Koalitionsmöglichkeiten der SPD: Nein zu R2G ist keine Option
Die Angst in deutschen Landen vor dem Kommunismus überwiegt bisweilen die Sorge vor der Klimakrise. Dennoch sollte Scholz R2G vorerst nicht absagen.
F ür den zunehmend verzweifelten Kanzlerkandidaten Armin Laschet gibt es, Umfragenstand jetzt, nur noch einen letzten Hoffnungsschimmer: die Angst vor Rot-Grün-Rot. Laschets Last-Minute-Strategie zielt also darauf ab, dass sich genügend Leute so sehr davor gruseln, mit einem SPD-Kanzler Olaf Scholz auch die Linkspartei am Kabinettstisch zu bekommen, dass sie doch lieber wieder Union wählen. Kann das aufgehen?
Nur noch auf die Warnung vor dem alten, roten Schreckgespenst zu setzen, wie es Laschet jetzt seit Tagen tut, ist erbärmlich defensiv, rückwärtsgewandt und peinlich – gerade für einen Mann, der eigentlich einmal für relativ moderne, liberale CDU-Politik gestanden hat. Aber chancenlos ist diese Angstkampagne nicht. In ökobewussten und nach links offenen Großstadtkreisen wird oft unterschätzt, wie traditionell in anderen Kreisen nach wie vor gedacht und gefühlt wird.
Nicht alle lachen, wenn Laschet verspricht, dass er sich dem „Wind der Veränderung“ standhaft entgegenstellen werde. So grotesk das für Linke wirkt, entspricht es doch einer klassisch konservativen Grundhaltung. Es kann deshalb auch sein, dass sich selbst im Jahr 2021 noch viele Menschen mehr vor dem vermeintlich drohenden Kommunismus fürchten als vor dem real existierenden Klimawandel. Olaf Scholz könnte diesen Spuk beenden, indem er eine Koalition mit der Linken ausschließt.
Die Versuchung ist ihm anzumerken, doch ein finales Nein der SPD zu Rot-Grün-Rot wäre doppelt dumm. Langfristig betrachtet, weil Scholz dann nach der Wahl viel weniger Verhandlungsspielraum hätte. Womit soll er einem möglichen Ampelpartner Christian Lindner drohen, wenn er gar keine Alternativen zur FDP mehr hätte?
Vor allem aber würde Scholz mit dem voreiligen Verzicht auf wirklich linke Machtoptionen viele vergraulen, die das betont sozial ausgerichtete Wahlprogramm gerade erst zur SPD zurückgelockt hat. Die links angehauchte, sachte Aufbruchstimmung gleich wieder im Keim zu ersticken, wäre für die SPD unterm Strich gefährlicher als Laschets verzweifelte Warnung vor dem Kommunismus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“