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Kollektiv gegen DystopienKeine Zeit für Pessimismus

Untergangsszenarien eignen sich nicht, dem zunehmenden Autoritarismus zu begegnen. Das Au­to­r:in­nenkollektiv The Possibilist hat positive Thesen.

Hoffnung statt Resignation: Für eine demokratische Zukunft braucht es Mut zum Wandel Foto: Ana Fernandez/SOPA Images/imago

I m Juni 1941 sitzen drei Gegner Mussolinis – der Ex-Kommunist Altiero Spinelli, der Nationalliberale Ernesto Rossi und der europäische Föderalist Eugenio Colorni – auf der Insel Ventotene nördlich vor Neapel zusammen, wo sie von Mussolini interniert worden sind. Zu diesem Zeitpunkt streben die Achsenmächte zur Weltherrschaft, der Krieg hat schon Zigtausende Tote gefordert, die Vernichtung der europäischen Juden schreitet voran.

Die drei Männer haben keine Bataillone und keine Netzwerke, nur ihre Hoffnung. Auf Zigarettenpapier formulieren sie ein „Manifest für ein föderales Europa“, Teile davon werden im Bauch eines Brathuhns aus dem Lager gebracht und zirkulieren in Italien. Nach ihrer Freilassung 1943 gründen sie das Movimento Federalista Europeo, dessen Ideen sich im europäischen Widerstand verbreiten. Die alte Welt liegt in Trümmern, sie setzen auf ein freies Europa.

Autor:innen­kollektiv The Possibilist

Dieser Text stammt vom Auto­r:in­nen­kollektiv The Possibilist. Es will reale Möglichkeiten gegen die Weltverschlechterung zur Diskussion stellen. Zum Kollektiv gehören der Politologe Claus ­Leggewie, der Grünen-Politiker Daniel Cohn-Bendit, die Politologin Maike ­Weißpflug, der ehemalige Linken-Politiker Klaus Lederer und der Autor und Theatermacher Alexander Karschnia.

Jüngst veröffentlichte die Frankfurter Allgemeine Zeitung ein Manifest, das den Faschismus als aktuelle Gefahr beschwor. Dass sich die mehr als vierhundert Unterzeichner vor allem aus der Wissenschaft zu „kollektiven Aktionen, lokal und international“ verpflichten, auch zu „boykottieren und streiken, wann immer dies erforderlich und möglich ist“, unterstützen wir. In einigen Ländern ist ziviler Ungehorsam die letzte Chance, nicht nur die Freiheit der Wissenschaft zu schützen, sondern generell Grundrechte und Bürgerfreiheiten.

Ein solcher Appell war überfällig. Doch für eine politisch wirkungsvolle Antwort fehlt einiges oder ist nur angedeutet. Dem Postulat „internationale Zusammenarbeit […], um die Beziehungen zwischen den Nationen zu regeln“, fehlt ein entscheidender Begriff, der heute wie 1945 auf der Hand liegt: Europa. Dem Wunsch nach „breit angelegten Beteiligungsprozessen“ mangelt es an konkreten Ideen und Institutionen zur Demokratisierung der Demokratie, der es weltweit an Glaubwürdigkeit und Repräsentativität mangelt. Zum Beispiel Bürger- und Zukunftsräte als eine Art vierte Gewalt. Wenn willkürliche Inhaftierungen, Gewaltandrohungen, Abschiebungen beklagt werden, fehlen Personen und Gruppen, denen man konkrete Hilfe leisten will und kann.

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Die taz ist eine unabhängige, linke und meinungsstarke Tageszeitung. In unseren Kommentaren, Essays und Debattentexten streiten wir seit der Gründung der taz im Jahr 1979. Oft können und wollen wir uns nicht auf eine Meinung einigen. Deshalb finden sich hier teils komplett gegenläufige Positionen – allesamt Teil des sehr breiten, linken Meinungsspektrums.

Wo zum Kampf gegen Desinformation und Propaganda durch „Technofaschisten“ aufgerufen wird, erwartet man die Adressen der „Medienmogule“, die sich die Informations- und Kommunikationstechnologien angeeignet haben, mit denen sie Desinformation betreiben und „die Zone mit Sch… fluten“, wie Trumps Ex-Berater Steve ­Bannon proklamierte.

Wer heute Faschismus bekämpft, muss in Europa und weltweit deutlicher machen, für welches Pro man einsteht

Wenn dann sehr allgemein demokratische Institutionen als „Rahmen zur Bekämpfung sozialer Ungerechtigkeiten und die größte Hoffnung auf Erfüllung der Nachkriegsversprechen: das Recht auf Arbeit, Bildung, Gesundheit, soziale Sicherheit, Teilhabe am kulturellen und wissenschaftlichen Leben sowie das kollektive Recht der Völker auf Entwicklung, Selbstbestimmung und Frieden“ gerühmt werden, wäre der Verweis auf das Versagen dieser Versprechen angebracht. Wo zuletzt die „existenzielle Bedrohung der Klima­krise“ Thema wird, muss gesagt werden, dass sie nicht nur von Proto-, Semi- und Vollfaschisten geleugnet, sondern von demokratischen Regierungen vernachlässigt wird. Ebenso dass sich diese oft zum Handlanger einer repressiven Migrations- und Flüchtlingspolitik machen lassen, die faschistische Bewegungen und Parteien fordern.

Das heißt: Wer heute den Faschismus bekämpft, muss in Europa, Amerika und weltweit deutlicher machen, für welches „Pro“ man einsteht: Formal ist das für uns die Idee eines „demokratischen Föderalismus“. Das geeinte Europa ist eine Alternative zur Großmachtpolitik, deswegen wird es von neoimperialen Mächten gehasst.

Keine Verbote, sondern befürwortete Veränderungen

Inhaltlich plädieren wir für politische Interventionen und Regulierungen, die den Klimawandel und das Artensterben eindämmen, mit einem pfleglichen Umgang mit der Erde, für eine bessere Lebenswelt in Stadt und Land, eine sinnvolle Arbeitswelt. Wenn Bürgerinnen und Bürger nach der Coronapandemie und in den aktuellen Kriegen veränderungsmüde sind, darf man ihnen nicht mit Verboten und Verzichtsleistungen kommen, erst recht nicht mit apokalyptischen Vorhersagen. Sondern mit Veränderungen, die sie im Kern selbst mehrheitlich befürworten und vorantreiben.

Von Disruption reden die neuen Alleinherrscher, von der Rückkehr zum Wirtschaftswachstum die hilflose Mitte. Nur eine bürgernahe „Politik der Ermöglichung“ kann die blockierten Transformationskonflikte aufbrechen, die eine Fixierung auf den Status quo und die Beschwörung „der guten, alten Zeit“ mit sich bringen. Denn irgendwie ahnen ja alle, dass es so, wie es derzeit läuft, nicht weitergehen kann.

Der russische Machthaber Wladimir Putin und US-Präsident Donald Trump haben die Büchse der Pandora geöffnet und der Welt größte Unsicherheit beschert. Im antiken Mythos führt Pandora einen großen Krug mit sich, der alle Übel der Welt, aber auch Hoffnung enthält. Den Behälter soll sie den Menschen schenken, aber sagen, sie dürften ihn auf keinen Fall öffnen. Doch sie erliegt der Versuchung, öffnet die Büchse, das ganze Sortiment an Untugenden entweicht. Bevor Hoffnung entströmen kann, wird die Büchse geschlossen, weshalb sich in einer trostlosen Welt keine Hoffnung mehr entfalten kann.

Wir lesen diese Geschichte anders: Man sollte Pandoras Büchse nicht zu rasch wieder verschließen. Nur so kann sich eine dem Ernst der Lage angemessene Hoffnung verbreiten. So wie 1945 kaum jemand die Europäische Union und 1988 kaum jemand den Fall der Mauer vorhergesehen hatte, hätte auch niemand den Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad prognostiziert, das Ende einer der krassesten und menschenfeindlichsten Diktaturen der Welt. Auch in Europa und in den USA kann die Entwicklung in Richtung Autoritarismus umgekehrt werden. Wir brauchen neue Ideen für diese neue Welt. Resignation ist Luxus, Pessimismus ist Zeitverschwendung.

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23 Kommentare

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  • "... Nur so kann sich eine dem Ernst der Lage angemessene Hoffnung verbreiten. So wie 1945 kaum jemand die Europäische Union und ...den Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad prognostiziert..."



    Wie soll man das jetzt verstehen? Steht das von den Autoren empfohlene "Offenlassen der Büchse der Pandora" für einen erwartbaren "großen Knall", ähnlich wie der zweite Weltkrieg und der syrische Krieg? Der reinigende Knall, der sein muss, damit aus der "verbrannten Erde" was Gutes erwächst?



    Nee, danke!



    So ein orakelhaftes Gerede ist doch eine bisschen aus der Zeit gefallen, oder?



    "...den Klimawandel und das Artensterben eindämmen, mit einem pfleglichen Umgang mit der Erde, für eine bessere Lebenswelt in Stadt und Land, eine sinnvolle Arbeitswelt..." Diese Forderungen sind ganz logisch mit Verzichtleistungen des Westens verbunden, liebe Autoren, und besonders wenn noch "...kollektive Recht der Völker auf Entwicklung, Selbstbestimmung und Frieden.." einbezogen wird. Denn ich nehme an, mit "Völker" sind alle Völker gemeint, auch die im globalen Süden.

  • Resignation ist Luxus, Pessimismus ist Zeitverschwendung.



    Das ist ein guter Satz.



    Nur das Konkrete, das ist immer der Lackmustest. Wo sehe ich Sie in der Welt draußen? Worauf muss ich achten? Kann ich von irgendwas Teil werden?

  • Wichtiger Gedanke! Nur für ein konkretes Ziel kann man sich auch mit aller Kraft einsetzen. Das linke Spektrum der Gesellschaft hat es sich im ewigen Kommentieren und Alles-falsch-Finden allzu bequem gemacht. Das ist nicht einmal wirklich links.



    Aber das heißt natürlich nicht, nun schöne hoffnungsvolle Phrasen zu dreschen, sondern es bedeutet echte Arbeit: an konkreten Zielen und Schritten dahin. Brauchen wir nicht einen richtigen Zukunftskongress, der bereits Durchdachtes bündelt und noch Ausstehendes anpackt? Da wäre ich gerne dabei!

    • @Naurembarth:

      Nicht das "linke Spektrum" findet alles falsch. Das "Alles-falsch-Finden" ist doch eine Kernkompetenz der extremen Rechten, flankiert von CDSU und marktschreierisch durch die BILD-Zeitung verbreitet. Beispiele: Das Gebäudeenergiegesetz, sowie die Förderung erneuerbarer Energien waren Schritte in die richtige Richtung, die jetzt mit der Person von Frau Reiche, Ministerin und Gaslobbyistin, wieder ad acta gelegt werden. Mir Volldampf rückwärts: Denn wo soll das ganze Gas denn herkommen, das Frau Reiche verfeuern will? Richtig: Aus Russland oder USA. Ab in die alte große Abhängigkeit von Diktatoren. Ist das Arbeit an konkreten richtigen Zielen hin zu einer "hoffnungsvollen Phase?"

  • Soviele Autoren, so wenig Inhalt.



    Oder ist das nur ein Vorwort?

  • BerufsoptimistInnen beschwören eine „alte“ Idee von Europa, das es so nie gegeben. Statt konkreter Vorschläge für Aktionen versammelt das Kollektiv eine Litanei der gebrochenen Versprechen (demokratische Teilhabe, soziale Gerechtigkeit, int’l Solidarität usw.) ohne sich auch nur in einem Satz damit auseinanderzusetzen, warum und an wem die Utopien gescheitert sind. Das Kollektiv tut auch noch so, als seien Neofaschisten Verursacher der neueren Fehlentwicklungen und nicht nur Symptom eines grundsätzlichen Irrtums. Hilfreicher wäre, sich an die eigene liberal bis libertär gesinnte Nase zu fassen: Wer den Wettbewerbscharakter des Liberalismus verkennt und stattdessen nur von „rosigen“ Freiheiten träumt, hat keine Utopie gegen den Pessimismus, er arbeitet daran, die Dystopie des Sozialdarwinismus voranzutreiben.

  • "Ziviler Ungehorsam", das ist der Schlüssel. Am wirkungsvollsten als Konsumverzicht (dazu gehört auch Hedonismus) und zwar in allen Bereichen. Alles was nicht existenzbedrohend ist, kann entbehrt werden um dem Markt deutlich zu machen, dass Unzufriedenheit mit dem Bestehenden herrscht. Das schafft eine Verhandlungsposition der Stärke.

    • @G. Schmitt:

      Konsumverzicht ist kein ziviler Ungehorsam, sondern Verhalten des mündigen Bürgers. Sie fordern die Normalität des Marktes von Angebot und Nachfrage. Das Problem ist doch die allgemeine Entwicklung zur Dekadenz, oftmals als soziale Gerechtigkeit formuliert. Sozialpolitik birgt das Risiko die Eigenverantwortung zu zerstören.

    • @G. Schmitt:

      Da bin ich ganz bei Ihnen! Verzicht bedeutet Freiheit! Teilen schafft Gemeinschaft!



      Diese alte Weisheit ist im Konsumterror völlig untergenangen!

  • "Wir brauchen neue Ideen für diese neue Welt."



    Diese Ideen gibt es schon lange, aber die wollt ihr ja nicht!

    Übrigens: Die westeuropäische Integration kam nicht zustande, weil drei hoffnungsvolle Intellektuelle ein Manifest auf Zigarettenpapier schrieben, sondern weil dies nach 1945 den außenpolitischen Interessen der USA entsprach ("Containment").

    • @Rudi Lipp:

      Nun, dass die Westeuropäer auch tatsächlich zu mehr Integration bereit waren, hat schon auch dazu beigetragen.



      Es ist ja nicht so als hätte sich Containment inklusive aller Implikationen überall Schritt für Schritt friedlich durchgesetzt.

  • Kollektiv gegen Dystopien. Keine Zeit für Pessimismus. Operation gelungen. Patient tot? Wer so daherkommt, dem rinnt der Pessimismus aus eigenen Knochen, weil er die Überlebens Weltformelstrategie „Pessimismus“ Großer Propheten, Philosophen im Gepäck ein- und- ausatmet große Wort wie Keulen schwingt auf Reisen zu seiner Arche Noah. Willy Brandt würde sagen, man hat sich bemüht. Andererseits passt dieser Appell wie die Faust auf`s Auge zu den Posen und Verlautbarungen EU Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, egal um was es geht, es wird immer besser, obgleich jeder in der Mehrheits- EU Gesellschaft drastisch spürt, es wird immer schlechter angesichts Unwuchten der Politik, Wirtschaft im Spannungsfeld der EU Länder untereinander, einem Europaparlament im Krieg, das immer noch nicht demokratisch legitimiert ist durch Initiativrecht für Gesetzeslagen, einer EU, ohne Sitz noch Stimme in Nato, UNO, die strukturell der Global Primus unter Binnenmärkten ist mit EZB angekoppelter CFA Euro-Franc Währungszone, 1945 nach Bretton Wood Währungsabkommen 1944 gegründet ehemals französischen Kolonien heute 14 Ländern in Sahelzone, Zentralafrika, Überseegebieten mit 180 Millionen Einwohnern

    • @Joachim Petrick:

