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Kommentar Diskussion um #metooSexismus hat viele Gesichter

Ahmad Mansour
Kommentar von Ahmad Mansour

Die Debatte um #metoo blendet religiöse Aspekte des Patriarchats aus. Es wird vergessen, dass auch Vollverschleierung Sexismus ist.

Gesicht zeigen gegen Sexismus müssen alle, sagt Ahmad Mansour Foto: dpa

R eden wir über Sexismus! Offen, mutig, ehrlich. Nur so lässt sich die Situation vieler Frauen in Deutschland verbessern und lassen sich antiquierte Haltungen über Männer und Frauen endlich in die Geschichtsbücher verbannen. Die aktuelle Sexismusdebatte #metoo indes blendet religiöse Aspekte des Patriarchats aus – warum? Was ist denn mit religiös verordneter Geschlechtertrennung? Mit Frauen, die nicht einmal selbst über ihren Wohnort bestimmen dürfen? Mit Mädchen, die nicht schwimmen lernen dürfen? Mit jungen Frauen, deren Lebensentwurf durch die Familien bestimmt wird? Reden wir also darüber!

Ehrenmorde, Zwangsverheiratung und Genitalverstümmelung gehören in Deutschland leider immer noch zum Alltag vieler Frauen. 58.000 Frauen hier mitten unter uns sind von Genitalverstümmelung betroffen, wie die gerade erst kürzlich veröffentlichte – und wie ich finde schockierende – Studie der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes belegt. Weitere 13.000 Frauen sollen zudem aktuell gefährdet sein. Haben Sie dazu einen Aufschrei gehört? Ich nicht. Abgesehen von der Empörung einiger Frauenrechtsorganisationen – Stille.

Ich will den Sexismus in der Mehrheitsgesellschaft keinesfalls relativieren und verharmlosen. Die Debatte ist wichtig und notwendig, und jeder Form des Sexismus in unserer Gesellschaft ist Einhalt zu gebieten. Was ich jedoch nicht verstehe, ist, dass manche Stimmen in dieser Debatte in demselben Atemzug Emanzipation beschwören und Sexismus verteufeln, aber die Vollverschleierung als Freiheitsymbol verteidigen.

Meines Erachtens geht das nicht zusammen. In den Verhüllungsvorschriften für Frauen begründet sich eine patriarchale Ideologie, eine strukturelle Unterdrückung von Frauen durch Männer, religiös hergeleitet. Diese hebt sich auch nicht dadurch wieder auf, dass diese Frauen sich aus freien Stücken verhüllen.

Sexismus hat viele Gesichter. Nur wenn wir alle erkennen, können wir uns ihnen auch entgegenstellen.

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Ahmad Mansour
Ahmad Mansour ist Diplom-Psychologe und Autor aus Berlin. Geboren 1976 in Kfar Saba besitzt er die israelische und die deutsche Staatsangehörigkeit. 2018 gründeten Mansour MIND prevention (Mansour-Initiative für Demokratieförderung und Extremismusprävention), die Workshops zur Extremismusprävention durchführt. Dabei arbeitet er mit Insassen von Justizvollzugsanstalten, Geflüchteten und Schüler:innen. Mansour engagiert sich zudem beharrlich gegen Antisemitismus. Sein drittes Buch »Solidarisch Sein! Gegen Rassismus, Antisemitismus und Hass« erschien im Oktober 2020. Für seine Arbeit erhielt er zahlreiche Auszeichnungen.
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62 Kommentare

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  • In den meisten Kulturen der Welt wird die Regulation des Sexualverhaltens der Männer den Frauen auferlegt. Einerseits sollen weibliche Personen im geschlechtsreifen Alter sexuell attraktiv sein und Männer in ihrer sexuellen Identität bestätigen, andererseits wird verlangt, dass die sexuelle Interaktion kontrollierbar bleibt. Hinter der Forderung, Mädchen und Frauen möchten sich verhüllen, steckt die Vorstellung vom seinen sexuellen Trieben und Impulsen mehr oder minder hilflos ausgelieferten männlichen Wesen.

     

    Sind Männer wirklich so schwach und beeinflussbar? Ist das nicht eigentlich eine Abwertung männlicher Personen?

    Der Mann als triebgesteuerter, potentiell übergriffiger, impulsiver Problembär?

     

    Wie sehen das Männer, die Gruppierungen angehören, welche fordern, dass Mädchen und Frauen sich verhüllen?

  • Bei sexueller Gewalt, sexuellem Missbrauch und sexualisierter Misshandlung sind die Rollen nicht so klar zwischen den Geschlechtern verteilt, wie es uns gesellschaftliche Übereinkünfte weis machen wollen. Das ist weltweit so, in fast allen Kulturen.

     

    Leider mit Paywall, aber sein Geld wert http://www.sueddeutsche.de/wissen/sexueller-missbrauch-die-mutter-als-taeterin-1.3707646

     

    Angelika Oetken, Berlin-Köpenick, eine von 9 Millionen erwachsenen Menschen in Deutschland, die in ihrer Kindheit und/oder Jugend Opfer schweren sexuellen Missbrauchs wurden

  • Ahmad Mansour trifft immer wieder die empfindlichsten Stellen des deutschen Mainstream. Alles ist hier ideologisch besetzt. Natürlich auch das Thema Sexismus.

    Rechtskonservative- narzisstische- frauenfeindliche Strömungen waren in der deutsch christlichen Community immer sehr attraktiv. Seit der Zeit des Nationalsozialismus ist sowas verpönt. Keiner will sich die gesellschaftliche Reputation verderben.

    Derartige konservative Strömungen werden bei uns heute sozusagen an andere fundamentalistische Akteure delegiert. Man setzt die alten Hoffnungen in religiös fundamentalistische Akteure, die scheinbar mit den alten Strömungen bei uns nichts zu tun haben.

    Autoren wie Ahmad Mansour decken das immer wieder auf.

     

    Danke Ahmad Mansour!

  • Ich weiß nicht, der wievielte Versuch das von selbsternannten Frauenrechtlern ist, diese Themen für die eigene Profilierung zu instrumentalisieren. Aber Herr Mansour als Frauenversteher und Befreier von Frauen mit Kopftuch ist ja wirklich nichts Neues mehr. Willkommen im Club der Keleks, Ateşs und Abdel-Sameds.

  • Teil 1

    Der Urgedanke war vll mal ein ganz anderer. In den Stammesgesellschaften des Altertums des nahen und mittleren Ostens und Nordafrikas ging es gewiss rau zu. Zum einen war die Frau dem Mann existenziell vollkommen unterworfen und zum anderen war die Gefahr sexuellen Übergriffs fremder Männer sehr hoch. Weil der Mann sich der vollkommen Sicherung der Existenz der Frau und seiner Kinder verschrieben hat, wollte er nicht das Kuckucks- bzw Vergewaltigungskind dulden und verlangte die Verschleierung der sexuellen Reize seiner Frau. Diese Sicherungsmaßnahme wurde also der Frau auferlegt. Umgekehrt funktioniert das auch, wie es bspw bei den paradoxerweise ebenfalls muslimischen Tuareg der Fall ist.

    Die Verschleierung sollte aber diese Funktion verlieren, wenn die Frau existenziell unabhängiger wird und nicht mehr von sexuellen Übergriffen bedroht ist. Warum also tun es Muslima hierzulande heute immer noch? Entweder sie sehen sich noch selbst in zu großer Abhängigkeit oder die Verschleierung dient dem Treuebeweis rein nach religiös- traditionellen Vorgaben. Es kann aber durchaus sein, diese Frauen tun es aus letztgenanntem Grund aus relativ freien Stücken heraus, wobei ein Dogma der Familie und Religion zur Willensbildung beiträgt. Ich bin da sehr vorsichtig mit der Verurteilung der Verschleierung, denn auch die äußerlich befreite Frau unterliegt Dogmen. Sie denkt sie muss ihre sexuellen Reize zu Markte tragen und das spiegelt sich in einem Schönheitskult wieder. Die verschleierte Muslima kann sich idR in einem gewiss sein; Dem existenziellen Schutz der Familie. Diese Verbindlichkeit ist in der westl. Kultur minder ausgeprägter. Das Defizit daraus wird vom Staat und Rechtsprechung kompensiert.

  • Teil 2

    Die Muslima hierzulande vertrauen nicht darauf und das könnte auch rassistischen Hintergrund haben. Man könnte sie als sich nicht integriert fühlend sehen und dies lässt sie in den Traditionen verharren. Der Muslim, der in einer sexuell befreiten Gesellschaft lebt, sieht zudem darin die Verhältnisse des Altertums, in dem die Frau heute eben wieder als Beute dasteht und so kommt eine Familie in Einhelligkeit darauf, die Frau solle sich verschleiern. Es ist also ein Gegenimpuls auf die sexuell befreite Umwelt, der auch von beiden Eheleuten getragen wird.

    Ich denke, wir sollten diese Unsicherheit der Muslima und deren Männer nicht zur vordergründigen Debatte machen, sondern vielmehr dafür sorgen, dass diese Unsicherheit minimiert wird, die da Rassismus, allgemein Ausgrenzung, Islamophobie heißt. Indem wir die Verschleierung als sexistisch brandmarken, vertiefen wir die Gräben und erreichen damit vll genau das Gegenteil. Die Verschleierung kann man mit Verboten verschwinden lassen, doch konsequenter und nachhaltiger ist ein Abstellen der Gründe einer wohl immer noch nicht gelungenen Integration, die mit den Verlockungen gesellschaftlicher Absicherung aber hergestellt werden könnte. Da es aber für einen nicht geringen Teil der Bevölkerung in D eher unsicherer wird, worunter beruflich immer noch diskriminierte Muslime wohl auch einen großen Teil ausmachen dürften, sehe ich die nötige Integration auch bzgl Abschaffen der Verschleierung der Frau nicht auf dem Weg.

    • 8G
      82236 (Profil gelöscht)
      @lions:

      Ich habe in Toulouse in einem Brennpunktviertel unterrichtet. An Frankreichs Schulen herrscht absolutes Kopftuchverbot, von integraler Verschleierung will ich erst gar nicht reden. Die Mädchen kommen trotzdem und nehmen ihre Kopf-und Haarbedeckungen vor dem Schultor ab. Es gibt aber viel Druck ausserhalb der Schule. Eine Mutter hat mir erzählt, dass die radikalen Imane von Haus zu Haus gehen und die Eltern ermahnen, dass ihre Töchter jetzt bedeckt aus dem Haus gehen müssen. Dagegen gibt es kaum Widerstand, die unreligiösen Eltern ziehen in bürgerliche Wohngegenden, wenn sie das Geld haben und die anderen ducken sich weg.

      Es ist schwer zu sagen, wann Mädchen sich freiwillig den islamistischen Regeln unterwerfen und das als Protest gegen oder Befreiung von der Mehrheitsgesellschaft ansehen, auf jeden Fall ist es in den meisten Fällen ein politischer Akt. Denn die meisten meiner Schülerinnen haben z.B. den Ramadan befolgt, aber nie ein Kopftuch getragen. Auf der anderen Seite haben wir Mädchen die extrem provozierend auftreten mit machistischer agressiver Fäkaliensprache, um bei den had boys Eindruck zu schinden, was natürlich auch eine Form von Sexismus ist. Und gerade unter diesen Mädchen rekrutieren die Imane am meisten. Die unwissenden Eltern sind dann froh, dass ihre Töchter plötzlich sittsam und gottesfürchtig geworden sind...und wachen auf, wenn der Albtraum der Radikalisierung Form annimmt.

      • @82236 (Profil gelöscht):

        "Auf der anderen Seite haben wir Mädchen die extrem provozierend auftreten mit machistischer agressiver Fäkaliensprache, um bei den had boys Eindruck zu schinden, was natürlich auch eine Form von Sexismus ist."

         

        Sexualisiertes, aggressives Verhalten kann eine Reaktion auf sexuellen Missbrauch darstellen. Da der in den meisten Fällen von Familienangehörigen begangen wird und die dazu neigen, das vertuschen zu wollen, wäre die Erleichterung der Eltern angesichts der der plötzlichen "Sittsamkeit" der Töchter leicht erklärlich.

      • @82236 (Profil gelöscht):

        Menschen sind nicht per se freiheitssuchend, das ist eine Illusion. Besonders Heranwachsende in marginalisierten, chaotischen Verhältnissen suchen gezielt nach Struktur, nach Führung und Zugehörigkeit.

         

        Gerade der Islam liefert hier, weil er eine ganz unspirituelle vordergründige Verhaltensvorschrift liefert: so oft beten, dann und dann die Hände waschen, mit den Leuten Umgang pflegen, mit denen nicht, das essen, das nicht. Sogar ein Punktesystem gibt es nach dem alles eingeteilt ist: Fard, Mandub, Halal, Makruh, Haram.

         

        Bei sowas bleiben natürlich keine Fragen offen und gegen sowas soll der Herr Lehrer mit seinem Geschwurbel mal bestehen.

        • @El-ahrairah:

          Ich möchte aber ergänzen, dass genau davon alle "Radikalen" gleichermaßen profitieren, weil sie eben "Gruppenzugehörigkeit" "klare Feindbilder" und ein einfaches "gut-böse-Schema" anbieten können.

  • "Ehrenmorde, Zwangsverheiratung und Genitalverstümmelung gehören in Deutschland leider immer noch zum Alltag vieler Frauen."

     

    Was heißt hier eigentlich "immer noch"? Es handelt sich doch um relativ neue Phänomene, insofern wäre etwas wie "seit einiger Zeit" der richtige Ausdruck. Dieses "leider immer noch" klingt auch ein wenig danach, als ob ein Ende der bedauerlichen Situation in Sicht sei, wofür es aber keinerlei Anzeichen gibt.

  • Sexismus ist auch, wenn man Genitalverstümmelung am Geschlecht festmacht. Wenn es um §226a StGB vs. §1631d BGB geht, da sind aber auch die, die gerne "jeder Form des Sexismus in unserer Gesellschaft ist Einhalt zu gebieten" sagen, plötzlich ganz stumm und bereit, einem Geschlecht nicht mal auf dem Papier dieselben Rechte zu geben. Da ist religiöser Sexismus dann ja irgendwie schon tolerabel.

  • Sexismus hat viele Gesichter und in dem obigen Kommentar sehen wir eines davon in Gestalt von Herrn Mansour.

     

    Sexismus ist auch wenn Männer und/oder die Gesellschaft Frauen vorschreiben wollen, wie sie sich zu kleiden, wie sie sich zu verhalten und wie sie zu Leben haben.

     

    Deswegen natürlich Nein zu Genitalverstümmelung, Nein zur Zwangsheirat und jeglicher Unterdrückung der Frauen!

     

    Aber deswegen auch Nein zur Fremdbestimmung der Frau!

    Egal wie sich eine Frau kleidet - ob Minirock oder mit Hijab - es geht euch nichts an liebe Gesellschaft.

    Es ist allein Sache der Frau! Sie selbst bestimmt, warum sie sich wie anzieht.

    Fremdzuschreibung ist Fremdbestimmung.

     

    Und es gibt keinen Unterschied zwischen den Männern, die Frauen im Minirock als Schlampen ansehen, und zwischen Männern, die Frauen mit Hijab als unterdrückte Frauen ansehen.

    Beide Gruppen von Männern nehmen sich das Recht heraus über diese Frauen zu bestimmen.

     

    So gesehen ist der Kommentar eher ein Ablenkungsmanöver des eigentlichen Sexismusproblems in unserer Gesellschaft (als ob in "unserer Gesellschaft" eine Art "Kuschelsexismus" existieren würde, für den wir dankbar sein müssten. Denn woanders "bei den anderen" ist es noch viel schlimmer.)

    Und/ oder Rassismus und Diffamierung des Islams unter dem Deckmantel des Einsatzes für die Frauen.

