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Klimaforscher über CO2-Budget„Die Emissionen müssen sinken“

Wie viel CO2-Ausstoß kann die Welt noch vertragen? Joeri Rogelj berechnet „Budgets“ an Emissionen und weiß: Wir müssen dringend bremsen.

Wie lange noch? Das 1,5-Grad-Ziel wird bei jedem CO2-Ausstoß unrealistischer Foto: Rupert Oberhäuser/imago
Interview von Christian Mihatsch

taz: Herr Rogelj, was ist das CO2-Budget und wie berechnet man es?

Joeri Rogelj: Wir wissen schon lange, dass die Erderwärmung linear mit der Menge der kumulierten Emissionen steigt. Neuerdings wissen wir auch, dass die Erderwärmung stoppt, wenn wir die Emissionen stoppen. Damit können wir ausrechnen, wie viel CO2 wir noch emittieren dürfen, wenn ein bestimmtes Temperaturziel eingehalten werden soll.

Wann müssen wir CO2-neutral sein, um die Erwärmung bei 1,5 Grad zu stoppen?

Wenn man die Emissionen linear reduziert, dann haben wir 20 bis 25 Jahre Zeit, um die Erwärmung mit einer Wahrscheinlichkeit von 67 respektive 50 Prozent bei 1,5 Grad zu stoppen. Die Emissionen müssen also schon in diesem Jahrzehnt deutlich sinken. Jedes Jahr des Abwartens reduziert unser CO2-Budget massiv.

Was ist mit anderen Treibhausgasen, wie etwa Methan?

Es gibt sehr günstige Methoden, um etwa die Methanemissionen zu reduzieren. Wenn diese Emissionen aber nicht so schnell sinken wie angenommen, dann muss man von den CO2-Budgets bis zu 220 Milliarden Tonnen abziehen.

Wenn die CO2-Emissionen sinken, gibt es auch weniger Luftverschmutzung. Diese kühlt den Planeten allerdings.

Die Budgets berücksichtigen, dass der kühlende Effekt von Aerosolen verschwindet, wenn wir die CO2-Emissionen reduzieren.

Ist es möglich, das globale CO2-­Budget auf einzelne Länder zu verteilen?

Das ist möglich, aber das ist keine ­exakte Wissenschaft. Welches Temperaturniveau will man mit welcher Wahrscheinlichkeit erreichen? Es gibt viele verschiedene Arten der Verteilung, aber was ist fair? Eine Option ist, dass man die Budgets so verteilt, dass jeder Mensch das gleiche CO2-Budget hat. Man kann aber auch die historischen Emissionen mitberücksichtigen. Länder, die bereits viel emittiert haben, bekommen weniger. Wenn diese ethischen Fragen beantwortet sind, dann können wir Wissenschaftler die Länderbudgets berechnen.

Ob verschiedene Temperaturziele erreicht werden, berechnen Sie nach Wahrscheinlichkeiten.

Im Interview: Joeri Rogelj

40, ist Forschungsdirektor am Grantham Institute des Imperial College London. Er hat den IPCC-Bericht über CO2-Budgets geschrieben.

Wenn man das Budget für 1,5 Grad mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent nimmt, dann heißt das: In einem von zwei Fällen erreicht man das Ziel und in einem von zwei Fällen ist die Erwärmung stärker. Das könnte nur wenig sein, das könnte aber auch nennenswert viel mehr sein.

Das CO2-Budget wurde zuletzt vor drei Jahren berechnet, im Rahmen des IPCC-Berichts. Was hat sich verändert?

Die CO2-Budgets sind grob gleich geblieben. Obwohl wir jeden Faktor von Grund auf neu überarbeitet haben, kommen wir zum selben Resultat. Die gute Nachricht ist: Unser wissenschaftliches Verständnis ist robust. Und die schlechte ist: Diese Budgets waren schon vor drei Jahren sehr klein und mit den Emissionen seither haben wir einen weiteren, großen Teil der Budgets verbraucht.

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25 Kommentare

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  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Jetzt rächt sich der Ausstieg aus dem europaweitem CCS-Programm - Carbon Capture & Storage.



    Sofort damit wieder anfangen und nicht auf die Schwätzer von Greenpeace hören.

    • @17900 (Profil gelöscht):

      Das durch die brennenden Wälder freigesetzte CO2 einfangen und im Boden verpressen? Genial!

  • Zur Zeit ist das Anschaffen und Bereithalten von Löschflugzeugen und Hubschraubern die beste CO2 Reduktionsmaßnahme. Auch eine bessere Ausstattung der Feuerwehr wäre hilfreich. es ist ja nicht so, dass dankt zünftiger "Versprechen und Plänen" sofort die Temperaturen sinken. Solange wir dank steigender Temperaturen mit mehr Trockenheit und Bränden rechnen müssen können alle Bemühungen durch ein paar Großfeuer zu nichte gemacht werden.

  • Korrektur: "Wenn man die Emissionen linear AUF NULL reduziert, dann haben wir 20 bis 25 Jahre Zeit," also Halbierung global binnen 10 bis 12,5 Jahre, in Deutschland eher bis 2030, gerechnet von heute, nicht von den höheren Emissionen aus 1990.

    Normal ist aber keine lineare Reduktion, sondern eine degressive, denn die Vermeidung der letzten Emissionsmenge ist schwieriger als die der ersten.

    Mit einer Koalition Laschet-Baerbok droht in Deutschland hingegen erst mal ein Anstieg der Emissionen als Folge des nicht durch mehr Solarenergie kompensierten Atomausstiegs.

    • @meerwind7:

      Durch die Feuer der legtzten zeit wurde mehr CO2 freigesetzt, als durch die Klimaprogramme eingespart wurde. Da sollte man doch meinen, dass endlich ausreichend Löscheinrichtungen angeschafft werden, und vorbeugend Wälder bewässert werden.

  • Das Hauptproblem ist doch, dass Deutschland schon immer ein Energieimporteur war. Außer Kohle haben wir schon immer Öl und Gas importiert. Mit dem Ausbau der Erneuerbaren Industrien wird erwartet dass wir diese Leistung plötzlich komplett alleine wuppen sollen. Und das unter anderem mit Solar in einem eher sonnenarmen Land . Wäre es zum Beispiel möglich Wasserstoff im Ausland zu kaufen, könnten wir in wenigen Jahren CO2 frei sein.

    • 1G
      17900 (Profil gelöscht)
      @Dr.B:

      Nein, das ist nicht das Hauptproblem sondern die Handlungsunfähigkeit dieser Regierung!



      Das muss baldmöglichst ein Ende haben.

    • @Dr.B:

      Nur nicht selber anpacken. Anstatt mal enlich voranzumachen dauernd die Pläne, wie andere die Energie für uns bereitstellen sollen (incl. Desertec). warum nicht die Abwanderung energieintensiver Betriebe in energiereiche Gegenden fördern? Aber nein, da könnten ja 100 Arbeitsplätze dran hängen, und ja dem Ausland kein Geschäft überlassen. Lieber werden diese Betriebe auf Kosten der Privatverbraucher subventioniert.

    • @Dr.B:

      Es gibt Konzepte für integrierte Photovoltaik, Deutschland kann mit Photovoltaik und Windenergie den Strombedarf decken, wenn das von der Politik nicht mehr verhindert wird. Es reicht vielleicht nicht, um die Verbrennermotoren 1:1 durch Elektroautos zu ersetzen, das ist aber auch nicht wünschenswert wegen der Ressourcenverschwendung. Das Photovoltaikpotential ist groß und kann auch zur Erzeugung von Wasserstoff verwendet werden. Siehe z.B. Fraunhofer Institut und Agora Energiewende.

      • 1G
        17900 (Profil gelöscht)
        @Gärtnerin:

        Wieso hat kaum jemand die Geothermie auf dem Schirm?

  • "Wenn man die Emissionen linear reduziert, dann haben wir 20 bis 25 Jahre Zeit, um die Erwärmung mit einer Wahrscheinlichkeit von 67 respektive 50 Prozent bei 1,5 Grad zu stoppen. Die Emissionen müssen also schon in diesem Jahrzehnt deutlich sinken. Jedes Jahr des Abwartens reduziert unser CO2-Budget massiv."



    Wichtig ist hier der zweite Satz. Mit dem derzeitigen Verbrauch ist das 1.5°-Ziel schon in 6,5 Jahren nicht mehr erreichbar.



    www.mcc-berlin.net...ng/co2-budget.html

    • 1G
      17900 (Profil gelöscht)
      @Ingo Bernable:

      Mit der CCS-Technik plus dem Kohleausstieg würden die Zahlen weit besser aussehen.

  • @PAUL RABE

    Da gibt es aber auch paradoxe Effekte: als der Ölpreis damals diesen berüchtigten Knick nach unten gemacht hat, sind reihenweise Firmen im Frackingkontext pleite gegangen.

    Es ist mittlerweile eine sehr investitionsträchtige Industrie [1]. Ein merklicher Abfall der Nachfrage könnte dieses Kartenhaus in sich zusammenfallen lassen.

    Deshalb sind jetzt Grossinvestitionen in diese Richtung (Nordstream 2, I'm looking at you!) so ziemlich das Dümmste, was wir machen können.

    [1] Oder "das Kapital ist ein scheues Reh -- höhöhöööö"

    • @tomás zerolo:

      Um die Energiewende hinzubekommen, ohne großflächige Abschaltungen zu riskieren ist der Bau von hocheffizienten GuD Kraftwerken durchaus sinnvoll. Das gilt insbesondere, wenn man nicht nur AKW und KKW abschalten möchte, sondern auch noch den Verkehr auf Strom umlenken möchte, und die Stahlindustrie CO2 frei hinbekommen möchte.

      Ich halte nichts von Traumtänzerei. Alles ist irgendwie möglich, aber nur unter Einhaltung von Rahmenbedingungen.

    • @tomás zerolo:

      Das gilt für Fracking, aber es gilt nicht für die Öl und Kohleproduktion in Gegenden wo die Investitionen längst getätigt wurden.



      Um es bildlich zu sagen in Russland oder Saudi Arabien muss man einfach nur den Hahn aufdrehen und in Australien baggert der Kohlebagger ohnehin immer die gleiche Menge, dem ist es egal, weil er für Kapazität X pro Tag ausgelegt wurde, also eine bestimmte Menge an Kohle täglich zu Baggern



      Die variable ist da nur der VerkaufsPreis

      • @Paul Rabe:

        Richtig. In einer Markwirtschaft sind CO2 Reduktionen nur über Fördereinschränkungen machbar. Also eigene Tagebaue und Ölquellen stillegen, und Reduktionsvereinbarungen wie OPEC+ beschließen.

  • Ich erinnere mich immer wieder gerne hieran:

    www.solarwirtschaf...-75-markteinbruch/

    Da wurden die Weichen gestellt: Erneuerbare Energie ist viel zu teuer und lohnt sich wirtschaftlich nicht! Und wer war da schon Bundeskanzlerin?

    Nach dem Vollversagen im Gesundheitsministerium war dies Röslers zweiter Streich.

    Lustig, oder?

  • Die weltweite Produktion von Kohle, Gas und Öl zeigt derzeit steil nach oben.



    Was produziert wird, das wird auch verbraucht.



    Wird sich das ändern ? Unwahrscheinlich, denn der Verbrauch ist preissensibel, wenn die Preise sinken, steigt der Verbrauch. Dieser Zusammenhang mag Ökologen und Klimaforscher schockieren, aber es ist eine ökonomische (=menschliche...) Tatsache.

    Das bedeutet in der Konsequenz, wenn wir weniger Öl verbrauchen, dann wird es auf dem Weltmarkt günstiger und DESWEGEN wird an anderen Orten der Welt mehr davon verbraucht.

    • @Paul Rabe:

      Auch "an anderen Orten der Welt" gilt internationales Recht und damit auch das Pariser Klimaschutzabkommen. Ganz abgesehen davon, dass auch andere Länder und Menschen eher nicht bereit sein werden das Überleben der Menschheit dem Profit zu opfern. Und was wäre auch die Alternative? Schnell noch den Atommüll endlagern und dann darauf warten, dass uns ein immer extremer werdendes Klima endgültig den Garaus macht?

      • @Ingo Bernable:

        "Die Ziele selbst sind zwar nicht verbindlich, aber alle Länder sind verpflichtet, eigene Ziele auszuarbeiten, zu kommunizieren und aufrechtzuerhalten, sowie Maßnahmen zu ergreifen, um diese Ziele zu erreichen. Indem der Verpflichtung auf diese Art und Weise ein Rahmen gesetzt wird, erhöhen sich die Chancen, dass Ziele auch umgesetzt werden, denn diese können von jedem Staat selbst festgelegt werden – in vielen Ländern sind sie bereits in national verbindlichen Gesetzen und Vorschriften verankert. Diese Architektur verpflichtet die Staaten, ihre nationalen Pläne einzuhalten, und nimmt zugleich Rücksicht darauf, dass einige Länder sich nicht in einem internationalen Vertrag auf konkrete Ziele verpflichten können."



        www.wri.org/insigh...ens-so-wichtig-ist

      • @Ingo Bernable:

        was genau sind denn die Konsequenzen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen zB für Kohleproduzenten ?



        Wenn amerikanische Kohleproduzenten, wie grade im Moment, ihre Produktion erhöhen, dann vermutlich nicht um die danach wieder ins Meer zu kippen, oder ?



        Oder was ist die Konsequenz, wenn Saudi Arabien seine Ölproduktion erhöht ?



        Die Antwort ist einfach: Der Preis sinkt und damit steigt die Bereitschaft von MIlliarden von Menschen, für die im Moment der Sprit noch zu teuer ist, sich doch ein altes Auto zu kaufen und z.B. statt mit dem Rad dann mit dem Auto zur Arbeit zu fahren.



        Nein, die wohnen nicht in Berlin, aber vielleicht in Jakarta, Buenos Aires, Lagos, Mumbai oder Mexico City....

        • @Paul Rabe:

          Die Kohleförderung in den USA ist letztes Jahr um 24% eingebrochen und das hat nicht nur mit Corona zu tun, sondern auch mit zurückgehender Nachfrage. [1]



          Der Versuch die Entwicklung allein auf Grundlage eines freien, komplett unregulierten Marktes nach dem Geschmack rechts-libertärer Ideologen beschreiben zu wollen ist unterkomplex und daher nicht aussagekräftig. Weder funktionieren Menschen, egal ob als arme Schlucker in Lagos oder als kapitalistische Konzernlenker, als rein monetär Kosten-Nutzen-optimierende homo oeconomicus, noch bewegen sich die Märkte auf rechtsfreiem Territorium. Wenn also beispielsweise Biden Beschränkungen für neue Öl- und Gasbohrungen erlässt, was er getan hat, spielt es keine Rolle mehr ob sich damit Profit machen ließe weil es damit illegal ist.



          Im Kern gleicht die Klimaschutzproblematik dem Gefangenendilemma im globalen Maßstab und unter verschärften Bedingungen. Die einzige Chance halbwegs heil aus der Sache herauszukommen ist darauf zu vertrauen, dass alle Beteiligten das für den Klimaschutz richtige und notwendige zu tun, wenn man aber, wie sie, keinerlei Vertrauen in die Einsichtigkeit und Vernunft der anderen setzt und als Konsquenz daraus selbst nicht aktiv wird, ist genau dies der Punkt an dem der Weg ins Verderben beginnt.



          [1] www.eid-aktuell.de...-eingebrochen.html

          • @Ingo Bernable:

            Ja, an der Spitze der Pawlowschen Pyramide kann man es sich gut leisten auch Aspekte von „Selbstverwirklichung“ Bei der Wahl der Energieträger zu berücksichtigen, Viele in Berlin befinden sich dort.

            Aber gilt es auch für die durchschnittlichen Bewohner von Jakarta oder Buenos Aires ?



            Ich glaube nicht, Die entsprechen dem klassischen Typ Homo Economicus doch ziemlich präzise

    • @Paul Rabe:

      Wenn es so wäre, dann können wir nationale Bemühungen vergessen. Das spricht für eine deutlich stärkere internationale Zusammenarbeit, bei der wahrscheinlich auch hier stets nationale Egoismen im Vordergrund stehen würden. Erst recht dann, wenn wir weiter unsere Feindbilder pflegen.

      • 1G
        17900 (Profil gelöscht)
        @Rolf B.:

        Es nutzt nicht viel, wenn Deutschland klimaneutral wird und die anderen Länder einfach so weitermachen wie bisher. Australien, Indonesien, Russland, Südafrika, Vietnam um nur einige zu nennen.



        Deshalb zum x-ten Mal wäre die CCS-Technik als Brückentechnologie, parallel zum Kohleausstieg, dringend notwendig.



        Wer nicht handelt, der wird behandelt.