Wirtschaftssanktionen gegen Russland: Versteckte Eigentümer

Um die Vermögen mächtiger Russen hierzulande einzufrieren, fehlen oft Infos. Nun soll ein besseres Transparenz- und Immobilienregister her.

Verhülltes Schiff im Dock des Hamburger Hafens

Komplett verhüllt liegt die Luxusjacht Dilbar im Blohm+Voss-Dock des Hamburger Hafens Foto: Markus Scholz/dpa

BERLIN taz | „Jacht“ ist eigentlich der falsche Begriff. Eher handelt es sich bei der „Dilbar“ um ein privates Kreuzfahrtschiff mit fast 100 Personen Besatzung und zwei Hubschrauberlandeplätzen im Gesamtwert von 600 Millionen Euro. Angeblich gehört das Schiff, das gerade in der Hamburger Werft Blohm+Voss liegt, dem russischen Milliardär Alisher Usmanov. Doch genau weiß man das nicht. Laut Spiegel ist als Besitzer ein Fonds auf den Cayman-Inseln eingetragen.

Der Fall zeigt, vor welchen Schwierigkeiten hiesige Behörden aktuell stehen. Usmanov ist auf der Sanktionsliste der EU wegen des russischen Überfalls auf die Ukraine verzeichnet. „Ab jetzt gehen keine Jachten mehr raus“, sagte der Hamburger Wirtschaftssenator Michael Westhagemann. Aber bewegt er sich damit nicht auf dünnem Eis?

Bankkonten, Investitionen, Immobilien: Die wirklichen Eigentümer verstecken sich nicht selten hinter komplizierten Firmenkonstrukten. Dieser Umstand kommt jetzt wieder auf die Tagesordnung, da die Vermögen von Milliardären aus dem Umfeld des russischen Präsidenten Wladimir Putin eingefroren werden sollen.

Baustelle ist das deutsche Transparenzregister

Durch die Sanktionen gegen russische Politiker und Unternehmer erhalten Vorhaben eine neue Dringlichkeit, die bereits im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP angelegt sind. Es geht darum, die Kapitalanlage aus kriminellen Geschäften und Steuerhinterziehung hierzulande aufzudecken, zu erschweren und zu verhindern. „Dazu vereinbarte Projekte im Koalitionsvertrag“ müssten „schnellstmöglich umgesetzt“ werden, mahnte Grünen-Fraktionsvize Lisa Paus unlängst.

Informationen über die Herkunft des angelegten Kapitals und seine wirklichen Besitzer spielen eine wesentliche Rolle. Stehen diese den Behörden – im besten Falle auch der Öffentlichkeit – zur Verfügung, könnte das nicht nur helfen, Geldwäsche zu vermeiden, sondern auch Sanktionen gegen bestimmte Personen und Organisationen erleichtern. Eine Baustelle dabei ist das deutsche Transparenzregister. In diese zentrale Datei müssen sich prinzipiell alle juristischen Personen eintragen, etwa Unternehmen, Stiftungen und Investmentgesellschaften samt ihrer sogenannten „wirtschaftlich Berechtigten“.

Das bedeutet, dass die natürlichen Personen genannt werden müssen, die hinter einer Firma stehen, also die tatsächlichen Eigentümer. Noch sind diese Angaben teilweise lückenhaft. Das liegt wohl auch an einer Übergangsfrist, die bis Ende 2022 reicht, andererseits aber wahrscheinlich auch an mangelnden Kontrollen durch die Behörden. Im Koalitionsvertrag jedenfalls heißt es: „Wir werden die Qualität der Daten im Transparenzregister verbessern, sodass die wirtschaftlich Berechtigten in allen vorgeschriebenen Fällen tatsächlich ausgewiesen werden.“

Ein weiterer offener Punkt ist das Immobilienregister. Paus fordert, es „zeitnah“ einzurichten. Derzeit liegen die Angaben über Grundstücke, Immobilien und ihre Besitzer noch verteilt bei Hunderten Amtsgerichten. Ein bundeseinheitliches Datenbankgrundbuch ist zwar im Aufbau. Die Ampel hat jedoch vereinbart, noch einen Schritt weiterzugehen. „Wir werden das Datenbankgrundbuch mit dem Transparenzregister verknüpfen, um die Verschleierung der wahren Eigentümer von Immobilien zu beenden“, so ist es im Koalitionsvertrag formuliert. Denn „wo die Eigentümer nicht bekannt“ seien, da könne ihr Besitz „nicht eingefroren werden“, begründete Paus im Hinblick auf die Sanktionen gegen russische Politiker und Milliardäre.

Auch international sind ähnliche Bemühungen im Gange. Die Gruppe der großen westlichen Industrieländer (G7) beschloss kürzlich, eine sogenannte Task Force einzuberufen, um das Vermögen von reichen Russen einzufrieren und zu beschlagnahmen. „Wir werden alle russischen Persönlichkeiten ausmachen, die in Frankreich Besitztümer haben und die wegen ihrer Regierungsnähe zu den EU-Sanktionen hinzugefügt werden können“, erklärte auch der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire.

Die Planungen der Bundesregierung seien ein Schritt in die richtige Richtung, sagte Christoph Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit der Zeitung Welt. „Wir brauchten eine Sondereinheit aus Zoll, Bundeskriminalamt und Steuerfahndung, deren Aufgabe es ist, Vermögenswerte sanktionierter Personen und Unternehmen aufzuspüren.“

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