Ehrenbürgerwürde für Friede Springer: Enteignen, nicht würdigen
Verlegerin Friede Springer soll Ehrenbürgerin Berlins werden. Damit belohnt die Stadt unmoralische Geschäftspraktiken Springers.
Friede Springer ist ein Vorbild für uns alle“, so begründet der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) die Entscheidung des Senats, der Verlegerin und Witwe des Gründers des gleichnamigen Medienkonzerns, Axel Springer, die Ehrenbürgerwürde zu verleihen.
Vorbild, wirklich? Dass die Parole „Springer enteignen“ heute noch genauso berechtigt ist wie nach den Schüssen auf Rudi Dutschke 1968 ist vor allem Friede Springer zu verdanken. Damals wie heute verdient der Konzern, vor allem mit dem Zugpferd Bild, sein Geld mit Hetze gegen Arme, Migrant:innen, Linke, systematischer Verletzung von Persönlichkeitsrechten und Fake News.
Damit nicht genug, spielt sich die Bild mit sorgfältig orchestrierten Kampagnen selbst als politischer Akteur auf, wie zuletzt gegen das Heizungsgesetz.
Friede Springers Zögling Mathias Döpfner hat dieses Erfolgsrezept erfolgreich in die digitale Medienwelt übertragen. Döpfner ist eine Art deutscher Rupert Murdoch, ein erzkonservativer Medienmogul mit Allmachtsfantasien, der gerne mal seinen Chefredakteuren SMS mit Inhalten wie „Please Stärke die FDP“ schickt.
Reichensport Steuersparen
2002 setzte Friede Springer Döpfner als Vorstandsvorsitzenden ein, 2020 übertrug sie ihm ihr Stimmrecht und schenkte ihm Unternehmensanteile im Wert von einer Milliarde Euro – dank einschlägiger deutscher Gesetzgebung besonders steuerarm. Auch Friede Springer tat die Schenkung nicht weh, sie bleibt mit einem geschätzten Vermögen von über 3 Milliarden Euro eine der reichsten Deutschen.
Damit ist ein weiteres Beispiel für steuerreduzierte Weitergabe besonders hoher Vermögen gesetzt. In den ideologischen Kosmos des Springer-Konzerns, in dem reiche Menschen wenig Steuern zahlen müssen, passt das natürlich super. Was daran nun vorbildhaft sein soll, weiß wahrscheinlich nur Kai Wegner.
Anmerkung der Redaktion:
Wir haben an dieser Stelle berichtet, dass die Schenkung der Unternehmensanteile steuerfrei erfolgte. Das stimmt nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance