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Kohleabbau durch RWEGericht stoppt Rodung in Hambach

In einem Eilverfahren hat das Oberverwaltungsgericht in Münster die Rodung des Hambacher Forstes vorerst gestoppt. Es geht um den Schutz von Tierarten.

Kein Zutritt für Rodungsmaschinen: Flatterband am Hambacher Forst Foto: dpa

Münster dpa | Das Oberverwaltungsgericht Münster hat einen vorläufigen Rodungsstopp im Hambacher Forst bei Köln verfügt. Die Richter entsprachen damit am Freitag in einem Eilverfahren dem Antrag des Umweltverbandes BUND. Der Kohlekonzern RWE will in den kommenden Monaten mehr als die Hälfte des verbliebenen alten Waldes fällen, um den benachbarten Braunkohle-Tagebau zu erweitern.

Der BUND hatte argumentiert, dass der Wald mit seinem Bechsteinfledermaus-Vorkommen die Qualitäten eines europäischen FFH-Schutzgebietes habe und deshalb geschützt werden müsse. Das Gericht erklärte, die Unterlagen dazu umfassten mehrere Kisten, die Rechtsfragen seien so komplex, dass man sie nicht in einem Eilverfahren beantworten könne. Die Rodung müsse vorerst gestoppt werden, damit nicht „vollendete, nicht rückgängig zu machende Tatsachen geschaffen“ würden, teilte das Gericht mit.

„Das ist ein großer Erfolg unserer langjährigen juristischen Bemühungen und ist wirklich eine Zäsur hier in Nordrhein-Westfalen“, sagte der Geschäftsführer des BUND Nordrhein-Westfalen, Dirk Jansen, am Freitag bei einer Pressekonferenz mehrerer Umweltschutzorganisationen in Köln. „Wir sind sehr froh.“

Der Kohlekonzern RWE will in den nächsten Monaten gut 100 von den bisher verbliebenen 200 Hektar des Waldes für den fortschreitenden Tagebau abholzen. RWE hält die Rodungen in den nächsten Monaten für „zwingend erforderlich“. Eine vorübergehende Aussetzung der ab Oktober geplanten Abholzung würde die Stromerzeugung in den Kraftwerken in Frage stellen. Wegen des freiwilligen Verzichts auf Rodungen im vergangenen Jahr gebe es keinen zeitlichen Puffer mehr. Die Rodungssaison läuft von Anfang Oktober bis Ende März.

Klimaaktivisten hatten über Jahre mit ihrer Wald-Besetzung gegen die Braunkohle und für den Klimaschutz demonstriert. Die Aachener Polizei verbot eine für Samstag geplante Demonstration von Umweltschützern. Zu der Demo waren bis zu 20.000 Menschen erwartet worden. „Die örtlich zuständigen Sicherheitsbehörden sehen erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit“, hieß es zur Begründung am Donnerstagabend.

Symbol des Widerstands gegen Braunkohle

Die Bezirksregierung Arnsberg hatte im Frühjahr den sogenannten Hauptbetriebsplan für den Braunkohletagebau Hambach bis 2020 genehmigt, der auch die Rodungen genehmigt. Der BUND wollte das bis zu einer endgültigen Entscheidung per vorläufigem Rechtsschutz verhindern.

Der früher einmal 4100 Hektar große Wald mit Jahrhunderte alten Buchen und Eichen liegt am wohl größten europäischen Braunkohle-Tagebau Hambach zwischen Aachen und Köln. Er gilt mittlerweile als Symbol für den Widerstand gegen die Braunkohle-Verstromung und für den Klimaschutz.

Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hatte den Kreis Düren und die Stadt Kerpen angewiesen, die im Wald errichteten Baumhäuser von Rodungsgegnern aus Sicherheitsgründen zu räumen. Die Polizei räumte in den vergangenen Tagen die Baumhäuser.

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26 Kommentare

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  • Jetzt bin ich doch gleich mehrfach irritiert. "RWE will.......fällen", muss jetzt wohl heißen: "wollte fällen". "Es geht um den Schutz von Tierarten". Auch. Aber viel wesentlicher wohl darum, dass gar keine Notwendigkeit zum Fällen besteht, es also nur um einen Machtkampf ging, wie vor ziemlich genau 8 Jahren in Baden-Württemberg. Da war die Regierung auch schwarzgelb und ein halbes Jahr später nicht mehr im Amt.

    • @Sarg Kuss Möder:

      Wieso? Wollen tun sie doch immer noch. Sie dürfen nur DERZEIT nicht. Das Gericht kann den Stopp wieder aufheben ...



      Wenn ich micht recht entsinne, haben zudem vergangene Rot-Grün-Koalitionen in NRW den Kohlebergbau. Von CDU & Co ist nicht viel zu erwarten, von den anderen aber auch nicht. Und das sollte nicht vergessen werden, gerade wo sich die Grünen jetzt so als "Hyper-Ökos" inszenieren.



      Wer hat uns verraten ... ? Und wer war mit dabei - ...?

      • @Uranus:

        Ich hätte mir gewünscht, dass vor der Landtagsfraktion der Grünen in NRW demonstriert und protestiert würde. Die haben uns doch den Mist erst eingebrockt mit Hambach, indem sie mit ihrem Koalitions- und Regierungspartner SPD die Abholzung genehmigten.

        • @Rolf B.:

          Ja, eben! Zumindest sollten Hambi-Demos ohne Parteiflaggen erfolgen und den Partei-Leuten sollte das Mikro verwehrt werden. Oder wollen einige sich weiter verarschen lassen?

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Ein guter Tag. Ein Tag zur Freude. Ganz besonders für jene, deren Hauptgefühl sonst die Ohnmacht ist.

  • Toller Erfolg, Dank an die Aktiven.



    Nun noch ein weltweites Umdenken gegen Wachstumswahn. Waldschutz und Wiederaufforstung für alle und Energie aus erneuerbaren Quellen und Armutsbekämpfung. Hätte man auch schon eher haben können.



    Leider braucht es immer wieder hartnäckigen Widerstand gegen die kostspielige Borniertheit der Konzerne.

    • @aujau:

      Das sehe ich auch so!



      Ein weltweites Umdenken braucht es allerdings! Leider ist es kein Klacks.



      Und wo Sie von Widerstand gegen Konzerne schreiben, so würde ich in Anknüpfung an Ihr zuvor erwähntes Umdenken bzgl. des Wachstumswahns hinzufügen wollen, dass dieser meines Erachtens letztlich gegen Kapitalismus geht und bei den Konzernen nicht aufhören darf!

  • Danke!

  • Endlich mal wieder eine gute Nachricht. Dranbleiben!

  • Dass die Kohle im Boden bleibt ist die Hauptbotschaft und das ist gut so!

    Mit Verlaub: Jeder der glaubt "mein Freund der Baum usw." Ein Blick in den den Waldinventurbericht 2016 hilft auf die Spünge: 7 % Vorratsfestmeter zuwachs in den letzten 10 Jahren auf nun ca. 335 Mrd Festmeter, jedes Jahr ca. 25 Mio Festmeter mehr ....Holz muss genutzt werden und ist "keinesfakes" eine schützenswerte Mangelware.

    • @Tom Farmer:

      ?? Was dann welche "Wälder" wären, die wo wachsen würden?



      Naja, interessant ist auch die Sprache, die der "Wald"inventurbericht" widerspiegelt: warenförmiges Nutzendenken.

    • @Tom Farmer:

      Das ist doch eigentlich eine gute Nachricht, dass der Baumbestand zunimmt. Weshalb sollte das umgedreht werden? Die einzige Befürchtung, die ich dahingehend habe ist, dass der Wald in der BRD zu Lasten des Waldes in Sibirien geschont wird.

      • @Hampelstielz:

        Nein, das ist unter CO2-Aspekten ein Drama.

        Solange wir nicht 100 % des Bedarfs für Strom und Wärme und ggf. Mobilität auf Basis Eneuerbare Energieträger haben, solange werden fossile Energieträger (Kohle, Fas, Öl) aus dem Boden gepumpt oder gekratzt. Gleichzeitig stehen hier CO2 neutrale Energieträger ungenutzt in den Wäldern rum, die Wälder überaltern dadurch und die CO2 Bindefähigkeit (also der Massenzuwachs) nimmt ab! Fazit: CO2 aus Fossilen E-trägrn pumpen wir in die Atmosphäre bei gleichzeitiger sinkender CO2-Bindung in alten Wäldern.



        Also: Holznutzung aus deutschen Landen ist Klimaschutz, solange die Waldgesetze beachtet werden; nat. kein Raubbau!

        Dass woanders Wälder geplündert (z:B. auch Palmöl) werden um unseren Energie- und Rohstoffhunger zu befriedigen kommt dazu. Bin ich bei Ihnen!

  • Yippie!!! Tolles Signal!



    Ich bin sehr zuversichtlich, dass die weiteren Diskussionen nur zur nachhaltigen Rettung des Hambacher Forstes führen kann.

    • @Nilsson Samuelsson:

      Achja, und ich bin auch sehr erleichtert, wie sicherlich so viele andere auch!

    • @Nilsson Samuelsson:

      Zuversicht ist immer gut. Eine Portion Realismus auch. Und die Hoffnung, dass nicht nur die Richter sondern auch die Menschen, die ihren Kindern und Enkeln eine gesunde Zukunft auf unserer Erde wünschen, mit erträglichem Klima und intaktem Luft-, Wasser- und Bodenleben mit all seinen in Milliarden Jahren entstandenen Ketten, die wir erst zum Teil verstehen lernen.

  • Die Bechsteinfledermaus ist wieder zurück! Warum zukünftig nicht mal den Eichenprozessionsspinner bemühen?

    Wenn da eine so schützenswerte Fledermaus wohnt, dann sind sicher die Baumhäuser nicht genehmigungsfähig und sofort rück zu bauen ...

    • @TazTiz:

      Der Eichenprozessionsspinner steht weder auf der Roten Liste noch unter Naturschutz. Ganz im Gegenteil... Haben Sie schon einmal seine schmerzhafte Bekanntschaft gemacht? Vermutlich nicht.

      • @noevil:

        Auch der Eichenprozessionsspinner ist Natur, wenn auch weniger nutzbringend oder selten sondern eher unangenehm.

        • @TazTiz:

          ..und pflegt, wenn, dann in Massen aufzutreten.

  • Hätte das Gericht sich mal ein bisschen mehr beeilt wäre ein Mensch vielleicht noch am Leben...

  • #Hambibleibt



    Ja, das Gute an diesem Trauerspiel ist, dass jetzt jede/r merkt, wie sehr Wirtschaftsinteressen die Politik und Rechtsprechung dominieren und sich nunviel mehr Menschen auflehnen!



    Kommt also zahlreich zur Demo morgen - trotz Rodungsstopp! ❤️

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Die Rückkehr zum Rechtsstaat?

    Es darf gehofft und gebangt werden. Und - mit den Worten meines Vor'redners': die eigenen Kräfte nutzen. Wie und wo dies auch immer im Einzelfall möglich ist.

  • Nicht den Gerichten vertauen, auf die eignen Kräfe bauen!

    Diese begrüßenswerte Enscheidung des Gerichtes sollte niemanden davon abhalten, den Protest gegen die verfehlte Energiepolitik morgen ganz praktisch durch Anwesenheit am Hambacher Forst zum Ausdruck zu bringen.



    Bei dieser Demo geht es inzwischen um nichts weniger, als um die Verteidigung des Versammungsrechts als einem Menschenrecht.

    • @Wagenbär:

      Da kann ich nur zustimmen, denn:



      "Das Oberverwaltungsgericht Münster hat einen VORLÄUFIGEN Rodungsstopp im Hambacher Forst bei Köln verfügt."



      aufgrund eines Eilantrages, der gerpüft werden soll. D.h. das Gericht entscheidet erst über den Hambi.

    • @Wagenbär:

      Kann mich nur anschließen! Auf zum Hambacher Wald!!!