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Friedensnobelpreis für TrumpDen „Frieden“, den sie meinen

Pauline Jäckels
Kommentar von Pauline Jäckels

In Washington pinselt Israels Premier Trump kräftig den Bauch. In zwei Fragen ist er auf ihn angewiesen, um seine Kriegsziele endgültig umzusetzen.

Netanjahu beim Abendessen mit Trump im Weißen Haus Foto: abacapress/imago

W ie nennt man es, wenn 600.000 Menschen dazu gezwungen werden, in einem eingezäunten, militärisch gesicherten Lager in Zelten zu leben, aus dem sie nicht wieder rausdürfen? Ihnen fällt kein treffender Begriff dafür ein? Keine Sorge, die israelischen Ver­laut­ba­rungs­ex­per­t*in­nen haben sich schon eine Beschreibung für den neuen Plan der Verteidigungsministers Israel Katz zurechtgelegt: Auf den Trümmern der zerbombten Grenzstadt Rafah soll eine „humanitäre Stadt“ entstehen.

Und mit welchem Begriff könnte man es beschreiben, wenn eine Armee einen Ort so lange bombardiert und hungern lässt, bis dort ein würdevolles Leben unmöglich ist – und dann der Bevölkerung anbietet, an einen anderen Ort umzusiedeln? Auch hier hat sich die israelische PR-Maschinerie etwas ausgedacht: Man will den Palästinensern, wenn sie denn wollen, eine „freiwillige Ausreise“ ermöglichen.

Was in israelischer Propagandasprache fast schon sympathisch klingt, ist nichts anderes als die Konkretisierung eines Plans, der schon lange besteht: die ethnische Säuberung in den palästinensischen Gebieten, die Zerschlagung der Hamas-Herrschaft, die volle militärische Kontrolle über den Gazastreifen und letztendlich die erneute Gründung von israelischen Siedlungen in dem Küstenstreifen.

Die Umsetzung dieses fatalen Plans hapert indes an mehreren Hindernissen. So ist vorerst kein Land bereit, Palästinenser und Palästinenserinnen aufzunehmen und sich damit auch an der ethnischen Säuberung mitschuldig zu machen. Sei es in Ägypten, Jordanien, im Sudan oder in ­Libyen, denen die USA einen solchen Deal unterbreitet hat; überall wäre zudem mit heftigem Widerstand der jeweiligen Bevölkerungen zu rechnen.

Nahost-Debatten

Der Israel-Palästina-Konflikt wird vor allem in linken Kreisen kontrovers diskutiert. Auch in der taz existieren dazu teils grundverschiedene Positionen. In diesem Schwerpunkt finden Sie alle Kommentare und Debattenbeiträge zum Thema „Nahost“.

Die Hamas will einem Waffenstillstand nur zustimmen, wenn die UN in den zunächst geplanten 60 Tagen Feuerpause wieder im gesamten Gazastreifen Lebensmittel und Medikamente verteilen dürfen. Sollte es dazu kommen, hätte die Zivilbevölkerung keinen Grund mehr, sich in die israelischen Umsiedlungslager in Rafah zu begeben, wo dann nach Vorstellung Israels der einzige Ort sein sollte, wo Lebensmittel verteilt werden würden.

Um diese Hindernisse aus dem Weg zu räumen, braucht Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den US-Präsidenten Donald Trump. Denn nur er könnte a) irgendeinen Staat mit noch mehr Druck dazu zwingen, Palästinenser aufzunehmen, und b) Netanjahu gewähren, den Waffenstillstandsdeal unter jetzigen Hamas-Bedingungen abzulehnen. Also brachte Bibi bei seinem Besuch in Washington einen riesigen Bauchpinsel als Gastgeschenk mit: Die Nominierung des US-Präsidenten für den Friedensnobelpreis.