      Erläuterung: Seit der Euro-Einführung 2002 ist der CFA-Franc über Paris an die EZB gekoppelt – ein postkoloniales Finanzregime mit festen Wechselkursen, das 14 afrikanische Länder und in Überseegebieten an Frankreich bindet. Die Folge: strukturelle Überbewertung der Währung, schwache Binnenkaufkraft und Importabhängigkeit selbst bei Grundgütern. Während wirtschaftliche Entwicklung ausbleibt, profitiert eine kleine Elite – mit Konsumreisen nach Europa, bezahlt in harter Euro-Währung. Frankreich kassiert jährlich 400 Milliarden €, schöpft bis zu 80 % der Devisen- und Goldreserven dieser Länder ab – offiziell zur „Stabilität“ des CFA. Die EZB hält sich heraus, als ginge das nur Paris etwas an. Doch hinter dem Währungsregime steckt mehr als monetäre Ordnung: Die Fortsetzung französischer Machtpolitik – verstärkt durch den Élysée-Vertrag 1963 Bruderküsse Adenauer/De Gaulle, das Aachener Abkommen 2019 nun sogar mit Militärkomponente an Nato, EU Belangen vorbei und eine fragwürdige Rolle der EU im Sahel. Postkoloniale Abhängigkeit nun erweitert unter europäischem Dach. Da reicht es nicht ins Blaue zu rufen "Kollektiv gegen Dystopien. Keine Zeit für Pessimismus" Es braucht klare Forderung

  • Es ist wie bei einer schweren Krankheit. Erst wenn man akzeptiert, dass man krank ist, kann man wirkungsvoll handeln, sich seinen Ängsten stellen. Optimismus oder Pessismismus kratzen nur an der Oberfläche und helfen nicht weiter.



    Das System in dem wir leben ist schwer krank, mehr oder weniger psychotisch. Die Mehrheit will nicht zum Klimaschutz beitragen, selbst wenn sie auf Klimedemos gehen. Das Ausleben der individuellen Freiheit ist immer wichtiger als eine solidarische Zurückhaltung. Erst wenn man einsieht, daß es so nicht weiter gehen kann und vielfältige Kollaspe passieren werden, öffnet sich ein solidarischer Spielraum, in dem man handeln kann, in dem man sich solidarisch auf kommende unheilvollen Einschränkungen vorbereiten kann. Das ist eine hoffnungsvolle Einstellung und keineswegs pessimistisch.

  • Die Linke war schon immer erfolgreicher mit zukunftsgewandter Pogrammatik. Diese Lust an apokalytischen Weltuntergangsszenarien, Kinderkreuzzüge inklusive, erinnerte in den letzten Jahren ja schon beinahe an die katholische Kirche.

  • Trotz grundsätzlicher Zustimmung: Es ist leider so unkonkret und appellativ, dass man nicht nur das Gefühl hat, alles schon mal gelesen zu haben.



    Die überwältigende Mehrheit in unserer Gesellschaft ist froh, wenn sie mit ihrem Alltag und Einkommen halbwegs vernünftig über die Runden kommen. Die Angst vor Veränderungen und Ängste vor sozialem Abstieg dominieren das Denken. Sie werden durch die fortdauernde Konditionierung auf ökonomische Wachstumszwänge befördert. Die Flucht ins Internet und den Konsum erscheinen wie ein therapeutischer Ausweg aus diesen Ängsten. Sie fördern damit und führen direkt in die Diktatur einer Minderheit, die seit Jahrhunderten gegen demokratische Bewegungen und die Demokratie (vermeintlich "Tyrannei der Mehrheit") agieren.



    Nicht Orwell (1984), sondern Huxley (Schöne neue Welt) hatte recht, wenn er in seinem Buch deutlich machte, dass nicht das, was uns verhasst ist, uns zugrunde richten wird, sondern das, was wir lieben. Als hätte er die Bannons, Musks, Thiels, Zuckerbergs, Bezos... schon erahnt.



