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Klimaproteste in Berlin und MünchenLetzte Generation wieder aktiv

Trotz Geldstrafen, Gefängnis und Kritik: Ak­ti­vis­t:in­nen der Letzten Generation sind mit Protesten in München und Berlin in die Woche gestartet.

Straßenblockade von Ak­ti­vis­t:in­nen der Letzten Generation am 5. Dezember in Berlin Foto: Christian Mang/reuters

Berlin/München dpa/afp | Mit Blockaden in Berlin und München haben Ak­ti­vis­t:in­nen der Gruppe Letzte Generation ihren Protest fortgesetzt. In der Bundeshauptstadt kam es an mehreren Orten zum Wochenstart im Berufsverkehr zu Staus und Behinderungen. In Bayern hat die Polizei wegen einer Aktion der Klima-Protestgruppe am Montagmorgen beim Kreuz München-Nord die Autobahn 9 in Richtung München gesperrt. Auch in der Münchner Innenstadt gab es eine Blockade. Erst am frühen Nachmittag lief der Verkehr wieder ohne Beeinträchtigungen.

In Berlin registrierte die Polizei am Montagmorgen eine Protestaktion vor dem Hauptbahnhof mit sieben Menschen. Fünf von ihnen hätten sich an der Fahrbahn festgeklebt, sagte eine Polizeisprecherin. Weitere Aktionen folgten wenige Minuten später auf verschiedenen Straßen.

Unter den Teil­neh­me­r:in­nen der Aktionen seien viele, die bereits einen Monat im Gefängnis gesessen hätten und teils zu hohen Geldstrafen verurteilt worden seien, erklärte die Letzte Generation: „Die Aussicht auf Präventivhaft oder Strafen hält diese Menschen nicht ab.“

Die Ak­ti­vis­t:in­nen hatten am vergangenen Freitag weitere Störaktionen angekündigt. Sie verlangen von der Bundesregierung mehr Klimaschutz, fordern ein Tempolimit von 100 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen und ein 9-Euro-Bahnticket für ganz Deutschland. In den vergangenen Monaten hat die Gruppe immer wieder Straßen blockiert, Kunstwerke attackiert und in Berlin den Hauptstadtflughafen zeitweise lahmgelegt.

Kritik von Söder

In Berlin und München wurden inzwischen viele Blo­ckie­r:in­nen zu Geldstrafen verurteilt. In Bayern kamen einige vorbeugend ins Gefängnis, weil sie weitere Störungen angekündigt hatten. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte am Montag, im Grunde gelte in Bayern das Motto „Leben und leben lassen“. Wenn aber Rechtsgüter verletzt werden oder wenn Eigentum beschädigt werde, gehe der Protest zu weit. Er denke, das Verständnis in der Bevölkerung für solche Aktionen nehme ab.

Die Politik will die Gruppe bundesweit stärker in den Blick nehmen, wie bei einem Treffen der Innenminister von Bund und Ländern am Freitag in München deutlich wurde.

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29 Kommentare

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  • Respekt vor dem persönlichen Einsatz dieser Menschen

  • In der klassischen juristischen Prüfung muss eine Maßnahme nicht nur legitim, sondern auch geeignet sein, um ihren Zweck zu erfüllen. Die Bundesregierung kann den Klimawandel aber nicht eher aufhalten als der Kaninchenzuechterverein Bochum. Deshalb haben die Klimakids sich den falschen Adressaten ausgesucht, und ihre Proteste sind einfach nur kriminell.

    • @Tatsu:

      "Kid" is mer spätestens mit der Volljährigkeit nimmer und die Aktivist*innen haben wohl eher nen Altersdurchschnitt der sich um die Dreißig bewegt.



      Davon mal ab ist die Bundesregierung durchgefallen, was so Umweltschutz=Menschenschutz angeht und somit die richtige Adressatin.

  • STACHUS !!!

  • Ham die extra für die Aktion Tegel wieder aufgemacht?



    "...und in Berlin den Hauptstadtflughafen zeitweise lahmgelegt."

    Weitermachen@LG!

  • Wissenschaftlich bestätigt: Der Klimawandel ist existentiell, die Frage ist, ob und wie wir weiter auf dem Planeten Erde leben können.

    Jeder, aber vor allem wenn man Kinder hat, sollte die "Letzte Generation" unterstützen.

    Die Kriminalisierungskampagne von Bild, Welt, CSU und Co ist widerlich.

  • "das Motto „Leben und leben lassen“. Wenn aber Rechtsgüter verletzt werden oder wenn Eigentum beschädigt werde, gehe der Protest zu weit. Er denke, das Verständnis in der Bevölkerung für solche Aktionen nehme ab" Zum Glück können sich betroffenen der Klimakrise, die vornehmlich NICHT in Bayern stattfindet..sich nicht darauf berufen wer das Eigentum "beschädigt" durch Nichteingrenzung seiner "Bedürfnisse und Freiheit" müsse dafür aufkommen.

    Da können wir nur froh sein das die Nord-/Ostsee noch nicht hoch genug gelaufen ist.

  • Die Geldstrafen bezahlt ja wohl jemand anderes. Daher lässt es sich bisher leicht kleben. Und ein gutes Gefühl gibt es dazu - dass das eigene schlechte Gewissen keinen Platz hat.

    • @resto:

      Das ist ja richtig so. Manche haben Geld aber keine Zeit (oder das Gefühl, selbst das geringe Risiko nicht eingehen zu können).

      Andere wiederum haben genau das, aber weniger Geld.

      Das zu kombinieren, ist nicht nur nicht verwerflich, sondern schlicht Arbeitsteilung im besten Sinne innerhalb einer Bewegung.

    • @resto:

      "Die Geldstrafen bezahlt ja wohl jemand anderes. ..."

      Stellen Sie sich vor, man kann der LG Spenden zukommen lassen.



      letztegeneration.de/spenden/

    • @resto:

      Klar zahlt die wer anders. Is ja schwierig auch noch Geld zu verdienen wenn man 30 Tage in Präventionshaft sitzt. Ich habe unterstütze das auch gerne weil ich die Proteste richtig und dringend finde, meine Priorität derzeit aber auf meiner Abschlussarbeit in der Energiesystemmodellierung liegt. Wobei ich mich schon frage inwiefern ich das richtig gewichte. Wenn wir jetzt nicht entschlossen als Gesellschaft gegen Umweltzerstörung und für Klimagerechtigkeit agieren, bringt der akademische Fachtitel keiner Person mehr was…

      • @Jugend:

        "...meine Priorität derzeit aber auf meiner Abschlussarbeit in der Energiesystemmodellierung liegt. Wobei ich mich schon frage inwiefern ich das richtig gewichte."

        Ich finde diese Gewichtung sogar genau richtig.

        Fakt ist: In Zukunft wollen wir alle auf jeden Fall genug zu essen und zu trinken haben, wir wollen es warm und einen Ort zum Leben haben. Wenn man es nur darauf reduzieren wollen würde brauch man trotzdem sehr viel Energie. Die Lösungen entwickeln aber nicht Aktivisten sondern Wissenschaftler und Ingenieure, sowie Leute die die Mittel und den Einfluss haben die Lösungen auch im großen Maßstab umzusetzen. Diese Leute, und zwar die heutigen und zukünftigen, werden die Klimaherausforderungen lösen. Im diesen Sinne würden die Aktivisten mehr für ihr Anliegen tun, wenn sie zu diesen o.g. Leuten sich entwickeln, statt sich diesen fehlgeleiteten Aktionismus hinzugeben.

  • Wichtige Durchsage:



    Auf der Hauptstraße blockieren LG-Aktivisten den Verkehr.



    Auf der Lessingstr. blockieren "nur noch Freilaufhühner-Aktivsten den Verkehr.



    Auf der Berlinerstr. blockieren Vegan-statt-Fleisch Aktivisten die Straße.



    Auf dem Bahnhof blockieren "kein Tempolimit auf Autobahnen"-Aktivisten die Schienen.

    Wenn das die neue Demonstrationskultur wird, dass jeder macht wie er es will, dann gute Nacht.

    • @Rudi Hamm:

      Das wird nicht passieren. Ich glaube, nur wenige Menschen bringen den Mut für solche Blockaden auf. Es ist ja nicht gerade angenehm, es ist kalt, es ist nass, die Aktivist:innen werden beschimpft, angepöbelt, von Politiker:innen als Terroristen bezeichnet, von Polizist:innen mit Schmerzgriffen weggetragen, "präventiv" weggesperrt, vor Gericht gestellt... Da gehört schon was dazu.

  • Man kann diese mutigen Menschen in ihren Aktionen nur bestärken und hoffen das sie weitermachen. Auf politischer Ebene wird mit aller Macht versucht, diese Protestierende zu kriminalisieren. (Stichwort Klimaraf). Das ist einfach nur erbärmlich!

    • @Wetterleuchten 22:

      Klima-RAF wurde zuerst in einem Interview von Terzio Müller verwendet.



      Terzio Müller ist jetzt sicherlich nicht der Sprecher von irgendwelchen Berufsdemonstranten - er ist jedoch auch kein Vertreter der konservativen oder liberalen Seite.

      Der Begriff der Klima-RAF kam nicht aus der Politik sondern aus der "Zivilgesellschaft"

    • @Wetterleuchten 22:

      Leider sind die Forderungen, die die Aktivisten durchsetzen wollen, Tropfen auf den heißen Stein.

      • @Patricia Winter:

        wenn wir nichtal in der Lage sind den Tropfen umzusetzen wie können wir erwarten das wir mehr schaffen.

        Die Forderung ist symbolischer Natur weil diese

        1: lächerlich einfach umzusetzen ist

        2: nicht ausreicht.

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    Die professionelle Politik sollte lieber den Klimaschutz anstelle der Klimaschützer stärker in den Blick nehmen! Der Auftrag ist längst erteilt.



    Aber das wäre ja nun in Anlehnung an die Argumentation der Politikprofis der erpressbare Staat. Geht also nicht.

  • Ach, Herr Söder. Wenn Sie das mit dem "Leben lassen" ernst meinten... dann würden sie aber anders bei der Dekarbonisierung Druck machen.

    Das Ding ist, dass Sie diese jungen Menschen eben *nicht* leben lassen wollen.

  • Sicher gibt es Gruppen und Grüppchen, denen es bisher nicht gelang, ihr – wie auch immer geartetes - Anliegen unters Volk zu bringen. Die ihr Anliegen genauso wichtig finden, wie die „Letzte Generation“ den Klimaschutz. Sie dürften sehr interessiert zur Kenntnis genommen haben, welche öffentliche Aufmerksamkeit die „Letzte Generation“ mit ihren Aktionen erzielt.



    Wer könnte diese Leute stoppen, wenn sie mit dem Argument „gleiches Recht für alle – auch für uns“ versuchen, auch IHRE Vorstellungen durchzusetzen? Egal, ob innerhalb oder außerhalb des gesetzlichen Rahmens?

    • @Pfanni:

      Der Generalbundesanwalt.

      Und übrigens, die Aufmerksamkeit und Wirkung auf den politischen Diskurs von Pegida und anderen extrem Rechten war trotz eindeutiger politischer Minderheit viel geringer.

      In Bezug auf mehr Klimaschutz gibt es einen viel breiteren Konsens und dennoch weniger Wirkung des Aktivismus.

      Insofern ergibt Ihre Spekulation wenig Sinn.

  • Speziell in Berlin interessiert's langsam keinen mehr, zumal sich das doch nur in die unendlich lange Reihe der dortigen Missstände einreiht. Ob nun die Ringbahn nicht fährt oder der Verkehr wegen irgendwelcher Kleber nicht rollt - wen juckt's?

    Die sollten sich vielleicht mal lieber in der Lausitz an einen Tagebaubagger ketten.

    • @Suryo:

      Das ewige "die sollen lieber..." Ich mutmaße mal, Sie wollen sagen: Die sollen ihren Aktivismus lieber irgendwo ausüben, wo sie (mich?) nicht stören.

      • @J. Straub:

        Nee, die sollen Aktionen starten, deren Sinn die Mehrheit der Bevölkerung nachvollziehen kann. So wie weiland Greenpeace.

        Ich verstehe wirklich nicht, wie irgendwer - außer den ohnehin Überzeugten - glauben kann, dass die Klebeaktionen die Klimapolitik beeinflussen werden.

  • „Die Aussicht auf Präventivhaft oder Strafen hält diese Menschen nicht ab.“



    Auch nicht, wenn im Wiederholungsfall echte Haftstrafen und Eintrag ins Führungszeugnis werden. Auch nicht, wenn man dann nicht mehr Lehrer oder Beamter werden kann? Auch nicht, wenn aus 500€ plötzlich 100 Tagessätze a 50€ werden?

    So verständlich ich deren Anliegen finde, so unlogisch finde ich deren Vorgehensweise. Sie erreichen mit den Protesten nicht diejenigen am politischen Steuerpult, sondern die Arbeitnehmer*innen auf dem Weg zur Arbeit. Und die werden mit den Aktionen ganz sicher nicht Freunde der LG.

    • @Rudi Hamm:

      Die Tagessatzhöhe richtet sich in D-Land nach dem Einkommen des verurteilten Menschen.

      Im Übrigen glaube ich, dass Sie die Tragweite und die Auswirkungen der kommenden Klimakatastrophe nicht erfassen.

    • @Rudi Hamm:

      Ich hoffe nur ddas die "armen Arbeitnehmer*innen" nicht in der Zukunft sich auch beschweren über zu hohe Tankpreise, Versicherungsbeträge wegen Fluten und Unwetter etc. etc. denn genau jetzt hätten sie die chance gemeinsam zu agieren. Aber die merken es erst wenns noch später ist, weil sie erst dann vielleicht irgendwann mal davon betroffen sind. Heute muss der Rubel, sorry Euro, und der Verkehr rollen, komme was wolle. Opportunismus und Egoismus pur!

    • @Rudi Hamm:

      Auf den Punkt gebracht, danke!