Auf dem Weg zu UN-Klimakonferenz: Thunberg segelt wieder zurück
Klimaaktivistin Thunberg hat eine Mitsegelgelegenheit zur Weltklimakonferenz nach Spanien gefunden – mit einem australischen YouTuber-Paar.
Die 16-jährige Thunberg, die Schulstreiks für den Klimaschutz initiierte, hatte erst am späten Dienstag per Instagram die Reisepläne öffentlich gemacht. Sie schrieb: „Wir segeln morgen früh nach Europa“. In Spaniens Hauptstadt Madrid beginnt am 2. Dezember die UN-Klimakonferenz (COP25).
Diese sollte ursprünglich in Santiago de Chile stattfinden. Deshalb war Thunberg, die sich aus Klimaschutzgründen weigert zu fliegen, bereits im August an Bord der von dem deutschen Profisegler Boris Herrmann gesteuerten Rennjacht „Malizia“ nach Nordamerika gesegelt. Die UN-Konferenz wurde aber inzwischen von Chiles Regierung wegen starker Sozialproteste abgesagt.
Spaniens Hauptstadt Madrid sprang in die Bresche, doch damit war Thunberg plötzlich auf dem falschen Kontinent. Vor zwei Wochen bat sie deshalb die Öffentlichkeit per Twitter um Hilfe bei der Suche nach einer klimaneutralen Mitfahrgelegenheit. Ihr bisheriger Skipper war wegen einer Regatta verhindert.
Upgrade für Greta – Luxus statt Holzklasse
Jetzt bekommt Thunberg sogar ein Upgrade. Denn sie reist nun – wieder begleitet von ihrem Vater Svante – nicht mehr auf einer kargen Rennjacht, wo es nur einen Eimer als Toilette gab, sondern auf dem Luxusdoppelrumpfboot „La Vagabonde“ mit knapp 15 Meter Länge.
Über das Klo sagte Thunberg laut Nachrichtenagenur AP: „Es ist nicht so wichtig. Aber es ist schön, es zu haben.“ Es gebe weltweit viele Leute, die keinen Zugang zu einer Toilette hätten.
Das Fachportal segelreporter.com, das stets selbst die Vlogs der beiden Australier veröffentlicht, frotzelte bereits im April 2017, das Boot habe „einen Salon wie ein monegassisches Luxusappartement und eine Kombüse, die sogar Platz für eine (kleine) Küchenbrigade“ biete.
Im Unterschied zu Einrumpfbooten krängen Katamarane kaum, haben also weniger Schräglage. Außerdem segeln sie schneller als Einrumpffahrtenboote, liegen meist ruhiger im Wasser und haben wesentlich mehr Platz. Sie richten sich allerdings im Unterschied zu Einrumpfkielbooten nach einem Kentern nicht mehr auf.
Mit einem Vorgängerboot und dem aus der südfranzösischen Outremer-Werft stammenden und von dieser auch gesponserten Katamaran „La Vagabonde“ sind die beiden Segelaussteiger und Selbstvermarkter Riley Whitelum und Elayna Carausu seit fünf Jahren auf den Weltmeeren unterwegs. Bisher legten sie nach eigenen Angaben mehr als 90.000 Seemeilen zurück. Ihr rund eine Millionen Euro teures Boot ist mit Solarzellen und Wasserkraftgeneratoren ausgestattet, hat aber auch zwei Motoren.
Segelabenteuer mit 1,2 Millionen Followern auf YouTube
Das Paar ist bekannt für seine professionell gemachten Videos, in denen es – meist leicht bekleidet – die Fernwehträume seines Publikums lebt. Der YouTube-Kanal der beiden hat knapp 1,2 Millionen Follower. Das Paar hat inzwischen einen elf Monate alten Sohn dabei und finanziert sich durch Crowdfunding, den Verkauf von Segellernvideos und Fernsehauftritte.
Die beiden wollen nach eigenen Worten auf die Wichtigkeit der Ozeane aufmerksam machen und zu alternativen Lebensformen anregen. In erster Linie leben sie aber ihren eigenen Traum. Ihr Geschäftsmodell dürfte von der großen Aufmerksamkeit durch Thunberg profitieren.
Verstärkung durch Profiseglerin
Als Whitelum und Carausu ihre Weltreise begannen, konnten sie selbst noch nicht segeln. Auch deshalb ist jetzt zur Verstärkung die britische Profiseglerin Nikki Henderson dabei. Sie segelte schon mehrfach über den Atlantik. Whitelum sagte: „Der Nordatlantik ist zu dieser Jahreszeit ziemlich heimtückisch.“
Thunberg freut sich auf die Tour: „Das ist eine tolle Gelegenheit, und ich bin extrem dankbar für das Privileg, solche Dinge zu erleben.“ Dabei ist unklar, ob sie rechtzeitig ankommt, was sie aber nicht sorgt. „Es sind unzählige andere Aktivisten da, die dort sprechen werden und dieselbe Botschaft wie ich überbringen. Es ist nicht so, dass meine Stimme unersetzbar ist.“
Mit dem Segeln wolle sie nochmals unterstreichen, dass es in der heutigen Gesellschaft praktisch unmöglich sei, nachhaltig zu leben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Ende der scheinheiligen Zeit
Hilfe, es weihnachtete zu sehr
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“