Kommentar Vielfliegerei: Unten bleiben

Der Streik bei Ryanair ist die bisher einzige nützliche Klima-Maßnahme in diesem heißen Sommer. Hören wir endlich auf, so bequem zu sein!

Ein Ryanair Flugzeug steht

Danke, liebe Piloten von Ryanair! Foto: reuters

Endlich! Nach wochenlanger Hitzewelle und noch längerem Gehader über den offenkundigen Klimawandel, nach unzähligen Wutreden über die Tatenlosigkeit der Politik in allen linksökologisch angehauchten Feuilletons, Fraktionen und Familienrunden wird am Freitag nun zum ersten Mal wirklich gehandelt: Die Ryanair-Flieger bleiben unten.

Das bedeutet: weniger Flüge, weniger Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen. Nur für 24 Stunden, aber immerhin. Dank sei den Ryanair-Piloten, die zwar nicht aus ökologischen Gründen streiken, sondern weil sie verständlicherweise mehr Geld verdienen möchten. Der Flugstopp bei Ryanair ist trotzdem die bisher einzige nennenswerte konkrete, klimanützliche Maßnahme, die unsere Gesellschaft in diesem heißen Sommer zustande gebracht hat.

Wenn dieser Streik das Ende der extrem billigen Fliegerei einläuten sollte – schön. Natürlich wäre es noch besser, wenn das Fliegen in einer gerechten Welt für alle ungefähr gleich teuer werden würde. Aber wenn wir auf diesen sozialen Idealzustand warten, bis wir Fliegen teurer machen, dürfte klimatechnisch nicht mehr viel zu retten sein. Es wird ohnehin schwer genug. Denn wenn selbst die spürbare Erderwärmung keine politischen Folgen hat, was dann?

Die Regierung scheint darauf zu hoffen, dass es reicht, den Bauern ein paar Millionen Verdienstausfall wegen der vertrockneten Felder zu bezahlen – und ansonsten auf die angekündigte Abkühlung zu setzen. Den Klimaschutz werden die meisten nach ein paar kälteren Tagen schon nicht mehr ganz so dringend finden – und im Gegenteil schon bald den nächsten Flug für die Winterferien auf den Kanaren buchen. Denn ganz so warm wie dort ist es an Weihnachten selbst mit Klimawandel bei uns noch nicht. Und wenn es uns hier dauerhaft zu heiß wird, fliegen wir eben zur Erfrischung mal nach Island.

Hört auf, so bequem zu sein

Seien wir ehrlich: Die meisten von uns reden manchmal aufgeregt vom Klimawandel – und wurschteln ansonsten weiter vor uns hin. Auch den Autor dieser Zeilen erreichten die letzten Radiomeldungen von der Dürrekatastrophe nicht beim vorbildlichen Bäumchenpflanzen oder -gießen, sondern auf der Taxifahrt zum Flughafen. Natürlich hätte man auch Bus und Bahn fahren können, aber mit so viel Gepäck und Kindern? Und wieder einmal kam die Selbstermahnung: Hör auf, so bequem zu sein. Hör auf, nur eine Politik zu fordern, die dir diese Bequemlichkeit verbietet. Ändere dich auch selbst. Das eine schließt das andere ja nicht aus.

Natürlich wäre es wichtig und richtig, wenn die Regierung durch ihre Steuerpolitik endlich das Flugbenzin teurer und die Bahn im Gegenzug billiger machen würde. Aber wollen wir wirklich auf entsprechende Gesetze warten, bis wir darauf verzichten, übers Wochenende nach Barcelona abzudüsen?

Nein, es würde auch nicht reichen, alle vier Jahre Grün zu wählen. Und es bringt erst recht nichts, dann politische Kompromisse der Grünen zu verteufeln – und im eigenen Privatleben auf nichts zu verzichten.

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seit 1999 bei der taz, zunächst im Inland und im Parlamentsbüro, jetzt in der Zentrale. Besondere Interessen: Politik, Fußball und andere tragikomische Aspekte des Weltgeschehens

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