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Debatte um „Cancel Culture“Diskursive Sackgassen

Bei der Diskussion um „Cancel Culture“ scheinen die Fronten klar. Um über Aufgeregtheiten hinauszukommen, müssen wir die Macht der Sprache bedenken.

Theodor W. Adorno wusste, wo es hakt bei der Aufklärung Foto: Schöning/imago images

Was passiert eigentlich, wenn eine Debatte darüber ausbricht, dass Debatten nicht mehr funktionieren? Die Debatte über die Debatte scheitert, und am Ende werden altbekannte Standpunkte in die Welt getwittert. Es wird sich seiner selbst vergewissert. Hat man dann noch Realitätsbezug genug übrig, findet man sich in einer Sackgasse wieder, aus der auch nicht Reden raushilft. Und alle fragen sich: Wie konnte es nur so weit kommen?

Für die einen ist die Antwort klar: „Cancel Culture“, ein digitaler Mob von moralisch sich auf der richtigen Seite wähnenden Accounts, die sich auf eine Person stürzen, die irgendetwas gesagt oder getan hat. Der Begriff ist ein transatlantischer Import wie viele andere Trendbegriffe der intellektuell-tagespolitischen Auseinandersetzung. Die Geschichte des Phänomens haben die Journalisten Michael Barbaro und Jonah Bromwich kürzlich im NYT-Podcast The Daily nachgezeichnet.

Seinen Ursprung habe der Begriff in einer Folge der Webserie „Joanne the Scammer“ vom Jahr 2016, in der die Titelfigur vergeblich versucht, einen Espressokocher zu bedienen und dass Vorhaben dann „canceled“; im Frühling 2018 nutzt Rapper Kanye West die Bezeichnung, um seine Befürchtung auszudrücken, dass er „canceled“ werden könnte, weil er Trump nicht „canceled“; im Herbst 2019 macht sich Barack Obama vor Aktivist:innen kritische Gedanken über eine „Call-out-Culture“, die man synonym zu „Cancel Culture“ verstehen kann; wenige Monate später greift Trump die Bezeichnung in einer Kampfansage gegen die „politisch Korrekten“ im Land auf; und Anfang Juli 2020 veröffentlichen Intellektuelle wie J. K Rowling, Noam Chomsky und Francis Fukuyama einen „Letter on ­Justice and Open Debate“, in dem sie ihre Sorge um die offene Debatte und die Meinungsfreiheit kundtun, ohne das Reizwort selbst zu benutzen.

In Deutschland verhilft dem Konzept daraufhin die Kontroverse um die Kabarettistin Lisa Eckhart zum Durchbruch. Nun freuen sich die einen, ein inländisches Beispiel für den Sittenwächtervorwurf gefunden zu haben. Die anderen weisen den Vorwurf zurück und enttarnen ihn als rechte Strategie, um berechtigte Kritik zu delegitimieren.

Wer immer gehört wird

„Cancel Culture“ ist sehr wohl eine liberale Denkfigur, ein Kampfkonzept. Eines das blind ist für Machtverhältnisse, weil es davon ausgeht, dass sich Menschen im Debattenring mit gleichen Voraussetzungen gegenüberstehen. Dabei bleibt vielen Menschen der Eintritt in den Ring überhaupt erst verwehrt. Das liberale Weltverständnis verwechselt den gesellschaftlichen Ist-Zustand mit dem von der Aufklärung formulierten Idealzustand. Es geht davon aus, dass alle Menschen grundsätzlich gleiche Lebenschancen hätten. Der moderne Staat stellt tatsächlich alle Staatsbürger:innen juristisch-formal gleich, die rechtliche Gleichheit bedeutet aber nicht, dass die Menschen auch gleiche Lebenschancen ­haben.

Sprache ist Voraussetzung für Fortschritt und komplexe gesellschaftliche Arbeitsteilung. Sprache ist aber auch Gewalt

Weil Liberale stur an diesem Dogma festhalten, verstehen sie das Unbehagen jener nicht, denen ökonomische, politische und kulturelle Ressourcen versagt bleiben. Die Erfahrung von Widerspruch fühlt sich für sie dann an, als käme die Freiheit an sich in Gefahr, wobei nur ihre Freiheit, die sie den anderen vorenthalten, infrage gestellt wird. Francis Fukuyama, J. K. Rowling oder Lisa Eckhart müssen nicht fürchten, dass sie nicht gehört werden. Sie brauchen nicht zu schreien, um gehört zu werden. Sie werden selbst dann gehört, wenn sie flüstern. Bestimmten Personen Öffentlichkeit entziehen oder sie unter Druck setzen können effektiv nur jene, die mächtig sind.

Der Comedian Aurel Mertz hat im öffentlich-rechtlichen Jugendangebot „Funk“ ein Satirevideo zum Thema Racial Profilig veröffentlicht, in dem ein schwarzer Mann von Polizisten verdächtigt und erschossen wird, als er sein Fahrrad aufschließen möchte. Die Innenminister von Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen kritisierten die Satire daraufhin scharf, ein Innenpolitiker der CDU nannte sie „staatszersetzenden Schund“. Auch die Debatte um die sogenannte Polizei-Kolumne der taz ließe sich als Beispiel nennen. Es macht einen Unterschied, ob Satire Mächtige oder Marginalisierte bearbeitet, und es macht auch einen Unterschied, ob sie Innenminister zum Gegner hat oder ein paar Twitter-Accounts.