Was sich für die allermeisten wie eine grotesk-wirkliche Satire-Headline liest („Kriegsverbrecher nominiert Neofaschisten für Friedensnobelpreis“), könnte bei jemanden wie Trump womöglich effektiv sein. Kaum etwas will er doch lieber sein als der Mann, der dem Nahost-Konflikt ein Ende gesetzt hat – auch wenn der „Frieden“, den Netanjahu meint, auf Tod und Vertreibung fußt.

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Pauline Jäckels
Meinungsredakteurin
Redakteurin im Meinungsressort seit April 2025. Zuvor zuständig für die parlamentarische Berichterstattung und die Linkspartei beim nd. Legt sich in der Bundespressekonferenz gerne mit Regierungssprecher:innen an – und stellt manchmal auch nette Fragen. Studierte Politikwissenschaft im Bachelor und Internationale Beziehungen im Master in Berlin und London.
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21 Kommentare

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  • Festnahme eines Kriegsverbrechers und ab nach Den Haag.

  • Ja was denn? Es heisst doch: RIP (Rest in Peace). Das nehmen diese beiden Edelmänner wörtlich . . .

  • Danke für den mutigen Beitrag.



    "Groß - Israel", geschaffen durch eine geozidale Doktrin, den Zionismus, mit unerschütterlicher Beihilfe am Massenmord von Deutschland. Politisch, moralisch, rechtlich und medial untermauert durch eine Staaträsonideologie. Deutschland ist wieder dabei!

  • Danke für die klaren Worte. Die Financial Times hat in den letzten Tagen umfangreiche Untersuchungen veröffentlicht in Bezug auf die Boston Consulting Group die maßgeblich auch an der Entwicklung von GHF beteiligt waren und wohl auch einen Plan erstellt haben wie man eine halbe Million Palästinenser "umsiedeln" kann. Originalartikel hinter Paywall deshalb: today.lorientlejou...ocation-plans.html



    www.theguardian.co...-riviera-gaza-plan



    Wenn man dann noch sieht das der neue Chef von GHF Johnnie Moore, ein Evangelikaler, laut New York Times einer der Berater Trumps während seiner ersten Amtszeit war, die ihn gedrängt haben die US-Botschaft nach Jerusalem zu verlegen und von Anfang an Trumps Riviera Pläne unterstützt hat, dann kann man auch leicht zu dem Schluss kommen, dass auch die "Hilfsorganisation" nur ein Mittel zur Vertreibung ist. Wovor genug gewarnt wurde. Wie man von Frieden oder Waffenstillstand reden kann aber im Grunde Massenvertreibung bzw. "-inhaftierung" meint... der Grundstein für endlosen Konflikt.

  • Der Zynismus Natanjahus ist kaum zu ertragen. Vor allem, weil das dümmliche fast 80jährige Kind, das das Weiße Haus regiert, dabei auch noch willig mitspielt.



    Dass damit nichts gelöst werden wird versteht sich von selbst, derartiges Vorgehen sichert den Rückhalt von Hamas, Hisbollah und allen anderen terroristischen Gruppen im Nahen Osten auf unabsehbare Zeit. Die beste Nahrung für Terror ist Verzweiflung, da sorgt Netanjahu für reichlich Nachschub.

  • Der Gipfel des Zynismus bei all dem ist, daß Trump nie und nimmer auch nur einen Palästinenser in die USA lassen würde, aber dritte Länder dazu zwingen will, hunderttausend enteignete und traumatisierte Menschen, die Teile ihrer Familie und all ihr Hab und gut verloren haben, und wissen, wem sie das irgendwann mal heimzahlen wollen, aufzunehmen.

  • Das ganze erinnert mich an orwellschen Neusprech. Wir erinnern uns: "Krieg ist Frieden".



    In dieser Tradition wird Vertreibung zu "freiwillige Ausreise", Konzentrationslager zu "humanitäre Städte".



    Da reiht sich dann auch ganz wunderbar Netanjahus Vorschlag ein, Trump den Freidensnobelpreis zu verleihen.

