Folgen der Klimakrise: Mehr als 47.000 Hitzetote in Europa

Auch in Deutschland gab es 2023 Tausende Todesfälle wegen hoher Hitze. Es starben deswegen bereits mehr als durch den Straßenverkehr.

Die Sonne strahlt von einem wolkenlosen Himmel

Zu viel Sonne ist irgendwann nicht mehr schön, sondern gesundheitsgefährdend Foto: Martin Gerten/dpa

Berlin taz | Das Jahr 2023 war laut dem EU-Klimabericht eines der heißesten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Mit zunehmend gravierenden Folgen, wie eine Studie des „Barcelona Institute for Global Health“ zeigt: Demnach gab es im vergangenen Jahr 47.690 hitzebedingte Todesfälle in Europa – wobei „Europa“ hier nicht die Europäische Union bedeutet, sondern 35 geographisch europäische Länder.

Für die im Fachblatt Nature Medicine veröffentlichte Studie verwendeten die Forschenden die Mortalitätsdaten des Europäischen Statistikamtes. Deren Auswertung ergab, dass Griechenland mit 393 Todesfällen pro eine Million Einwohner die höchste hitzebedingte Sterberate in Europa hatte. Bulgarien (229), Italien (209) und Spanien (175) folgen. In Deutschland lag diese Rate bei 76 Todesfällen pro eine Million Einwohner.

Seit 2015 veröffentlicht das Barcelona Institute for Global Health derlei Untersuchungen, 2023 war demnach in Sachen Hitze das zweittödlichste in Europa: Im Sommer 2022 waren demnach knapp 62.000 Personen im Zusammenhang mit Hitze auf dem Kontinent gestorben – deutlich mehr Frauen als Männer und insgesamt vor allem ältere Menschen.

Allerdings erhebt die Forschungsgruppe die Zahl der Hitzetoten nicht, sondern modelliert sie: Dabei kommt sie etwa in Deutschland auf fast doppelt so viele Fälle, nämlich auf 6.376, wie das hierzulande zuständige Robert-Koch-Institut (RKI). Auch das modelliert statt direkt zu zählen – „Hitzschlag“ steht schließlich nur sehr selten als direkte Todesursache auf einem Todesschein. Oft geht es darum, dass Hitze potenziell tödliche Erkrankungen verschärft.

Mehr Hitze- als Verkehrstote

Wie kommt es zu dem Unterschied in den Berechnungen? Ein wichtiger Grund ist der Schwellenwert für Hitze, der zur Konstruktion der ohne Hitze zu erwartenden Anzahl von Sterbefällen verwendet wird. Das RKI verwende hier einen vergleichsweise höheren, „vorsichtigen Wert“, so eine Sprecherin gegenüber der taz.

Unstrittig immerhin ist, dass es in Deutschland bereits heute jedes Jahr mehr Hitzetote gibt als Verkehrstote. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) warnt deshalb vor einer Zunahme des Problems – speziell in Westeuropa: „Hier kommen ein überproportionaler Temperaturanstieg, viele alte Menschen und versiegelte Städte zusammen.“ Die Bundesrepublik müsse sich stärker um das Problem kümmern.

„Es gibt Fortschritte, aber noch zu wenige“, urteilt Henny Annette Grewe, Professorin für Medizinische Grundlagen der Pflege. Immer mehr Kommunen würden beispielsweise „Hitze-Notfallpläne“ aufstellen, in denen Alarmierungsketten, Notfallmaßnahmen und Zuständigkeiten für heiße Tage festgeschrieben sind. „Allerdings sind wir beim Stadtumbau immer noch viel zu langsam“, sagt die Expertin: „Der Bund muss mehr Förderprogramme auflegen und die Kommunen so in die Lage versetzen, den Stadtumbau zu beschleunigen“. So müssten beispielsweise sämtliche Krankenhäuser, Pflegeheime, Kindergärten, Behinderten-Einrichtungen mit Kühlsystemen nachgerüstet werden.

Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) hatte für den Hitzeschutz Ende Juli lediglich „Handlungsempfehlungen“ vorgelegt und angekündigt, dass beim Städtebau „Klimaanpassung mitgedacht werden muss“: insgesamt 790 Millionen Euro Fördergelder stehen bereit.

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