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Coronalage und ihr kommendes EndeEs ist zu früh

Kommentar von Kathrin Zinkant

Jens Spahn sagt, die „epidemische Lage“ könne bald beendet werden. Doch noch immer sind über 30 Prozent der Menschen nicht geimpft.

Schon vegressen? Coronapatienten im Universitätsklinikum Greifswald im November 2020 Foto: Jens Büttner/dpa

F akten zu schaffen, selbst wenn die Zeit dafür noch nicht reif ist, ist eine Spezialität von Politiker:innen, insbesondere von Po­li­ti­ke­r:in­nen in der Pandemie. Ein Beispiel waren die Schulschließungen, von denen im Sommer gesagt wurde, dass es sie künftig nicht mehr geben werde – ohne zu wissen, ob das so möglich ist. Das weiß man nicht, aber inzwischen geht es längst um mehr.

Es geht ums Ganze, die „epidemische Lage von nationaler Tragweite“, das rechtliche Fundament aller durch die Bundesregierung festgelegten Coronamaßnahmen. Jens Spahn sagt, die Lage könne bald beendet werden, denn das Risiko für Geimpfte sei nunmehr moderat.

Zumindest mit Letzterem hat Spahn sogar Recht. Wer genesen oder geimpft ist, darf sich vor einer schweren Covid-19-Erkrankung und ihren Komplikationen fast sicher fühlen – selbst im Fall einer Infektion mit dem Virus, die trotz Impfung möglich ist. Rund 70 Prozent der Deutschen brauchen deshalb keine „epidemische Lage“ mehr. Sie können mit dem Virus leben.

Die übrigen 30 Prozent, das sind etwa 26 Millionen Menschen, können das jedoch nicht. Für sie bleibt das Virus eine Gefahr, eher noch ist es ansteckender und mithin gefährlicher geworden. 26 Millionen Menschen können sich nicht nur infizieren und das Virus ungebremst verbreiten, sie können auch die Intensivstationen füllen. Schon jetzt liegt die Inzidenz wieder 30 Punkte über dem Wert des Vorjahres, als die schwere Winterwelle begann.

Auch damals hat die Politik den Fehler gemacht, zu früh zu lockern – und dann nicht mehr rechtzeitig zurückzukönnen. In der Folge starben im vergangenen Januar Hunderte, manchmal mehr als tausend Infizierte an einem einzigen Tag.

So schlimm wird es vielleicht nicht wieder kommen. Doch angesichts der vielen offenen Fragen, was zum Beispiel die Langzeitfolgen von Covid-19 bei Kindern betrifft, und angesichts der Menschen, die aufgrund ihres Alters nur schlecht durch die Impfung geschützt sind, kann es schlimm genug immer noch werden.

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22 Kommentare

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  • Mir fällts ja extrem schwer, Jens Spahn zu verteidigen. Aber die allermeisten Maßnahmen werden jetzt schon von den Ländern und Kommunen geregelt.

    Die Aufhebung bedeutet nichts Anderes, als einen Ausnahmezustand zu beenden, der dem Bund Sonderrechte gewährt.

    Kein Bundesland wird jetzt den Fehler begehen, alle Maßnahmen zu beenden und eine Überlastung der Krankenhäuser zu riskieren.

    Weshalb hier von "zu frühen" Lockerungen gesprochen wird, erschließt sich mir nicht. Genauso wenig, warum schon allein die Aussicht auf Beendigung von Maßnahmen, die einer Regierung grundrechtseinchränkende Sonderrechte verschaffen, reflexhaft als Bedrohung wahrgenommen wird.

    Zumal damit die Politik nur dem nachkommt, was sie seit Beginn der Pandemie versprochen hat und was Gerichte immer wieder anmahnen.

  • Ob eine "epidemische Lage von nationaler Tragweite" besteht oder nicht, kann schwerlich danach beurteilt werden, ob das Wasser auf die Mühlen von irgendwem ist. Schon die letzte Verlängerung durch den Bundestag wurde hauptsächlich damit gerechtfertigt, dass die Feststellung der "epidemischen Lage von nationaler Tragweite" ja benötigt werde, um weiterhin eine Rechtsgrundlage für die Rechtsverordnungen zu haben, in denen die Corona-Maßnahmen geregelt sind. Das stellt die Verhältnisse auf den Kopf. Eine epidemische Lage kann ein Grund für Maßnahmen sein und nicht umgekehrt.

    • @Budzylein:

      War @Mustardman, gestern, 18:47.

  • Mir fehlt in der Diskussion der Aspekt dass das Klinikpersonal seit langem im Zustand der Überlastung ist. Ich fände wir sollten bis zum Frühjahr noch sehr vorsichtig sein, dann kann man Öffnen.



    Jens Span ist definitiv kein guter Ratgeber

    • @Opossum:

      Richtig. Das ist seit etwa 10 Jahren so und wurde letztes Frühjahr durch die Behandlungspause bei leeren Krankenhäusern massiv verschärft. Da bestand offensichtlich keinerlei Rückkopplung zwischen Politik und Gesundheitssystem, wodurch sich ein Riesenberg an aufgeschobenen OPs angetürmt hat, der heute noch nicht abgearbeitet ist.

      Auch wenn die eigentlichen Sars-CoV2-Erkrankungen nur zum Teil zur immer noch bestehenden Überlastungssituation beigetragen hat, ändert das nichts daran, dass sie da ist und es idealerweise nicht nochmal zu ~6000 Coronapatienten auf ITS kommen sollte.

      Zumal das Jahr faktischer Immunsystemtrainingspause uns möglicherweise noch vor weitere Probleme stellen kann.

  • "Wer genesen oder geimpft ist, darf sich vor einer schweren Covid-19-Erkrankung und ihren Komplikationen fast sicher fühlen "

    Die Betonung liegt bei "fast". Es gibt immer mehr sog. Impfausbrüche bzw. Patienten in Krankenhäusern, die doppelt geimpft oder schon davor eine Infektion durchlaufen haben und genesen waren. 70% reicht nicht aus. Zumal man am Beispiel von Israel sieht, dass die Doppelimpfung nach ein paar Monaten keine so große Wirkung hat und ein Booster-Shot (Drittimpfung) erforderlich ist. 30% der Nicht-Geimpften können sich also noch gegenseitig anstecken und die Geimpften/Genesenen ebenfalls, sodass das Spiel von vorne beginnt. Man sollte die pandemische Lage an den tatsächlichen Neuinfektionen bzw. den Verlauf der Infektionen definieren. Leider gibt und gab es nie Zahlen darüber, wieviel Prozent der Infizierten stationär behandelt werden mussten und wieviel keine bis leichte Symptome hatten.

  • Es ist Zeit zu deeskalieren. Die Zahl von 30% der Ungeimpften wird in 6 Monaten bei 25% sein, im besten Fall. Wenn die Umgeimpften sich nicht schützen wollen, dann ist das ab jetzt deren Sache. Es ist natürlich richtig, dass sie gleichzeitig vulnerable andere Grupprn trotz Impfung gefährden. Das wird aber in den nächsten Jahren weiterhin so sein. Es ist also besser, dass die Umgeimpften sich rasch infizieren und dann nicht mehr ansteckend sind.

    • @Ignaz Wrobel:

      aber bitt enoch warten, bis auch die unter 12jährigen geimpft werden können, das darf dann ja jeder für sich entscheiden, ist mir egal, wie die entscheidung individuell ausfällt.



      aber dann können alle, die wollen und dann kann kommen was die mehrheit entscheidet.... wenigstens kann sich jeder der möchte dann schützen.

  • Sowohl im taz-Kommentar als auch bei den Leserkommentaren werden Dinge, die erst mal nicht miteinander zu tun haben, durcheinandergewürfelt.

    Die "epidemische Lage von nationaler Tragweite" muss durch den Bundestag erklärt werden. Sie erleichtert der Regierung, insbesondere dem Gesundheitsminister das Regieren mittels Verordnungen. Beschränkt ist sie auf pandemische Ereignisse mit hoher Dynamik.



    Die Beendigung bedeutet keinesfalls automatisch das Ende aller Maßnahmen. Nur müssen sie jetzt anders begründet und vor allen anders beschlossen und umgesetzt werden: In den Parlamenten.



    Das freut mich als Fan der parlamentarischen Demokratie - der Schritt ist seit spätestens März 2021 überfällig.



    Erfordert halt mehr Arbeit von den Parlamentarien. Das ist aber auch gut so. An den Urteilen, die Gerichte jetzt sprechen, sieht man ja deutlich, dass viele der Maßnahmen über das notwendige Maß hinaus nicht begründete Einschränkungen brachten. Meine Hoffnung wäre, dass das Parlament da mehr Augenmaß beweist, als die Regierungen.

    Da Herr Spahn in den letzten Monaten nicht unbedingt als Verfechter von parlamentarischer Kontrolle aufgefallen ist, fürchte ich allerdings, dass sein jetziger Vorschlag eher dem Wunsch entspricht, den neu gewählten Bundestag mit einer merkwürdigen Diskussion starten zu lassen....

    • @xriss:

      Das Problem ist, dass die offizielle Aufhebung der "epidemischen Lage von nationaler Tragweite" Wasser auf die Mühle von allen ist, die keinerlei Maßnahmen mehr wollen, und das zum Herbstanfang. Das wird es fast unmöglich machen, auf Landesebene noch etwas durchzusetzen, solange es nicht schon zu spät ist. Dass die aktuelle Lage keine hohe Dynamik hat, kann man nur glauben, solange man sich die Zahlen nicht ansieht.

      Und klar hat Spahn das nur gemacht, um der neuen Regierung noch schnell ein Kuckucksei ins Nest zu legen.

  • Die meisten Ungeimpften wollen sich nicht impfen lassen, nur bei den wenigsten ist das nicht möglich. Und deswegen sollen sich alle Geimpften weiter gängeln lassen? Das ist wie Autofahren verbieten weil einige wenige sich nicht angurten KÖNNEN, aber 25% nicht WOLLEN. Ist das wirklich das Problem von uns Geimpften? Nein.

    • @Holger Steinebach:

      Das ist der entscheidende Punkt. Wer sich nicht impfen lassen will, der kann ja wohl kam dadurch verhindern, dass der Rest der Bevölkerung seine Freiheit zurück bekommt. Da heute fast jeder die Möglichkeit einer Impfung hat und die Hauptgruppe, die das nicht hat, von schweren Verläufen so gut wie immer verschont bleibt, gibt es keinen Grund mehr, Beschränkungen fortzusetzen. Zumal ja jeder weiterhin sich schützen darf und sollte.

    • @Holger Steinebach:

      Wir reden hier auch über die Kinder, die sich nicht impfen KÖNNEN. Also einige wenige?

      • @David.H:

        Für gesunde normalgewichtige Kinder ist das Risiko minimal.

  • Die einen wollen sich nicht impfen lassen, die anderen sind nicht gefährdet schwer zu erkranken. Es ist die Zeit gekommen damit aufzuhören alle zu gängeln aufgrund von Testpositiven mit geringer oder ohne Symptome

  • Ob eine Lockerung in den nächsten Wochen zu früh war, werden wir erst einige Zeit später wissen. Ich gehe aber davon aus, dass die Bundesländer, die ja eigentlich für das Thema zuständig sind, auch nach der Beendigung der "epidemischen Lage" durch die Bundesregierung noch Einschränkungen festsetzen werden.



    Es ist richtig, dass immer noch etwa 30% weder geimpft noch genesen sind. Es ist aber auch so, dass sich dieser Prozentsatz nur noch durch eine Ansteckung mit Corona ändern wird.

  • Echt scheiße für die Kinder, Schwangere und Menschen mit Immunschwäche.

    Aber alles so 6-18 Monate weiterlaufen lassen bis auch die letztens nicht-Querdenker geimpft sind? Kann man diskutieren, ob man sich das geben will...

    Von den Bundestagsabgeordneten zu fordern dies für alle zu Beschließen ist aber politisch Weltfremd.

    Daher: Yolo (siehe Klimawandel)

  • Ich finde den dänischen Ansatz gut: wir haben jedem ein Impfangebot gemacht und jetzt öffnen wir wieder alles.



    Die Geimpften sind geschützt, werden nicht mehr krank und stecken auch niemanden mehr an. Diejenigen, die nicht geimpft sind, tragen ganz bewusst das mögliche Risiko.

    • @wollewatz:

      "Die Geimpften sind geschützt, werden nicht mehr krank und stecken auch niemanden mehr an."

      ähm nein - rufen sie mal auf der nächstgelegenen ITS an - in den vier Kliniken in meine Nähe liegen teilweise über 50% doppelt und dreifach geimpfte.

    • @wollewatz:

      Sie vergessen die Leute, die nicht geimpft werden können, und Millionen Kinder, die noch kein Impfangebot bekommen haben.

      • @Katrina:

        Ich frage mich immer, wer diejenigen eigentlich sind, die nicht geimpft werden können. Ich kenne geimpfte alte, kranke Menschen, Krebspatienten und chronisch kranke, die alle geimpft sind. Da wurde doch kaum jemand ausgenommen.

  • und die Lösung des Problems wäre was?.....



    Offensichtlich wird man nie auf 100% Impfquote kommen.



    Also epidemische Lage auf immer?



    Oder Ende ab 90%?



    Oder Ende ab 80%?



    Oder.



    Alles rein willkürlich.