    • @Bettina Mehić:

      Kleidung ist nicht nur Hülle und Schutz, sondern immer auch Kommunikation. Und Kommunikation ist niemals "allein Sache" von irgendwem, sondern immer Sache der Kommunikationsgemeinschaft, in der sie stattfindet, die sie bedingt, gestaltet und definiert, quasi Wortschatz, Grammatik, Syntax festlegt.

      Die Ansicht, das "ginge die Gesellschaft nichts an", kann daher nur funktionieren, wenn sich der Inhaber dieser Ansicht der Kommunikationsgemeinschaft "der Gesellschaft" (welche da jetzt auch immer gemeint sein soll) entzieht. Hat Punk schön vorgemacht, ist aber natürlich selten das Ziel einer Behauptung wie "allein Sache der Frau".

    • 6G
      6474 (Profil gelöscht)
      @Bettina Mehić:

      Genauso wie ich es fragwürdig fände, einem 10 jährigen Mädchen einen Latexminirock für die Schule zu kaufen, finde ich es fragwürdig einem 10 jährigem Mädchen einen Hijab nahezulegen.

      Wer dann die ganze Jugend mit diesem Ding auf dem Kopf rumgerannt ist, wird sich ohne Tuch komisch fühlen und es im Alter von 20 Jahren als selbstbestimmtes Kleidungsstück empfinden.

    • @Bettina Mehić:

      Genau das ist der Punkt! Und Sie haben Herrn Mansour sehr gut durchschaut. Aber das dient ja einem ganz bestimmten Machtdiskurs, dem Herr Mansour gerne dient.

    • @Bettina Mehić:

      Ihr Beitrag ist ausgrenzender als Sie sich eingestehen wollen oder können.

      Indem Sie meinen, dass die Kritik an den Zuständen bei vielen muslimischen Deutschen, ein Ablenkungsmanöver sei, um die eigentlichen Probleme bei 'uns' zu bemänteln, grenzen sie die Muslime aus. Sie gehören dann nur als etwas Fremdes zu 'uns', das nicht kritikwürdig ist und vom 'Eigentlichen (=unser Problem Sexismus)' ablenkt.

      Das geht aber m.E. nicht. Entweder wir nehmen Einwanderung ernst, dann sollen wir auch unsere jahrzehntelang erkämpften Maßstäbe von Freiheit und Toleranz anlegen und damit messen. Oder wir führen uns ewig als die überlegene Kultur auf, die die 'Anderen' immer - wie im Streichelzoo Menschengehege- als exotische zu fütternde Spezies ansieht.

      • @Frank n.:

        @Frank N.

        Da missverstehen wir uns.

        Eigentlich habe ich deswegen "unsere Gesellschaft" und "bei den anderen" in Anführungszeichen gesetzt, um klarzumachen, dass es eine Gesellschaft ist und man das Problem als ganzes angehen sollte und nicht auf Teilbereiche bezogen.

        Ihren Vorwurf der Ausgrenzung bzw. die anderen zu Fremden zu machen, den werfe ich dem Kommentar von Mansour vor.

         

        Ich bin Deutsche und ich bin Muslima. :-)

        Ich wollte mich also keineswegs selbst in den Zoo stellen.

        Aber vielleicht habe ich das missverständlich formuliert. In dem Fall, danke für Ihren Hinweis.

    • @Bettina Mehić:

      Solange kleine Mädchen als auch erwachsene Frauen unter das Kopftuch gezwungen werden, ist dieses Kleidungsstück problematisch und damit politisch. Und genau so lange geht es "die Gesellschaft" auch etwas an - selbst wenn die einzelne Muslima es freiwillig trägt.

      • @Tom Tailor:

        @Tom Tailor

        Solange die Modebranche unseren Kindern einredet, dass sie, um begehrenswert zu sein, schlank sein müssen und gut aussehen müssen, wäre auch sie problematisch zu sehen.

         

        Jeglicher Zwang ist abzulehnen.

        Nicht das Kopftuch ist abzulehnen. Vielmehr sind unsere Kinder - Mädchen und Jungen - zu selbstbewussten Wesen zu erziehen. Unterstützung der eigenen Individualität ist der Weg.

        Nur so können sie später selbst über sich entscheiden.

        Und bei Mädchen bzw. Frauen kann das dann Pro oder Contra Kopftuch sein.

        • @Bettina Mehić:

          Warum nur bei Mädchen bzw. Frauen? Muslimische Männer sollten sich auch für das Kopftuch entscheiden können.

        • @Bettina Mehić:

          Wenn Mädchen im Kindergarten- und Grundschulalter ein Kopftuch tragen ist es nichts anderes als Zwang. In diesem Alter kann kein Mädchen überhaupt die Tragweite erfassen, was den Umfang der von ihr ausgewählten Religion betrifft. An Wahlen teilnehmen und Volljährig wird man mit 18 Jahren; die Religionsmündigkeit darf nicht darunter liegen. Ganz abgesehen davon das man sich fragen muss, welche Botschaft da eigentlich vermittelt werden soll, wenn 5 Jährige ihre Haare bedecken müssen.

        • @Bettina Mehić:

          Ob ein Mensch begehrlich wirkt oder nicht hat mit der Modebranche wenig zu tun, sie nutzt nur ein Schönheitsempfinden der Menschen aus, welches seit jeher existiert. Junge und attraktive Menschen haben es immer leichter gehabt als alte und "unförmige", das war im alten Ägypten, Rom, Mittelalter etc. schon so und begleitet uns in der Gegenwart. Hier also von "Zwang" zu sprechen ist also arg weit hergeholt. Hingegen ist jegliche religiöse Erziehung ein reiner Machtmissbrauch der Eltern und Prediger, die mit der Auslegung alter Schriften Normen vermitteln (wollen), die nicht mehr zeitgemäß ist. Die Religionsmündigkeit gehört auf das 18. Lebensjahr herauf gesetzt, vorher sollen Kinder und Heranwachsende von Religionen und deren Einflüssen geschützt werden. Wer sich danach noch einer Konfession zuwenden möchte kann dies gerne tun. Ferner sollte die Freiheit von Religionen (auch in der Öffentlichkeit) höher gewichtet werden als die Ausübung derselbigen. Es wird höchste Zeit, dass Religionen und deren Symbole den Platz zugewiesen bekommen die ihnen zustehen: die eigenen vier Wände der Gläubigen und nichts darüber hinaus.

  • Wer verteidigt ernsthaft Vollverschleierung als *Freiheitssymbol*?

     

    Wenn ich irgendwas dazu gelesen habe ist das, dass das Recht auf Vollverschleierung Teil der Freiheit ist, die eigene Kleidung zu wählen.

     

    Wenn sich ein Mann vollverschleiert, ist das dann Sexismus?

     

    Der Sexismus ist der Gesellschaftliche Druck, nicht nur zur Verschleierung, sondern zu jeglichem nicht selbstgewähltem Verhalten.

     

    Warum nicht so laut aufgeschrien wird? Weil wir dann zuende gedacht gegen Religion schreien müssten — auch gegen die christliche, die hier einen viel größeren Anteil an Sexismus hat als die muslimische, einfach weil es hier viel mehr Christen gibt. Und das wollen viele dann doch nicht.

    • @Arne Babenhauserheide:

      Weiß nicht wo der Sexistische Anteil der christlichen Religion in unserer Gesellschaft ist. Das Christentum ist doch eher asexuell. Jesus hat, wenn die Überlieferung stimmt, niemand geheiratet und auch ist nicht bekannt, dass er anderen die Frauen weggenommen hat oder Sklavinnen benutzte oder ähnliches. Bei Mohammed ist die Sache, wenn die Überlieferung stimmt, genau andersrum, weshalb der Vorbildcharakter des Gesalbten ein kulturelles Problem auch für viele aufgeklärte Muslime darstellt.

  • "Ehrenmorde, Zwangsverheiratung und Genitalverstümmelung gehören in Deutschland leider immer noch zum Alltag vieler Frauen. 58.000 Frauen hier mitten unter uns sind von Genitalverstümmelung betroffen, wie die gerade erst kürzlich veröffentlichte – und wie ich finde schockierende – Studie der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes belegt."

     

    Das hätte ich so krass nicht erwartet!

     

    Was macht die Politik? Schlafen die alle - oder ist das falache Rücksichtnahme auf kulturelle Unterschiede?

  • Der Islam als totalitäre Religionsideologie und der faschistoide Islamismus, als Speerspitze dieser Ideologie, kann m.E. gar nichts anderes sein als sexistisch, weil die Frau dem Mann gemäß Koran nicht gleichgestellt ist. Eine freie, aufklärerische Entfaltung der Gesellschaft ist mit dem Islam kaum zu erreichen, solange er politisch instrumentalisiert wird.

    • @Rolf B.:

      Auch im Christentum ist die Frau gemäß der Bibel dem Mann nicht gleichgestellt.

    • @Rolf B.:

      Naja, bleiben wir mal im deutschen Sprachraum: evangelische Theologie wird zur Zeit zu 70 Prozent von Frauen studiert. Der deutsche Protestantismus ist also demnächst überwiegend weiblich, während der Katholizismus weiterhin exklusiv Männer einstellt. Es ist nicht so, als ob Religionsgemeinschaften sich regional nicht deutlich verschieden ausprägen können. Der Islam hat zumindest in Deutschland in Ansätzen ähnliche Potentiale, die neuen Studiengänge für islamische Theologie haben jedenfalls meines Wissens nach auch einen hohen Frauenanteil. Da kommt dann durchaus auch etwas ins wackeln über die kommenden Jahre, zumindest hierzulande.

    • @Rolf B.:

      @Rolf B.,

      ich würde Ihnen gerne 58.000 + 13.000 thumbs up geben, wenn das ginge... Danke!

  • Wozu fordern Sie eine gesamtgesellschaftliche Debatte, wenn Sie es zwar schaffen die Delikte aufzuzählen, aber nicht die Kraft aufbringen die maßgeblich betroffenen Kulturkreise beim Namen zu nennen?

     

    Auch ich als Mann empfinde diese Sachverhalte als empörend. Schlimm genug, dass dies in vielen Ländern kulturelle Praxis ist, sollte es doch wenigstens in einem Land wie unserem, in dem die persönliche Entfaltung nur vor der Einschränkung der Freiheit der Mitmenschen endet höchstens als tragischer Einzelfall auftreten und nicht in dieser Vielzahl!

     

    Aber dazu muss man eben auch Unangenehmes aussprechen, denn mir sind die Mehrzahl der benannten Probleme nicht als Teil unserer Kultur (oder nicht vorhandenen Kultur, abseits der Sprache) bekannt.

    • @insLot:

      Es gibt in Deutschland wenig Nachdenken sondern nur ein reflexhaftes Reagieren. Wenn Männer aus der AfD Verschleierung schlecht finden und eine Frau das Recht auf Verschleierung fordert, so muss das doch feministisch und anti-rassistisch sein. Lassen wir uns doch von der AfD nicht die Debatte bestimmen. Nur weil die AfD etwas fordert, muss doch nicht das Gegenteil richtig sein!

      Es gibt eben nicht nur ein gut und ein böse. Auch Menschen, die manche schwer erträgliche Ansicht äußern, können in anderen Dingen richtig liegen. Umgekehrt können Menschen, die an sich richtig liegen, in anderen Dingen eigennützig argumentieren und blind für die Realität sein.

      Verschleierung ist ein wenig wie Prostitution. Es ist generell sexistisch, häufig fremdbestimmt und einige Frauen fordern das Recht dazu offensiv ein. Allerdings gibt es viele Menschen, die hier nicht die gleichen Maßstäbe anlegen. Das liegt daran, dass unterschiedliche Menschen davon profitieren. Einmal sind es die Freier und das andere Mal sind es die Islamisten. So ergibt sich damit, dass auch hier wieder wenig wichtig ist, was es mit den Frauen macht, sondern welche sonstigen Interessen betroffen sind.

  • 3G
    39167 (Profil gelöscht)

    Vielen, vielen Dank, Herr Mansour für diesen Beitrag.

    Ich kann Ihnen nur zustimmen.!

    Wenn Frauenrechtlerinnen die Verhüllung verteidigen, erweisen sie ihren verhüllten Geschlechtsgenossinnen keinen Dienst.

    Spricht man dies an, kommt sofort die Rassismuskeule.

  • Endlich...ein vernünftiger Kommentar auch in der taz.

     

    Ja, religiös begründeter Sexismus ist noch übler.

     

    Aber er erhält deswegen keinen Aufschrei, weil die Instanz gegen die aufgeschrieen werden muss nicht 'der Mann' ist, sondern Gott. Und der hat keine Telefonnummer. Er wird nicht endlich alt, wie H.Weinstein oder der kindsmissbräuchliche Vater, er reagiert nicht auf demokratische Beschlüsse wie unsere Gesellschaft.

     

    Das heißt aber auch, dass die, die nicht an Gott (oder den Engel Pfau z.b.) glauben, einfach nicht betroffen sind. Und die nicht Betroffenen betrachten die Entscheidung zum Glauben als Akt der Freiheit mit entsprechenden Vor- (z.b. Paradies) und Nachteilen (Leiden auf der Erde), so wie das auch die Gläubigen tun. Die Angst vor Höllenqualen müssen sie unter sich ausmachen.

     

    Ich glaube,z.b. die koranische Vorschrift deinem Mann immer zu Willen sein zu müssen ist schlimmer als der Handel Sex gegen eine Rolle beim Film. Aber beides ist abscheulich.

     

    Nur gegen Gott lässt sich so schlecht ein hashtag einrichten oder demonstrieren. Deshalb bleibt's da so ruhig.

    • 3G
      39167 (Profil gelöscht)
      @Frank n.:

      Doch "Gott" hat eine Telefonnummer und auch eine Mailadresse.

      Fängt an bei unserem kath. Vertreter Gottes auf erden und hört auf bei den bärtigen Imamen, die ebenfalls die Weisheit für sich gepachtet haben.

       

      Deshalb wäre es ehr sinnvoll an diese Vertreter heranzutreten!

      • @39167 (Profil gelöscht):

        Ja schön wär's.

         

        Nur als Ungläubige haben sie keine Chance,weil sie sowieso 'verloren' sind und als Gläubige zeigt der Bärtige Ihnen die Stellen im Koran dazu und sie bekommen es mit der Angst.

         

        Und um es hinzuzufügen, wenden Sie sich an die Familie, heißt es, was sollen die Leute denken, wenn dein Mann dich schlägt, weil du ihn nicht befriedigen kannst.

         

        Es ist kein Witz.

  • Der Sexismus richtet sich auch gegen Männer, denn der Grund, weshalb man die Frauen per Verschleierung vor ihnen schützen muss, hat nichts mit Religion im eigentlichen Sinne zu tun, sondern geht auf die Einschätzung von Männern als hormongesteuerte Triebtäter zurück. Das sollte jeder Frau, die sich verschleiert, auch klar sein.

    • 3G
      39167 (Profil gelöscht)
      @noctuaNigra:

      Anscheinend sind Männer dieser Religion hormongesteuerte Triebtäter.

      Der Mann, der seine Frau verschleiert, denkt dies, sein Nachbar denkt das wiederum von ebendiesem.

      Die Verschleierung wurde von. M ä n n e r n angeordnet und bis heute nicht zurückgenommen.

      Deutet auf ein sehr - wahres? - Selbstbild hin.

       

      Dass die Frauen, in der Mehrzahl, das gutbefinden, bezweifle ich stark. Was passiert denn mit ihnen, wenn sie sich dem männlichen Diktat widersetzen.

      Familienehre beschmutzt und weg bist du als Frau.

