Kevin Kühnert strebt in den Bundestag: Hoffnungsschimmer für die SPD

Der Noch-Juso-Chef ist eloquent und schlagfertig. Für viele Sozialdemokraten scheint er eine Option für die Zeit nach Olaf Scholz zu sein.

Kevin Kühnert im Porträt, lacht

„Trau keinem über 30, heißt es“, twittert Kevin Kühnert und gibt den Juso-Vorsitz ab Foto: Britta Pedersen/dpa

Kevin Kühnerts Ankündigung ist keine Überraschung. Schon seit einiger Zeit ist bekannt, dass es ihn in den Bundestag zieht. Das ändert allerdings nichts daran, dass das für die gebeutelte SPD eine gute Nachricht ist. Seine Kandidatur ist ein logischer Schritt in der politischen Karriere des 31-Jährigen – und ein kleiner Hoffnungsschimmer für die Partei, die in den Umfragen zwischen 14 und 16 Prozent vor sich hin dümpelt.

Kühnert ist ohne Zweifel eines der größten Talente in der bundesdeutschen Parteienlandschaft: klug, eloquent und schlagfertig. Vor allem jedoch ist er eine Projektionsfläche für all jene, die von einer SPD träumen, die mehr ist als Juniorpartnerin der Union. Für die kommende Bundestagswahl wird das aber noch nicht reichen, um der Partei einen größeren Aufschwung zu verschaffen.

Dafür befindet sich die SPD nach wie vor in einem zu problematischen Zustand. Dass sie sich in einer schwierigen Übergangsphase befindet, lässt sich exemplarisch an ihrem Berliner Landesverband illustrieren. Denn dort strebt ja nicht nur Nachwuchshoffnung Kühnert ein Bundestagsmandat an, sondern auch noch der unbeliebte derzeitige Regierende Bürgermeister Michael Müller – als Altersruhesitz, um den Weg für Franziska Giffey frei zu machen.

Immerhin zeugt es vom Selbstbewusstsein Kühnerts, dass er in Müllers und seinem gemeinsamen Heimatkreisverband Tempelhof-Schöneberg als Direktkandidat antreten will. Müller wird nach Charlottenburg-Wilmersdorf ausweichen müssen, um keine innerparteiliche Niederlage zu riskieren. Wobei beide Wahlkreise gemeinsam haben, dass sie bei der vergangenen Wahl an die CDU gingen. Auf Kühnert wie Müller wartet also eine sportliche Herausforderung – weswegen sich der eine wie der andere über die Landesliste absichern will. Allzu groß ist beider Mut also nicht.

Scholz wird den Verliererreigen fortführen

Aller Wahrscheinlichkeit nach wird die SPD mit einem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz in die Bundestagswahl im kommenden Jahr ziehen. Er dürfte den Verliererreigen von Steinmeier, Steinbrück und Schulz fortsetzen. Denn auch wenn Scholz als Coronakrisenmanager an der Seite Angela Merkels bislang keine schlechte Figur macht, bleibt der Technokrat doch Ausdruck der tiefen Krise der SPD, nicht ihr Ausweg.

Ihm fehlt eine Idee für eine moderne, ausstrahlungskräftige sozialdemokratische Partei. Das scheint bei Kühnert anders zu sein. Aber seine Zeit wird erst nach der verlorenen Bundestagswahl anbrechen. Er ist eine Option auf die Zukunft, wenigstens eine Hoffnung, die der SPD noch bleibt. Mehr aber auch nicht.

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Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Mehrere Buchveröffentlichungen (u.a. „Endstation Rücktritt!? Warum deutsche Politiker einpacken“, Bouvier Verlag, 2011). Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft.

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