas zerstört sei, rechtfertigte er damals seine Weigerung. Die Hamas bot daraufhin die Freilassung aller Geiseln auf einen Schlag an, wenn sich Netanjahu zu einem Kriegsende verpflichtet. Sie erklärte sich bereit, in Verhandlungen einzutreten und ihre Macht in Gaza abzugeben, wenn sich Israel zurückzieht und die Waffenpause permanent wird.

Der israelische Premier brach daraufhin im März den Waffenstillstand. Es begann die neuen Offensive mit dem Namen Operation „Gideons Streitwagen“, um, wie Netanjahu erneut in seiner Pressekonferenz betonte, „die Arbeit zu vollenden“.Erklärtes Ziel der Operation ist es, den Gazastreifen vollkommen unter die Kontrolle der israelischen Armee zu bringen.

„Wir werden gewinnen und es wird nicht weitere eineinhalb Jahre dauern. Ich möchte unsere Pläne nicht verraten, aber wir werden eine Entscheidung herbeiführen und eine andre Zukunft für Gaza schaffen“, sagte Netanjahu am Mittwoch. Er machte sich auch über die Hamas lustig: „Sie greifen uns mit Flip-Flops und Kalaschnikows an und mit schrottigen Pick-up-Trucks.“

Arabische Länder nicht bereit zur Aufnahme

Ob Israel fähig ist, die Hamas militärisch zu besiegen und Gaza komplett zu besetzen, ohne dass es dabei zu weiteren Operationen der Hamas kommt, ist zweifelhaft. Genau deswegen propagieren rechtsextreme israelische Regierungsmitglieder und jetzt auch Netanjahu selbst – über den Umweg des Trump-Plans – die Vertreibung der Palästinenser. Dabei wird oft von „freiwilliger Ausreise“ geredet, nachdem den Menschen in Gaza buchstäblich die Lebensgrundlage zerstört wurde.

Abgesehen davon, dass Derartiges internationales Recht verletzt, gibt es dabei für die israelische Regierung auch ein praktisches Problem. Kein arabisches Land hat sich bisher bereit erklärt, bei einer solchen, wie es in den arabischen Medien betitelt wird, „ethnischen Säuberung“ des Gazastreifens, als Aufnahmeland zu dienen.

Auch international stößt ein solcher offener Rechtsbruch auf Widerspruch – selbst bei der deutschen Bundesregierung, einer der wichtigsten Verbündeten Israels. In einer „Gemeinsamen Erklärung der Geber zur humanitären Hilfe für Gaza, die letzten Montag von Deutschland und 21 weiteren Staaten unterzeichnet wurde, hieß es unmissverständlich, dass „das palästinensisches Gebiet weder beschnitten noch einer demografischen Veränderung unterworfen werden darf“. Konsequenzen dafür, wurden bisher keine angedroht.

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3 Kommentare

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  • & nochens - ihr tazis - ist es nicht an der Zeit - wenn ich noch journalistische Redlichkeit erkennen soll - die unsägliche Klemmisprache ad acta zu legen! Besser ist das! Gell



    Was soll derartiges pseudowertfreies Gewürge?



    “Kein arabisches Land hat sich bisher bereit erklärt, bei einer solchen, wie es in den arabischen Medien betitelt wird, „ethnischen Säuberung“ des Gazastreifens, als Aufnahmeland zu dienen.“

    Ja mein Gott - Jahwe Allah oder sonstwer!



    Was soll es denn sonst sein! Bitte •

    Helf mal - was her - gut abgehangen - aber so:



    “Als am 1. Mai 1923 der Austausch in Kraft trat, war bereits der größte Teil der griechisch-orthodoxen Vorkriegsbevölkerung der ägäischen Türkei vertrieben.



    Die Mehrheit wurde mit der sich zurückziehenden griechischen Armee vertrieben und floh nach der Einnahme von Izmir von den Küsten aus nach Griechenland.“



    Ob derartige inhumane Plattköpfe & ethnische Purgisten nun Atatürk der Lange oder Bibi heißen - ist mir komplett wumpe - 🍊💨 - too •



    & No Remakes - Nakba



    “Im Palästinakrieg 1948 flohen mehr als 700.000 Palästinenser – etwa die Hälfte der arabischen Bevölkerung des Mandatsgebiets Palästina – aus ihren Häusern oder wurden vertrieben, … von jü

  • Eine völkerrechtszentrierte Weltordnung war über Jahrzehnte fester Bestandteil der Prinzipien deutscher Außenpolitik. Es gibt kaum ein anderes Land welches sich, aus historischer Verantwortung heraus, derart für eine regelbasierte Weltordnung eingesetzt hat.

    In der sich selbstauferlegten Verpflichtung zu einer uneingeschränkten Solidarität mit Israel, klammert sich Deutschland derzeit jedoch an eine Israelprojektion, die zwar für die deutsche Identitätsfindung eine Funktion erfüllt, für Außenstehende aber wie ein Paralleluniversum wirkt.

    In Israel tragen bekennend Rechtsextreme Regierungsverantwortung die radikale Lösungen im Nahostkonflikt bevorzugen und für die der Begriff "regelbasierte Weltordnung" ein Fremdwort ist.

    Deutschland sollte sich darüber im klaren sein, dass diese radikalen Kräfte sich auch deshalb behaupten konnten, weil große Teile der westlichen "Wertegemeinschaft" weggeschaut und nicht zugehört haben. In Deutschland wurde gar das Prinzip des Nichthandelns mit Solidarität gleichgesetzt und zur Staatsräson erklärt.

    Spätestens jetzt hat sich durch Netanjahus Absichtserklärung das Blatt gewendet und damit den Raum geöffnet für die Frage der Mittäterschaft.

  • Na Mahlzeit

    Nun ist die Katze 🐈‍⬛ endgültig aus dem Sack •



    איסגאָטאַן" azoy spät zich dis isgotan



    Ein Kriegsverbrecher läßt - nicht überraschend ungeschminkt die Hosen runter!



    Drop his pants - and what we see?



    His true face •