  • Aber ist es nicht so, dass sowohl die Debatte um Genitalverstümmelung als auch Verschleierung etc. rassistisch aufgeladen ist? Dass Frauen auf Straßen in Deutschland der Hidschab vom Kopf gerissen wird, ist ja nicht selten. Dadurch gewinnt das Tragen des Hidschab doch erst die emanzipatorische Perspektive, die er aus weißer feministischer Perspektive nicht hat. Gesetzliche Verbote, sprich die gesetzliche Umsetzung dieser Angriffe auf muslimische Frauen, verfestigen das nur. Also wie drüber reden?

    • @LesMankov:

      Gilt das auch für die Debatte um Genitalverstümmelung von Männern — ist die auch Rassismus?

       

      2012 berichtete die Taz über deren Folgen: http://www.taz.de/Beschneidung-mit-18/!5084054/

      • 3G
        39167 (Profil gelöscht)
        @Arne Babenhauserheide:

        Danke, dass Sie darauf aufmerksam gemacht haben!

    • @LesMankov:

      "Dass Frauen auf Straßen in Deutschland der Hidschab vom Kopf gerissen wird, ist ja nicht selten" Wo haben Sie das Märchen denn aufgegabelt?

      • 3G
        39167 (Profil gelöscht)
        @Mephisto:

        Würde mich auch interessieren wo das passiert mit dem Hidschab!

  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    "Meines Erachtens geht das nicht zusammen. In den Verhüllungsvorschriften für Frauen begründet sich eine patriarchale Ideologie, eine strukturelle Unterdrückung von Frauen durch Männer, religiös hergeleitet. Diese hebt sich auch nicht dadurch wieder auf, dass diese Frauen sich aus freien Stücken verhüllen."

     

    Wenn Frauen sich aus freien Stücken verhüllen, ist das zu tolerieren, wenn sie von ihren "Herren" dazu gezwungen werden, hingegen nicht.

     

    Wenn man die "aufreizende" Kleidung der Frau im westlichen Kulturkreis dagegenhält, ließe sich ebenso gut behaupten, dass sich diese einer patriarchalen Ideologie verdankt. Dennoch behaupten diese westlichen Frauen ihre Bekleidung als ihr eigenes Recht, das sie sich nicht nehmen lassen und das nichts mit dem Besitz des Mannes über dergleichen angezogene Frauen zu tun hat. Ich denke, viele muslimische Frauen tun das ebenso mit ihrer verschlossenen Kleidung.

     

    Kleider machen keine Leute, jedenfalls nicht, wenn man etwas näher hinschaut.

    • @849 (Profil gelöscht):

      Die Frauen im Westen empfinden freizügigen Kleidungsstil als Gewinn von Einfluss, weil er ihnen Aufmerksamkeit und damit Selbstwert verschafft, während der öffentliche Konsens sie vor Belästigungen und Übergriffen schützt. Da der Konsens über den persönlichen Freiraum und die körperliche Unversehrtheit im islamischen Kulturkreis fehlt empfinden die Frauen die Verhüllung hier als Schutzraum und Sicherheit.

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @El-ahrairah:

        Sehen Sie das also auch so, dass sich die Intentionen zum Verhüllung und Zeigen nicht grundsätzlich unterscheiden?

    • @849 (Profil gelöscht):

      Ein verhüllender, konservativer Kleidungsstil bei Männern wie Frauen ist NIEMALS ein Zeichen von Emanzipation. Das sollte eigentlich hinlänglich bekannt sein.

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @Tom Tailor:

        Dann sollten sie vielleicht bei den Eskimos ein bisschen missionieren gehen.

        • @849 (Profil gelöscht):

          Sehr witzig - Sie wissen ganz genau, das ich den westlichen (mitteleuropäischen) Kulturkreis meine. Eine Region, die üblicherweise nicht unter Permafrost leidet.

          • 8G
            849 (Profil gelöscht)
            @Tom Tailor:

            Ein konservativer Kleidungsstil! Was soll denn das überhaupt sein? Ist es vielleicht liberal, mit Schuhen rumzulaufen, für die frau ein halbes Leben lang trainieren muss, damit sie damit stolzieren kann oder sich die Brüste hochzuschnüren, dass sie fast aus dem Ausschnitt springen? Kleidung kann Zeichen der Gesinnung sein, aber das gilt allenfalls für ziemlich eng definierte Gruppen. Wenn Sie meinen, dass jede, die ein Kopftuch trägt, eine militante Muslima ist, könnten Sie ebensogut behaupten, Frauen, die sich rausputzen, seien vor allem darauf aus, sich Männer zu angeln. Aber wahrscheinlch sind Sie der Meinung, dass es eine solche Kleidung Zeichen von Emanzipation sei, die verhüllende hingegen von dessen Gegenteil. Ich teile diese Ansicht aber nicht.

            • @849 (Profil gelöscht):

              Ich denke, das eine Muslima, welche ein Kopfttuch (oder weitergehende bedeckende Kleidung) trägt, damit sowohl ein kulturelles als auch religiöses Statement setzen will, nämlich die Hingabe zu Gott. Und das ist per se das Gegenteil einer emanzipatorischen Haltung. Emanzipation bedeutet frei zu sein oder sich frei zu fühlen - frei von familiären Strukturen, frei vom Patriachat, frei von religiösen Zwängen, frei von Gott. Mit einem Kopftuch drücken Sie diese Geisteshaltung bestimmt nicht aus, und genau so wird das von der Gesellschaft auch empfunden.

              • 8G
                849 (Profil gelöscht)
                @Tom Tailor:

                Frei, frei, frei, das ist in meinen Augen alles Selbstbetrug, den offenbar viele brauchen, um sich gegenüber anderen abzuheben und besserzudünken.

                 

                Natürlich kann die Hingabe an Gott emanzipatorisch sein, war sie in vielen Fällen, etwa bei Spee von Langenfeld, Thomas Münzer, Martin Luther, den Befreiungstheologen, um nur ein paar willkürlich herauszugreifen.

                 

                Emanzipation bedeutet, sich zu befreien, nicht sich frei zu fühlen. Insofern ist es nicht nur vollkommen unerheblich, wie eine Gesellschaft irgendwas empfindet, sondern ihr Empfinden ist geradezu mehr Gradmesser ihrer Unfreiheit als ihrer Freiheit. Wenn es um's Gefühl ginge, könnten Sie zudem der sich verhüllenden Muslima ja erst recht nichts vorwerfen.

                 

                Frei sein kann man aber auch nur in einem Bindungszusammenhang, so man kein Tier oder Gott ist.

    • @849 (Profil gelöscht):

      Ok.

       

      Aber was, wenn sich die Gläubigen vom "Herrn" verpflichtet fühlen?

       

      Ist der 'Schöpfer', der 'Allerbarmer' vielleicht Sexist?

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @Frank n.:

        Mal zurückgefragt: steht nicht bei allem, was wir als Verpflichtung empfinden, eine äußere Instanz Pate?

         

        Meine Erfahrung etwa bei den Amischen war Folgende: die Freiheit lockte und sie ward weidlich ausgekostet. Am Ende lassen sich viele, vornehmlich Männer, nicht taufen, während andere durch die Taufe eine Verpflichtung eingehen, die ihnen durch die Familie gewissermaßen in Fleisch und Blut übergegangen ist und sich in der Praxis als subjektiv vollkommen normal darstellt.

         

        Die überkommenen Kleidungsvorschriften kann ich daher nicht als Zwang werten. Die Neophyten hingegen, also jene, die sich ein Kopftuch überhängen, weil sie auf einmal ihre Hingabe an den Islam entdeckt haben, tun das hingegen doch gerade, um sich abzugrenzen und auf eine abweichende Art "hip" zu sein. Darin sehe ich deshalb auch keine Unterdrückung, sondern ein modisches Phänomen.

         

        Die Kehrseite dieser Medaille ist m.E., dass die Leute heute allenthalben nach irgendwelchem Halt suchen und ihn dann z.B. in der Wahl der AfD oder der Hinwendung zur Esoterik oder dem Islam finden. Die zentrifugalen Kräfte werden offenbar stärker und die sich als freiheitlich feiernde Gesellschaft hat dem - leider - wenig entgegenzusetzen, auch weil sich, wie ich es sehe, niemand mehr in die Pflicht nehmen lassen will.

    • @849 (Profil gelöscht):

      Da gibt es ja erhebliche Unterschiede.

       

      Zum einen kenne ich die Vollverhüllung nur aus dem Islam - zum anderenn wenn freiwillig Frauen das ohne kulturellen Zwang leben wollten hätten sie das längst auch in anderen Kulturkreisen gemacht.

       

      Zum anderen der Mini ist von einer Frau kreiert -auch als Zeichen der Selbstbestimmung.

      https://de.wikipedia.org/wiki/Minirock

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @Justin Teim:

        Zwischen Teilverhüllung und Vollverhüllung vermag ich keinen wirklichen Unterschied zu erkennen. Und natürlich gibt es eine Teilverhüllung z.B. bei konservativen Christen, etwa bei den Amischen - bei Männern und Frauen. Es wird auch in anderen Ländern (z.B. USA) ganz anders mit Nacktheit umgegangen. Dafür kann man sicher stets irgendwie die Religion verantwortlich machen, aber die Leute denken und fühlen doch über etwas halt so, wie sie drüber denken und fühlen und wissen in der Regel gar nichts über ihre Prägungen, wollen auch nichts darüber wissen, denn das ginge ans Eingemachte.

         

        Dasselbe gilt natürlich m.E. genauso für jene Frau, die meinte, der Minirock sei ein Zeichen von Selbstbestimmung. Sie war davon gewiss überzeugt, aber dass es sich auch objektiv so verhält, bezweifle ich.

         

        Ich will damit im Grunde lediglich darauf hinweisen, dass wir bei anderen immer Ideologie am Werke sehen und bei uns nicht. Wir bemühen uns nicht, zu verstehen, sondern sind immer schnell mit einem Urteil zur Stelle. Letzteres mag ja durchaus eine gewisse Berechtigung haben, aber solange wir unser eigenes Verhalten nicht kritisch beleuchten und es sogar mit denselben freiheitlichen Attributen behängen, wie eine Muslima, die zum Kopftuch übergeht, ist das für mich eine sehr seichte und intellektuelle nicht besonders redliche Angelegenheit.

  • So schaut's aus.

  • Wenn das keine Vorlage für den postkolonialen, intersektionalistischen Bannstrahl ist...

    • @El-ahrairah:

      So ist es, leider.

      • @Olg:

        Ich nenne es auch Post-linken identitär-tribalistischen Präapokalypsismus :-O

    • @El-ahrairah:

      Dieser Bannstrahl hat Herrn Mansour doch schon lange getroffen....

      • 3G
        39167 (Profil gelöscht)
        @Dr. McSchreck:

        und nicht nur ihn!