Der Finanzminister im Wirecard-Skandal: Wer ohne Scholz ist …
Wer Fehler nicht zugibt, wiederholt sie. Olaf Scholz macht erneut eine schlechte Figur in einem Betrugsskandal. Das wird ihm und der SPD schaden.
D ie UFA plant bereits einen Film drüber, oder vielleicht eine Serie. Kein Wunder, der Skandal um den Zahlungsdienstleister Wirecard ist perfektes Material für einen Wirtschaftskrimi. Spannend ist, wie in so einem fiktionalen Werk die Rolle des Olaf Scholz angelegt sein wird. Ist der sozialdemokratische Finanzminister Teil der Lösung – oder Teil des Problems?
Diese Woche hat Scholz bei der Sondersitzung des Bundestagsfinanzausschusses zum Betrugsskandal Wirecard vorgesprochen. Den Abgeordneten erklärte er Mittwochabend, dass die ihm unterstehende Finanzaufsicht Bafin im Fall der Bilanzmanipulationen des DAX-Konzerns alles richtig gemacht habe. Zur Erinnerung: Wirecard hat in großem Stil und über Jahre Umsätze und Gewinne erfunden und so den eigenen Börsenkurs hochgepuscht. Scholz’ Finanzaufsicht hat derweil den Journalisten angezeigt, der darüber berichtet hat.
Der Betrug wurde letztlich nicht von deutschen Behörden aufgedeckt, sondern weil ein Geschäftspartner auf einer genauen Prüfung bestand. Und Wirecard ist kein Einzelfall. Der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold hat eine Liste mit Dutzenden Fällen zusammengestellt, in denen die Finanzaufsicht versagt hat. Scholz, der schon im Cum-Ex-Skandal keine gute Figur machte, stellt sich wieder nicht an die Spitze derer, die eine umfassende Kontrolle von Unternehmen fordern, sondern verspricht ein paar Reförmchen.
Scholz glaubt, SPD-WählerInnen hätten keine Aktien
Wer keine Fehler einräumt, riskiert deren Wiederholung. Scholz setzt sich dem Verdacht aus, der Finanzbranche gefällig sein zu wollen. Ein Verdacht, der übrigens bei dem SPD-Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans nie aufkam. Der ging als NRW-Finanzminister nicht nur rigide gegen Steuerhinterziehende vor, sondern nimmt auch mal Worte wie „Finanzmafia“ in den Mund. Wahrscheinlich glaubt Scholz, dass sich potenzielle WählerInnen nicht für DAX-Firmen und Bilanzmanipulationen interessieren, weil sie keine Aktien kaufen. Ein Irrtum.
Abgesehen davon, dass SPD-WählerInnen eine private Rentenversicherung haben könnten, die in DAX-Werte investiert: Es geht um Gerechtigkeit. Dass große Aktiengesellschaften machen können, was sie wollen, und der Staat sich offensichtlich zu wenig für die großen Fische unter den Wirtschaftskriminellen interessiert, empört viele Menschen. Fatal, dass ein SPD-Finanzminister diese Empfindung nährt. Die Partei steht in aktuellen Umfragen bundesweit bei 14 Prozent. Lassen die SozialdemokratInnen Scholz so weitermachen, geht es weiter abwärts.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben