Facebookpost von Kreisverband: Antisemitismusstreit in Linkspartei
Ein Facebookpost des Verbands Osnabrück-Land sorgt für Empörung. Durch Migrant:innen sei Antisemitismus ins Land gekommen, heißt es dort.
Die Verfasser:innen behaupten: „Mit der faktischen Zuwanderung aus islamischen Ländern wurden auch die kulturellen Prägungen aus diesen Ländern importiert.“ Wie man während des aktuellen Nahost-Konflikts sehe, sei in Deutschland zu wenig getan worden, „um den radikalen Islam und mitgebrachten #Antisemitismus zu bekämpfen.“ Judenhass und das Verbrennen israelischer Flaggen hätten mit berechtigter Kritik nichts zu tun. „Zugewanderte, die das nicht akzeptieren wollen, haben hier keinen Platz und müssen wieder gehen.“
Ähnlich hatte sich der Vorsitzende der Unionsfraktion Ralph Brinkhaus am gleichen Tag bei RTL geäußert. Brinkhaus machte die deutsche Migrationspolitik für den Antisemitismus bei einem „kleinen Teil der muslimischen Menschen in Deutschland“ mit verantwortlich und betonte, dass zu „unseren“ Werten auch der Schutz jüdischen Lebens gehöre. „Wer das nicht beachtet, hat sein Gastrecht hier verwirkt“, so Brinkhaus.
Von der CDU ist man solche Töne gewohnt, aber in der Linkspartei sind diese eher selten. 2016 hatte Sahra Wagenknecht im Zuge der Übergriffe in der Kölner Silvesternacht vom Gastrecht der Beschuldigten gesprochen und war für diese Äußerung aus der eigenen Partei hart kritisiert worden.
Das ist rassistisch
Auch jetzt distanzieren sich viele Genoss:innen von dem Facebook-Beitrag. Der Vorstand des Landesverbands Niedersachsen, zu dem auch Osnabrück-Land gehört, reagierte ebenfalls per Facebook: „Antisemitismus als Importwarte darzustellen, ist geschichtsvergessen.“ Man distanziere sich „ausdrücklich und in aller Form“ von diesem Beitrag.
Genoss:innen mit ausländischen Wurzeln äußerten sich erbost. Der stellvertretende Landessprecher der Linken in Nordrhein-Westfalen, Jules El-Khatib, rät den Verfasser:innen: „Wechselt zur AfD oder zur Werteunion“. Und Niema Movassat, Bundestagsabgeordneter aus Wuppertal mit iranischen Wurzeln kommentiert: „Rassistenscheisse. Was macht ihr in einer Partei, die DIE LINKE heißt?“
Die Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Amira Mohamed Ali, sagte der taz: „Ich halte diesen Beitrag für rassistisch. Das ist eine Einzelmeinung und nicht die Position der Linken.“ Der Umgang damit sei aber erstmal Sache der Landespartei. Mohamed Ali ist Mitglied im Landesverband und in Niedersachsen Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl.
Offenbar war der Beitrag in der Linken Osnabrück-Land nicht abgesprochen. Der Post werde nicht vom kompletten Kreisvorstand getragen, sondern nur von einzelnen, schreibt das Vorstandmitglied, Niklas Debbrecht. Er selbst distanziere sich davon.
Rund um die erneut aufgeflammten Kämpfe zwischen Israel und der radikal-islamischen Hamas hatte es am Wochenende zahlreiche Demonstration in deutschen Städten gegeben. Dabei hatten pro-palästinensische Demontrant:innen antisemitische Parolen gerufen und zur Zerstörung Israels aufgerufen. Viele von ihnen dürften gleichwohl deutsche Staatsbürger:innen sein.
Verfasst hat den Beitrag der Vorsitzende des Kreisverbands Osnabrück-Land Lars Büttner. Gegenüber der taz erklärte er, er verstehe den Beitrag als „Weckruf.“ Die Linke ignoriere und tabuisiere das Problem des muslimischen Antisemitismus. „Dabei ist der gleichwertig zum Antisemitismus von Rechts.“
Seine Partei dürfe vor den Problemen der Zuwanderung nicht die Augen verschließen. „Mann muss sich doch nur die Bilder von den Demonstrationen ansehen, das sind in der erste Linie Menschen, die nicht hier sozialisiert sind, sondern Menschen, die zugewandert sind.“ Die Linke müsse das zur Kenntnis nehmen und dürfe das Problem des aus anderen Kulturkreisen importieren Antisemitismus nicht länger ignorieren.
Zur Kritik an seinem Beitrag meinte Büttner, diese sei polemisch und diffamierend. „Das sind Lifestyle-Linke, die sind nicht an einer Lösung sondern nur an den Problemen interessiert.“ Den Begriff Lifestyle-Linke verwendet auch Sarah Wagenknecht in ihrem aktuellen Buch „Die Selbsgerechten“, das Genoss:innen auch als Abrechnung mit der eigenen Partei empfinden.
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