Gutachten zum Wohnungsbau: Der Markt soll's richten
Laut dem Beirat des Wirtschaftsministeriums soll der Markt die Wohnungsfrage lösen. Statt billiger Wohnungen soll es Wohngeld geben.
taz | Der Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums hat die Streichung der Mietpreisbremse und den weitgehenden Verzicht auf den sozialen Wohnungsbau empfohlen. In einem Gutachten, das deutlich von einer neoklassischen Sicht auf den Wohnungsmarkt geprägt ist, stellen die Verfasser fest, dass die Mietpreisbremse bisher wirkungslos geblieben sei.
Hätte sie aber eine Wirkung, „sänken damit auch die Anreize, neue Wohnungen zu bauen“, sagte Friedrich Breyer (Universität Konstanz), federführender Autor des Gutachtens. Investoren würden aufgrund der niedrigeren Renditen durch eine Mietpreisbremse ihre Baupläne überdenken.
Den Bau von Sozialwohnungen lehnt der Wissenschaftliche Beirat ab, weil viele Mieter in den Jahren nach ihrem Einzug aufgrund höherer Einkommen nicht mehr auf eine solche Wohnung angewiesen seien. Auch öffentlichen Wohnungsbau wollen die Autoren nicht – alles soll der Markt richten. Mieter mit niedrigerem Einkommen sollen Wohngeld bekommen, um teure Mieten bezahlen zu können.
Die FDP begrüßte die Stellungnahme des Beirats: „Staatliche Interventionen auf einem überhitzten Markt bringen nichts“, sagte der Bundestagsabgeordnete Daniel Föst. Für die SPD kritisierte Parteivize Thorsten Schäfer-Gümbel das Gutachten als „marktradikalen Unfug“. Caren Lay (Linkspartei) sagte, der Beirat käme „in seiner Marktideologie zu völlig falschen Schlüssen“.
Auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) distanzierte sich vorsichtig vom Gutachten seines eigenen Beirats: „Bezahlbarer Wohnraum gehört zu unseren wichtigsten politischen Zielen. Aktuell diskutieren wir intensiv, wie die Mietpreisbremse verbessert werden kann.“ Am 21. September berät die Bundesregierung auf einem Wohnungsgipfel über Maßnahmen für billigere Mieten.
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