    Ohne ein individuelles Existenzmaximum wird sich der Machtzuwachs dieser Minderheit nicht eindämmen lassen. Eine Mehrheit wäre dafür sicher zu gewinnen.

  • Warme Worte, aber nutzlos und sinnlos. Die "alten" Spontis erinnern sich vielleicht noch an das WIR, das real gelebt wurde. Die Kraft, die darin steckte, die Kreativität, das "Richtige im Falschen". Aber wo ist das hin? Ardornos "Es gibt kein richtiges Leben im falschen", diese Logik erdrückt uns heute geradezu. Es waren Spontis, die das alternative Leben in Frankfurt in's allgemeine Bewußtsein gehoben haben, im "Häuschen" Bio kochten und zusammen ein neues Geschmackserlebnis zelebrierten, die Distel unweit der Karl Marx Buchhandlung als Bioladen gründeten. Ohne Plastikverpackung und ohne Fertigprodukte. Was ist Bio heute? Der "Markt" hat es sich angeeignet. Es gibt nichts Richtiges im Falschen. Man kann das endlos durchdeklinieren und es kommt immer auf dasselbe raus: Es gibt nichts Richtiges im Falschen. Oder? Könnten wir alle unser Egokonstrukt überwinden, es abstreifen, dann vielleicht ... Aber wir im Westen wissen nicht einmal was das ist. So machen wir Yoga zum lifestyle-Produkt und coachen uns durch's Leben. Super.

  • Guter Beitrag! Wir Menschen können alles denken. konzentrieren wir uns also auf das positive!

  • Hm, da fehlt mir noch ein bisschen was konkretes. Aber der Richtung stimme ich zu.

    Dazu gehört vllt auch noch Fortschritte zu benennen, die dennoch gemacht wurden (a la Hannah Ritchey).

  • Sehr guter Ansatz!



    Wenn man sich jedoch über den Sturz Assads freut und dafür einst per Kopfgeld gesuchte Dschihadisten an seine Stelle lässt, muss man sich nicht wundern, dass die Spur, nach den Massakern an 1500 Alaviten, direkt ins Zentrum der neuen Machthaber führt.



    Auch Netanjahu unterstützt nun die nächste islamistische Vereinigung in Gaza, um einen Gegenpol zur Hamas zu etablieren.



    Das kennt die Welt schon vom Schaffen eines Gegenpols zur Fatah.

    Also wenn man die Büchse der Pandora offen hält, sollte man den Inhalt auch richtig analysieren, um nicht weiterhin gegen Windmühlen zu kämpfen.

  • Und wo finde ich die Werke?

    Wie grenzt es sich von Solarpunk und Hopepunk ab? Grenzt es sich überhaupt davon ab, oder ist es Teil davon?

  • Das kann man so sehen. Die föderale Demokratie neu aufzulegen kann auch nicht mehr zeitgemäss sein. Europa als Mass der Dinge und UNO v2 gründen, hat das Zukunft? Syrien wurde so jedenfalls nicht befreit.

    Mir scheint, es reicht um die Schwächen im erwähnten Manifest auszubessern. Eine wirklich neue Idee fehlt noch. Ein bisschen Hoffnung klingt eher als wolle eine neue Religion gegründet werden. Verbote braucht es dringend - nur nicht für die, die eh schon leiden.

    • @TV:

      Bei Analyse von Alternativen der Gesellschaftsstruktur werden sie leider nur schlechtere finden. Daher finde ich die Demokratie als die Beste der Schlechten Lösungen. Europa ist natürlich nicht das Maß aller Dingen, das bei der europäischen Diskussion oft übersehen. Wie soll eine UNO V2 gelingen, sie ist eine Insel von Wohlmeinenden, die von allen Staaten zur Durchsetzung ihrer Interessen genutzt werden. Syrien ist doch ein gutes Beispiel, wie wenig die UNO ausrichten kann, wenn ein souveränes Land falsch regiert wird.