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Koalitionspläne für BundestagswahlSPD-Chef offen für Pakt mit Linke

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans schließt eine Koalition mit der Linken nicht aus. Über die Kanzlerkandidatur soll bald entschieden werden.

Kann sich eine Koalition mit der Linkspartei vorstellen: SPD-Chef Norbert Walter-Borjans Foto: John Macdougall/dpa

Berlin afp/dpa | Die SPD ist laut ihrem Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans grundsätzlich offen für Bündnisgespräche mit den Linkspartei nach der Bundestagswahl im kommenden Jahr. Die Sozialdemokraten wollten „die führende Kraft in einem Regierungsbündnis werden, das den gesellschaftlichen Zusammenhalt in den Mittelpunkt stellt“, sagte Walter-Borjans den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die große Koalition mit der Union sei dafür keine Grundlage.

„Wenn wir eine Bündnisoption mit der Linken ausschlössen, hätten die Verteidiger des Weiter-so und damit der weitergehenden Spaltung der Gesellschaft schon gewonnen“, sagte Walter-Borjans. Das sähen SPD-Vizekanzler Olaf Scholz, SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, die Co-Parteivorsitzende Saskia Esken und er „gleichermaßen so“.

Walter-Borjans reagierte auf eine Interview-Äußerung der Linken-Vorsitzenden Katja Kipping, die den Funke-Zeitungen gesagt hatte: „Um die notwendigen sozialökologischen Veränderungen umsetzen, sind wir bereit, in eine Bundesregierung zu gehen. Dazu brauchen wir soziale Mehrheiten links der Union.“ Der SPD-Chef fügte aber hinzu, „Klärungsbedarf“ gäbe es dann aber sicher noch genug. „Wie mit den Grünen auch.“

Unterdessen kündigte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil an, dass seine Partei schon in wenigen Wochen die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur für die Bundestagswahl 2021 treffen wird. „Im Spätsommer werden wir über den Kanzlerkandidaten entscheiden, und dann ist die SPD als erste aller Parteien startklar“, sagte Klingbeil dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Über den möglichen Kanzlerkandidaten Olaf Scholz erklärte Klingbeil: „Zweifellos: Olaf Scholz führt das Land als Vizekanzler und Finanzminister gemeinsam mit Angela Merkel erfolgreich durch die Corona-Krise. Wir sind sehr froh, ihn in unseren Reihen zu haben.“ Das Vorschlagsrecht aber liege bei den Parteivorsitzenden. Zuletzt hatten führende Sozialdemokraten auf eine rasche Entscheidung zur Kanzlerkandidatur gedrängt.

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26 Kommentare

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  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Mit Olaf "Es-gibt-keine-Polizeigewalt" Scholz eine Mehrheit links der Union?

    Da reißt die SPD-Führung schon wieder mit der rechten Hand ein, was sie mit der linken aufbauen will.

    • @85198 (Profil gelöscht):

      Beitrag wurde entfernt.



      Die Moderation

       

  • Ich musste bei "SPD-Chef" kurz schmunzeln. Sollte ein "Chef" nicht auch was zu sagen haben in seinem Laden?

  • Rot-Grüne Mehrheiten sind auf Jahre nicht mehr denkbar. RRG ist daher die einzige Alternative für die SPD / linke Mehrheit eine andere Politik jenseits von Schwarz-Rot umzusetzen.

    Es ist daher nur sinnvoll, sich diese Option angesichts der Aussichtslosigkeit von Rot-Grün nicht zu verbauen.

    Die Linkspartei wird zwar noch ein paar Jahre und Wendungen brauchen bis sie für mehr Menschen wählbar wird, aber die graue Maus Ramelow zeigt ja bereits jetzt auf, dass man vor ihr keine Angst haben muss.

    Die jetzige aussichtslose Situation ermöglicht daher auch diese Zusage. Den Wählerverlust mit unklaren Positionen gegenüber der Linkspartei hat man sich ja bereits in früheren Wahlen (Saarland!) eingefahren.

    • @Rudolf Fissner:

      So grau kommt mir die 'Maus' Ramelow gar nicht vor. Immerhin kann er seine Politik ganz plausibel darlegen und diskutiert auf Augenhöhe, ohne sich bei unbequemen Fragen gleich hinter die obligatorischen Nebelkerzen zu flüchten. Ganz nebenbei bin ich nicht aus diesem Bundesland, kann das also recht neutral betrachten. Zur SPD kann ich in Annäherung an Linkspartei und Grüne nur zustimmen, möchte aber auch bemerken, dass diese zu begrüßen wäre, nachdem schließlich unter Rot/Grün das soziale Herz dieser Partei durch Herrn Lafontaine herausoperiert und der Links-Partei übergeben wurde, sodass es ihr seither fehlt. Das hat der SPD vor Jahren den gewaltigen Aderlass beschert, der auch die ganze unselige Politik nach sich zog, die die C-Parteien hocherfreut mitgetragen haben. Schließlich erübrigte sich damit ja die Notwendigkeit für sie, selbst zum sozialen OP-Besteck greifen zu müssen und sich damit einen Teil der eigenen Wählerschaft zu verprellen. Das hat ganz selbstlos wie immer unter Schröder die SPD für sie erledigt und die C-Parteien hatten heimlich grinsend den Schwarzen Peter gleich mit los, ohne sich die Hände schmutzig machen zu müssen.

      So geht 'über-den-Tisch-ziehen' und geschickte Klientel-Politik, meine Herren.

      • @noevil:

        Ramelow ist natürlich nicht unfähig. Er ist ein Politprofi wie jeder andere Politiker aus den oberen Etagen, nur grauer. Und er kann, wie man jetzt in der Minderheitsregierung sieht, sogar mit der CDU.

  • Was sollen diese Koalitionsspielchen? sie bringen nichts. Die Spd sollte sich erstmal programmatisch erneuern, klare Ansagen machen. Über mögliche Koalitionen entscheidet immer noch der Wähler. Oder will man den Grünen Avancen für eine mögliche Kanzlerschaft machen, die ja in einem schwarz-grünen bündnis nicht zu erreichen wäre. Alles etwas seltsam 1 Jahr vor der Wahl.

  • Dann sollte RRG in den Ländern mal zeigen, was das so bringt. Bisher hört man da seit Jahren nüscht. Und am stillsten ist es sogar in Thüringen mit Ramelow von der Linkspartei als MP.

    • @Rudolf Fissner:

      Och. Lt. Statistik hat Thüringen die geringste AL-Quote aller ostdeutschen Länder und die AL liegt unter Bundesschnitt.

      • @Kaboom:

        Da können se mal sehen wie gut der Kapitalismus trotz? / mit ? der Linkspartei brummt.

      • @Kaboom:

        War so schon vor Ramelow, hat offenbar nicht so viel mit der Regierung zu tun.

  • Rot-rot-grün hatte einmal eine Parlamentsmehrheit gegen die Union, Schwarz-rot wurde es. Das war destruktiv, zerlegte die SPD und machte die AfD richtig groß. Ach ja, und für die Bundesrepublik waren die Ergebnisse auch gruselig. Es muss auch Politik gegen das Große Geld geben können!



    Eine linke Mehrheit ist machbar. Das hätte ein Vorsitzender Scholz aber wohl nie hinbekommen. Er sollte froh sein, dass er es nicht wurde.

  • Als RRG möglich im Bund zuletzt war, hat



    man es 4 Jahre lang nicht gemacht. Die Diskussion scheint mir eher eine innerparteiliche zu sein.

  • Keine Partei der Bundesrepublik Deutsachland hat den Sozialstaat so ausgehölt wie die SPD.

    Keine Partei hat den Rentnern so in die Tasche gegriffen.

    Keine Partei hat die Gewerkschaften so geschwächt.

    Und jetzt - gewissermaßen auf dem Totenbett will diese Partei mit den Linken koalieren ?



    Ganz gewiss aus Überzeugung.



    Ganz gewiss aus gradliniger Politik.



    Ganz gewiss aus Einsicht.

