Folgen der Saarland-Wahl im Bund: FDP macht die Ampel instabil
Der Honeymoon der Berliner Koalition ist vorbei, die Nervosität wächst. Und das Projekt Linkspartei neigt sich dem Ende zu.
D ie Grünen haben es nicht in den Landtag geschafft, weil 23 WählerInnen im Saarland am Sonntag lieber spazieren gegangen sind, als grün zu wählen. Kann man Wahlergebnisse in kleinen Bundesländern mit solchen Kuriositäten auf die Bundespolitik hochrechnen? Landtagswahlen als Fieberthermometer nationaler Politik zu nutzen, mag fragwürdig sein. Sie sind trotzdem die Hartwährung, mit der auch die politischen Akteure kalkulieren, daher sind sie wirkmächtig.
Für die Ampel ist diese Wahl doppelbödig. Der Reflex, neue Regierungen in Berlin in der Provinz zu bestrafen und im Bundesrat die Vetomacht der Opposition zu stärken, blieb aus. Alle drei Parteien haben hinzugewonnen. Und doch hat die Wahl die Bruchlinien in der Ampel sichtbar gemacht: Christian Lindner überrumpelte im Vorfeld SPD und Grüne mit dem Tankrabatt. Der frische Geist des Gemeinsamen, der die Koalitionsverhandlungen prägte, ist verbraucht.
In einer hektischen Nachtsitzung wurde ein unausgegorenes Entlastungspaket geschnürt, das unbedingt vor der Saarland-Wahl fertig sein musste. Gerettet hat dieser Aktionismus die FDP nicht. Sie ist in der Ampel der schwächste und daher unberechenbare Teil, der zudem liebevoll von der mit Merz revitalisierten Union attackiert wird. Dass Lindners Tankrabatt-Coup an der Saar erfolglos blieb, macht die Ampel instabiler. Der Honeymoon ist seit Sonntag vorbei. Die Nervosität wächst.
Das zweite Ergebnis ist: Dies war nicht bloß eine Wahlniederlage für die Linkspartei, es ist ein Offenbarungseid. Die Linkspartei ist, von Bremen, Hessen und Hamburg abgesehen, im Westen auf dem Weg zur Sekte. Der Fall Lafontaine und Saarland ist speziell – aber dieser Absturz ist eine Metapher für den Zerfall zwischen Flensburg und Garmisch. So schlimm wie die Niederlage ist die ratlose Hilflosigkeit der Parteispitze. Fraktionschef Dietmar Bartsch fordert, „ein ‚Weiter so‘“ könne „es nicht geben“. Dabei verkörpert gerade er jenes eiserne „Weiter so“, das den GenossInnen zur zweiten Natur geworden ist.
Sprechunfähige Linke
Politische Entscheidungen werden vertagt, nötige personelle Renovierungen verschoben. Die Linkspartei ist 2022 eine leer drehende Kompromissmaschine, die nur noch vom Interesse des Apparats am Selbsterhalt angetrieben wird. In zentralen Fragen wie Migration und Klimawandel, Corona und Putins Krieg ist die Partei gespalten und sprechunfähig.
Nach 1990 verließen die Fundis die Grünen. Das war die Voraussetzung für deren Wiederaufstieg. In der Linkspartei ist eine ähnliche Klärung überfällig. Der linkssozialdemokratische Teil hätte sich schon lange von Wagenknecht und Dağdelen trennen müssen. Dass er jetzt die Kraft dazu findet, ist unwahrscheinlich. Es wäre vielleicht auch zu spät.
Die SPD hat daher nicht nur eine Wahl gewonnen. Dieser Sonntag markiert womöglich das Ende einer Ära. Die Linkspartei, die der SPD seit der Agenda 2010 zusetzte, scheint in stotternder Ratlosigkeit unterzugehen. Das Projekt einer Partei links von der SPD neigt sich dem Ende zu.
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