Bataillon „Netzach Jehuda“: Sanktionen gegen israelische Militäreinheit
US-Außenminister Blinken stellt Maßnahmen gegen die Militäreinheit „Netzach Jehuda“ in Aussicht. Ihr werden Menschenrechtsverstöße im Westjordanland vorgeworfen.
Die Sanktionen würden den Transfer von US-Waffen an die Infanterieeinheit unterbinden und deren Soldaten daran hindern, mit US-Streitkräften zu trainieren oder an Aktivitäten teilzunehmen, die mit US-Mitteln finanziert werden.
Netzach Jehuda ist eine Einheit des israelischen Militärs, die 1999 eingerichtet wurde, um sogenannten Haredim – Ultraorthodoxen – den Eintritt ins Militär zu erleichtern. Eigentlich sind Haredim in Israel – zumindest bislang – vom Militär befreit. Ultraorthodoxe dienen auch in anderen Einheiten; bei Netzach Jehuda jedoch haben sie nicht den gleichen Umgang mit Frauen wie andere Soldaten; die Einheit besteht ausschließlich aus Männern. Außerdem erhalten sie zusätzliche Zeit für Gebete und religiöse Studien.
Doch die Militäreinheit verwandelte sich bald nach ihrer Gründung in ein Sammelbecken nicht für Ultraorthodoxe, sondern für sogenannte Hardalim, Nationalreligiöse, von denen viele radikalideologische Siedler sind, die etwa der Partei des rechtsextremen Finanzministers Bezalel Smotrich nahestehen.
Vorwürfe wegen Misshandlung und Folter
In den letzten Jahren waren ihre Mitglieder in zahlreiche gewalttätige Vorfälle verwickelt, einige von ihnen wurden wegen Misshandlung palästinensischer Gefangener verurteilt. Weitere Vorwürfe wegen Misshandlung und Folter stehen im Raum.
Die israelische Regierung reagierte erzürnt auf die Ankündigung. Sanktionen gegen eine Einheit des Militärs seien ein „moralischer Tiefpunkt“, zumal in einer Zeit, in der „Soldaten gegen terroristische Monster“ kämpften, schrieb der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf X.
Auch der zentristische Politiker Benny Gantz, Ex-Armeechef und Mitglied im Kriegskabinett, übte heftige Kritik an dem Schritt. „Der Staat Israel verfügt über ein starkes, unabhängiges Justizsystem“, sagte er. Jede Behauptung eines Verstoßes gegen die Befehle und den Verhaltenskodex der Armee würde genauestens geprüft.
Dem aus Washington angedeuteten Schritt geht ein langer Prozess voraus. Schon vor Monaten hat ein Gremium des US-Außenministeriums empfohlen, israelische Militär- und Polizeieinheiten von US-Militärhilfe auszuschließen, nachdem dieses Gremium Vorwürfe geprüft hatte, dass Mitglieder der Einheiten schwere Menschenrechtsverletzungen begangen haben.
Die USA sind nicht mehr willens, die Augen zu verschließen
Ende Dezember 2023 hatte das israelische Militär bereits die Einheit Netzach Jehuda vom Westjordanland in den Norden Israels verlegt. Auch wenn die Armee dies nicht zugibt, zweifelt doch kaum jemand daran, dass dieser Schritt angesichts der gewalttätigen Vorfälle durch Mitglieder der Einheit vorgenommen wurde – wohl auch auf Druck Washingtons hin.
„Es sieht so aus, als seien die USA nicht mehr willens, die Augen vor den Menschenrechtsverletzungen einiger Soldaten zu verschließen“, sagt Jehuda Schaul vom Israeli Center for Public Affairs. Dies dürfte auch an dem wachsenden innenpolitischen Druck liegen, der auf der US-Regierung lastet. Am Samstag hatten die USA erneut eine Milliardenhilfe für Israel bewilligt, während Israel angesichts seiner Kriegsführung im Gazastreifen im Kreuzfeuer der Kritik steht.
Dabei sei in Shauls Augen der Begriff „Sanktionen“ nicht angemessen. Es gehe vielmehr lediglich um die Umsetzung eines Gesetzes: namentlich des Leahy-Gesetzes. Das Leahy-Gesetz verbietet es, US-Mittel für die Unterstützung von Einheiten ausländischer Sicherheitskräfte zu verwenden, wenn glaubwürdige Informationen vorliegen, dass diese Einheit in grobe Menschenrechtsverletzungen verwickelt ist.
Währenddessen eskaliert die Situation nicht nur im Gazastreifen, sondern auch im Westjordanland weiter. Bei einem Einsatz des israelischen Militärs in Tulkarem wurden mindestens zehn Palästinenser getötet, neun israelische Sicherheitskräfte wurden verletzt.
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