Kindergrundsicherung am Ende: Paus’ Mitschuld
Mit der jüngsten Attacke könnte Lindner die Kindergrundsicherung endgültig begraben haben. Daran ist auch Lisa Paus' unbeholfenes Agieren schuld.
![Lisa Paus schaut zur Seite Lisa Paus schaut zur Seite](https://taz.de/picture/6919637/14/35016968-1.jpeg)
D as wird es wohl gewesen sein mit der Kindergrundsicherung. Nachdem sich die grüne Familienministerin Lisa Paus und Finanzminister Christian Lindner, FDP, im vergangenen Jahr monatelang darüber gefetzt hatten, wie die Kindergrundsicherung zu finanzieren sei und sich am Ende auf eine lächerliche Summe von 2,4 Milliarden Euro geeinigt hatten, flammt die Debatte aktuell wieder auf.
Jetzt moniert Lindner die 5.000 neuen Stellen, die seine grüne Kabinettskollegin für den Familienservice geltend macht. Mit dem Personal will sie den zu erwartenden Antragsansturm ab 2025, wenn die Kindergrundsicherung in Kraft treten soll, abfangen. Aber Lindner sagt: Nö, da mach ich nicht mit. Und begründet seine Blockade in der ihm eigenen liberal-konservativen Manier mit der „Eigenverantwortung“, die man den Betroffenen doch bitte nicht nehmen solle.
So wenig überraschend Lindners Haltung ist, so fragwürdig ist sie auch. Die Kindergrundsicherung ist ein wichtiges sozialpolitisches Instrument, um Tausende Kinder aus der Armut zu holen und ihnen ein Leben in Würde zu gewährleisten. Das sollte auch dem nüchternsten Finanzminister etwas wert sein. Dass er die Mittel nach dem erneuten Debakel und seinen ohnehin ehrgeizigen Sparplänen lockermachen dürfte, ist fraglich.
Daran trägt Lisa Paus keine geringe Mitschuld. Wie kann eine Familienministerin ein Projekt, das Paus selbst das „größte sozialpolitische Reformprojekt der Ampel“ nennt und das seit seinen Anfängen vor fast zwei Jahrzehnten ihre Handschrift trägt, so planlos versenken? Seit ihrem Amtsantritt agiert die Grüne unkoordiniert, überstürzt, unvorbereitet.
Sie hätte gewappnet sein müssen
Für die Kindergrundsicherung hat sie wohl noch immer kein Konzept vorgelegt, mit dem das parlamentarische Verfahren weitergeführt werden kann. Dabei hat das „größte sozialpolitische Reformprojekt der Ampel“ es verdient, auch als solches behandelt zu werden. Und sich nicht von einem Oberlehrer als renitentes Kind behandeln zu lassen, weil die Mutter nicht in der Lage ist, es zu beschützen.
Der Familienministerin ist es in den zwei Jahren ihrer Amtszeit kaum gelungen, für familien- und sozialpolitische Themen rhetorisch zu begeistern und sie umzusetzen. Dabei ist die Volkswirtin seit 30 Jahren in der Politik und hätte gewappnet sein müssen, insbesondere in Finanzfragen.
Noch ist Paus „optimistisch“, dass die Kindergrundsicherung kommt. Vielleicht hat sie damit sogar recht. Nur: Die Familienministerin könnte dann möglicherweise anders heißen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Erpressungs-Diplomatie
Wenn der Golf von Mexiko von der Landkarte verschwindet
Tod von Gerhart Baum
Einsamer Rufer in der FDP-Wüste
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören