Hungerstreik in Ungarn: Maja T. wird in Haftkrankenhaus verlegt
Seit fast einem Monat ist Aktivist*in Maja T. in ungarischer Haft im Hungerstreik. Nun wird T. in ein Haftkrankenhaus verlegt, fernab von Budapest.
Wolfram Jarosch, der Vater von Maja T., erneuerte deshalb seine Forderung, sein Kind nach Deutschland rückzuüberstellen. Dass Maja zu solch einem drastischen Mittel eines Hungerstreiks greifen müsse, sei ein Skandal. „Diese Haftbedingungen sind nicht nur unmenschlich, sie sind lebensgefährlich.“ Jarosch forderte die deutsche Politik auf, dem Fall nicht weiter zuzuschauen. „Die Verantwortlichen müssen Druck machen, damit Maja sofort in den Hausarrest kommt – und ein faires Verfahren in Deutschland erhält.“
Laut Jarosch hat Maja T. seit Beginn des Hungerstreiks mehr als 10 Kilogramm Gewicht verloren und leidet zunehmend unter Erschöpfung. Jarosch selbst befindet sich derzeit auf einem Fußmarsch von Jena, der Heimatstadt von Maja T., nach Berlin. Dort will er einen Besuchstermin bei Außenminister Johann Wadephul (CDU) erreichen, damit ihm dieser „substanzielle Unterstützung“ für sein Kind zusagt. Im Gepäck hat Jarosch eine Petition mit nach eigener Auskunft 100.000 Unterschriften, die sich ebenfalls für Maja T. einsetzt. Am Montagabend hatte Jarosch Leipzig erreicht.
Auch der Linken-Europaabgeordnete Martin Schirdewan forderte, die Bundesregierung müsse angesichts des sich „rapide verschlechternden“ Gesundheitszustands von Maja T. eine Rücküberstellung aus Ungarn nach Deutschland „sofort zur Priorität machen“. „Was muss noch passieren, damit SPD und CDU endlich aufwachen?“ Die Auslieferung von Maja T. sei rechtswidrig erfolgt, erinnerte Schirdewan. „Dieses Unrecht muss behoben werden. Das ist die Verantwortung der Bundesregierung.“
Eine „Katastrophe mitten in Europa“
Schirdewan hatte erst vor wenigen Tagen Maja T. in der Haft in Budapest besucht – so wie auch mehrere weitere Europa- und Bundestagsabgeordnete, darunter Katrin Göring-Eckardt (Grüne), Daniel Freund (Grüne), Carola Rackete (Linke) oder Falko Droßmann (SPD). Auch die Grünen- und Linken-Politiker*innen forderten eine Rücküberstellung von Maja T. nach Deutschland und einen Prozess hierzulande. „Wir wollen, dass sie ein Verfahren bekommt, das rechtsstaatlich einwandfrei ist“, erklärte Göring-Eckardt. „Wir wollen, dass Maja T. nach Deutschland überstellt wird.“ Der Fall sei eine „Katastrophe mitten in Europa“.
Maja T. wird vorgeworfen, mit anderen Autonomen im Februar 2023 mehrere Rechtsextreme in Budapest schwer angegriffen zu haben, am Rande des europäischen Neonazi-Aufmarschs „Tag der Ehre“. Nach einer Fahndung wurde T. im Dezember 2023 in Berlin gefasst. Sechs Monate später erlaubte das Berliner Kammergericht die Auslieferung nach Ungarn – rechtswidrig, wie das Bundesverfassungsgericht später feststellte, da das Gericht die Haftbedingungen für nonbinäre Menschen in Ungarn nicht ausreichend geprüft habe.
Seit Februar steht Maja T. nun in Budapest vor Gericht, wurde dort in Ketten vorgeführt. Die Staatsanwaltschaft droht mit einer Strafe von bis zu 24 Jahren Haft. Anfang Juni war Maja T. dann in den Hungerstreik getreten, um bessere Haftbedingungen und eine Rücküberstellung nach Deutschland zu erreichen. Das Gericht hatte zuletzt erneut einen Antrag auf einen Hausarrest für T. abgelehnt. Nun befindet sich der Prozess bis September in der Sommerpause.
Deutsche Ministerien sehen keine Handlungsoption
Das Auswärtige Amt von Johann Wadephul hatte zuletzt erklärt, Maja T. konsularisch zu betreuen, den Prozess zu beobachten und sich für bessere Haftbedingungen einzusetzen. Über eine mögliche Ausreise nach Deutschland müssten aber ungarische Gerichte entscheiden. Ähnlich äußerte sich auch das Bundesjustizministerium von Stefanie Hubig (SPD).
Wolfram Jarosch, der Vater von Maja T., dagegen drängt zum Handeln. „Jeder Tag in Haft ist ein Risiko für das Leben meines Kindes. Ich mache mir große Sorgen. Die Untätigkeit der Politik gefährdet Maja direkt.“
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