    Aber die Linken werden sich diese Gelegenheit nicht nehmen lassen an der Macht zu schlecken.

    So wie die einstmals Grüne Alternative Liste es sich auch nicht nehmen läßt.



    Selbst wenn man dazu Kröte um Kröte schluckt - schlimmer noch wie Meister Adebar!

    • @Bolzkopf:

      Wohl nicht bekannt, dass erst die Politik der C-Parteien seinerzeit erst die Notwendigkeit für das schufen, was die vom sozialen Flügel getrennte SPD dann für die nicht unglückliche CDU/CSU machen musste, herbe soziale Einschnitte, denen sie in dem zufriedenen Wissen zustimmen konnte, dass es die SPD Wählerstimmen kosten würde und sie als Verursacher höchstens am Rand oder gar nicht treffen würde. Man muss nur zur richtigen Zeit den strategisch klugen zeitweiligen Rückzug antreten, nicht wahr, und den anderen die Suppe auslöffeln lassen. Besonders wenn er sich so bereitwillig dafür anbietet...

  • Mal abwarten: Bis zur Bundestagswahl ist noch mehr als ein Jahr. Wer weiß heute schon, welche Themen dann im Vordergrund stehen werden. Corona? Wirtschaftskrise? Oder doch Umwelt und Klimawandel? Anhaltende Hitze und Dürre auch im nächsten Sommer können Letzteres noch weit nach oben katapultieren.

  • Ich verstehe die SPD nicht. Auf Basis der Stimmen (nicht der tatsächlichen Mandate) ist eine linke Mehrheit seit 15 Jahren nicht mehr erreicht worden. Bei der letzten Wahl gab es sogar eine starke parlamentarische Mehrheit bei Mitte rechts.



    Warum begibt man sich mit dieser Position unnötig in eine Diskussion, die man verlieren wird?

    • 0G
      05838 (Profil gelöscht)
      @schwarzwaldtib:

      Die SPD hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, noch einmal Volkspartei zu sein.

    • @schwarzwaldtib:

      Vor Corona wäre eine Grün-rot-rote Mehrheit rechnerisch bei vielen Umfragen drin gewesen. Sind aber natürlich nur Umfragen...

  • Das Ende der SPD.

    • @Kenni303:

      "SPD" sind mittlerweile alle Parteien.

  • Insgesamt sehr gewagte Hoffnungen.

    "die führende Kraft in einem Regierungsbündnis werden". Natürlich kann die SPD so eine Rolle in der großen Koalition nicht einnehmen, da sie stets nur Juniorpartner ist.

    Die beschriebene Rolle ließe sich nur in einem R2G Bündnis einnehmen. Dann müsste die SPD jedoch vor den Grünen landen, was derzeit eher utopisch klingt. Schaut man sich dann die chaotischen Zustände im berliner Senat an, kann man nur hoffen, das sowas auf Bundesebene nie kommen wird.

    Ihr Menschen der Welt schaut auf diese Stadt.

  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Wenn RRG im Bund eine Mehrheit hat, dann will die SPD diese Koalition traditionell nicht.

    Aktuell sieht es so gar nicht nach einer Mehrheit für RRG aus, weshalb die SPD wieder einmal esoterische Debatten führt.

  • Ok, also sind CDU und Grüne die nächste Regierung... Nix gegen die Linke, aber ich befürchte einfach, dass rot/rot nicht mehrheitsfähig sein wird.

    • @Mustardman:

      Schwarz-Grün ist der nächste logische Schritt. Und er wird kommen. Ist nur fraglich, ob die Wähler wissen, was sie da wählen. Gutes Gewissen für Gutverdiener. So fühlt sich das aktuell bei uns in BaWü an. Ob das tatsächlich erstrebenswert ist, muss sich zeigen.

      • 8G
        85198 (Profil gelöscht)
        @schwarzwaldtib:

        Dann kann die CDU/CSU nach der FDP und der SPD auch die Grünen in der Bedeutungslosigkeit versenken.



        Das ist vielleicht sogar positiv, denn das bleibt für die progressiveren Wähler:innen mit liberalem Selbstverständnis nur noch, links zu wählen.