Entführte im Gazastreifen: Nur Diplomatie kann sie retten
Die Geiseln im Gazastreifen können nur auf internationale Vermittlung und Verhandlungen hoffen. Eine gewaltsame Befreiung wird es kaum geben.
![Fahrzeug mit offenen Türen und vielen verstreuten Gegenständen auf einer Straße. Fahrzeug mit offenen Türen und vielen verstreuten Gegenständen auf einer Straße.](https://taz.de/picture/6577771/14/33798695-1.jpeg)
B ombardierungen, einstürzende Häuser, Menschen, die sich während eines Raketenalarms in Sicherheit bringen, sind nichts Neues im Nahen Osten. Doch Entführungen vor laufender Kamera hat es in Israel noch nicht gegeben. Es sind gruselige Bilder und es könnte noch schlimmer kommen. Die islamistische Hamas droht bereits mit der Ermordung der sich in ihren Händen befindenden Entführten – wieder vor laufender Kamera. Der Gedanke an den „Islamischen Staat“ drängt sich auf.
100, vermutlich sogar 150 Menschen sind von der Hamas verschleppt worden. Kinder und Alte, Frauen und Männer, ZivilistInnen und SoldatInnen befinden sich seit Tagen in den Händen der Terroristen. Wie sie dort behandelt werden, mag man sich kaum vorstellen. Die Entführten so unbeschadet und so schnell wie möglich aus dem Gazastreifen zu befreien, darum muss es jetzt gehen.
Wenig hilfreich ist deshalb, die Streichung von Geldern auch für humanitäre Projekte ins Spiel zu bringen. Wenig hilfreich ist auch das ständige Mantra, auf der Seite von Israel zu stehen. Natürlich tun wir das. Doch will man sich als potenzieller Vermittler nicht selbst disqualifizieren, muss man vielleicht nicht permanent darüber reden.
Deutschland wäre gerade wegen seiner engen Beziehung zu Israel durchaus ein Kandidat, schließlich gelang es dem Bundesnachrichtendienst im Jahr 2004, einen Gefangenenaustausch und die Befreiung des entführten Israelis Elhanan Tenenboim aus den Händen der libanesisch-schiitischen Hisbollah voranzutreiben. Und Deutschland hat das unmittelbare Interesse, eigene Landsleute zu retten, die sich offenbar unter den Entführten befinden.
Die einzige Alternative zu Verhandlungen ist ein absolutes Blutbad im Gazastreifen und vermutlich der Tod der Menschen, deren Hoffnung der internationalen Diplomatie gilt. Es muss nicht Deutschland oder nicht allein Deutschland sein. Ägypten hat einen mehr oder weniger guten Draht zur Hamas, und nach der von Israel verhängten Blockade ist der Gazastreifen auf den Nachbarn mehr denn je angewiesen.
Wobei klar ist, dass Ägypten kaum Ersatz liefern kann für den ausbleibenden israelischen Strom, das Wasser und die Nahrungsmittel für die rund zwei Millionen Menschen im Gazastreifen. Sich gegenüber Israel starkzumachen gegen ein Aushungern der palästinensischen Bevölkerung wäre auch ein Signal an die Hamas, dass die Solidarität Deutschlands mit Israel doch irgendwo an ihre Grenzen stößt.
Und dass nicht, wie es der israelische Botschafter in Berlin, Ron Prosor, erwartet, die Unterstützung andauert, egal zu welchen Maßnahmen man sich in Jerusalem entscheidet.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören