Gesetz zur Sanktionsdurchsetzung: Weniger Schonung für Oligarchen
Russische Vermögende haben in Deutschland trotz Sanktionen wenig zu befürchten. Die Bundesregierung will das ändern. Ob das gelingt, ist offen.
Als einen Grund für die geringe Summe hatte ein Sprecher des Finanzministeriums im April noch angeführt, das Land sei durch seine „sehr gut funktionierende Geldwäscheprävention kein attraktiver Partner für Leute, die ihr Geld waschen und hier unbemerkt anlegen wollen“. Wichtiger dürfte aber ein anderer Grund sein: Es ist hierzulande bisher in vielen Fällen unmöglich, die wahren Eigentümer von Vermögen zu ermitteln. „Deutschland hat es Finanzkriminellen und Oligarchen viel zu leicht gemacht“, kritisiert Konrad Duffy von der Organisation Finanzwende. Über Briefkastenfirmen und andere Konstruktionen könnten Vermögen leicht verschleiert werden.
Das soll in Zukunft schwerer werden: Am Dienstag hat das Bundeskabinett ein „Sanktionsdurchsetzungsgesetz“ auf den Weg gebracht, das die Ermittlung von Eigentumsverhältnissen erleichtern soll. Damit beseitige man „Hemmnisse, die einer wirksamen Umsetzung des europäischen Sanktionsregimes im Wege stehen“, erklärte Finanzminister Christian Lindner (FDP).
Leichterer Datenaustausch zwischen Behörden
Die Behörden sollen durch das Gesetzespaket zum einen mehr Kompetenzen bekommen: Sie dürfen unter anderem Wohnungen und Geschäftsräume durchsuchen, Zeugen vorladen und erhalten mehr Auskunftsrechte gegenüber Banken. Zum anderen wird der bisher oft unzulässige Austausch von Daten zwischen verschiedenen Behörden ermöglicht.
Neu ist zudem, dass Gelder und Wertgegenstände schon sichergestellt werden können, während die Ermittlung des tatsächlichen Eigentümers noch andauert. Und Menschen, die auf den Sanktionslisten stehen, sollen dazu verpflichtet werden, ihr Eigentum anzuzeigen; andernfalls droht eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr.
Konrad Duffy, Finanzwende
Der Gesetzentwurf soll noch am späten Donnerstagabend in den Bundestag eingebracht werden. Wenn dieser einer Fristverkürzung zustimmt, könnte das Gesetz noch im Mai beschlossen werden. Ob der Bundestag die recht weitgehenden Eingriffe in Datenschutz und Bürgerrechte unverändert beschließt, ist allerdings noch offen. Selbst wenn es dazu kommt, gibt es Zweifel, ob sich die Lage dadurch kurzfristig verbessert.
Überlastete Behörden als Problem
Zwar sei es zu begrüßen, dass durch das Gesetzespaket jetzt endlich Bewegung reinkomme, meint Finanzwende-Experte Duffy. An vielen Stellen sei die konkrete Ausgestaltung aber noch unklar, kritisiert er. „Bei der Bekämpfung von Finanzkriminalität haperte es zuletzt immer an der Umsetzung“, erklärt Duffy. „Wenn nicht zeitgleich mehr Ressourcen bereitgestellt werden, bleiben die Gesetze wirkungslos.“ Denn Behörden wie die Financial Intelligence Unit seien schon jetzt überlastet und könnten zusätzliche Aufgaben kaum bewältigen.
Von neuen Stellen ist im Gesetzentwurf allerdings keine Rede. Dass zusätzliche Ausgaben erforderlich sein können, wird aber zumindest angedeutet: Die Kosten für die Umsetzung des Gesetzes seien „derzeit nicht bezifferbar“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Israel demoliert beduinisches Dorf
Das Ende von Umm al-Hiran
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist