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Bauern und Lokführer protestierenDie große Kränkung

Kommentar von Gunnar Hinck

Den Bauern und Lokführern geht es noch relativ gut. Ihr Protest sollte nicht von den wirklich Marginalisierten in der Arbeitswelt ablenken.

Zu leise und knicken bei Tarifverhandlungen zu schnell ein: Kita-Erzieherinnen und ihre Interessenvertreterinnen Foto: Christian von Polentz

N ach dieser Woche muss man den Eindruck haben, dass es zwei Berufsgruppen besonders schlecht geht: den Bauern und den streikenden Lokführern. Allerorten ist von „Wut“ zu lesen. Ginge es nach dem Grad prekärer Arbeitsbedingungen, müssten aber ganz andere „wütend“ sein, wenn sie nicht schon längst zu müde dafür sind: Regale-Einräumer in Supermärkten, scheinselbständige Paketlieferanten, rumänische Erntehelferinnen, „schwarz“ beschäftigte Putzfrauen. Aber sie haben nicht die Organisationsmacht von Bauern und Lokführern.

Bauern und Lokführer sind traditionell gut organisiert, sie sind es gewohnt, ihre Interessen offensiv zu vertreten. Doch wer am lautesten ruft, dem geht es nicht unbedingt am schlechtesten; er hat nur die Mittel, sich Gehör zu verschaffen. Der Arbeitskampf im Lebensmittel-Einzelhandel dümpelt auch deswegen seit Monaten vor sich hin, weil die Branche zersplittert ist und die vielen Teilzeitkräfte meistens nicht organisiert sind. Und wenn es bei Rewe keine Milch gibt, geht der Kunde eben zu Edeka.

Was Bauern und Lokführer mentalitätsmäßig und historisch gesehen verbindet, ist das Gefühl der Kränkung. Lokführer waren früher Beamte, zwar nie besonders gut bezahlt, aber mit hohem Sozialprestige. Sie sorgten im Staatsauftrag für den öffentlichen Fernverkehr, heute müssen sie mit Flixbus konkurrieren. Der immer leicht beleidigt wirkende Habitus von Claus Weselsky drückt die Kränkung dieses Berufsstands ziemlich gut aus.

Bauern waren früher die Herrscher auf dem Land. Sie dominierten den Gemeinderat und die Dorfgemeinschaft; heute haben sich die Gewichte verschoben, weil es immer weniger Bauern gibt und die Bevölkerung auf dem Land heterogener als früher ist. Die Unzufriedenheit speist sich nicht nur aus Dieselpreisen und Schichtzeiten, sie hat tiefere Quellen. Die Enttäuschung darüber, dass es einem früher besser ging und man einst eine größere Rolle spielte, kann gewaltige Kräfte freisetzen.

Mehr Weselsky wagen

Die ungleiche Verteilung von hörbarer Wut erzählt auch etwas über Geschlechter-Rollenklischees. Kita-Erzieherinnen und ihre Interessenvertreterinnen zum Beispiel sind zu leise, sie knicken bei Tarifverhandlungen zu schnell ein. Wie wäre es, wenn die Verhandlungsführerinnen beim nächsten Mal im breitbeinigen Weselsky-Style verkünden würden: „Das ist ein Vernichtungsfeldzug der Arbeitgeber, den wir uns nicht bieten lassen. Das Land wird still stehen, solange sich die Arbeitgeber nicht bewegen.“

Und vorher sollten die Medien einfach mal mehr auf die Leisen, weniger auf die Lauten achten, auch wenn erstere keine medienwirksamen Traktoren auf Autobahnen und stillstehenden Züge aufbieten können.

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47 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Wer das Privileg haben möchte, sich für 3000 € netto Nächte und Wochenenden um die Ohren zu hauen, kann sich bei der Bahn als Lokführer bewerben.

  • taz: "Lokführer waren früher Beamte, zwar nie besonders gut bezahlt, aber mit hohem Sozialprestige. […] Der immer leicht beleidigt wirkende Habitus von Claus Weselsky drückt die Kränkung dieses Berufsstands ziemlich gut aus."

    Früher sind die Züge aber auch pünktlich abgefahren und an ihrem Zielort pünktlich angekommen. Früher gab es auch Bahnhöfe, in denen man sich wohlgefühlt hat und die nicht ausgesehen und gerochen haben wie ein dreckiger Hinterhof in New York. Früher haben Bahnmanager auch noch kein Jahresgehalt bekommen, wofür ein Lokführer mehr als 40 Jahre arbeiten müsste. Früher … (und so weiter und so fort).

    Vielleicht sollte man mal das Grundproblem ansprechen und mal fragen, weshalb die Deutsche Bahn (DB) eigentlich jetzt eine Aktiengesellschaft ist, obwohl sie doch zu 100 Prozent im Staatsbesitz ist und in erster Linie für die Bürger in diesem Land da sein sollte, aber sicherlich nicht für die Aktiengewinne einiger Aktionäre. In was für einem Land leben wir eigentlich, wo die kleinen Arbeitnehmer immer mehr verheizt werden, aber gleichzeitig inkompetente Manager sich 'dumm und dämlich' verdienen?

  • In der Regel verdienen gut ausgebildete Arbeitnehmer eben mehr wie Arbeitnehmer ohne Ausbildung. Dafür haben Sie auch viel Zeit in Ihre Ausbildung oder Ihr Studium gesteckt und in dieser Zeit wenig oder Nichts verdient. Was ist daran falsch ?

  • Natürlich geht es Bauern und Lokführer „relativ“ gut. Denn sie haben jahrelang Ausbildung hinter sich. Die meisten Landwirte haben sogar die Meisterausbidung.



    Zu Weselsky, da weiß man was man hat. Irgendwann kommt ein Nachfolger. Ob der dann umgänglicher für den Bahnvorstand sein wird mag ich bezweifeln.

  • Eine kleine Randbemerkung:



    Bei den Blockaden von Autobahn-Ein- und Ausfahrten sind ja derzeit, so z.B. auch in Bayern (wo der Innenminister anfänglich tönte, so etwas werde die bayerische Polizei zu verhindern wissen)



    nicht bloß Trecker beteiligt, sondern auch große "Speditionsfahrzeuge". Die werden das ja nicht ohne Billigung ihrer Arbeitgeber tun, oder?



    Bereits vor einem halben Jahrhundert haben am anderen Ende der Welt (Chile) die transportistas, angestachelt durch die rechtsgerichteten Medien, wesentlich zum Sturz der sozialistischen Regierung Allendes (durch einen Militärputsch) beigetragen. (Lokführer nicht, weil damals auf der einzigen Nordsüdstrecke Züge nur stellenweise fuhren. Bauern auch nicht, weil sie damals noch nicht über schweres Gerät verfügten.)



    Chile von vor 50 Jahren kann man natürlich nicht entfernt mit Deutschland heute vergleichen, und irgendwie denkbare Parallelen mit der aktuellen Wirklichkeit hierzulande möchte ich lieber nicht in Betracht ziehen.

  • Der Landwirt kann entscheiden, an wen er verkauft und was er produziert. -> Volle Kontrolle über seine Wirkung am Markt. Er kann seine Entscheidungen relativ rasch anpassen.

    Es heißt im Gegenstück ja nicht grundlos ABHÄNGIG BESCHÄFTIGTE.

    • @-Zottel-:

      Natürlich kann der Landwirt entscheiden an wem er verkauft, NUR den Preis bestimmt der Abnehmer. Und durch die Konzentration des Einzelhandels auf vier Konzerne ( die sich einig sind ) gibt es eigentlich nur einen ( tiefen ) Preis. Selbst wenn sich jetzt alle Landwirte bündeln würden hätten sie gegen den Handel keine Chance, weil wer Weltkonzerne wie Nestle, Coca Cola oder Mars auslistet wenn sie nicht für die Preise liefern die sie haben möchten, lacht nur über solche Anbieter.

    • @-Zottel-:

      Stimmt, deswegen gibt es hier noch eine Solarbranche, viele Textil und Schuhhersteller. Die konnten alle entscheiden an wenn sie verkaufen und was sie produzieren.

      Ich frag mich bis heute warum es diese Branchen hier nicht mehr gibt... Irgendjemand meinte mal es hat was mit Kosten und dem weltweiten Wettbewerb zu tun... Ich weiß ja nicht, das klang schon ein bisschen weit hergeholt.

      Die Bauern werden das richten. Ich vermute mal, wenn man die ganzen Subventionen streichen würde, dann würden die Bauern einen zweiten Frühling erleben.

  • Der Artikel erinnert mich an die BRD der 70er Jahre. Wer damals gegen irgendwas protestierte, bekam zu hören: Geh doch rüber, in den Osten, dort geht es den Leuten wirklich schlecht. So ähnlich verfährt der Artikel mit dem Bauern und den Landwirten: Euch geht's doch relativ gut, heißt es, schaut doch mal auf die Regaleinräumer, denen geht es wirklich schlecht. Nun ist es allerdings so, dass es auch den Regaleinräumern 'relativ' gut geht, gemessen z.B an ihren Kollegen in den meisten anderen Ländern. Überhaupt geht es fast allen in Deutschland im internationalen Vergleich relativ gut. Wenn man den Artikel zu Ende denkt, hätte demnach in Deutschland überhaupt niemand Grund, auf die Straße zu gehen und sich zu beschweren, auch nicht die Regaleinräumer, denn woanders ist es ja irgendwie immer noch schlechter. Das wird der Autor nicht ernstlich vertreten wollen; dann sollte er aber auch den Landwirten und den Bauern ihren Protest zugestehen und davon absehen, Ihnen süffisant das Label 'beleidigte Leberwurst' anzuhängen.

  • Politischer Generalstreik ist verboten, so wie auch Preisabsprachen bei der Mineralölindustrie, letztere passen immer "rein zufällig" die Preise an, wenn die Konkurrenz das tut. Was wäre, wenn die Arbeitnehmer der einzelnen Gewerkschaften "rein zufällig" auch mal alle gleichzeitig streiken für bessere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen? Speziell in und um die Regierungsviertel, wäre doch schade, wenn es in der Bundestags- und den Landtagskatinen mal eine Woche nichts zu futtern gibt und die Büros ungeputzt bleiben.

    Warum sich bei den Streiks von Kita-Kräften keiner kümmert dürfte doch auch klar sein, das betrifft hauptsächlich und am schwersten Alleinerziehende und Arbeitende Paare, die dringend drauf angewiesen sind und noch nie eine Lobby hatten. Wenn die Arbeitskräfte in teuren Privatkitas und Privatschulen streiken würde, dann wäre was los ....

  • "Der immer leicht beleidigt wirkende Habitus von Claus Weselsky drückt die Kränkung dieses Berufsstands ziemlich gut aus."



    Ich nehme Herrn Weselsky ganz anders wahr: verbindlich kampfbereit und verbal unerbittlich. Das kann als Kunde ja "heiter" werden. Vielleicht ist am Rhein der relevante Zugverkehr Rosenmontag de facto auf die Narren-Umzüge beschränkt, - trau ich der GDL-Führung 'glatt' zu, wie man zu sagen pflegt.

  • taz-Zitat: 2(...) Ginge es nach dem Grad prekärer Arbeitsbedingungen, müssten aber ganz andere „wütend“ sein, wenn sie nicht schon längst zu müde dafür sind: Regale-Einräumer in Supermärkten, scheinselbständige Paketlieferanten, rumänische Erntehelferinnen, „schwarz“ beschäftigte Putzfrauen. Aber sie haben nicht die Organisationsmacht von Bauern und Lokführern. (...)"

    Saison-Arbeiter/-innen (z. B. Erntehelfer/ -innen) und ausländische Arbeitnehmer/ -innen, z. B. in deutschen Schlachthöfen (Subunternehmen), werden in ihren Quartieren oftmals - durch die Arbeitgeber/ -innen - von der Aussenwelt abgeschottet. So finden Gewerkschaften keinen Zugang zu den prekär Beschäftigten, mit gravierenden Folgen: Teilweise ist den Ausgebeuteten noch nicht einmal die Höhe des aktuellen deutschen Mindestlohn geläufig; viele Betroffene denken das es sei o.k. sei wenn sie nur 7 oder 8 € Stundenlohn erhalten. Auch die Einstellung: "Hauptsache Arbeit!" als "Bescheidenheitsslogan" ist hierbei nicht zu unterschätzen.

    Harte Arbeit: Deutschland baut auf dem Rücken derer ohne deutschen Pass (28.12.23)

    www.telepolis.de/f...-Pass-9583514.html

  • Manchmal habe ich das Gefühl die Bauern von heute übernehmen die Aufgabe der Studenten von gestern und gehen auf die Straße, während man von den Studenten gar nichts mehr hört. Dabei waren deren Proteste damals elementar und unverzichtbar für unsere Demokratie.



    Wir dürfen uns nicht mehr alles gefallen lassen und sollten alle öfters auf die Straße, friedlich und im Rahmen der Gesetze.

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Rudi Hamm:

      Studierende beschäftigen sich in diesen Zeiten mit BWL, wählen FDP und gründen Staat-Ups. 😄

  • "Den Bauern und Lokführern geht es noch relativ gut. Ihr Protest sollte nicht von den wirklich Marginalisierten in der Arbeitswelt ablenken."

    Das durchschnittliche Einkommen von Landwirten lag in den letzen 10 Jahren nach Abzug der Verluste vom Gewinn je nach Ertrag zwischen 25.000 und 40.000 Euro pro Jahr. ( www.agrarheute.com...n-politiker-585419 )

    Das ist m.E. kein relativ gutes Einkommen im Hinblick auf Durchschnittseinkommen von 50.000 Euro in DE.

    Heute wurde gemeldete, dass sich laut DZ Bank sich die Zahl der Bauernhöfe bis 2040 halbieren wird ( www.tagesspiegel.d...0000-11040883.html )

    "relativ gut gehen" sieht anders aus.

    • @Rudolf Fissner:

      Die Bauern leben meist in den Eigenhäusern, müssen keine Miete zahlen und profitieren teilweise von den (hart erarbeiteten) Lebensmitteln, was das Leben verbilligt. Dafür haben sie kaum Freizeit und eine unendlich lange Arbeitszeit. Das letztere haben viele Ärzte aber auch.

      • @MM19:

        Dann führen wir allgemein eine höhere Besteuerung für alle ein die ein Haus besitzen, und noch mal höher wenn sie auch einen Garten haben.



        Verwunderlich was man alles ( gegen Landwirte ) anführen kann !!

    • @Rudolf Fissner:

      Die landwirtschaftlichen Einkommen streuen halt stark:

      www.thuenen.de/de/...der-landwirtschaft

      Vor fünf Wochen vermeldete der Deutsche Bauernverband noch ein "Allzeithoch" der Unternehmensergebnisse. In den letzten Jahren habe sich der Unternehmensgewinn je Familienarbeitskraft fast verdoppelt (S. 33/42):

      www.bauernverband....bnissen-in-2023-24

      • @Desillusio:

        Warum nennen Sie nur die Gewinne und nicht auch die Verluste?

        • @Rudolf Fissner:

          Verluste sind nach meinem Verständnis negative Gewinne; solche sind in den Buchführungsergebnissen des DBV-Situationsberichts aber nicht aufgeführt.

          Sicherlich geht da noch etwas runter, bspw. Investitionen, aber nach der Zusammenfassung des DBV selbst:

          "Nach vielen schwachen Jahren hat sich die wirtschaftliche Situation der Betriebe in den letzten beiden Jahren erheblich verbessert."

          Ich wüsste nicht viele Interessensverbände, die die wirtschaftliche Entwicklung ihrer Branche aktuell derartig zusammenfassen könnten.

  • Und der Einzelhandel ist so dezent, dass er noch nicht mal hier Erwähnung findet.



    Wir streiken da seit Monaten u.a. für Löhne, die nicht direkt in die Altersarmut führen, und kaum jemand nimmt es überhaupt wahr.



    Bei nur 10 % Belegschaftsbeteiligung nicht so verwunderlich, aber etwas mehr Öffentlichkeitsarbeit von den Verantwortlichen hätte ich mir schon erwartet.