  • Sinnvoller als diese zwei sich beweihräuchernden Präsidenten der üblichen Gründe wegen vorzuschlagen ist es, die "Mayors for Peace" als Preisträger:innen zu nominieren, denn diese sind ausweislich jahrzehntelanger entschlossener Tätigkeit standhaft, unermüdlich und authentisch, außerdem multikulturell und integrativ.



    www.dortmund.de/ne...nd-abruestung.html

    • @Martin Rees:

      Genau ☮️👍👍 !!!

  • Sogar "Ghetto" und "Vertreibung" wären da noch nette Ausdrücke, scheint mir.



    Gerade Krieg statt Frieden betreiben, das ist Netanyahu - die Nominierung passt dann wieder irgendwie, frei nach Orwells "Krieg ist Frieden".

  • Humanitäre Stadt und freiwillige Ausreise: Neusprech kommt mir da in den Sinn; und alle plappern es nach. Mir würden da komplett andrere Vokabeln einfallen.

  • Keine Angst: Die Reputation eines Preises lebt von seinen Trägern, beim Friedensnobelpreis zum Beispiel: Albert Schweizer, Martin Luther King, Mutter Teresa, Nelson Mandela ...

    Tauchten in dieser Liste die Namen: "2025 "Donald Trump, 2026 Valdimir Putin, 2027 Kim Yong Ung" auf, will den Preis keiner mehr haben und hoffentlich würden ihn auch einige wieder zurückgeben.

    • @Tinus:

      Da tauchen auch schon Theodore Roosevelt und Henry Kissinger auf.

    • @Tinus:

      Oder auch Barrack Obama

    • @Tinus:

      In dieser Liste befindet sich u.a. Henry Kissinger. Entsprechend gibt's nichts mehr, was am Ruf des Friedensnobelpreises noch zu ruinieren wäre

  • Das würde ich sofort unterstützen, wenn denn Nethanjahu bei der Vergabe des Friedensnobelpreis am 10 Dezember persönlich in Oslo anwesend wäre.

    Als Unterkunft würde ich aber nicht das Grand Hotel Oslo wählen, in dem schon viele Friedensnobelpreisträger genächtigt haben, sondern das Ringerike fengsel. Preiswerter und sicherer, sogar mit vergitterten Fenstern und Wachpersonal. Dort dürfte Netanjahu sich dann bis zum Prozessbeginn in Den Haag, so seine Gedanken machen, ob es wirklich eine gute Idee war Trump vorzuschlagen.

    • @Sam Spade:

      Wäre es wert, danach kann man den Nobelpreis dann aber abschaffen. Trump als Träger hätte auch diese Institution dann zerstört.

  • Ich empfinde nur noch Ekel, wenn ich N. sehe. Wer stoppt diesen Wahnsinn?⁵

  • Super, ein per Haftbefehl gesuchter mutmaßlicher Kriegsverbrecher schlägt einen verurteilten Straftäter und möchtegern Putschisten für den Friedensnobelpreis vor. Das wäre vor ein paar Jahren als Satire durchgegangen, heute bleibt einem das Lachen im Hals stecken.

    • @Flix:

      Den Nobelpreis haben schon mehr als ein Bombenleger bekommen.

      Eine lebenslange üazifistische Grundeinstellung scheint also keine Voraussetzung zu sein.

    • @Flix:

      "Auf den Trümmern der zerbombten Grenzstadt Rafah soll eine „humanitäre Stadt“ entstehen."



      Mit freundlicher Unterstützung der humanitärsten Armee, die Moral in den eigenen Reihen ganz vorne sieht.



      "Die israelische Armee, kurz IDF, gilt als eine Art „Schule der Nation“ und beschreibt sich als „most moral army in the world“, die vorgibt, auf Basis hoher ethischer Standards zu handeln. Doch auch in den Streitkräften finden sich immer mehr radikale Kräfte. Und Vorwürfe werden lauter, dass die IDF die Grenze zur Selbstverteidigung längst hinter sich gelassen hat und in Gaza Kriegsverbrechen begeht."



      Quelle ardaudiothek.de



      Aus "Lebenswelten", nicht aus "Satire Deluxe"