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Die Macht des Staates ist begrenzt. Andere Staaten und Mächte haben ihre eigenen z T. ganz anderen Moralvorstellungen. Werden die verletzt, führt das zu Gegenaktionen, die ersterer vielleicht nicht mehr abwehren kann.
Wer nicht mächtig ist, muss ggf die Klappe halten.
Es kann noch schlimmer werden: Bestrafung von Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines mächtigen Staates oder Beleidigung seines Staatsoberhaupt wird auch wieder bestraft.
Es werden mittlerweile ja nicht nur der Koran verbrannt sondern auch die Thora. Sollte Antisemitismus freie Fahrt haben? Wiegt Meinungsfreiheit mehr als die Bekämpfung des Antisemitismus? Wiegt Liberalismus mehr als "Links"?
@Rudolf Fissner Alle heiligen Schriften können von mir aus gleichberechtigt brennen.
Als die jetzige Diskussion das erste mal aufflammte waren sich alle ganz Sicher das es die bösen Bioschwedischen Rechten wären die da zündelten, bis sich herausstellte das es ein Irakischer Flüchtling war, also jemand der direkt erlebt hat was passiert wenn Religion zuviel Einfluss erlangt.
Und genau so etwas möchte ich auch Leuten die unter jüdischen Extremisten leiden nicht absprechen.
Ein paar Jährchen alt aber einer der ersten Treffer beim Suchen: www.spiegel.de/pol...mmen-a-806246.html
Diese Büchse der Pandorra zu öffnen passt ja auch zur einer Abkehr von den Idealen der Aufklärung, die derzeit festzustellen ist. Ob Universalismus generell, individuelle Freiheit und Menschenrechte im Speziellen oder eben der Säkularismus hier. Identität soll universelle Werte schlagen. Aber die romantisierte Vorstellung von institutionalisierten Religionen ist eine Zerrbild. Die abnehmende kritische Distanz des Staates zu Religionen wird vor allem die Machthaber jener religiösen Institutionen in Jubel ausbrechen lassen. Eröffnet dieses Gesetz doch einen ersten Teilanspruch auf die Unversehrbarkeit religiöser Empfindungen und gibt ihnen damit ein effektives Mittel an die Hand, den Spielraum an gesellschaftlichem Einfluss auszuweiten. Nun können sie sich die Frage stellen, ab wann die religiöse Empfindung (gleich welchen Glaubens) die Freiheit zum individuellen Ausdruck schlägt, und wie sich diese Grenze, schrittweise und geduldig, weiter Richtung Kunst, Sexualität und Bildung verschieben lässt.
Sehr köstliche Heuchelei der dänischen Regierung. Hart arbeitene und integrierte Migranten abschieben, aber religöse Fundamentalistien beschützen.
@Marcel Davis Tja, halt "Brüder im Geiste"
Also, den Kommentarbereichen unter den letzten Artikeln zum Thema Koranverbrennung zur Folge dürften hier viele diesen Kotau vor den reaktionärsten Elementen des Islam doch sehr begrüßen. Schließlich wurde hier vor lauter Ärger über sog. "Islamophobie" direkt einfach mal die Sichtweise des saudischen Königshauses vielfach reproduziert.
Gotteslästerung ist ein Ausdruck von Freiheit in einer säkularen Gesellschaft. Wenn ich auf dem Koran Speck braten möchte, macht mich das vielleicht nicht zu einem sympathischen Zeitgenossen, wenn es aber mein selbst gekaufter Koran ist, sollte es mich auch nicht zu einem Straftäter machen. Ohne die Verletzung religiöser Gefühle ist nämlich die ehrliche Religionskritik ebenso unmöglich.
Welches Gottesbild steckt hinter einem Glauben, der meint, Gott wäre nicht souverän genug, diese lächerlichen rechten Provokateure selbst zu bestrafen, wenn und wann er es für richtig hält? Ein wirklich souveräner Gott braucht keine menschlichen Rächer und gewaltsame Gegenproteste.
In der Bibel geht das so (Paulus im Römerbrief): "Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes. Denn es steht geschrieben: Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der HERR."
@Winnetaz Es geht hier ja nicht um die Gottesfürchtigkeit dänischer Politiker, sondern um die Furcht vor Terror.
Vielen Dank, dass dieses Dilemma hier dargelegt wird.
Wer darunter leidet, wenn Beleidigte sich z. B. durch Attentate rächen, sind eben nicht (nur) die "Übeltäter:innen", sondern auch andere Teile der Gesellschaft, die gar nichts damit zu schaffen haben. Da muss man sorgsam abwägen, um den zitierten "gesellschaftlichen Frieden" zu wahren.
Und da sollte man, meine ich, an die "Übeltäter:innen" appellieren: Gibt es denn keine sinnvollere oder intelligentere Form der Islamkritik, als dieses Buch tumb zu schreddern/zu verbrennen - vor allem von Künstler:innen, die doch eher ideenreich sein sollten? Man weiß doch mittlerweile, wie die Zielgruppen reagieren: es werden alle "Christ:innen" und "westlich" Gesonnenen samt und sonders haftbar gemacht.
Das angedeutete Gesetz ist aber wirklich aus der Zeit gefallen.
@Zhongli Quan Damit bist du für immer erpressbar. Mal drüber nachdenken was das dann bedeutet.
"Dieselbe dänische Regierung, die künftig religionskritischen Protest verbieten will, möchte also auch Syrer*innen aus ihren Wohnungen zerren und sie ins Flugzeug Richtung Damaskus setzen. Klingt das nach einem Staat, der sich wahrhaft um das Wohlergehen von Minderheiten sorgt?"
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Fragen wir doch mal direkt hier in Deutschland, was passiert, wenn die Geflüchtete, Exilanten oder Asylsuchende abgeschoben werden, was dann droht. Virulente Situation: Kriegsdienst. Wollen wir die Folgen verantworten?
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bei amnesty.de
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"Zwischen 2020 und dem 1. April 2021 hat Dänemark die Aufenthaltstitel von 380 Syrer_innen widerrufen oder nicht verlängert und erklärt, Damaskus und die Rif-Region seien wieder "sicher". Viele der Geflüchteten warten aktuell noch auf eine endgültige Entscheidung in ihren Berufungsverfahren, doch bei 39 ist die Entscheidung bereits gefallen: Ihnen droht die Abschiebung nach Syrien. Amnesty International ist der Ansicht, dass jede Rückführung nach Syrien gegen das völkerrechtliche Non-Refoulement-Prinzip verstoßen würde, da Staaten niemanden in ein Land abschieben dürfen, in dem dieser Person schwere Menschenrechtsverletzungen drohen."
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www.proasyl.de/new...topps-nach-syrien/
"Die Entscheidung über das Ende des Abschiebungsstopps muss rückgängig gemacht werden, denn sie ist menschenrechtlich nicht vertretbar und politisch ein fatales Signal!"
"Die „unangemessene Behandlung von Objekten, die für eine Religionsgemeinschaft eine wichtige religiöse Bedeutung haben“"...ist nicht ganz dasselbe wie Blasphemie, bei der der Gesetzgeber historisch gesehen davon ausgeht, dass Gott existiert und Frevel seinen Zorn auf das Land herabziehen könnte.
Das hier ist doch nicht viel anderes als der deutsche Tatbestand "Beschimpfung von Glaubensgemeinschaften."
Abgesehen davon: der Hintergrund des Gesetzesvorhabens ist eben nicht die Gottesfürchtigkeit dänischer Politiker, sondern die Furcht vor islamistischen Terroranschlägen.
Ich freue mich schon auf die übliche Parade von "Wer Bücher verbrennt, verbrennt auch Menschen"...
Gilt das auch für andere Formen der Zerstörung? Wer Bücher schreddert, schreddert auch Menschen?
@Volker Racho 1.) Es ist halt einfach historischer Fakt, dass sich dieses Diktum allzu oft als wahr erwiesen hat.
2.) Unterliegen sie gleich zwei Fehlannahmen. Zum Einen geht es um ein Gesetz, dass ganz allgemein gegen Blasphemie gerichtet und damit sehr weit und gummiartig angelegt ist. Zum Anderen, und das dürfte ihnen eigentlich auch bewusst sein, sind Bücherverbrennungen eben nicht einfach nur eine beliebige Art von Entsorgung, sondern ein recht klar als politisch-ideologisches Statement gemeint. Es wird sie sich niemand kritisieren wenn sie ihr Exemplar von 'Windows 95 für Dummies' ins Altpapier geben, aber das ist eben etwas anderes als Aktionen zu relativieren bei denen Korane oder auch Kästner und Tucholsky öffentlich unter Applaus der Masse ins Feuer wandern. Aber in einer Zeit in der die Faschisten wieder auf dem Vormarsch sind und selbst noch Verharmlosungen von Auschwitz als entschuldbare Jugendsünden gelten liegen sie damit wohl im Trend der Zeit.
@Volker Racho Lieber Volker,
dies wird kommen, so sicher wie das Amen in der Kirche.
Was mich an der Sache immer so verwundert ist, wegen Karikaturen werden Morde begangen, bei verbrannten Büchern tobt der Mob,
aber als damals in der Schweiz die Minarette verboten wurden, herrschte Totenstille, kein Protest, keine verbrannten Schweizer Fahnen, gar nichts !
Wollten hier gewisse Machthaber und religiöse Autoritäten nicht das Risiko eingehen am Telefon zu hören:
" Aber sie haben doch gar Konto bei uns "
wenn Sie den Kontostand ihres Schweizer Bankkontos abfragen :-)
Leider hilft dies nur bei der Schweiz, evtl. noch den Cayman Islands, daher
sehe ich nur eine Lösung welche langfristig Aussicht auf Erfolg hat.
Übersättigung, eine oder mehrere Wochen lang, jede Stunde einmal, jeweils in einem anderen Land, einer anderen Stadt, bis keiner mehr weiß gegen Welche er nun protestieren soll und sie am Ende erschöpft und resigniert Aufgeben und es ( wenn auch nicht souverän ) für die Zukunft
Ignorieren.
Mit freundlichen Grüßen
flaviussilva
Man sollte nicht alles in einen Topf werfen und auch noch die unsäglichen Asylverweigerungstricks der dänischen Regierung mit einbauen. Tatsächlich wird man dem Menschen das Religlöse nicht ganz austreiben können. Es ist ihm offenbar genetisch mitgegeben, weil es soziokulturelle Vorteile bietet. Dann ist es konsequent, dieses Faktum auch rechtlich zu akzeptieren. Im deutschen § 166 StGB heißt es: "Wer öffentlich oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft." Die Tat muss also schon den öffentlichen Frieden stören. Das scheint mir eine ausreichende Beschränkung.
Tja, Skandinavien ist schon lange nicht mehr das, was es mal war. Speziell der Umgang mit irgendwelchen Vereinen, deren Wertesystem und damit angemaßte Rechte auf deren "Glauben", also Phantasie, Erfindung, Quatsch, frühkindlicher Indoktrination usw basiert, spricht Bände über eine Regierung, die den politischen und rechtlichen Rahmen für die gesamte Gesellschaft gleichermaßen hinstellen, verantworten und auch durchsetzen sollte.
Die Maßnahme passt zur seit einiger Zeit in aller Welt laufenden Gegenaufklärung. Als wäre der grassierende Neofeudalismus noch nicht genug. Mit Volldampf zurück ins Mittelalter.
Sehr viel geschickter wäre es doch gewiss, würde man beim Verbrennen von Büchern auf öffentlichen Plätzen ein Verbot gegen Sicherheitsbestimmungen feststellen, die dem Schutz der Öffentlichkeit vor unnötiger Gefährdung und eventuell auch der Umwelt allgemein vor Immissionen dient. Das soll man dann gerne mit empfindlichen Geldstrafen belegen. Im besten Fall verhindert das ebenso erfolgreich auch das unter Fanatikern so beliebte Flaggen-Einäschern.
Und daneben muss man natürlich darauf achten, dass eine verletzte „Ehre“ oder religiöse Gefühle nicht strafmindernd wirken, wenn dann Straftaten begangen werden, sondern dies als Racheakt eher strafverschärfend wirkt – wie die Rote Karte im Fußball für das Revanchefoul.
Das Gesetz ist übertrieben. Allerdings muss man auch sagen, dass einen Koran zu verbrennen eine absolute [...]-Tat ist.
Man kann und muss Religionen kritisieren. Man kann sie veräppeln (ich denke mal an "Das Leben des Brian"), um ihre problematischen Seiten zu zeigen.
Aber einfach nur die Gefühle von 1 Milliarde Menschen ohne Not zu verletzen und ohne konstruktive zu debattieren ist einfach widerlich.
Mein Vorschlag wäre: Kann er machen. Aber die Polizeieinsätze muss er selbst zu 100% selbst tragen, inklusive Polizeischutz. Und wenn ein Polizist beim Schutz verletzt wird, dann muss er dafür vor ein Strafgericht.
Wäre doch fair, oder?
@Kartöfellchen Das ist schon eine harte Täter-Opfer Umkehr die sie hier abziehen.
Wenn überhaupt, dann wäre es fair die Leute die wegen verletzter Gefühle randalieren und morden bezahlen zu lassen, denn das ist auch in andere Fällen keine Entschuldigung übergriffig zu werden.
Wem wundert es? Der Autor hat zwar meine volle persönliche Zustimmung für ob seines Einsatzes wider eines letztlich mittelalterlichen Blasphemieparagraphen, nur scheint das Mittelalter vielerorts wieder auf dem Vormarsch; nicht zuletzt unter leicht reizbaren und fanatisierten islamischen Fundamentalisten. Es ist erschreckend zu sehen wie schnell sich ob einer zugegeben dumm-vulgären Verbrennung eines Koran in vielen muslimischen Ländern ein Mob auf der Straße zusammen rottet der dem jeweiligen Land in dem die Verbrennung stattfand den Tod wünscht. Ein diffuser Ehrbegriff einer wenig gebildeten und schon gar nicht aufgeklärten Bevölkerung und gütigem Zutun lokaler (religiöser) Führer die den Furor für eigene Zwecke zu instrumentalisieren suchen und schon brennt der Busch. Im Übrigen ist es wohlfeil sich aus Deutschland darüber aufzuregen solange wir, und damit meine ich insbesondere auch die sich selbst als progressiv verstehende Linke, hier bereit sind unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit noch jedes archaische, patriarchale und rückschrittliche Gesellschaftsbild zu akzeptieren und jede absolut berechtige Kritik daran als mindestens islamophob wenn nicht gar Rechts und faschistisch abzukanzeln.
Sozialdemokraten verraten die Idee des Säkularen und verbeugen sich vor Geistlichkeiten, nur weil sie letztlich Angst vor Terror durch Extremisten dieser Geistlichkeiten haben. Unerträglich feige ist das!
Ich finde die Koran-Verbrennungen durch rechte voll daneben, aber ein Blasphemiegesetz ist weit über das Ziel hinausgeschossen.
Schwierig mit dem Strafrecht. Wir brauchen andere Motivierungen zur Konflikt-Einschränkung.
Wie ist's wenn man Einschränkungen bezüglich religiöser und sexueller Gefühle vergleicht?
Es ist das gute Recht einer Gesellschaft zu handeln, wenn man mehrheitlich der Überzeugung ist, dass einzelne Personen Rechte missbrauchen.
Immerhin verspricht das Ganze doch die Aussicht auf recht unterhaltsame Gerichtsprozesse die dann etwa darüber zu befinden haben ob das beherzt ausgestoßene "Verfluchte Scheiße!" nicht doch die Lästerung eins pantheistischen Göttlichen darstellt.
Es geht nicht um das Wohlergehen von Minderheiten, es geht darum, Handlungen unter Strafe zu stellen, die den öffentlichen Frieden stören. Weswegen auch der Begriff der "Gotteslästerung" eigentlich falsch ist, da das Schutzgut nicht das Ansehen GOTTES, sondern der Anspruch der Gläubigen, ihre Religion nicht öffentlich verunglimpft/beleidigt zu sehen, ist.
@KatholischerVerbindungsstudent Fanatiker sind durch alles beleidigt was ihren Fanatismus kritisiert. Zum Glück sind Fanatiker in der Minderheit und als Fanatiker haben sie ihre Minderheitenrechte verwirkt. Einfach dadurch das sie ja auch anderen ihre Rechte absprechen, sonst wären sie ja keine Fanatiker.
Fanatiker muss man einfach bekämpfen, egal welcher Ideologie oder Teilmenge Religion.
Daher ist so ein Gesetz einer Demokratie einfach unwürdig, man beugt sich dem Fanatismus.
@KatholischerVerbindungsstudent Merken Sie sich bitte eins: Wenn fanatische Muslime randalieren, weil jemand einen Koran verbrannt hat, dann ist mitnichten der Koranverbrenner das Problem, sondern die muslimischen Fanatiker. Ich selbst bin durchaus gläubiger Christ, gehörte allerdings nicht dem Verein an, den Sie, ihrem Nick nach zu schliessen, hier vertreten. Aber ich moechte um Gottes Willen niemandem verbieten, meine Religion zu verunglimpfen/beleidigen, ich werde demjenigen widersprechen, ihn vielleicht auch beschimpfen, aber ich werde ihn niemals bedrohen - auch nicht mit einer Anzeige wegen Blasphemie!
@KatholischerVerbindungsstudent Schöpfungsmythen und Kreationismus beleidigen meine Intelligenz. Was soll ich tun? Akzeptieren, dass Menschen etwas anderes glauben oder damit drohen, Menschen zu ermorden, um meinen willen durchzudrücken. Wenn man die Bewahrung des öffentlichen Friedens als Maßstab bemüht, sind der Erpressung, Tür und Tor geöffnet.
Für viele Aktivist:innen in den USA ist Deutschland ein Beispiel dafür, wie Klimaschutz scheitern kann. Das prägt auch internationale Politik.
Blasphemiegesetz in Dänemark: Kein Gott vorm Staat
Um Koranverbrennungen zu stoppen, wollen die dänischen Sozialdemokraten Gotteslästerung wieder unter Strafe stellen. Das ist ein Rückschritt.
Rasmus Paludan und die Partei Stram Kurs verbrennen einen Koran in Kopenhagen im März 2019 Foto: Liselotte Sabroe/imago
Gesellschaftlicher Fortschritt ist kein Automatismus. Das zeigt sich dieser Tage wieder einmal in Dänemark. Die dortige sozialdemokratische Regierung will Gotteslästerung erneut unter Strafe stellen, um eine neuerliche Welle von Koranverbrennungen zu brechen. Sie möchte gerne zurück ins Jahr 1683 – als sich das Königreich seinen ersten Blasphemieparagrafen gab. Lang ist’s her: Im selben Jahr endete auch die zweite Belagerung Wiens durch die osmanische Armee.
In den letzten Monaten hatte unter anderem der rechte Politiker Rasmus Paludan mehrere Korane verbrannt, was zu teils gewaltsamen Gegenprotesten führte. Die „unangemessene Behandlung von Objekten, die für eine Religionsgemeinschaft eine wichtige religiöse Bedeutung haben“, soll in Dänemark deswegen mit bis zu zwei Jahren Gefängnis bestraft werden. Die französische Satirezeitung Charlie Hebdo, der bekanntlich nichts und niemand heilig ist, tat sich diese Woche mit 17 skandinavischen Blättern zusammen, um gegen das Gesetz und für die Meinungsfreiheit zu protestieren.
In der Tat hatte das dänische Parlament den alten Gotteslästerungsparagrafen erst 2017 abgeschafft. Den Anstoß gab damals kurioserweise eine Anklage nach einer Koranverbrennung. Daraufhin forderte die linke „Einheitsliste“, den Paragrafen 140 zu streichen; die Mitte-rechten Sozis hingegen verteidigten damals wie heute diesen vormodernen Straftatbestand, um des „öffentlichen Friedens“ willen.
Vulgär und subversiv
Ein Akt, der die Meinungsfreiheit beschneidet, der aber auch unter Linken Sympathien findet, könnte ein solches Gesetz doch eine religiöse Minderheit vor den Provokationen rechter Fanatiker schützen. Doch obwohl die Verbrennung heiliger Schriften oft vulgär ist, wohnt dem Bildersturm – der Zerstörung religiöser Ikonen – auch ein subversives Potenzial inne: Erst Anfang August schredderte die feministische dänisch-iranische Künstlerin Firoozeh Bazrafkan einen Koran vor der iranischen Botschaft in Kopenhagen und trug dabei ein „Woman Life Freedom“-Shirt – ein Akt des Widerstands gegen die Ajatollahs in Teheran.
Das Gesetz kann nicht zwischen „guter“ und „schlechter“ Gotteslästerung unterscheiden
Da wäre auch die Fotografin Sooreh Hera, ebenfalls Iranerin: Ihr Bild „Adam & Ewald“ von 2007 zeigt zwei schwule Männer mit Masken des Propheten Mohammed und seines Schwiegersohns Ali. Das Gemeentemuseum in Den Haag zensierte das Bild damals, vorgeblich, um die „religiösen Gefühle“ von Muslimen nicht zu verletzen – aber wohl eher aus Angst vor Terroranschlägen.
Unter dem vorgeschlagenen Paragrafen müssten der Protest und Kunst von Bazrafkan und Hera ebenfalls verfolgt werden. Denn das Gesetz kann nicht zwischen „guter“ und „schlechter“ Gotteslästerung unterscheiden. Auch wenn Kunst- und Meinungsfreiheit weiter im Gesetz bestehen bleiben, müssten die Rechtsgüter dann immer mit dem Blasphemieparagrafen abgewogen werden.
Die Rechte migrantischer Künstlerinnen stehen hier also ebenso auf dem Spiel – und gar die von Muslimen selbst. Denn es sind Minderheiten, die in der Mehrheitsgesellschaft am meisten von einer breiten Religions- und Meinungsfreiheit profitieren. Der Staat verteidigt diese Freiheiten also entweder für alle – oder schafft sie für alle ab.
Das Blasphemiegesetz fügt sich in ein größeres Bild der dänischen Politik ein. In das Bild einer Regierung, die es mit einigen fundamentalen Menschenrechten nicht mehr so genau nimmt. Seit Jahren schotten sich die Dänen gegen Einwanderer*innen ab; 2019 gab die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen die Losung aus, „keine Asylsuchenden“ mehr aufnehmen zu wollen. Vergangenes Jahr begann ihre Regierung dann gar, Geflüchteten aus Syrien die bereits erteilte Aufenthaltserlaubnis zu entziehen. Sie können seitdem in ein Land abgeschoben werden, in dem nach wie vor die faschistische Assad-Familie herrscht.
Dieselbe dänische Regierung, die künftig religionskritischen Protest verbieten will, möchte also auch Syrer*innen aus ihren Wohnungen zerren und sie ins Flugzeug Richtung Damaskus setzen. Klingt das nach einem Staat, der sich wahrhaft um das Wohlergehen von Minderheiten sorgt?
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Kommentar von
Leon Holly
Autor
Jahrgang 1996, Studium der Politikwissenschaft und Nordamerikastudien in Berlin und Paris. Seit April 2023 Volontär der taz Panter Stiftung. Schreibt über internationale Politik, Klima & Energie, und Kultur.
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