Geflüchtete auf dem Land: Besser in die Städte
Geflüchtete in ländlichen Gebieten unterzubringen ist keine Lösung. Dort mangelt es oft an Ansprechpartner:innen. In Städten fällt die Integration leichter.
C lausnitz und Jahnsdorf in Sachsen, Zossen in Brandenburg, Tröglitz in Sachsen-Anhalt, Balingen in Baden-Württemberg, Altena in Nordrhein-Westfalen. Die Liste der Dörfer und kleinen Städte, in denen Flüchtlingsunterkünfte im sogenannten Flüchtlingssommer 2015 und danach angegriffen wurden und sogar brannten, ist lang. Und jetzt Upahl in Mecklenburg-Vorpommern.
Ab März sollen dort die ersten Container für 400 Geflüchtete stehen – und schon jetzt brennt es dort, im wörtlichen Sinne. In Grevesmühlen, wo das Verwaltungsamt für Upahl sitzt, kam es während der Sitzung, bei der Ende der vergangenen Woche über die Unterkunft entschieden wurde, zu heftigen Tumulten, das Gebäude wurde angegriffen, Pyrotechnik und Nebelkerzen wurden geworfen. Jetzt ermittelt die Polizei.
Nicht schon wieder. Woher rührt der Hass mancher Einheimischer auf Geflüchtete, egal woher sie kommen? Warum macht sich ein wütender Mob auf, um Flüchtlingsunterkünfte anzuzünden und Menschen zu töten? Die so schmerzhafte wie schlichte Antwort lautet in den meisten Fällen: Rassismus, rechtsextremes Gedankengut, Menschenverachtung.
Gleichzeitig stellt sich die Frage, warum Geflüchtete immer wieder in Gegenden untergebracht werden, in denen Widerstände und Lynchjustiz durch Einheimische zu befürchten sind? Warum hat man seit 2015 nichts gelernt, als Unterkünfte, Busse mit Geflüchteten und Bürgermeister:innen, die sich für eine Willkommenskultur eingesetzt hatten, angegriffen wurden? Wie sollen Geflüchtete versorgt und integriert werden, wenn die Hauptaufgabe der Behörden darin besteht, sie vor Angriffen zu schützen?
Seit 2015 ist bekannt, dass die Geflüchteten selbst, nachdem sie in den Dörfern angekommen sind, rasch wieder weg wollen. Weil sie dort nur selten einen Deutschkurs machen und kaum arbeiten können. Weil Anwält:innen, die sich um die Belange der Betroffenen kümmern, in der nächsten Stadt arbeiten. Weil dorthin aber häufig kein Bus fährt und die Geflüchteten auf den Schulbus angewiesen sind. Der fährt aber nur zweimal am Tag. Auf dem Land mangelt es vielfach an Dolmetscher:innen und Ansprechpartner:innen, die im Alltag helfen. Selbst wenn viele Dorfbewohner:innen es gut meinen und ihre Hilfe anbieten. Aber auch die hat Grenzen.
Der Wohnungsmarkt in den Städten ist angespannt, Geflüchtete deshalb aufs Land abzuschieben, ist aber keine Lösung. Dort können sie sich kaum integrieren. Das ist fatal, zuallererst für sie selbst. Aber auch für die Gesellschaft. Denn die will ja, dass sich Geflüchtete integrieren.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links