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Hintern abwischen in KrisenzeitenRealsozialistisches Klopapier

Wegen Corona fehlt es an allen Enden, auch am Hintern. Vielleicht helfen da Tipps aus dem Erfahrungsschatz ehemals sozialistischer Staaten.

Das ist: Luxus Foto: blickwinkel/imago

„Happy End“ heißt eine bekannte Marke für Toilettenpapier, die wahlweise in den Sorten „ECO“, „soft“ oder „soft de luxe“ erhältlich ist. Doch die Qual der Wahl war gestern. In Zeiten, in denen das Coronavirus an jeder Ecke lauert, haben NutzerInnen dieser manuellen „Endgeräte“ andere Probleme.

Das kostbare Gut wird knapp, in manchen einschlägigen Verkaufsstellen klaffen in den Regalen mittlerweile beängstigende Lücken. „Was tun?“, um mit Wladimir Iljitsch Lenin zu fragen. Die Antwort liegt in den Weiten des postsowjetischen Raums. Denn in dem einstigen Riesenreich und den brüderlich gesinnten Anrainerstaaten, wo sich Kommunismus und damit paradiesische Zustände partout nicht einstellen wollten, war die Endlosserviette meist knapp.

Das führte in der Bevölkerung verständlicherweise zu Unmut, Fragen und Erklärungsversuchen. Einer der möglichen Gründe für die chronischen Engpässe lautete, es gebe eben mehr ­Hintern als Menschen. Die Staatliche Universität in St. Petersburg, das Ende der 80er Jahre noch Leningrad hieß, löste das Problem auf ihre Weise. Auf die zaghafte Frage, ob denn der ­gewünschte Hygieneartikel zur Verfügung stehe, der, so vorhanden, im besten Fall eher grobkörnigem Schmirgelpapier ähnelte, entgegnete die Putzfrau grinsend: Nein, natürlich nicht, aber dafür gebe es schließlich die Prawda.

Die Zweckentfremdung des Zentralorgans der Kommunistischen Partei hinterließ Spuren – in Form von Druckerschwärze rund um den Anus, was heimliche Oppositionelle damals allerdings immer noch besser fanden, als rot zu sein. Unlängst erinnerte sich ein armenischer Bekannter an die Zeit nach der Unabhängigkeit seines Landes in den 90er Jahren.

Für Säuberungsaktionen musste da auch schon mal die zerlegte umfängliche Marx-Engels-Gesamtausgabe herhalten

Toilettenpapier? Von wegen. Für Säuberungsaktionen musste da auch schon mal die zerlegte umfängliche Marx-Engels-Gesamtausgabe herhalten. Frei nach dem Motto: Marx, Engels? Geht uns doch am Arsch vorbei! Womit gleichzeitig der Beweis erbracht war, dass jahrelange Pflichtlektüre in Schulen und Hochschulen nichts gebracht hatte. Besagter Armenier kann jetzt über die Verunsicherung vieler Deutscher nur schmunzeln, hat er doch einen reichhaltigen Erfahrungsschatz. Früher war eben doch nicht alles schlecht.

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33 Kommentare

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  • 0G
    01089 (Profil gelöscht)

    Die prawda muss wohl in diesem Artikel nur deswegen als Beispiel herhalten, weil es die taz fast nur noch online gibt.

    Oder ich druck sie mir vorher aus...?

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Schlimmer noch, was sangen die Sowjetsoldaten über das Rauchen: "Machorka ist der Tabak, die Prawda das Papier"

  • Der Spruch war die Tage ein schöner Erfolg an der Supermarktkasse



    - das Klopapierregal im Laden tatsächlich leer -

    "Was für ein Glück, dass so viele Araberinnen und Araber im Land sind. Die können erklären wie das mit Wasser geht. Machen das seit paar tausend Jahren immer schon so"

    Die wundern sich sowieso über diese Kultur. Ganze Wälder abholzen. Nur um sich gleichmässig den Popo zu verschmieren...

    Und Hände waschen ergibt daraus auch wie selbstverständlich...

    • @Martinxyz:

      "Die wundern sich sowieso über diese Kultur. Ganze Wälder abholzen. Nur um sich gleichmässig den Popo zu verschmieren..."

      Bisher habe ich sowas - Ausdruck antimuslimischen Rassismus' - nur von Christfundamentalisten und anderen Rechsextremisten gesehen. Da ich Sie eher auf der anderen Seite des politischen Spektrums einordne, gehe ich davon aus, dass Sie aus Ignoranz/Halbwissen positiv diskriminieren wollten.

      Araber benutzen Toilettenpapier. So gut wie weltweit, würde ich behaupten. Die Reinigung mit Wasser und der Hand - eine muslimische Hygienieempfehlung, die Sie pauschal auf alle Araber ausweiten - erfolgt in den allermeisten arabischen Haushalten NACH der Reinigung mit Toilettenpapier. Mit wie vielen Sie gesprochen haben, die sich über "diese Kultur" gewundert haben, interessiert mich jetzt aber schon.

      • @Devil's Advocate:

        Lassen Sie ihren Rassismus-Vorwurf doch fürs Erste stecken und fragen Sie Frau Yaghoobifarah:

        taz.de/Kolumne-Habibitus/!5330884/

        • @Jim Hawkins:

          Ich frage lieber die Araber, die deshalb rassistisch beleidigt wurden. Wobei ich zugeben muss, dass die mir bekannten Fälle alle im englischsprachigen Raum auftraten. Dass Martinxyz sich sicherlich nicht rassistisch äußern wollte, habe ich ja vorher schon eingeräumt.

          Dennoch könnte ich Ihnen von mehreren Dutzend Arabern aus Berlin mitteilen: Toilettenpapier wird benutzt. Ausschließlich oder aber zusätzlich zur Kanne mit Wasser. Deren Ansichten schätze ich alle deutlich mehr als die von Frau Yaghoobifarah. Selbst im von Ihnen verlinkten Artikel fordert sie (wenn man schon kein Wasser verwenden will) die Benutzung von feuchtem Toilettenpapier - ein Albtraum für die Kanalisation - und machr geschmacklose Pestvergleiche.

          Außerdem: Frau Yaghoobifarah ist soweit ich weiß keine Araberin, sondern (halb?) persisch. Selbst wenn Sie etwas auf Ihre Meinug geben, ist sie hier also fehl am Platz.

        • @Jim Hawkins:

          Der Klimagedanke und der diesbezügliche Vorteil eines Bidet ging mir heute auch durch den Kopf. Die Popokultur in Deutschland sollte stärker im Fokus der Klimabewegung stehen.

          • @Rudolf Fissner:

            Auf Toilettenpapier aus Altpapier umzusteigen, wäre ein guter Anfang für's Klima, der keinen großen Umstieg erfordert. Da sind die privaten Verbraucher noch weit hinten.

            • @Devil's Advocate:

              Falls mensch mal wieder normal einkaufen kann und ned das Klopapier- und Küchenkrepp-Abteil im ALDI mit Paletten voller Blumenerdesäcke vollgestellt wird mal drauf achten, daß auch das billige Papier so schleichend seit einiger Zeit ned mehr zwingend aus Altpapier ist und auch die Aufschrift "100% Altpapier" o.ä. kleiner wird.

              Abgesehen davon, daß die meisten Säugetiere sich ned den Arsch abwischen und trotzdem (halbwegs) sauber sind. Das sollte uns gerade jetzt, wo wir alle zusammen auseinanderrücken, mal ne Minute Nachdenken wert sein *lol*.



              Das schöne graue aus der DDR gabs in Weimar in der Uni-Bibliothek bis ende der 90er. Und demzufolge auch bei uns in der WG.

            • @Devil's Advocate:

              Auch das wäre "Ein kleiner Schritt für den Menschen, ein riesiger Sprung für die Menschheit”"

          • @Rudolf Fissner:

            Die Popokultur und die Popkultur. Wobei die hat jetzt auch erstmal Sendepause.

  • Klopapier für die Nase, es geht auch noch die Grippe herum! Den Hintern säubern kann man auch mit Wasser in einer kleinen Plastikflasche. Sicher, dass Bücher und Zeitungen nicht Kanäle und Abflussrohre verstopfen?

  • Danke für diese kurzweilige Einordnung der Gemengelage. Und zur Abwechslung habe ich ausnahmsweise auch mal die Kommentare mit einem gefälligen Schmunzeln studiert.

  • 0G
    05158 (Profil gelöscht)

    Weichlinge!

    Original DDR-Klopapier(neuwertig/ungebraucht)

    browse.startpage.c...be5ca7b2&t=default

    • 0G
      05158 (Profil gelöscht)
      @05158 (Profil gelöscht):

      Ergänzung1

      Warum war das Klopapier in der DDR so rauh?

      Damit auch der letzte Arsch rot wird ...

      • @05158 (Profil gelöscht):

        🤣😆

  • Sehr nette Ironie



    Auch im Elend hilft der Blick auf noch größeres Elend (Kommunismus)🤣

  • Wenn es eines hier reichlich gibt, dann Klopapier.



    Das muss ein Berliner Problem sein.

  • In Westafrika und ich nehme mal an auch auf dem restlichen Kontinent, nehmen die Menschen Wasser. Neben dem Klo steht immer statt Klopapier eine Plastikkanne. Reine Gewohnheitssache und für den Allerwertesten die schonendste Art der Säuberung.

    • 8G
      84935 (Profil gelöscht)
      @Andreas J:

      In Namibia gibts hauchdünnes einlagiges Klopapier. Wahrscheinlich koloniales Erbe der Deutschen. Wird dort auch in Einzelrollen verkauft...



      Die japanischen Klos mit Dusche und Föhn sind natürlich cool, aber angeblich irre teuer (Kleinwagenpreise?)!

      • @84935 (Profil gelöscht):

        Kommentar entfernt. Bitte bleiben Sie sachlich & beim Thema.



        Die Moderation

        • 0G
          05158 (Profil gelöscht)
          @Rudolf Fissner:

          Heben wir doch dieses interessante Thema auf ein künstlerisches Niveau:

          Elsterglanz-Die Band



          www.elsterglanz-dieband.com/



          (Anklicken nicht vergessen)

          Der Kaltmacher

          www.youtube.com/watch?v=gEXftm43Nw0

          ;-)

          • @05158 (Profil gelöscht):

            Ich wollte eigentlich mehr auf die ökonomischen Aspekt des Bidet-Kaufs hinweisen. Den Protagonisten in ihrem Kulturbeitrag kann man diese sicher auch für den Preis eines Kleinwagens verkaufen :-)

      • @84935 (Profil gelöscht):

        Natürlich gibt es solche Modelle, aber das sind High End Produkte, man kann da auch einen Aufsatz kaufen und sein bestehendes WC umrüsten, haben wir auch gemacht, kostete 500,- EUR.

      • @84935 (Profil gelöscht):

        Als ich das erste mal in Liberia war und das auf eine öffentliche Toilette in einem kleinen Flughafen gegangen war (natürlich Durchfall!) musste ich nach der Erleichterung feststellen das es kein Klopapier gibt. Ich habe bestimmt 5 verzweifelte Minuten gebraucht um zu kapieren das dafür das Fass Wasser mit Palstikbecher auf dem Klo da war. Das dünne Zeug gibt es überall. Ist aber ruckzuck alle, weil es kleine Rollen sind und man mehrere Blätter zusammenfaltet, damit des keine braunen Finger gibt. Viele Afrikaner geben aber dafür kein Geld aus weil sie Wasser gewohnt sind und es nichts kostet.



        Föhn ist aber auch nicht schlecht. Andere Kulturen sind großartig!

  • 8G
    84935 (Profil gelöscht)

    Zur Aufheiterung in trüber Zeit dazu ein Witz

    Schreibt der Künstler an den Zeitungskritiker: "Gerade sitze ich im kleinsten Raum meines Hauses und habe Ihre Kritik vor mir. Bald werde ich sie hinter mir haben..."

    • @84935 (Profil gelöscht):

      Aktuell würde ich da empfehlen, das Parteiprogramm der AfD zu benutzen. Dann haben wir das auch hinter uns...

      • 8G
        84935 (Profil gelöscht)
        @boidsen:

        Braun und beschissen ist es ja ohnehin schon 😆

      • 6G
        65572 (Profil gelöscht)
        @boidsen:

        Haben Sie den eins?

        • @65572 (Profil gelöscht):

          Nein, aber werde es mir dann ausdrucken :-)

        • 8G
          84935 (Profil gelöscht)
          @65572 (Profil gelöscht):

          Nö, aber wenn was anderes drin steht, als das, was sie landauf landab mündlich verzapfen, ist es gelogen; und wenn nicht, dann ist es braun und beschissen. Also ist das Lesen entbehrlich! Mir reicht es immer schon, wenn ihre Statements im Radio über mich drüber schwappen wie ein platzendes Rohr am Gülle-Traktor auf der Straße vor mir (Kopfkino aktivieren...)

          • @84935 (Profil gelöscht):

            Der Unterschied ist, die Gülle geht unter der Dusche weg...