Klimaforscher über CO2-Budget: „Die Emissionen müssen sinken“
Wie viel CO2-Ausstoß kann die Welt noch vertragen? Joeri Rogelj berechnet „Budgets“ an Emissionen und weiß: Wir müssen dringend bremsen.
taz: Herr Rogelj, was ist das CO2-Budget und wie berechnet man es?
Joeri Rogelj: Wir wissen schon lange, dass die Erderwärmung linear mit der Menge der kumulierten Emissionen steigt. Neuerdings wissen wir auch, dass die Erderwärmung stoppt, wenn wir die Emissionen stoppen. Damit können wir ausrechnen, wie viel CO2 wir noch emittieren dürfen, wenn ein bestimmtes Temperaturziel eingehalten werden soll.
Wann müssen wir CO2-neutral sein, um die Erwärmung bei 1,5 Grad zu stoppen?
Wenn man die Emissionen linear reduziert, dann haben wir 20 bis 25 Jahre Zeit, um die Erwärmung mit einer Wahrscheinlichkeit von 67 respektive 50 Prozent bei 1,5 Grad zu stoppen. Die Emissionen müssen also schon in diesem Jahrzehnt deutlich sinken. Jedes Jahr des Abwartens reduziert unser CO2-Budget massiv.
Was ist mit anderen Treibhausgasen, wie etwa Methan?
Es gibt sehr günstige Methoden, um etwa die Methanemissionen zu reduzieren. Wenn diese Emissionen aber nicht so schnell sinken wie angenommen, dann muss man von den CO2-Budgets bis zu 220 Milliarden Tonnen abziehen.
Wenn die CO2-Emissionen sinken, gibt es auch weniger Luftverschmutzung. Diese kühlt den Planeten allerdings.
Die Budgets berücksichtigen, dass der kühlende Effekt von Aerosolen verschwindet, wenn wir die CO2-Emissionen reduzieren.
Ist es möglich, das globale CO2-Budget auf einzelne Länder zu verteilen?
Das ist möglich, aber das ist keine exakte Wissenschaft. Welches Temperaturniveau will man mit welcher Wahrscheinlichkeit erreichen? Es gibt viele verschiedene Arten der Verteilung, aber was ist fair? Eine Option ist, dass man die Budgets so verteilt, dass jeder Mensch das gleiche CO2-Budget hat. Man kann aber auch die historischen Emissionen mitberücksichtigen. Länder, die bereits viel emittiert haben, bekommen weniger. Wenn diese ethischen Fragen beantwortet sind, dann können wir Wissenschaftler die Länderbudgets berechnen.
Ob verschiedene Temperaturziele erreicht werden, berechnen Sie nach Wahrscheinlichkeiten.
40, ist Forschungsdirektor am Grantham Institute des Imperial College London. Er hat den IPCC-Bericht über CO2-Budgets geschrieben.
Wenn man das Budget für 1,5 Grad mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent nimmt, dann heißt das: In einem von zwei Fällen erreicht man das Ziel und in einem von zwei Fällen ist die Erwärmung stärker. Das könnte nur wenig sein, das könnte aber auch nennenswert viel mehr sein.
Das CO2-Budget wurde zuletzt vor drei Jahren berechnet, im Rahmen des IPCC-Berichts. Was hat sich verändert?
Die CO2-Budgets sind grob gleich geblieben. Obwohl wir jeden Faktor von Grund auf neu überarbeitet haben, kommen wir zum selben Resultat. Die gute Nachricht ist: Unser wissenschaftliches Verständnis ist robust. Und die schlechte ist: Diese Budgets waren schon vor drei Jahren sehr klein und mit den Emissionen seither haben wir einen weiteren, großen Teil der Budgets verbraucht.
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