  • Teils, teils. Ja, „relativ gut“, das ist wirklich sehr relativ. Andere Gruppen im Blick haben, o.k. Aber ‚Ihr hättet ja eigentlich keinen Grund für Streik/Protest‘ - klares Nein.

  • Guter Hinweis. Das mit der Macht der Bauern auf dem Land kann ich aus meiner Jugend bestätigen. Da kamen nur noch Schulleiter und begrenzt der Pfarrer mit.

    Aber ist es nicht auch die allgemeine Verunsicherung wie es überhaupt so weitergeht, die aber die gesamte Bevölkerung betrifft? Und da kommt eine schlecht kommunizierte Subventionskürzung gerade recht.



    Im übrigen ist der Rückgang der Anzahl der Landwirtschaftsbetriebe und der Mitarbeiter weltweit zu beobachten. Die Hauptursache ist ja bei der ungewollten Landtechnikshow (Treckerdemo) zu sehen.

    Und auf so einem Bock sitzen, durch die Städte fahren und Strassen blockieren....da kommt noch mal das erwähnte Machtgefühl hoch. Bar jeder Bürokratie und irgendwelcher ökologischen Unpässlichkeiten aus 3 m Höhe auf das Volk gucken, das tut kurzfristig gut.

    Gut geführte Grossbetriebe können locker ohne Dieselsubvention wirtschaften. Aber wo eine denkbare Grenze für Subventionen ziehen? Da spielen viel Faktoren ein Rolle und es wird immer fliessend sein. Wegen weiter steigenden Betriebsgrössen und fortschreitender technischer Entwicklungen



    Vielleicht könnte eine stärkere progressive Besteuerung helfen?

  • Ja, man sollte unbedingt die Berufsgruppen gegeneinander ausspielen. Hört her ihr Putzkräfte, den fiesen Bauern geht es gut und trotzdem blockieren sie die Straße.

  • Ich finde den Kommentar insofern gut dass zu mehr Arbeitskampf in anderen Berufsgruppen aufgerufen wird.

    Schlecht finde ich die Einlassungen zu Bauern und Lokführer. Ja und, dann sind sie halt gekränkt und es geht ihnen noch relativ gut - na und?



    Muss man erst in der absoluten Armut ankommen um protestieren zu dürfen?



    Es ist doch sinnvoll zu verhindern in die Armut abzurutschen bzw. mehr Wohlstand zu bekommen als bisher.

    Ich mag auch dieses implizite gegeneinander ausspielen nicht. "Ihr Bauern habt noch mehr Geld als die Regaleinräumer, also haltet den Mund. Ach ja und ihr Kita-Frauen, die Lok-Männer sind nur gekränkt, krakeelen aber so laut dass euch die Medien deswegen nicht wahrnehmen."



    So ein Unsinn. Teile und Herrscher oder was?

  • Die Bauern und die Gewerkschaft zeigen Deutschland gerade, wie Demokratie im positiven funktioniert. Ein Vorbild

    • @Thomas Derrek:

      Wer gewählte Vertreter unseres Landes nötigt und Gewalt androht, ist ein Gegner der Demokratie.

    • @Thomas Derrek:

      Jein. Es gibt zwar Kritik seitens Bäuer*innen gegen rechte, gewaltaffine Slogans und Distanzierungen gegen Rechte, in der Realität kam es ja dennoch zu Kooperationen und Zeigen jener Slogans. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Demokratie gewahrt oder nicht ein Stück weiter geschleift wird.



      Zum zweiten fehlt in den kürzlichen Protesten auch ein Eingehen auf die ökologischen Krisen und die Mitverantwortung für die Verursachung derer. Mit der Zerstörung (eben auch durch Massentierhaltung, Pestizideinsatz und Monokulturen) der Lebensgrundlagen würde auch die Demokratie zerstört.



      Ein Lichtblick bezüglich einer vernünftigen politischen Position ist "Wir haben es satt". Diese Proteste haben aber bisher kaum etwas bewirken können.

  • "Und vorher sollten die Medien einfach mal mehr auf die Leisen, weniger auf die Lauten achten."

    Oder wie hier vor ein paar Tagen richtigerweise (sinngemäß) stand, bezogen auf die unfassbare, drastische Kürzung von wichtigen Naturschutz-Vorhaben in den deutschen Meeren:



    "Der Hering hat keinen Traktor, um sich zu wehren."

    • @hoax:

      Tja, so funktioniert der vorherrschende Speziesismus. Tiere rangieren vom Wert her unter dem Menschen, haben keine wirklichen Rechte. Ein langsam wachsender Teil der Gesellschaft schwant, dass der vorherrschende ignorante, grausame Umgang mit den anderen Tieren auch für sie übel enden wird. Es sieht so aus, dass diese Erkenntnis sich zu langsam ausbreitet und zu gering in die Praxis umgesetzt wird.

  • "Den Bauern und Lokführern geht es noch relativ gut."

    Und wem geht es ABSOLUT gut?

    Vielleicht könnte man sich mal auf *die* einschießen. Nur so als kleine Idee.

    Denn mit "denen geht es besser als den Obdachlosen" kann man die "Sozial"politik selbst der AfD und FDP weißwaschen.



    Wenn man den Maßstab ganz unten ansetzt, wird man irgendwann ganz unten enden.

  • Wichtig ist die Unterscheidung:



    - Landwirt -> Selbstständig / Unternehmer



    - Bahnmitarbeiter -> Abhängig / Angestellter bzw. Arbeiter

    Der Landwirt streikt nicht, er protestiert / demonstriert. Er möchte seine staatlichen Unterstützungsgelder weiter gezahlt bekommen, auf die es keinen dauerhaften Anspruch / keine Garantie gibt / gab. Geht etwas nicht ohne Subvention, sollte man die Finger davon lassen und sein marktwirtschaftliches Agieren anpassen. -> Unternehmerrisiko

    Der Bahnmitarbeiter streikt, weil er sich für seine Leistungen unangemessen bezahlt sieht. Die Macht hat der Verband. Toll. -> Koalitionsfreiheit

    Selbstverständlich hat jeder das Anrecht auf ein gutes bzw. ausreichendes Einkommen. Der Unternehmer aber hat die größten Spielräume in der Anpassung seiner Erwerbstätigkeit. Daher bitte diese beiden Gruppen nicht gleich setzen.

    Wenn andere Berufsgruppen in abhängiger Beschäftigung nicht so gut organisiert sind, sollte die GDL doch wohl eher als gutes Beispiel dienen denn als Buhmann.

    • @-Zottel-:

      Die Subventionen in der Landwirtschaft wurden in Deutschland aber bewusst so aufgestellt, dass Bauern zu einem guten Grad aus dem Druck des marktwirtschaftlichen Agierens herausgenommen werden. Weniger weil die Unternehmer-Bauern dass wollten, sondern mehr weil wir als Staat und Gesellschaft die kleineren Bauern-Unternehmer erhalten wollten.

      Ich finde es irritierend das ausgerechnet in der TAZ so viele auf die Bauern beinahe verächtlich herabschauen weil diese ja Unternehmer sein und vermeintlich viel Geld machen. Jetzt sollen diese Unternehmer mal schön kräftig Geld abdrücken, scheint die Devise zu sein.

      Versteht ihr denn nicht dass diese Unternehmer-Bauer dann zu großen Teilen das Geschäft einstellen werden? Und was glaubt ihr was die Alternative sein wird? An der Existenzgrenze darbende Biobauern die ihre Arbeit noch mit einem Nebenjob querfinanzieren? Mit Sicherheit nicht. Die Antwort lautet: Mehr Importe, mehr Großkonzerne.

      Wer jetzt auf die Bauern schimpft weil diese zu gierig, zu reich, zu unternehmerisch sind - der wird sich die Bauern noch zurückwünschen wenn die Landwirtschaft erstmal komplett in den Händen von AGs ist. Aber klar, die können sich dann vermutlich schöne bunte E-Traktoren - selbstverständlich auch staatlich gefördert - leisten und brauchen keine Schmutzdiesel mehr, also alles gut.

      • @M.Liberus:

        "Ich finde es irritierend das ausgerechnet in der TAZ so viele auf die Bauern beinahe verächtlich herabschauen."



        -> Ich gehe davon aus, dass sie mehrheitlich als Unterehmer gesehen werden. Nicht als arm oder machtlos.

        "Weniger weil die Unternehmer-Bauern dass wollten, sondern mehr weil wir als Staat und Gesellschaft die kleineren Bauern-Unternehmer erhalten wollten."



        -> Wieso erhalten dann Landwirte bspw. Subventionen für Fläche? Benachteiligt das nicht die Kleinen? (Halbwissen)

      • @M.Liberus:

        Inwieweit bedrohte denn die Abschaffung der Agrardieselsubventionen die bzw. welche landwirtschaftlichen Betriebe?



        Die Tendenz zu größeren Agrarbetrieben ist seit vielen Jahren da - dank u.a. der CDU und des Bäuer*innenverbandes. Irgendwie vermisse ich auch generell proaktive Verantwortungsübernahme in der Landwirtschaft bzw. ein breiteres Eintreten für eine sozial-ökologische Wende (auch des Agrar- und Ernährungsbereiches). Eine Fortsetzung von Vergünstigung von fossilen Energieträgern zu befürworten/herbeizublockieren, kann es doch nicht sein.

        • @Uranus:

          Ich vermisse bei den Befürworten der ökologischen Landwirtschaft jegliches Grundwissen des ökologischen Landbaus.

          Der setzt einfach statt Gifte einen höheren Maschieneneinsatz voraus.



          Das ist eine Rechnung die für jeden Hektar gleich gilt, unabhängig von der Größe des Betriebs.

          • @Rudolf Fissner:

            "Der [ökologische Landbau] setzt einfach statt Gifte einen höheren Maschieneneinsatz voraus."



            -> Das ist nicht wahr. Es hängt von der Form der Landwirtschaft ab.



            -> Natürlich setzt der ökologische Landbau eine grundsätzlich andere Betrachtung und Vorgehensweise voraus. Nur der Tausch des Saatguts und das Weglassen von Giftstoffen ergibt eben keinen gesunden Boden und hohe Biodiversität. Dieses Argument wird stets von jenen genannt, die weiterhin Monokulturen pflanzen wollen.

            • @-Zottel-:

              "Das ist nicht wahr. Es hängt von der Form der Landwirtschaft ab."

              Die Förderung der Bodenfruchtbarkeit und eines gesunden Bodens bedingt mit Sicherheit nicht, das deswegen keine Unkräuter wachsen.

              Pflügen ist eine der wichtigsten Methoden im ökologischen Landbau um gegen Ackerunkräuter anzugehen.

              Also mal Butter bei die Fische. Wie bringen Sie sich da in Form?

              • @Rudolf Fissner:

                Bitte um kurze Erläuterung, was Sie gerne von mir lesen möchten?

                Ich könnte Literatur listen, die erläutert, wie im ökologischen Landbau verfahren werden kann, damit Unkräuter eine geringe(re) Wirkung haben. Schadhaft sind sie bspw. im Getreideanbau (Anbauform: Großflächige MONOKULTUR).



                Allgemein werden Fruchtfolge, Besatzdichte und Anbaupausen genannt, damit der Boden gesund ist/wird. Dadurch reduziert sich der "Befall" von störenden (Un-)Kräutern.



                Beispiellink: www.oekolandbau.de...ugende-massnahmen/

                Ich könnte auch erläutern, wie ich mir den Anbau von Gemüse- und Ackerkulturen in meinem eigenen "Klein"gartenbereich selbst erforsche. Hier entwickle ich Fruchtfolgen, die in dem Gartenboden gedeihen können. Alternative Bepflanzungsstrategien bringen Rekordernten (Bspw. ca. 100 kg Kürbis aus 2 x 0,5 m² Anbaufläche -> Zugegeben, der Boden muss sich lange erholen).



                Auch Ackerkulturen teste ich hierzu in Mischkulturen. Übrigens (großteils) auch sehr erfolgreich. "Unkräuter" kommen vor. In tolerierbaren Mengen.

                Das problematischste ist eine allgemeine Aussage zu treffen, wie etwas "richtig" funktioniert. Dazu sind die Böden und die klimatischen Bedingungen viel zu unterschiedlich. Es gibt kein Erfolgsrezept, das überall funktioniert. Nur: Boden schonen, Nährstoffe gleichermaßen entnehmen und zugeben, möglichst wenig den Boden durcheinander bringen (Pflügen; unterschiedliche Schichten beherbergen verschiedene Organismen, die in den anderen nicht überleben können), hohe Diversität anstreben, "Schadorganismen" möglichst tolerieren (auch ein Schwalbenschwanz knabbert als Raupe an meinen Möhren) und Anbaupausen (auch zwischen ähnlichen Pflanzen) zwingend einhalten. Dann beobachten und pflegen.

                Habe ich Ihre Rückfrage ausreichend beantwortet?

                • @-Zottel-:

                  Nein.

                  Die Frage um die es hier geht ist die Behauptung, dass durch eine ökologische Bewirtschaftung der Einsatz von Maschinen im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft reduziert werden kann und so der damit verbundene Einsatz von Agrardiesel reduziert werden kann.

                  Das dem nicht so ist wurde aufgezeigt. "... die meisten Öko-Landwirtinnen und -landwirte [verwenden] nach wie vor den Pflug, da damit am sichersten der Unkrautdruck reduziert werden kann. " ( www.oekolandbau.de...dbodenbearbeitung/ )

                  • @Rudolf Fissner:

                    >>> Antwort > Weiterführender Gedanke

    • @-Zottel-:

      Gutes Beispiel GDL? Vom Organisationsgrad her: ja. Vom Habitus des ständig Angepissten: nein, bewahre.

      Und gerade dieses Dauergekränkte ist es, was der Autor bei Bauern und Lokführern gleichsetzt - nicht ohne Grund, denke ich. Die übrigen Unterschiede sind das und werden auch nicht bestritten.

    • @-Zottel-:

      "Wenn andere Berufsgruppen in abhängiger Beschäftigung nicht so gut organisiert sind, sollte die GDL doch wohl eher als gutes Beispiel dienen denn als Buhmann."

      Das stimmt. Leider haben viele Beschäftigte im Einzelhandel noch nicht erkannt, dass sie alleine gegen ihre Chefs und Konzerne nichts ausrichten können. Nur zusammen geht mehr. Das haben Beschäftigte in anderen Branchen letztes Jahr schon besser erkannt.

    • @-Zottel-:

      Nur waren es nicht die Landwirte die Subventionen forderten, es waren die (Gründung) Staaten der EU die sagten: wir brauchen ausreichend und BILLIGE Lebensmittel für unsere Bevölkerung, DAFÜR bekommt ihr nicht den (vollen) Erzeugerpreis, sondern Ausgleichzahlungen. Jetzt da man genügend und billigste Lebensmittel hat, möchte man zwar nicht den regulären Erzeugerpreis bezahlen, weil ja das Essen billig sein muss, aber Landwirte sollen auch denn ihnen zugesagten Ausgleich nicht mehr erhalten. Finden Sie den Fehler in diesem System ??

      • @Günter Witte:

        Wer was für was bezahlen will, ist relativ nebensächlich.

        Ein Markt, der "sich selbst reguliert", erzielt die Preise, die ein Produkt wert ist. Zumindest ohne Verzerrungen durch vergünstigte Produkte bspw. ohne Umweltauflagen.*

        In unserem Fall würde 1 kg Mehl noch nicht einmal um 1 ct. teurer. Das ist sogar dem größten Sparfuchs egal. (Annahme)

        ---

        * Es können in D. Auflagen zur Produktion gemacht werden. Auf welcher Grundlage kann ein Produkt importiert werden, dass diesen Anforderungen nicht genügt? Kann/sollte man das nicht anpassen? (Verwechslung von Ursache/Wirkung?)

    • @-Zottel-:

      "Der Bahnmitarbeiter streikt, weil er sich für seine Leistungen unangemessen bezahlt sieht. Die Macht hat der Verband. Toll. -> Koalitionsfreiheit"

      -------------



      So wie der Unternehmer sein marktwirtschaftliches Agieren anpassen soll, soll sich der Bahnmitarbeiter halt einen Job/Arbeitgeber suchen wo er besser bezahlt wird. Ich verstehe das Problem nicht.