piwik no script img

Ernteausfälle wegen DürreBauern fordern Hilfe

Die Landwirtschaft ächzt unter den Folgen des heißen und trockenen Sommerwetters. Die Politik berät über Hilfen. Und was geschieht mit den Lebensmittelpreisen?

Roggen lässt den Kopf hängen: Wegen der Trockenheit zeichnen sich geringere Getreideerträge ab Foto: dpa

Berlin dpa | Die wochenlange Dürre könnte aus Sicht des Deutschen Bauernverbands viele Landwirte ohne rasche Hilfe in Existenznöte treiben. Präsident Joachim Rukwied appellierte vor Beratungen über die Folgen der starken Ernteeinbußen in dieser Woche an die Politik, betroffene Betriebe finanziell zu unterstützen.

„Eine Milliarde Euro wäre wünschenswert, um die Ausfälle auszugleichen“, sagte er der Funke-Mediengruppe. Betriebe, deren Erträge um mehr als 30 Prozent unter dem Schnitt der letzten Jahre liegen, müssten direkte Hilfen erhalten. Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) erklärte, sie sei „sehr besorgt über die Auswirkungen der Dürre, unter der viele Bauern vor allem im Norden und im Osten Deutschlands leiden müssen“.

Am Dienstag wollen Vertreter von Bund und Ländern über Konsequenzen der Hitzeperiode sprechen. Ziel ist eine Bestandsaufnahme der Schäden. Nach Darstellung Klöckners ist das Bild uneinheitlich: Während etwa Winzer mit einem sehr guten Jahrgang rechnen dürften, treibe manche Landwirte die Sorge um ihr wirtschaftliches Überleben um. Die Ministerin will am Mittwoch dann das Kabinett informieren.

Sollten die Ernteeinbußen so hoch wie befürchtet ausfallen, könnten auch einige Lebensmittel wegen knapperer Rohstoffe teurer werden. So fordern die Milchbauern angesichts der Dürre und der geringeren Menge an Futtermitteln bereits deutlich höhere Milchpreise. „Nötig wären 41 Cent pro Liter“, sagte der Sprecher des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM), Hans Foldenauer, dem Tagesspiegel. Im Mai hatten Experten der Landwirtschaftskammer Niedersachsen für den Herbst Auszahlpreise von 36 bis 38 Cent je Liter erwartet.

Profiteure des heißen Wetters

Insgesamt ist die Lage laut Klöckner alarmierend: „Es zeichnen sich geringere Getreideerträge, starke Trockenschäden bei Kartoffeln, Mais und Zuckerrüben ab. Viele Viehhalter haben Not, ihre Tiere zu versorgen, weil das Gras als Futter fehlt.“ Eine kleine Entlastung sei für den einen oder anderen Bauern, dass die Erzeugerpreise um etwa zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen seien.

Das komplette Bild dürfte erst nach der Erntebilanz Ende August vorliegen. Klöckner kündigte an: „Auf dieser Grundlage werden wir die Entscheidung möglicher Hilfen – zusätzlich zu den bereits bestehenden – treffen können, die gegebenenfalls der Bund mit den Ländern zusammen anbieten kann.“ Rukwied schlug vor, neben direkten Zahlungshilfen eine sogenannte Risikoausgleichs-Rücklage einzuführen, mit der Bauern in guten Jahren steuerlich vergünstigte Rücklagen bilden können.

Es gibt in der deutschen Landwirtschaft aber auch Profiteure des heißen Wetters. So startet die Traubenlese in diesem Jahr schon Anfang der kommenden Woche – und damit so früh wie nie zuvor. „Der Entwicklungsstand der Reben ist dem 30-jährigen Mittel um gut drei Wochen voraus“, teilte das Deutsche Weininstitut mit.

Die bisherige Rekordmarke hatten die Jahre 2007, 2011 und 2014 mit einem Lesebeginn jeweils am 8. August gehalten. Die ersten Trauben der diesjährigen Lese gehen in die Federweißer-Produktion. Auch manchen Obstbauern kommt die trockene Hitze derzeit eher entgegen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

15 Kommentare

 / 
  • 6G
    61321 (Profil gelöscht)

    @EL PRESIDENTE

  • 6G
    61321 (Profil gelöscht)

    Wenn überdies erst mal der blöde tiefe, dunkele Wald weg ist (Borkenkäfer und Feuer) haben wir hinterher sogar noch reichlich Platz für extensive Weidewirtschaft à la Extremadura!

  • "…, dass auch bei dieser Soforthilfe wieder 80% in die Industrieagrarkonzerne der LPG´s in den NBL pumpen wird, die damit auch in Afrika noch den letzten Kleinbauern an die Wand ballern."



    So isses.

  • Ja, die kleinen und mittelständischen Betriebe sind es, denen wir unser täglich Brot verdanken, sie müssen wir retten. Sarkasmus und Politiker Flachsprech AUS. Seit Jahrzehnten bestimmen konservative Parteien von Kommunen bis in die EU die Agrarpolitik. Das Höfesterben dauert an. Ein aggressiver Bauernverband fordert Milliarde um Milliarde Subventionen und Soforthilfen, für die kleinen und mittelständischen Betriebe, die unser täglich …. Das Höfesterben dauert an. Wann erkennen die Bauern endlich selbst, dass sie mit ihrer Stimme und scheinbaren Bauernschläue ein System schützen, dass auch bei dieser Soforthilfe wieder 80% in die Industrieagrarkonzerne der LPG´s in den NBL pumpen wird, die damit auch in Afrika noch den letzten Kleinbauern an die Wand ballern.



    Ach so, der Verbraucher ist natürlich die größte Sau im Land. Er muss so einkaufen, dass alle Bio werden, kein Glyphosat mehr verwenden, keine Tiere schänden und auch noch alle gut verdienen.

    Ich frag mich nur, warum dann trotz Soforthilfe um die Schäden wieder auszugleichen, heute schon die Preise steigen, weil die Ernte ja so schlecht war? Subventionssoforthilfegewinnmaximierungsperpetuummobile.

  • Die Dürre ist das beste, was der Landschaft seit Jahrzehnten passiert ist. Keine Sprühgifte weit und breit. Ein Sabbatjahr im ewigen Chemiekrieg der Bauern gegen die Natur.

  • Es gilt das Verursacherprinzip:

    „Klimasünder Landwirtschaft“



    www.fr.de/wirtscha...irtschaft-a-382775



    (Frankfurter Rundsau)

    Demnächst gibt es dann die Cabrio-Prämie für unsere lieben, unter der Hitze leidenden, Automobilkonzerne.

    • @Galavant:

      Wenn dann aber nicht den Agrarkonzernen, das sind keine Bauern sonder Vernichter, Bodenverhärtung durch schweres Gerät, Umweltschäden durch biologisches Waffengift, siehe Mobay. Kein Bargeld mehr damit wir nicht mehr das kaufen können sondern den Müll der aus Tagesgeschäften jahrelang auf Halde lagert. oder vom "Biodiesel" übrigbleibt. Schwere Zeiten, da ist zusammenhängendes, logisches Querdenken sehr angesagt.

    • @Galavant:

      Dito - woher so viele CO2-Emissionen her kommen, sollte dabei nicht vergessen werden und wer von der Tierausbeutung neben der Industrie profitiert hat - siehe auch Nichtveganer*innen. ;)

  • In einem der reichsten Länder geht mal wieder die Existenzangst um. Die grösste Angst haben wie immer die Konzerne um ihre Gewinne!

  • Stellt sich etwa raus, dass der Strom der Kohlekraftwerke* doch nicht ganz so billig ist wie gedacht?



    Ohhh, warum hat uns das denn keiner vorher gesagt?

    *Die Kohlekraftwerke müssen hier mal als symbolisches Beispiel herhalten, weil's aus vielen Gründen so wunderbar offensichtlich ist.

  • „So fordern die Milchbauern … bereits deutlich höhere Milchpreise. „Nötig wären 41 Cent pro Liter“…“



    Ich ahne bereits, wie „begeistert“ die Verbraucher und ihre Interessenverbände darüber sein werden. Na klar, der Staat wird schon helfen …



    Aber da stehen schon die Bauern an: „Eine Milliarde Euro wäre wünschenswert, um die Ausfälle auszugleichen“ wird der Bauernverband zitiert.



    Mich (als Nicht-Bauern) wundert, weshalb noch niemand auf die Idee gekommen ist, in Jahren mit Rekordernte die erhaltenen Hilfszahlungen zurückzuzahlen. Oder ist das eine Einbahnstraße? Schon gut, ich sag' ja schon nichts mehr!

    • @Pfanni:

      Der Bauer bezahlt bei einer Rekordernte in Form höherer Einkommen- und Gewerbesteuer etc...

      Somit fliesst wenigstens etwas zurück.

      Hier in Bayern haben sehr viele Bauern Solarzellen auf dem Dach, wenigstens dafür brauchen sie dieses Jahr keine Hilfszahlungen ;-)

      • @andreas_p:

        Das machen andere Unternehmen und Selbständige auch. Nur bekommen die in schlechten Zeiten in der Regel nichts geschenkt.



        Arbeitnehmer sind verplichtet in die Arbeitlosenversicherung einzuzahlen um sich gegen schlechte Zeiten abzusichern. Steht den Bauern frei selber eine Schlechtwetterversicherung einzurichten oder eben Rücklagen zu billden. Natürlich gehören dazu dann auch faire Preise, die das überhaupt erst ermöglichen.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Wenn ein Bauer Pleite geht, dann übernimmt der Nachbar.



    Wenn es in Deutschland eine Missernte gibt, dann importieren wir Lebensmittel.



    Das Problem ist also nicht in Deutschland.



    Die Milliarde geht besser an die Erzeuger im Ausland.

    • @4813 (Profil gelöscht):

      Aufgrund der globalen Entwicklung (Dürren und Missernten aufgrund des Klimawandels wo man nur hinschaut), sollte Deutschland/Europa alles daran setzen so viel Nahrung aus eigener Kraft herstellen zu können wie nur möglich.



      Sich darauf zu verlassen, dass "die Ausländer" uns schon durchfüttern werden, wenn sie selber wenig/nichts haben ist nicht gerade durchdacht.