Selbstjustiz ist gefährlich

Der Begriff „Cancel Culture“ sei nur eine neue Bezeichnung für „Identity Politics“ oder „Political Correctness“, hieß es in der Diskussion um Eckhart immer wieder. Für manche Hysterische scheint sich tatsächlich der Begriff, aber nicht die Funktion geändert zu haben: Schaut her, diese Redeverbote, diese totalitäre Stimmung, diese Gefahr für unsere Demokratie. Es gibt allerdings einen wichtigen Unterschied, eine Entwicklung, die sich auch sprachlich niederschlägt: Die sozial und politisch Ausgeschlossenen kämpfen heute so selbstbewusst wie noch nie um genannte Ressourcen. Während „Political Correctness“ und „Identity Politics“ noch auf Betroffenheit hinweisen, geht das Phänomen, das unter „Cancel Culture“ subsumiert wird, einen Schritt weiter: Diejenigen, die Ungerechtigkeit beklagen, fordern nicht mehr Gerechtigkeit, sie holen sich Gerechtigkeit.

Weil der Glaube an universelle Justiz verbraucht ist, greifen sie kommunikativ zu Selbstjustiz: Wer sich rassistisch und misogyn äußert oder soziale Ausbeutung zum Normalzustand erklärt, soll nicht einfach damit weitermachen. Aber Selbstjustiz ist gefährlich. Sie kann ein Zurückfallen hinter Rechtsstaatlichkeit bedeuten, Willkür ermöglichen.

Zugleich wird Selbstjustiz aber zur Notwehr, wenn die bestehende Ordnung nicht alle Menschen gleich behandelt. Wenn die etablierte Vernunft immerzu ausgrenzt und diese Ausgrenzung auch noch permanent leugnet, also sozusagen den Diskurs darüber „canceled“, dann kann sich bei den Ausgegrenzten die Wut gegen diese Vernunft durchsetzen.

Adorno und die Ambivalenz der Sprache

Die Debatte um „Cancel Culture“ zeigt aber auch, dass ein modernes Dilemma eine neue Qualität erreicht hat: die Beschränktheit der Sprache, die sich in den sozialen Medien noch mal potenziert, weil hier Kommunikation knapper, schneller, unmittelbarer stattfindet. Sprache ist Voraussetzung für zivilisatorischen Fortschritt und komplexe gesellschaftliche Arbeitsteilung. Sprache ist aber auch Gewalt, weil sie menschliche und gesellschaftliche Realität nie ganz erfassen kann, immer einen Teil dieser abschneidet.

Immer wenn Sprache diese Realität in ihre Form zwängt, tut sie ihr Gewalt an, auch indem sie sich der Uneindeutigkeiten und Widersprüche der Realität entledigt. Sprache ermöglicht deshalb Fortschritt und Herrschaft zugleich. Diese Ambivalenz hat Theodor W. Adorno als fundamentales Dilemma der Aufklärung beschrieben.

Mediale Revolutionen verschärfen dieses Dilemma nun, weil sie die Form der Kommunikation ändern und die Grenzen der Sprache noch enger ziehen. Die egalitären Effekte der soziale Medien sind unbestreitbar: Arabischer Frühling, Gezi, Hongkong, #MeToo. Die kontraproduktiven Tendenzen sind aber ebenso bekannt: der Zwang zur Zuspitzung, Verkürzung, bedingt durch eine Aufmerksamkeitsökonomie, die eher den größten Reiz belohnt als den Gehalt und sozialen Effekt des Kommunizierten.

Destruktive Tendenzen bei Twitter

Auf Twitter und Co. kommunizieren wir nicht mehr, um uns zu verstehen. Wir verstehen uns falsch, um nicht mehr kommunizieren zu müssen. Sprache verkommt zum Taler auf dem digitalen Aufmerksamkeitsmarkt, verliert zunehmend ihren aufklärerischen Kern. Soziale Medien haben zwar weniger hierarchische Räume der Kommunikation geschaffen, der gegenwärtige Modus der Kommunikation erschwert aber Differenzierung. Weil sie sich auf eine allgemeine Tendenz bezieht, die über politische Lager hinausgeht, hat die Debatte über „Cancel Culture“ einen wahren Kern – obwohl der Begriff mit rechtsliberalen Motiven in Umlauf gebracht wurde. Es wäre kindisch, diese destruktive Tendenz zu ignorieren, nur weil politisch Andersdenkende eine Debatte eskaliert haben.

Soll die Frustration und Resignation an diesem Problem nicht in Ressentiment und Isolation münden, dann muss die digitale Sprache über sich selbst hinauswachsen. Es braucht Wege des Ausdrucks, die engagiert genug sind, um auch ein andersdenkendes oder unentschiedenes Gegenüber davon zu überzeugen, sich darauf einzulassen.

Adorno möchte die Aufklärung retten, indem er „über den Begriff durch den Begriff hinauszugelangen“, also die Grenzen des Begriffs mit dem Begriff selbst zu überwinden versucht. Auf soziale Medien bezogen könnte das auch bedeuten, dass man ihre aufklärerischen Möglichkeiten weiter bemüht, ihren gegenaufklärerischen Versuchungen aber widersteht. Differenzierte Kommunikation bedeutet nicht Kuscheln mit den Mächtigen. Sie glaubt aber weiterhin an die Macht des Arguments trotz ungleicher Machtverhältnisse.

Revolutionen ohne ­„Cancel Culture“ gab es in der Geschichte sicherlich keine. Aber eine Revolution ist nichts wert, wenn sie nicht genügend Menschen von sich überzeugt.

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60 Kommentare

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  • Herr Agar, ich sehe in Ihrem Text Ansätze eines kritischen Reflektierens, die eigene Ideologie betreffend - und ich habe den Eindruck, das ist nicht nur taktisch: die Aufklärung betreffend, die Notwendigkeit einer (offenen) Diskussion betreffend. Ich möchte Sie ermutigen, auf dieser Spur zu bleiben und hier weiterzudenken.

    Einige der Defizite unserer Gesellschaft, die sie ansprechen, existieren (mehr oder weniger), aber die Art und Weise, wie diese in der Ideologie, der sie sich aktuell angeschlossen haben, artikuliert werden: das ist äußerst problematisch.

    Ich sehe, daß sie – befangen in dieser hermetischen Ideologie, deren herausragende Eigenschaft die MASSLOSIGKEIT ist, die Masslosigkeit in der Perzeption der Gesellschaft, die Masslosigkeit in den Forderungen - es so sehen müssen, daß ‘alles und jedes’ in unseren Gesellschaften im Innersten und Tiefsten auf Machterhalt und Unterdrückung gerichtet ist.

    Ich teile diesen Glauben nicht, und ich denke, es handelt sich eher um eine Art Glaubenssystem mit Hohenpriestern, Häresie, Tugendwächtern und einer Inquisition. Aber – und das ist ein fundamentaler Unterschied zu den anderen ‘Religionen’: es ist ein gnadenloses Glaubenssystem, ohne Vergeben, ohne Erlösung. Ein Fehltritt vor 30 Jahren, und Sie sind verdammt, auf ewig.

    Das ist unmenschlich und kann nicht funktionieren – diese Ideologie wird scheitern. Aber möglicherweise hat sie bis dann irreparablen oder nur schwer reparablen Schaden an unseren Institutionen, an unserer Kultur, an unserem Umgang miteinander, angerichtet.

    Bedenken Sie auch einmal die Position, die Sie selbst in diesem Utopia im intersektionalen Kastensystem einnehmen würden: Zwar schon zu ‘den Oberen’ gehörend, aber eher an deren unterem Ende, als ‘ally’.

  • "Revolutionen ohne ­„Cancel Culture“ gab es in der Geschichte sicherlich keine. Aber eine Revolution ist nichts wert, wenn sie nicht genügend Menschen von sich überzeugt."

    Nicht genügend - die Mehrheit. Demokratie halt.

  • Es gibt natürlich Dinge, die indiskutabel sind. Die Wertigkeit von Menschen über biologische Merkmale zu führen ist per se Rassismus. Und der steht schon laut allgemeinen Menschenrechten und Grundgesetz nicht zur Debatte, da muss man noch nicht einmal ins Moralische gehen.

    Aber es üben sich durchaus nicht mehr nur Rechte daran, den Begriff des Rassismus nach ihren Vorstellungen zu definieren und bei dessen Bekämpfung auch auf Mittel zurückgreifen, die andere elementare Rechte angreifen.

    Ein 40 Jahre altes Foto von Kostümparty herauszukramen um jemanden, der dort als Schwarzer mit Turban verkleidet war, öffentlich als Rassisten zu brandmarken ist eben nicht das Gleiche, wie jemanden anzuprangern, der Menschen nach biologischen Merkmalen wertet.

    Und was Satire anbegeht. Natürlich isses einen Riesenunterschied ob man mit einer Parodie rassistischer Klischees die Ignoranz, Selbstgefälligkeit oder strukturellen Rassismus entlarvt oder ob man bewußt Hetze gegen Fremde und Minderheiten betreibt. Der Kontext ist schon wichtig.

    • @Deep South:

      In vielen der Bezugstheorien ist der Gewaltbegriff so verwässert, das es eben keinen Unterschied mehr macht.

      Das der Begriff damit jede analytische Qualität verliert (Wenn alles Gewalt ist, ist nichts mehr Gewalt), interessiert da nicht.

    • @Deep South:

      war @Mats gestern, 20.50 gerichtet

  • Das Problem des Artikels ist identisch mit dem Problem der identitätspolitik: im Vordergrund steht das "wer", nicht das wie.

    Was aber geschützt werden soll von denen, die sich gegen eine Cancel-Culture aussprechen, die mit Boykottaufrufen, Forderungen nach Entlassung oder Shitstorms agiert, ist die FORM der Debatte.

    Es soll nicht "Macht" vor Argumenten stehen, auch nicht (behauptete oder reale) Ohnmacht. Sondern es soll die Qualität des Arguments entscheiden, egal wer es äußert.

    Man kann benachteiligten Menschen, die kaum zu Wort kommen, Räume geben, dass sie sich äußern können. Aber auch sie sollten sich an die Regeln einer vernünftigen Debatte halten müssen und argumentieren statt Druck auszuüben (oder es zu versuchen) - das ist die Kernaussage derjenigen, die CancelCulture ablehnen.

    • @Dr. McSchreck:

      Das stimmt. Interessant ist aber, dass auch Sie neben "wer" und "wie" das "was" komplett vergessen. Es geht eben nicht darum, über Vorteile und Nachteile von Elektroautos zu diskutieren. Es geht darum, dass über bestimmte Gruppen und ihre Belange gesprochen wird, also z.B. "Werden Schwarze in D diskriminiert?", "Ist diese Satire eine geeignete Form, öffentlich die Diskriminierung von Schwarzen / Frauen / LGBT etc. zu thematisieren?".

      Die Frage nach dem "wer" ergibt sich nämlich aus der Frage "über wen und wessen Belange" -- nachdem diejenigen, über die und deren Belange es geht, die Erfahrung machen, dass früher zumeist ohne sie und über ihre Köpfe hinweg darüber debattiert wurde und immer noch oftmals wird.

      Man könnte als auch unterstellen, dass Beharren auf dem "wie" der Debatte und auf der guten FORM ist ein Ablenkungsmanöver, um nicht in den Fokus kommen zu lassen, dass hier Menschen über andere Menschen und ihre Belange sprechen. Und dass das bei Letzteren Wut auslöst -- das ist komplett tabuisiert. Ein Schwarzer Mensch darf für seine Sache argumentieren, er darf Solidarität und Unterstützung einfordern, wenn er ungerecht behandelt wird... aber eines darf er nicht: In der Öffentlichkeit seine Wut zeigen. Denn dann heißt es: "Ja aber sooo gewinnt man keine Freunde und Unterstützer!".

      • @mats:

        natürlich darf man Wut zeigen. Man sollte das aber nicht mit einem Argument verwechseln oder gar für ein besonders gutes Argument halten.

        Unter dem Artikel wird ja auch wieder fleißig diskutiert. Es gibt bessere und schlechtere Argumente - die Bewertung vollzieht jeder für sich, welche er gut findet.

        Fast alle werden aber der Meinung sein, dass es keine Debatte ist - sondern das Ende jeder Debatte - wenn eine Forderung gestellt wird, alle anderen sollten die Klappe halten, weil sie keine Ahnung haben, denn bei diesem Thema können nur "....." und dann irgendeine Gruppe mitreden. Diese letztgenannte Aussage mag für Erfahrungsberichte (also Tatsachen) gelten, aus denen man dann vielleicht Argumente herleitet.

        Ein Argument wird aber nicht besser oder schlechter, egal wer es äußert. Siehe auch die Tatsache, dass alle hier mehr oder weniger anonym sind, also die Person gar nicht verifizierbar ist. Es muss gerade hier also auf das Gesagte ankommen, nicht wer es sagt.

      • @mats:

        Ihnen ist aber schon bewusst das genau diese Wutargumentation auch von AfD und Trump für ihre Demos und Veranstaltungen benutzt wird? (oder für die "Kritik" an Satire). Auf dieser Betroffenheits- und Gefühlsebene ist das eine genauso legitim wie das Andere.

        Politische und gesellschaftliche Diskussionen befassen sich immer mit Gruppen und deren Belangen.

        Davon abgesehen übersieht die Betroffenheitsdiskussion das entsprechende Gruppen keine homogenen Blöcke sind. Sie werden immer "Schwarzen / Frauen / LGBT etc." finden, die eine Position eben nicht diskriminierend finden und dann müssen wir uns eben doch das "wie" und vor allem das "was" ansehen.

        • @DasEndeallerHoffnung:

          Ich sage nicht, dass Wut ein Argument wäre oder ein Argument ersetzen könnte. Aber wenn sie nicht als Emotion artikuliert werden darf, kommt sie eben unterschwellig als rationalisiertes Pseudoargument zum Vorschein. Auch ein schriller "Rassismus!"-Schrei kann so etwas sein, denn er appelliert an einen (einigermaßen) rationalen, mehrheitsfähigen Konsens. Was dann aber nicht Thema der Debatte wird, ist die Wut. In jedem gewöhnlichen Alltagsdisput würde man den anderen fragen : "Was macht dich so wütend?". Aber auf die verbrämte Wut als Pseudoargument kommt als Reaktion nur, dass die Art und Weise der Äußerungen illegitim sei (was im Einzelfall sogar stimmt). Das gilt für Links gleichermaßen wie Rechts. Es bleibt aber trotzdem ein substantieller Unterschied zwischen der Wut darüber, dass so viele Fremde in meiner Stadt leben, und der Wut, dass meine Kinder in der Schule gemobbt werden, weil sie in einem Merkmal anders sind. Die Konsequenzen für die Betroffenen sind völlig verschiedene.

          Deshalb bringt Ihre Anmerkung, es ginge in politischen und gesellschaftlichen immer um Gruppen und ihre Belange, nur Relativierung und hilft nicht weiter. Wenn eines Ihrer persönlichen Merkmale dazu führt, dass Ihre Chancen und Aussichten auf ein glückliches, erfülltes gesellschaftliches Leben deutlich durch andere eingeschränkt werden, dann ist das nicht das Gleiche, wie wenn man Dieselfahrer stärker besteuert.

          Auch Betroffenheit halte ich nicht für ein Argument, aber sie legitimiert zur Teilnahme am Diskurs. Das ist das Mindeste! Und gerade *weil* Gruppen nicht homogen sind, ist es desto wichtiger, viele Stimmen derer zu hören, die es wirklich angeht. Denn gerade dann, wenn über die Betroffenen hinweggesprochen wird, wird aus ihrer Gruppe und der Vielfalt ihrer Ansichten oft ein plattes Stereotyp gemacht.

  • Milliardärin J. K Rowling braucht sich sicherlich nicht vor Cancal Culture zu fürchten, dafür aber die einfach Mann und Frau. Und genau das ist der Sinn der Sache.

    • @h3h3y0:

      "einfach Mann und Frau" bringen keine Aufmerksamkeit von daher könnte man meinen das in solchen Fällen Promis ja schon fast "prädestinierte Opfer" für jegliche Strömungen darstellen.

      • @Justin Teim:

        ...und das stimmt auch.



        Einfache und wirkungsvolle Taktik: mach eine prominente Person zum Opfer; die nichtprominenten machtlosen wissen dann schon ganz genau, dass sie viel einfachere Opfer sind und werden sich entsprechend verhalten.

  • "Der Begriff „Cancel Culture“ sei nur eine neue Bezeichnung für „Identity Politics“ oder „Political Correctness“, hieß es in der Diskussion um Eckhart immer wieder. Für manche Hysterische scheint sich tatsächlich der Begriff, aber nicht die Funktion geändert zu haben: Schaut her, diese Redeverbote, diese totalitäre Stimmung, diese Gefahr für unsere Demokratie. "

    Abgesehen davon, dass sch im verlinkten Artikel zu Eckhart nicht ein Beleg findet für das damit behauptete (=merkwürdige Debattebkultur) war das Erschreckende am Umgang mit Eckhart vor allem die knallharte Bevormundung bemerkenswert, wie ihr ihre besondere satirische Art, Antisemitismus, Rassismus und Sexismus aufzuzeigen, abgestritten wurde.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Rudolf Fissner:

      Hatte gestern ein "tolles" Gespräch mit jemandem, der Lisa Eckhart lustig fand - also die Judenwitze (und andere) die sie erzählt. Er meinte, früher hätte man sich schon solche Witze mit der Aschenbahn erzählt, das sei doch normal. Schließlich sei das alles Geschichte, Juden würden heute in Israel ja auch Menschen töten und auf meine Nachfrage hin meinte er, dass beim Anschlag auf die Synagoge in Halle schließlich niemand umgekommen sei. Es sei doch ganz in Ordnung, wenn mal jemand ausspricht, dass Juden hinter Frauen her seien, schließlich gibt es auch Ostfriesenwitze.

      "Gute" Arbeit, Lisa Eckhart!

      Dass gute Satire sich dadurch auszeichnet, dass den Leuten das Lachen vergeht und sie ihre eigenen Vorurteile bemerken wurde schon oft von ihren Fans in dieser Debatte gesagt. Das ist allerdings bei Lisa Eckhart nicht der Fall und dieselben Leute, die da lachen, lachen auch über den nächsten flachen Judenwitz wieder, ohne überhaupt einen Gedanken daran zu verschwenden, warum.

      • @85198 (Profil gelöscht):

        "Dass gute Satire sich dadurch auszeichnet, dass den Leuten das Lachen vergeht und sie ihre eigenen Vorurteile bemerken wurde schon oft von ihren Fans in dieser Debatte gesagt. Das ist allerdings bei Lisa Eckhart nicht der Fall ..."

        Wenn das ihre Definition ist von guter Satire dann ist genau das passiert auf dem Mitternachtsspitzenauftritt.

        Aber sei es drum. Wahrnehmung ist ein garstiges Ding. Wenn jemand den Gorilla nicht durchs Bild hat gehen sehen, dann ist dem halt so.



        Muss man akzeptieren.

        Wesentlich interessanter ist aber, dass jenen, die meinen, eine gelungene Satire gegen Antisemitismus, Rassismus und Sexismus gesehen zu haben ( was ja in diversen Medien immer wieder bezeugt wurde), immer wieder unterstellt wird, schenkelkloppffend über üble Judenwitze gelacht zu haben.

        Spätestens hier zeigt sich endgültig der Gorilla. Eine belegbare antirassistische Rezeption wird ohne Belege mit aller Vehemenz zu einer rassistischen umgedeutet und bekämpft

    • @Rudolf Fissner:

      Zustimmung!

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Rudolf Fissner:

      Schöner Zirkelschluss am Ende.

  • Zur anvisierten 'Revolution' ein Zitat des aktuell die Diskussion bestimmenden Theoretikers Ibram X. Kendi: "How to be an anti-racist"

    “The defining question is whether the discrimination is creating equity or inequity. If discrimination is creating equity, then it is antiracist. If discrimination is creating inequity, then it is racist. . . . The only remedy to racist discrimination is antiracist discrimination. The only remedy to past discrimination is present discrimination. The only remedy to present discrimination is future discrimination.”

    www.city-journal.o...o-be-an-antiracist

    • @Weber:

      Netter Mensch.

  • Die Behauptung, dass bestimmte liberale Kreise (inklusive den Kommentatoren hier) zwischen der idealen Vorstellung und den tatsächlichen Verhältnissen nicht unterscheiden können, ist schlagend. Die hier geführte Debatte zeigt eine Schärfe, die den Artikel in Teilen bestätigt. Möchte man nun Debatte oder nicht? Volkan Agar öffnet eine. Was bei den Kommentaren aber völlig übergangen wird, ist der Verweis auf Adorno. Dass die Aufklärung Entwicklungen befördert, die sie gar nicht beabsichtigt oder einfach übergeht, ist doch gerade auch an gesellschaftlichen Entwicklungen abzulesen. Die Sowjetunion hat sich in Ihrem Selbstverständnis ja auch als die Avantgarde des gesellschaftlichen Fortschritts verstanden, aber war real diktatorisch und tödlich. Dass uns das Digitale immer noch als der Fortschritt par excellence verkauft wird, ist angesichts der weiter wachsenden Tendenzen zu Kontrolle und Ausgrenzung Beispiel par excellence!

    • @Oberst:

      Volkan Agar eröffnet keine Debatte. Er überträgt die Gruppendynamik des Twittermobs eins zu eins in einen Taz-Artikel. Dazu übt er sich auch in möglichst ungenauer Sprache und einem widerlichen pädagogischen Ansatz. Er gibt sich offen, um unmittelbar einen Vorwurf zu machen. Er stellt Tretminen auf und „holt die Menschen dort ab, wo er sie hinstellt“.



      Irgendwie ist der gemeinsame Nenner der Absätze eine Art Falschheit.

      • @Hampelstielz:

        Jepp.

    • 0G
      06360 (Profil gelöscht)
      @Oberst:

      Bravo!

  • Francis Fukuyama, J. K. Rowling oder Lisa Eckhart müssen nicht fürchten, dass sie nicht gehört werden.

    Emily Laquer und Jutta Dittfurt auch nicht :-)

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Guter Tect, danke. Lesderbriefe an die FAZ wegen Don Alphonso zu schreiben, ist eine Form der Notwehr. Aber es sollten dann auch Argumente und Analysen gebracht werden. Auf keinen Fall sollte man sich auf das Niveau herablassen, das von der Gegenseite vorgelegt wird.

  • Wäre ein guter Artikel geworden, leider widerspricht er sich selbst und verliert sich.



    Schade.



    Manchmal wäre weniger mehr.

    • @Demokrat:

      Ein Artikel ist für das Thema leider zu kurz.

  • "Diejenigen, die Ungerechtigkeit beklagen, fordern nicht mehr Gerechtigkeit, sie holen sich Gerechtigkeit."

    Menschen die eine konträre, unbequeme, schwierige oder -von mir aus auch- falsche Meinung, die aber vom Grundgestz geschützt wird, äußern, einem medialen Shitstorm preiszugeben, sie auf diese Meinung zu reduzieren und ihnen ein öffentliches Stigma zu verpassen, ohne ihnen zumindest die Chance auf auf eine -eben- faire, am Ende vielleicht gewinnbringende Debatte zu geben, hat mit Gerechtigkeit aber einfach nichts zu tun.

    Wenn Kritik und Widerspruch nicht mehr Prozess sondern Fallbeil sind, wenn gesellschaftliche Themen nicht mehr differenziert und komplex diskutiert werden können, weil man "Denjenigen...oder den Anderen..." grundsätzlich nicht zugesteht, seine Position zu vertreten ohne dafür abgestraft zu werden, dann signalisiert man ganz klar, dass man an einer (demokratischen) "Debattenkultur" überhaupt kein Interesse hat.

    Und das kann man dann auch einfach mal in der gleichen unverblümten Radikailität zugeben, wie man dieses Mittel nutzt. Und nicht selbstgerecht konstruiert als "Notwehr" gegen vermeintlich "rechte Strategien" verkaufen.

    • @Deep South:

      Es geht aber nicht einfach um eine konträre, unbequeme, schwierige, "wahre" oder "falsche" Meinung. Das mit der Debatte und den sog. Meinungen ist immer gut und schön, solange wir darüber debattieren, ob Maskenpflicht sinnvoll ist. Wie ist es aber, wenn wir über Ihre persönliche Augenfarbe debattieren und über die Frage, ob Menschen mit genau dieser Augenfarbe in dieser Gesellschaft gleich viel wert sind und die gleichen Rechte haben sollen, wie die anderen Menschen, oder eben auch nicht. Oder wenn wir darüber debattieren, was Diskriminierung von Menschen mit Ihrer persönlichen Augenfarbe ist und was nicht, wer mit seinen Äußerungen über Ihre persönliche Augenfarbe gegen die Regeln der Gemeinschaft verstößt, wer nicht (weil er z.B. nur Satire macht).

      Da gibt es einen Unterschied.

  • "Weil Liberale stur an diesem Dogma ["Der moderne Staat stellt tatsächlich alle Staatsbürger:innen juristisch-formal gleich"] festhalten, verstehen sie das Unbehagen jener nicht, denen ökonomische, politische und kulturelle Ressourcen versagt bleiben"

    Es ist wohl eher der stur starre Blick des Eindimensionalen auf den Liberalismus der hier zu Tage tritt und wieder einmal einen Gegensatz zwischen dem Eintreten für das Liberale und dem Sozialen herbeireden will.

    Es ist auch eine Frechheit Armen kein Eintreten für liberale Werte zuzugestehen.

    Und dann diese merkwürdige Gegenposition dazu, dass alle Menschen juristisch gleich zu behandeln sind. Welches juristisches Ungleichheitsschweinchen hätte man da gern? Wie sieht da die entsprechende



    Änderung des GG aus?

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Rudolf Fissner:

      "Und dann diese merkwürdige Gegenposition dazu, dass alle Menschen juristisch gleich zu behandeln sind."

      Wo lesen Sie das in diesem Text? Ich habe folgende Sätze gelesen:



      "Weil Liberale stur an diesem Dogma ["Das liberale Weltverständnis verwechselt den gesellschaftlichen Ist-Zustand mit dem von der Aufklärung formulierten Idealzustand. Es geht davon aus, dass alle Menschen grundsätzlich gleiche Lebenschancen hätten. [...] die rechtliche Gleichheit bedeutet aber nicht, dass die Menschen auch gleiche Lebenschancen ­haben."] festhalten, verstehen sie das Unbehagen jener nicht, denen ökonomische, politische und kulturelle Ressourcen versagt bleiben"

      Es ist halt nicht jeder ein Augstein und kann mal so auf die Schnelle eine Zeitung aus dem Boden stampfen, weil ihm die Produktionsmittel gehören.



      Es ist auch nicht jeder ein Don Alphonso, der für die FAZ und die Welt schreiben darf und sich jede Woche von Neuem aussuchen kann, wem seine Anhänger als nächstes Mordrohungen schicken.

      • @85198 (Profil gelöscht):

        Sie hängen also auch der Unvereinbarkeit von Liberalismus und sozialen Positionen an? Bringen gar Morddrohungen als Argument an, für die Sie assoziativ zumindestens liberale Ideen verantwortlich machen?



        Nun denne, wenn Sie das meinen.

        Mit "diesem Dogma" ist bei Agar das vorausgenannte gemeint. Das Vorausgenannte bezog sich auf juristische Gleichheit und die künstlich herbeigeredete Dichotomie zwischen nicht Privilegierten und grundsätzlichen liberalen Ideen.

        • 8G
          85198 (Profil gelöscht)
          @Rudolf Fissner:

          Wenn Sie einen Halbsatz aus dem Zusammenhang reißen und dann behaupten, damit die Wahrheit erkannt zu haben, begeben Sie sich auf dünnes Eis.

          Wenn man das Soziale auf's Nationale beschränkt, sind Liberalismus und minimal soziale Positionen durchaus vereinbar. Zumindest solange sich diejenigen Menschen nicht wehren, denen dabei das Los auferlegt wird, das Soziale zu finanzieren.



          Wenn diese dann doch die Abstimmung mit den Füßen versuchen und hierher kommen wollen, um die Früchte ihrer Arbeit und der ihrer Vorfahren zu genießen und dabei mitzubestimmen, wie künftig mit ihren Geschwistern umgegangen wird, dann geht ganz schnell das liberal-rechtsstaatliche Ersaufenlassen los, Lager werden gebaut, die zur Konzentration derer dienen, die es trotz aller Widrigkeiten nach Europa geschafft haben, das Menschenrecht auf ein Asylrecht wird de facto abgeschafft usw usf.

          Solange jedenfalls der inhärente Rassismus der Standortlogik geleugnet wird, wundere ich mich nicht darüber, dass zwei liberale Zeitungen Verleumndungskampagnen gegen unliebsame Journalist:innen führen. Der Terror, der dabei durch deren Lesern und Leserinnen mittels Morddrohungen nicht nur gegen diese Journalist:innen selbst, sondern auch gegen deren Kinder ausgeübt wird - wird dieser von jenen Blättern unterhalten, obwohl sie liberal sind oder weil sie liberal sind?



          Für Sie jedenfalls scheint dieser Terror nicht im Widerspruch zum Liberalismus zu stehen. Was dann wiederum für das 'weil' spricht.

          • @85198 (Profil gelöscht):

            "Für Sie jedenfalls scheint dieser Terror nicht im Widerspruch zum Liberalismus zu stehen. Was dann wiederum für das 'weil' spricht."

            Wenn man sich auf das "Dogma" der "juristischen Gleichheit" fokussiert, dann sollte es offensichtlich sein, dass nationale Grenzen und exklusive Gesetze, die sich an nationalen Egoismen und Staatsbürgerschaften festmachen, damit im Konflikt stehen.

            Um das ganze mal ebenso mit einer Unterstellung enden zu lassen: Sie scheinen an einem Liberalismus, der sich konsequent an seine Grundsätze hält und alle Menschen auch jenseits von Staatszugehörgkeiten gleich behandelt, nicht interessiert zu sein. Ergo funktioniert die Beseitigung von Situationen in den Menschen flüchten und dabei ersaufen, bei ihnen nur in antiliberalen Zusammenhängen. Und dann kommt man schnell bei Lösungen der AfD an.

  • Tja, wer hat jetzt die Bedeutungshoheit? Wirlich derjenige, der sie zu haben behauptet? Oder verhält es sich nicht doch eher so, daß die Bevölkerung, je nachdem, wo sie wohnt, wer sie ist und wie sich selber sieht, einen höchst unterschiedlichen Sprachgebrauch pflegt? Jede Debatte pflegt ein Eigenleben und folgt auch einer gewissen Eigendynamik: Ankerreiz, peer-group-pressure und mittlere Tendenz sowie der stets etwas unheimliche Drang zur Polarisation, der, egal ob es um den Belag von Brötchen oder Atomwaffeneinsatz geht, stets zum fifty-fifty-Ergebnis tendiert, sind Teile jeder Debatte, egal um was es geht. Mein Eindruck ist oft genug der, daß die Debatte an sich für manche bereits die blaue Blume des Lebens ist, die leider aber auch ein Ergebnis verhindert, da sie ja sonst beendet sein würde. Schöne Karikaturen von Zille gibt es dazu.

  • So gering scheint die Macht des Twittermobs ja nicht zu sein. Immerhin haben aufgrund diverser Hetze schon einige ihren Job verloren.

  • 9G
    90946 (Profil gelöscht)

    Danke für den nachdenklichen Beitrag! Das hier:



    >>Das liberale Weltverständnis verwechselt den gesellschaftlichen Ist-Zustand mit dem von der Aufklärung formulierten Idealzustand. Es geht davon aus, dass alle Menschen grundsätzlich gleiche Lebenschancen hätten.

    • 9G
      90946 (Profil gelöscht)
      @90946 (Profil gelöscht):

      (es ging hier eigentlich weiter, wurde aber abgeschnitten - warum?)

  • Danke!

  • "Die anderen weisen den Vorwurf zurück und enttarnen ihn als rechte Strategie, um berechtigte Kritik zu delegitimieren."

    An diesem Punkt habe ich aufgehört zu lesen. Allein schon die Zumutung immer wieder exakt die gleichen Argumente in exakt den gleichen Formulierungen lesen zu müssen lässt mich immer mal wieder darüber nachdenken, die Taz zu canceln.



    1. Es ist sehr schlechter journalistischer Stil, in einer vermeintlich neutralen Beschreibung der unterschiedlichen Positionen so tendenziös zu schreiben.



    2. Nein, "die Anderen" "enttarnen" gar nichts. Sie behaupten nur. Immer wieder. Mit immer den selben, vorgestanzten, abgenutzten Formulierungen.



    3. Dies ist kein Streit zwischen Rechten und Linken. Es ist ein Streit innerhalb des linksliberalen Lagers.



    4. So jetzt "enttarne" ich mal (behaupte einfach mal was) : Die Strategie, Kritik als "rechte Strategie" zu diffamieren, dient nur dazu, berechtigte Kritik gar nicht erst an sich heran zu lassen.

    • @Amandas:

      "Es ist ein Streit innerhalb des linksliberalen Lagers"

      Die interventionistische Linke zu der auch der Autor Kontakte hat, würde ich nicht im linksliberalen Lager einordnen. Das Wort "liberal" ist dort des Teufels.

  • Wenn ich meine nicht veröffentlichten Kommentare zum Thema Kopftuch nehme, die ziemlich konträr zur Meinung der taz gewesen sind, dann hat die taz auch ein "Cancel" Problem.

    • @APO Pluto:

      Gleiches gilt für meine Kommentare zum Thema "Identitätspolitik", die meisten verschwinden im Nirwana.

      • @XBurger:

        Dito

  • Danke, für diesen guten Artikel! Ein Genuss, die Fundmente zumindest einer der vielen hysterischen Debatten dargestellt zu bekommen. Journalismus vom feinsten ...zahl ich gern.

    • @Tinus:

      Journalismus vom Feinsten? Nein. ein Sammelsurium nicht belegter Behauptungen. Siehe die gelungene Dekonstruktion durch Amandas weiter unten.

      • @Adam Weishaupt:

        Ich wüsste nicht, was eine Salve von unbelegten tendenziösen Behauptungen, die einen anderen Text als Salve von unbelegten tendenziösen Behauptungen entlarven will, dekonstruieren könnte.

  • "Zugleich wird Selbstjustiz aber zur Notwehr, wenn die bestehende Ordnung nicht alle Menschen gleich behandelt."

    Dann ist Selbsjustiz immer Notwehr und wir kommen zurück zu Fausrecht.



    Viel Spaß und willkommen im Mittelalter.

    • @J_CGN:

      Dies ist ein Fehlschluss. Die meisten Fälle von Selbstjustiz begehren nicht gegen staatlich institutionalisierte Ungerechtigkeit auf, sondern zielen darauf ab, partikulare Wertvorstellungen durchzusetzen.

      • @mats:

        Und wer entscheidet was "staatlich institutionalisierte Ungerechtigkeit" und was "partikulare Wertvorstellungen" sind?

        • @DasEndeallerHoffnung:

          Die Ungleichbehandlung entscheidet. Die ist natürlich im Einzelfall streitbar, was nicht heißt, dass sie nicht feststellbar wäre.

          Als Partikularinteresse würde ich bezeichnen, wenn ich fordere, dass der Ex meiner Tochter den Tod verdient, weil er sie betrogen und so entehrt hat. Wenn ich ihn erschieße, kann ich mich aber nicht darauf berufen, dass mir mit dem normalen Gang von Recht und Rechtsprechung Unrecht angetan würde, indem ich ggü. anderen ungleich behandelt würde. Die rechtliche Lage wäre für alle Mitbürger in ähnlich gelagerten Situationen die gleiche.

          Ganz anders sieht es aus, wenn ich z.B. als Anhänger der Opposition keine Unterstützung durch Ermittlungsbehörden und Justiz erfahre, wenn mir auf offener Straße Gewalt angedroht wird, während der Vertreter der Regierungspartei nicht mal Anzeige erstatten muss, wenn eine Drohung gg. ihn ausgesprochen wird, weil die Behörden schon von Amts wegen ermitteln.

          Letzeren Fall zu verhindern ist Sinn und Absicht des Art. 3 GG.

  • cancel culture ...

    kollektive zensur von wem und was ?

    von dem das anders ist und von dem der/die anders ist !

  • 0G
    06360 (Profil gelöscht)

    Den Artikel finde ich gut.



    Ich fürchte, viele Stammlese*r-Innen werden ihn nicht verstehen.

    Mich stört, dass eine Revolution etwas ändern sollen könnte.



    Mit Sprache, z.b. in Form von Gesetzen, ginge es doch auch.

  • Wer soll diese Ergüsse aus dem Elfenbeiturm noch verstehen?

  • Zitat: „Aber eine Revolution ist nichts wert, wenn sie nicht genügend Menschen von sich überzeugt.“

    Wessen Ziel ist denn heute noch eine „Revolution“? Sind die meisten Debattenführer (inklusive einer gewisser taz-Kolumnistin mit Polizisten-Aversion) nicht schon vollkommen zufrieden, wenn sie genügend Menschen von SICH überzeugen?

    Überhaupt: Wie viele sind „genügend“? 20.000 regelmäßige Follower machen die meisten Leute doch schon glücklich. Wer 20.000 Menschen von sich überzeugen kann, fühlt sich offenbar so super, dass er keine Revolution mehr braucht. Und vielleicht ist das auch ganz gut so, denn für eine Revolution sind 20.000 Leute längst nicht genug. Vor allem dann nicht, wenn sie nicht bereit sind, mehr zu geben als den einen oder anderen click auf den like-butten.

  • "Die sozial und politisch Ausgeschlossenen kämpfen heute so selbstbewusst wie noch nie um genannte Ressourcen."



    Sehr witzig, es sind doch in der Regel Akademiker, die eine bestimmtes Konzept verfolgen und sich öffentlich inszenieren.



    Das kannte man schon von den Kommunistischen Parteien und deren Imitation, den K-Gruppen aus den 70ern. Damals hieß es Arbeiterklasse.